Wenn die Trauer keinen Platz hat

Zwischenwelten Gedicht – von Sofia Lux.

Wenn die Trauer keinen Platz hat,
muss sie weichen.

Wohin ist unklar.

Ja- es tut weh.
Aber darin hab ich Übung.

Es spürt sich nicht mehr so präzise,
wenn der Schmerz eine Gewöhnlichkeit erlangt.

Schmerz ist Teil dieses Seelenkörpers.
Es wäre ignorant das zu leugnen
nicht anzuerkennen.

Es schmerzt, dass der Schmerz dazugehört.
Aber er ist nur der Regen zum Wind.
Die Sonne zum Mond.

Eine langandauernde Illusion ist es, die sich löst,
wenn der Schmerz die Fasern des Seins regiert.
Wenn er den Takt vorgibt
nach dem das Leben sich bewegt,
nach dem es schwingt und pendelt.

Dazwischen ist Glück.
Und Schicksal.
Und Treue.
Und Mut.
Und Schönheit.
Und die größte Liebe.

Auch der Schmerz ist Liebe
nur anders.

Die Vorstellung von Liebe als Gefühl der Reinheit, der Leichtigkeit, der Wärme und des Lichts…
Vorbei. Gegangen. Als ob nie dagewesen.

Die Erfahrung schreibt das Leben
und die ist ehrlich.

Lässt sich nicht kaschieren,
egal wie sehr wir uns darum bemühen,
mit Tricks und Täuschung und List und Sehnsucht,
mit Häusern aus Beton oder Schlössern aus Luft.

Was die Seele einmal erfahren hat,
lässt sie nicht mehr los.
Es ist drin im Kosmos,
fest verankert
befähigt zur Transformation
geht es nie verloren,
was wesentlicher Teil jeder Veränderung ist.
Immer.

Beruhigend,
friedlich,
schön,
dass alles seinen Platz hat.

Den Schmerz loslassen?
Gelingt nicht.

Er löst sich auf- oder eben nicht.

Mein Einfluss darauf?
Begrenzt.

Radikale Akzeptanz?
Vielleicht.

Was mein Herz bewegt?
Es schlägt.

Was meine Füße trägt?
Mein Geist.

Wohin die Reise geht?
Kein Plan.
Keine Strategie.
Kein Ziel.

Ich bin da.
Und geh das Stück,
das vor mir liegt.

Wer den Weg geebnet hat?
Weiß ich nicht.
Ich geh ihn bloß.

Manchmal packt die Schwermut mich
und ich will mich lossagen
von all dem
vom Irrsinn
und dem Schmerz.

Jetzt nicht mehr.

Ich habe verstanden.
Hat lange gebraucht.
Aber es ist angekommen.

Es fühlt sich nur so nackt an,
dass es mich zuweilen fröstelt und verschließt.

Wenn das das Leben sein soll,
dann ohne mich.
Dann bitte ohne mich!

Das hab ich lange gedacht.
Heimlich.
Allein,
hab ich es so gefühlt und zugleich verachtet.

Eine Mischung aus Empörung und Enttäuschung
über diesen Ball aus Schmerz und Stille,
den das Leben vor die Füße wirft.

Verloren in der Zone dazwischen.
In der Reihe hinter den Stühlen.
In der Stelle nach dem Komma,
in der Frage ohne Antwort.

Jetzt ist alles noch immer gleich,
mit einem Unterschied:
es gibt die Illusion nicht mehr
nach einem reinen Gefühl,
das beschützend einhüllend über allem schwebt.

Nein. Alles ist miteinander vermengt,
verzahnt,
verknüpft.
Und so radikal wie es eben nackt ist.

So wie die Erfahrung nur eine Erfahrung der Erfahrung ist,
die von der Quelle bis in unser Bewusstsein hinein,
den Weg aus dem Kosmos genommen in den Kosmos zurück findet.

Es geht nichts verloren.
Niemals.

Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.


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