Verbotene Wahrheit

Die mörderische Wirklichkeit westlicher Kriege wird auch im Deutschlandfunk unterdrückt. Exklusivabdruck aus „Todesstaub“.

von Frieder Wagner

Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der nachfolgende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Obwohl hochgiftig und radioaktiv strahlend, ist Uranmunition ein gängiger Bestandteil US-amerikanischer Kriegszüge. Seit dem Golfkrieg 1991 setzt die US-Armee unter stillschweigender Duldung der NATO-Verbündeten, also auch Deutschlands, urangehärtete Munition, Bomben und Granaten ein. Im Kosovo ebenso wie in Bosnien und Serbien, in Kuwait, Afghanistan, im Libanon, in Somalia, im Irak und in Syrien. Hergestellt werden die Geschosse aus abgereichertem Uran 238, einem Abfallprodukt der Atomindustrie, das in der Produktion kaum Kosten verursacht. Im Englischen lautet die Bezeichnung Depleted Uranium (DU). Bei den Militärs ist DU dank seiner extrem hohen Dichte beliebt, aufgrund derer die Projektile durch Stahlbeton und die Wände von Panzern dringen können. Wenn Urangeschosse ihr Ziel treffen, verbrennt das verwendete abgereicherte Uran zu winzigsten Partikeln. Dieser „Todesstaub“ kann eingeatmet in alle Organe gelangen, weil er 100 Mal kleiner ist als rote Blutkörperchen und so auch die Mutter-Kind-Schranke überwindet. Die Uranteilchen verseuchen im Irak und überall dort, wo diese Waffen bisher eingesetzt wurden, zudem den Boden, die Luft und das Wasser. Sie verursachen Krebs. Viele Generationen werden über Jahrhunderte geschädigt, weil sich ihr genetischer Code verändert. Der Dokumentarfilmer und Autor Frieder Wagner hat in den Kinderkrankenhäusern des Irak Bilder des Schreckens gesehen und aufgenommen. In seinen Filmen „Deadly Dust – Todesstaub“ (2007) und „Der Arzt und die verstrahlten Kinder von Basra“ (2003) berichtet er über die Vertuschungsstrategie der Militärs, der Industrie und von Regierungen, aber auch jener von Medien und Politik.

Die Sendung für die Reihe „Hintergrund Politik“ war für den Abend des 24. Juli 2004 angedacht gewesen, einem Samstag. Das Material hatte ich fristgerecht am Freitag davor um 11 Uhr Vormittag abgegeben und alle Originaltöne, Atmos und Musiken waren schon in das System des Senders eingespielt worden. Da erhielt ich am frühen Samstagnachmittag eine Mail von dem Redakteur Rolf Clement, in der er mir mitteilte, dass er den Beitrag nicht senden und verantworten könnte.

Dann teilte er mir in 15 Punkten mit, welche Einwände der Sender plötzlich gegen den Beitrag hatte, obwohl ich das Skript dazu vorgelegt hatte und wir uns nach einigen strittigen Punkten auf ein Sendekonzept geeinigt hatten.

Um diese 15 Einwände und meine Antworten dazu richtig zu verstehen, möchte ich hier zuerst das sogenannte Textbuch zu der Sendung vorstellen, denn nur so ist zu verstehen, dass hier das Thema Uranmunition bewusst unterdrückt werden sollte:


Erzähler:
„Die Straße von Amman nach Bagdad — Tedd Weyman, der Vizedirektor des Medizinischen Uranforschungsinstituts in Toronto, ist auf dem Weg in die irakische Hauptstadt. Seine Nichtregierungsorganisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, über die Gefahren der Uranmunition aufzuklären. Der Wissenschaftler will Beweise dafür sammeln, dass auch im letzten Irakkrieg 2003 von den Alliierten wieder tonnenweise Uranwaffen eingesetzt wurden. Diese Waffen sind seiner Erfahrung nach verantwortlich für das Golfkriegssyndrom, an dem Hunderttausende von Soldaten und Zivilisten inzwischen erkrankt sind. Die Reise nach Bagdad ist nicht ganz ungefährlich, aber Tedd Weyman hat seine Gründe.“

Musik ausblenden:

O-Ton Tedd Weyman:
„Ich bin hierher gekommen, weil ich von Menschen, die der Bombardierung ausgesetzt waren, Urinproben sammeln will. Ich möchte aber auch Boden- und Wasserproben nehmen und vielleicht auch Lungengewebe, um mögliche Verseuchung durch Uranwaffen festzustellen.“

Atmo Bagdad Gate Nr. 6.

Erzähler:
„Bagdad, Gate Nr. 6. Bei dem alten Stadttor haben im April 2003 heftige Panzer- und Artilleriekämpfe stattgefunden. Begleitet von dem irakischen Arzt Dr. Shaickly will Ted Weyman hier Bodenproben nehmen. Ganz in der Nähe eines Rastplatzes schlägt sein Geigerzähler an.“

Starkes Geigerzählergeräusch über ganze folgende Sequenz.

O-Ton Tedd Weyman:
„Hier, wo es ein Panzerschlachtfeld gab, wo man aber die Panzer schon abtransportiert hat, haben wir eine Strahlung gemessen, die 100- bis 150-mal höher ist als normal. Das ist der bisher höchste gemessene Wert.“

Erzähler:
„Auch Dr. Shaickly ist verblüfft über die hohe Strahlung.“

O-Ton Dr. Shaikly:
„Dieser Wert ist eindeutig zu hoch für Menschen, und ein Aufenthalt hier müsste verboten sein.“

Atmo Bagdad Gate, Geigerzählergeräusch langsam ausblenden.

Erzähler:
„Der Aufenthalt an solchen verseuchten Orten wird von den Alliierten weder verboten, noch gibt es, über ein Jahr nach dem letzten Krieg, irgendwelche Hinweisschilder auf mögliche Gefahren. Solche Urangeschosse haben die alliierten Kampfverbände von Amerikanern und Briten zum ersten Mal im Golfkrieg 1991 eingesetzt. Für die Soldaten damals eine Waffe, von der sie regelrecht schwärmten.“

Britischer Kriegsveteran Kenny Duncan:
„Ja, wir sahen die irakischen Panzer explodieren. Es hatte etwas Surreales. Es war wie Zeitlupe. Obwohl sie getroffen waren, gab es zwei, drei Sekunden Verzögerung, und dann löste sich das Ganze in Luft auf. Es war, als ob ein heißes Messer durch Butter hindurch geht.“

Erzähler:
„Kenny Duncan war im Golfkrieg 91 direkt hinter der Linie der kämpfenden Truppen und reparierte Panzer. Auch solche, die versehentlich von den Uranwaffen der eigenen Armee getroffen worden waren.“

Kenny Duncan:
„Wir sind da rumgeklettert, haben darin gearbeitet und wir trugen keine Schutzanzüge. Wir haben den Staub über Monate eingeatmet und waren so hohen Vergiftungen ausgesetzt.“

Entsprechende Atmos mit Klangdesign.

Erzähler:
„Urangeschosse sind aus ‚abgereichertem Uran‘, einem Abfallprodukt der Atomindustrie. Dieser Atommüll ist radioaktiv, muss in speziellen Behältern gelagert und bewacht werden, und das kostet Geld. Weltweit stapeln sich Hunderttausende von Tonnen in den Hallen der Atomkraftwerke. Deshalb war die Atomindustrie froh, als sich die Militärs für die preiswerten Uranabfälle interessierten. Der Grund: Uran ist eines der schwersten Metalle überhaupt, fast doppelt so schwer wie Blei. Was passiert, wenn ein Urangeschoss auf einen Panzer trifft, kann der Mediziner und Physiker Dr. Paul Roth vom Institut für Strahlenschutz des Forschungszentrums für Umwelt und Gesundheit bei München erklären.“

Dr. Paul Roth:
„Wenn ein solcher Uranstab mit höchster Wucht auf eine Panzerung trifft, dann dringt er durch diese Panzerung sehr leicht hindurch, fast wie durch Butter. Und bei diesem Prozess verdampft noch ein Teil dieses Materials und im Innern des Fahrzeugs entzündet sich dieses Material, verbrennt mit sehr hohen Temperaturen und führt dann zusätzlich dazu, dass etwa Personen im Fahrzeug getötet werden, dass Munition, die sich in einem solchen Fahrzeug befindet, zur Explosion kommt. Das heißt, dieser doppelte Effekt, diese hohe Durchdringungsfähigkeit und diese Fähigkeit, teilweise explosionsartig zu verbrennen, das macht diese Waffe für die Militärs so wirkungsvoll.“

Geigerzählergeräusch und Atmo Bagdad Gate 6.

Erzähler:
„Vorsichtig nimmt Tedd Weyman am Bagdad Gate Nr. 6 an der Ausfallstraße nach Mossul einige Bodenproben. Er ist überzeugt, einen extrem hoch kontaminierten Ort entdeckt zu haben.“

Entsprechender Atmoübergang.

„Bestätigt wird ihm das in Frankfurt am Main bei der Auswertung dieser Proben am Geologischen Institut der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität. Der Geologe Dr. Axel Gerdes hat die Proben mit einem hochempfindlichen Massenspektrometer analysiert.“

O-Ton Dr. Gerdes:
„Zum Beispiel vom Bagdad Gate, das waren sogenannte ›Hotspots‹ und da haben wir reines verarmtes oder abgereichertes Uran gefunden, in diesen Bodenproben und wenn man jetzt nur diese analysiert, dann kommt man hier auf Prozentbereiche von 50 bis 60 Prozent, die das abgereicherte Uran dort ausmacht.“

Atmo Bagdad Basar, leise ist ein Muezzin zu hören.

Erzähler:
„Fast reiner Uranstaub auf dem Boden — was bedeutet das für die Menschen, die im Irak in einer solchen Umgebung leben und arbeiten müssen?“

O-Ton Dr. Gerdes:
„Das heißt einfach, das Potenzial, dass die Leute das einatmen, ist natürlich viel höher, und das ist natürlich alarmierend, dass nicht nur am unmittelbaren Kriegsschaupunkt, sondern auch in Gebieten weiter weg davon das Potenzial besteht, das einzuatmen, das heißt, diese Gefahr das einzuatmen, die besteht weiter, für 10, für 30, für 100 Jahre.“

Musikeffekt.

Erzähler:
„Es war der deutsche Chemiker Professor Albrecht Schott, der die Gene von britischen Veteranen, die am sogenannten Golfkriegssyndrom erkrankt waren, untersuchen ließ. In ihrem Blut fand er auffallend viele genetische Veränderungen, sogenannte Chromosomenbrüche, und zwar von einer Art, die typisch für Radioaktivität ist, und nicht von anderen Ursachen herrühren kann, so auch bei Kenny Duncan.“

O-Ton Prof. Schott:
„Kenny Duncan war ein Kraft strotzender, gesunder Mann. Dann kam die Strahlung, es kam zu Chromosomenbrüchen. Diese hohe Zahl von Chromosomenbrüchen kann man in der Familie Mandy und Kenny Duncan sehen. Sie haben drei Kinder, und alle drei Kinder sind genetisch schwer geschädigt. Das Uran ist bei der Verbrennung zu so kleinen Partikeln verbrannt, sodass es überall im Körper hingelangt, nicht nur zu den Lymphozyten, auch zum Gehirn, zur Leber, auch zum Sperma und zu den Eizellen. Deshalb sind die Kinder von Kenny Duncan genetisch krank. Diese Kinder haben auch geschädigte Chromosomen und sie werden natürlich hohe Raten genetisch geschädigter Kinder hervorbringen, sodass sich das über Hunderte von Generationen fortpflanzen kann.“

Musikeffekt.

Erzähler:
„Ein britisches Gericht bestätigte Kenny Duncan Anfang dieses Jahres aufgrund der Studie von Professor Schott, dass seine Erkrankung von Uranmunition verursacht worden ist — damit ist er weltweit der erste Golfkriegsveteran mit amtlich anerkannter Erkrankung infolge ‚abgereicherten Urans‘.

Wusste Kenny Duncan im Golfkrieg 1991 etwas über dieses Depleted Uranium, dieses abgereicherte Uran?“

Kenny Duncan:
„Nein, zum ersten Mal hörten wir, dass Depleted Uranium gefährlich sei, als wir die Panzer zurück nach Kuwait brachten, zum Hafen Al Jebayl. Als wir dort ankamen, trugen alle Schutzkleidung und wir fragten: Warum, es ist doch alles vorüber?! Und sie antworteten: Die Geschosse sind radioaktiv, deshalb. Und wir waren Monate lang auf den Panzern herumgeklettert und hatten keine Ahnung von der Gefahr. Aber später haben wir herausgefunden, dass es eine Anordnung des britischen Oberkommandos gab, die besagt, dass Depleted Uranium als gefährlich einzustufen ist.“

Akustisch: Anfang amerikanisches Militär-Trainings-Video.

Erzähler:
„Auch die amerikanische Armeeführung wusste frühzeitig von den Gefahren der Uranmunition. Das beweist ein Trainingsvideo, das die Soldaten vor dem Einatmen von Uranstaub warnt. Es entstand nach einem Handbuch, das es schon vor dem Golfkrieg 91 gab, das aber nicht verteilt wurde. Die Soldaten könnten gefährlichen Uranstaub inhalieren, heißt es in dem Video, wenn sie keine Schutzkleidung tragen, besonders wichtig seien Atemmasken. Die Gefahren sind den US-Militärs also seit über einem Jahrzehnt bekannt. Doch auf die Uranwaffen will man dennoch nicht verzichten, denn sie bedeuten einen enormen militärischen Vorteil, auch im letzten Krieg gegen den Irak 2003.“

Entsprechende Atmo Fernsehzentrum Bagdad.

Erzähler:
„Im schwer bombardierten Fernsehzentrum von Bagdad wollen Dr. Shaickly und Tedd Weyman Messungen vornehmen. Ihr Verdacht: Auch die lasergesteuerten Präzisionsbomben der Amerikaner, mit denen dieses Gebäude zerstört wurde, enthalten radioaktives Uran.“

O-Ton Tedd Weyman:
„Wir haben hohe Uranwerte aus hoch explosiven Waffen gefunden, die hier eingesetzt wurden. Eine einzige Bombe ist durch 6 Stockwerke aus Stahlbeton gegangen, dann noch etwa 12 Meter in den Keller und dann nach oben explodiert. Die Frage ist, was kann eine Bombe durch den Stahlbeton treiben bis in den Keller, ohne dass sie vorher explodiert, diese vielen Stockwerke hindurch?“

Entsprechende Atmo außen Fernsehzentrum.

Erzähler:
„Tedd Weyman ist sich sicher, dass es eine Bombe mit Urankern war. In der Nähe des Fernsehzentrums sammeln er und Dr. Shaickly deshalb Urinproben von Anwohnern. Im Urin dieser Menschen fanden sie später bis zu 400 Prozent erhöhte Werte von abgereichertem Uran. Aber auch die beiden Wissenschaftler selbst haben sich während der Forschungsreise mit eingeatmetem Uranstaub kontaminiert. Dazu Dr. Gerdes:“

Dr. Gerdes:
„Und bei Tedd Weyman ist auch eine deutlich höhere Konzentration nachzuweisen wie eben bei Mr. Shaickly. Die haben beide nur zwei Wochen dort verbracht, da besteht natürlich die Gefahr, dass für Leute, die da leben, eben ein viel größeres Potenzial besteht, dass die sich auch kontaminieren über die nächsten Jahre.“

Muezzin ruft zum Gebet und Atmo Basra.

Erzähler:
„Basra, Ende Oktober letzten Jahres. In beiden Golfkriegen war die 500.000-Einwohner-Stadt heiß umkämpft. Heute herrscht hier die britische Besatzungsmacht. Eigentlich wollten die Briten kontaminierte Panzer längst abtransportiert haben, doch im Vorort Abu Khasib, wo im jüngsten Irakkrieg eine heftige Panzerschlacht tobte, findet Tedd Weyman gleich Dutzende von Panzern, die von Urangeschossen getroffen wurden.“

O-Ton Tedd Weyman:
„An diesem Panzer haben wir gestern die 20.000-fache Radioaktivität gemessen im Vergleich zur natürlichen Hintergrundstrahlung. Das Urangeschoss streifte diesen Panzer und schlug in dieses Gebäude da drüben ein, eine Eisfabrik. Wir fanden in diesem Schlachtfeld an Panzern radioaktive Werte, die das 30.000-fache der natürlichen Hintergrund-Strahlung hatten.“

Entsprechende Atmo mit ansteigendem lautem Geigerzähler-Ton.

Erzähler:
„Das sind die höchsten Werte, die Tedd Weyman auf dieser Irakreise gemessen hat. Der Zeiger seines Messgerätes schnellt dementsprechend an das Ende der Skala, als er es an das Einschussloch am Panzer hält. Und zu dem schrillen Dauerton heißt es in der Gebrauchsanleitung des Geigerzählers, dass solche Orte sofort zu verlassen sind. 30 Meter von dem Panzer entfernt nimmt Tedd Weyman bei der Eisfabrik eine Wasserprobe. Ein Geschoss, das einen Panzer streifte, traf auch den Wassertank. Tedd Weyman befürchtet, dass sich das Urangeschoss noch in dem Vorratstank befindet. Zu der späteren Analyse sagt. Dr. Axel Gerdes:“

O-Ton Dr. Gerdes:
„Das Wasser ist ganz klar kontaminiert und dürfte halt nach Richtlinie nicht mehr benutzt werden als Trinkwasser.“

Erzähler:
„Axel Gerdes untersuchte jetzt auch im Auftrag der New Yorker Zeitung Daily News den Urin von neun Soldaten, die aus dem jüngsten Irak-Krieg zurückkamen, auf abgereichertes Uran.“

Dr. Axel Gerdes:
„Bei der Hälfte konnten wir nachweisen, dass sie abgereichertes Uran ausscheiden. Wir konnten nachweisen, dass 40Prozent der Soldaten kontaminiert sind.“

Erzähler:
„Solche Ergebnisse zweifelt Dr. Paul Roth vom Institut für Strahlenschutz der Gesellschaft für Strahlenschutz in Neuherberg bei München an. Er hat im Auftrag der Bundesregierung im Kosovo, wo 1999 von den Alliierten im Krieg 10 Tonnen Urangeschosse eingesetzt wurden, zahlreiche Soldaten untersucht und sogar Kinder, die auf kontaminierten Panzern gespielt haben.“

Dr. Paul Roth:
„Und wir haben weit über 1000 solcher Untersuchungen inzwischen durchgeführt bei all diesen unterschiedlichen Gruppen und konnten bei niemanden bisher abgereichertes Uran im Urin nachweisen. Bisher gibt es nicht einen einzigen Beleg dafür, dass abgereichertes Uran im Urin nachweisbar gewesen wäre, weder bei ansässiger Bevölkerung noch bei den ausländischen Hilfskräften.“

Dr. Axel Gerdes:
„Man hat im Kosovo sozusagen nur geguckt, sind starke, sehr stark erhöhte Konzentrationen nachzuweisen, und dann hat man gesagt: sind nicht. Da wurde sozusagen nicht geguckt, ist einer ein bisschen kontaminiert oder scheidet er ein bisschen verarmtes Uran aus. Und da ist halt zu sagen, das ist nicht unbedingt die Herangehensweise, zu klären, ob jemand überhaupt kontaminiert wurde, weil wie gesagt, wenn es als unlösliches Partikel im Körper ist, nur kleinste Teile davon ausgeschieden werden, dann finde ich natürlich auch nur kleinste Teile im Urin und dann muss man natürlich mit verfeinerten Techniken rangehen und dieses klären und auch das, ob überhaupt und nicht einfach auszuschließen, dass sie kontaminiert sind, das ist schon mal ein Rückschluss, der nicht unbedingt gerechtfertigt ist aufgrund dieser Studie.“

Erzähler:
„Eines hat Dr. Axel Gerdes bei seinen Untersuchungen besonders beunruhigt: Mit seinen hochempfindlichen Geräten konnte er in fast allen Boden- und Urinproben aus dem Irak auch das hoch radioaktive Uran 236 finden.“

O-Ton Dr. Gerdes:
„Überall da haben wir auch das Uran 236 gefunden, und da muss man dazu sagen, das Uran 236 kommt in der Natur nicht vor. Es ist ein Isotop, das vom Menschen gemacht wurde in Atomkraftwerken. Aus diesem Uran, das aus den Wiederaufbereitungsanlagen kommt, gibt es natürlich auch Spuren von Plutonium und eventuell noch anderen Aktiniden, aber das sind alles Isotope, die alle natürlich hoch radioaktiv sind und über die Inhalationsprozesse auch viel effektiver auf den Körper auf die Zellen einwirken könnten.“

Erzähler:
„Plutonium ist der giftigste Stoff überhaupt, eine Million Mal giftiger als abgereichertes Uran. Mit dem Wind wird der feine, unsichtbare Staub aus Uran- und Plutoniumteilchen bis in benachbarte Länder getragen. Obwohl es sich bei diesen im Irak mit Uranmunition abgeschossenen Panzern, nachweislich um ‚schmutziges‘ Uran aus der Wiederaufbereitung handelt, entsorgen die Briten und Amerikaner diese hoch radioaktiven Überreste des Krieges nicht. Die geschilderten Gefahren seien nicht bewiesen, behaupten sie weiterhin.“

Musikeffekt.

Erzähler:
„In der Kinderklinik von Basra konnte Tedd Weyman dann die Folgen sehen, die eintreten, wenn Kinder immer wieder auf diesen Panzern gespielt haben. Von Frau Dr. Jenan Hassan erfährt er, dass an ihrem Krankenhaus heute zehnmal mehr Patienten an Krebs leiden als vor dem Krieg 1991, und dass 20-mal mehr Babys mit schweren Missbildungen zur Welt kommen. Für die Ärztin steht die Ursache fest: die Uranmunition. Sie befürchtet, dass das Massensterben jetzt auch bald in der Hauptstadt Bagdad beginnen wird.“

Dr. Jenan Hassan:
„Jetzt warten wir, was nach 2003 passiert. Ich erwarte besonders den Anstieg der Krebsraten in Bagdad, denn Groß-Bagdad war schwerer Bombardierung mit Uranbomben ausgesetzt.
Vor dem Krieg fragten die Frauen nach der Geburt immer, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Jetzt fragen sie nur, ist es gesund oder missgebildet?“

Erzähler:
„Die Ärztin zeigt Tedd Weyman ein Buch mit einer von ihr akribisch angelegten Fotodokumentation, die sie seit 1993 von missgebildeten geborenen Babys an ihrem Krankenhaus gesammelt hat.“

O-Ton Frau Dr. Hassan:
„Die meisten schweren Missbildungen sind Kinder ohne Kopf, ohne Arme, ohne Nasen und Augen. Und wir beobachten einen rasanten Anstieg von schweren Krebs- und Leukämiefällen bei Kindern, und sie werden immer jünger.“

Erzähler:
„Dr. Jenan Hassan führt Tedd Weyman durch ihre Station. Vor dem Bett eines siebenjährigen Jungen bleibt sie stehen.“

O-Ton Frau Dr. Hassan:
„Das hier ist ein Lymphknotenkrebs, der hat eine ganz schlechte Prognose, er wird bald sterben, er ist ganz schlecht dran.“

Erzähler:
„Der Siebenjährige starb zwei Tage später.“

Atmo Krankenhaus.

Erzähler:
„Tedd Weyman hat diese Irakreise gezeigt, dass die Gefahr, die von den Urangeschossen ausgeht, seine schlimmsten Befürchtungen weit übertroffen hat. Aber seine Reise hat dazu beigetragen, dass die Zusammenhänge zwischen der Uranmunition und den schweren Erkrankungen im Südirak bewiesen werden konnten. Bei seinem letzten Gespräch mit Frau Dr. Jenan Hassan erfährt Tedd Weyman, warum diese tödlichen Erkrankungen jetzt auch dort immer häufiger auftreten, wo im Irak gar keine Kriegshandlungen stattgefunden haben.“

O-Ton Frau Dr. Hassan:
„Wir wissen, dass der Uranstaub mit dem Wind übertragen wird, alles ist inzwischen bei uns verseucht, die Luft, der Boden, das Essen, alles ist damit kontaminiert.“

Musikeffekt.

Erzähler:
„Auch in den USA tut sich beim Thema Uranmunition jetzt einiges. So hat die New York Daily News das Thema wiederholt in den letzten Wochen auf ihre Titelseite gebracht und dazu auch Hillary Clinton zu Wort kommen lassen. Es sieht so aus, als würde die New Yorker Senatorin das Thema für die Demokraten zum Wahlkampfthema machen. So sagte sie in dieser Zeitung, Zitat:“

Hillary Clinton:
„Ich bin tief besorgt wegen der Meldungen, dass es bei Angehörigen der New York National Guard, die tapfer unserer Nation im Irak gedient haben, Anzeichen gibt, die darauf hinweisen, dass sie mit Uran kontaminiert sind, und dafür keinen adäquaten Schutz erhalten haben. Wir können nicht zulassen, dass diese Leute zurückkommen mit Krankheiten, die nicht diagnostiziert wurden. Wir brauchen ein Programm für die gesundheitliche Kontrolle unserer Soldaten, und zwar vor und nach ihrem Einsatz.“

Erzähler:
„Für Professor Albrecht Schott sind aber nicht nur solche Zusammenhänge längst bewiesen.“

O-Ton Prof. Dr. Albrecht Schott:
„Unsere Chromosomenstudie zeigt einen Zusammenhang zwischen der Anwendung von Uranmunition und schweren Krankheitsbildern und auch, dass die Anwendung von Uranwaffen ein Kriegsverbrechen ist.“

Musik bis Ende.


Jetzt, wo dem Leser bekannt ist, über was und wie in der Sendung des Deutschlandfunks über die Folgen des Einsatzes der Uranmunition berichtet werden sollte, möchte ich auch die Kritikpunkte offenlegen, die der Sender hatte und die mir durch den Redakteur per Mail geschickt worden waren. Übrigens ging die ganze Korrespondenz darüber per Mail, sodass ich alles bis heute exakt dokumentieren kann. Rolf Clement schrieb mir:

„Lieber Herr Wagner!
Ich kann die Ausstrahlung der Sendung über die Uranmunition am heutigen Samstag nicht verantworten. Nach der Vorstellung des Themas in unserer Schaltkonferenz um 9:30 Uhr wurde die über diese Sendung hausintern geführte Diskussion sehr intensiv fortgesetzt. Ich hatte damals noch die Absicht, die Sendung trotz einiger mir durchaus schwerwiegend erscheinenden Mängel zu senden. Deshalb wurden die Einspielungen (Atmos und O-Töne) auch bereits in unser System eingespielt. Wie immer bei Sendungen, die eine für den zuständigen Redakteur schwierige und nicht ganz einzuschätzende Thematik beinhalten, habe ich dieses Manuskript in der Redaktion einer Kollegin zum Gegenlesen gegeben. In dieser Phase sind die von mir vorgeschlagenen Änderungen entstanden, die Sie nicht vollständig übernommen haben. Nach der oben angeführten Diskussion, in die sich auch der Leiter unserer Forschungsredaktion eingebracht hat, habe ich ihm das Manuskript ebenfalls zur fachlichen Beurteilung überlassen. Daraus ergaben sich folgende Einwände, die ich Ihnen hiermit mit der Bitte um eine Überprüfung und Stellungnahme vorlege.“

Diese 15 Einwände liste ich hier auf und hänge an jeden Einwand direkt meine an Rolf Clement geschriebene Antwort an:

1. Zum Einsatz von Geigerzählern:

Nach Aussagen der Forschungsredaktion ist abgereichertes Uran (DU) ein Alphastrahler, der daher nur mit kompliziertem Verfahren im Labor gemessen werden kann. Kein Geigerzähler schafft das, da diese nur Gammastrahlen messen. Insofern ist auch die Messung im O-Ton des Feldforschers Weyman physikalisch im Sinne der Sendung unmöglich. Alphastrahlung lässt sich nach dieser Auskunft im Gelände nicht messen. Die Radioaktivität muss auf anderes als DU zurückzuführen sein.

Antwort zu 1.:

Einen Alphastrahler kann man natürlich mit einem Geigerzähler messen. Im abgereichertem Uran (DU) finden sich sogar zwei Alphastrahler, nämlich etwa 0,25 Prozent U 235 und 99,75Prozent U 238. Nach der Aussendung des Alphateilchens bleibt aber kein stabiler Kern zurück, der „mucksmäuschenstill“ ist, sondern jeweils ein radioaktives Thorium-Isotop, Th-231 bzw. Th-234 (kann man auf der Nuklidkarte leicht kontrollieren: 2 Zeilen tiefer und 2 Plätze nach links), die beide innerhalb von Stunden beziehungsweise Tagen unter Aussendung nachzuweisender Beta- und Gammastrahlung weiter zerfallen. Geigerzähler messen Betastrahlung und sprechen darauf sogar besser an als auf Gammaquanten. Ein instabiles Nuklid nicht direkt, sondern über seine Zerfallsprodukte nachzuweisen, ist in der Physik völlig legitim und gebräuchlich. Dass es sich um Uran handelt, lässt sich chemisch nachweisen. Die Behauptung der Forschungsredaktion: „Alphastrahlung lässt sich im Gelände nicht messen. Die Radioaktivität muss auf anderes als DU zurückzuführen sein“, diese Behauptung ist in dieser Form falsch und damit haltlos.

2. Zur Gewinnung von Depleted Uranium
Sie stellen eine Verbindung zwischen der Aufbereitung von Uran in Atomkraftwerken und der DU-Munition her. Dagegen weist die Forschungsredaktion darauf hin, dass DU normalerweise als Abfallprodukt der Anreicherung von Natururan gewonnen wird. Bisher hat man nur in sehr wenigen Fällen Spuren gefunden, sodass wissenschaftlich nicht geklärt ist, ob in Einzelfällen DU auch aus der Aufbereitung von abgebrannten Brennstoffen aus der Kernenergie gewonnen worden ist.

Antwort zu 2. und 6. zusammengefasst:

In Atomkraftwerken wird kein Uran aufbereitet, sondern aufbereitetes Uran verwendet! Wie DU „normalerweise“ gewonnen wird, ist eben gerade NICHT klar. Die Atomindustrie spricht propagandistisch vom Brennstoff-KREISLAUF, das heißt, die verbrauchten Brennelemente der Uranreaktoren werden aufgearbeitet, um:

  1. die Spaltprodukte abzutrennen,
  2. vom verbleibenden Uran auch die erbrüteten Transurane (Aktiniden: Neptunium, Plutonium, Americium, das heißt, hauptsächlich Plutonium für Plutonium-Reaktoren oder Waffen) abzutrennen und
  3. das verbleibende Uran, das wieder in etwa den gleichen Gehalt an U 235 hat wie Natururan, einer erneuten Anreicherung zuzuführen (Kreislauf).

Dieses wieder aufgearbeitete Uran (vor einer erneuten Anreicherung) hat also in etwa den gleichen Gehalt an U 235 wie natürliches Uran, enthält aber nun zusätzlich das im Reaktor entstandene und chemisch nicht abtrennbare U 236, das bei einer erneuten Anreicherung von U 235 weniger stark im Abfallprodukt DU abgereichert wird als U 235. Über die Rückführung von gebrauchtem und stärker radioaktivem Reaktoruran in den Anreicherungszyklus entscheiden nun allein wirtschaftliche Gründe, über die wenig bekannt ist.

Offensichtlich gibt es nun aber Chargen von „DU“, die eindeutig U 236 enthalten. „Wissenschaftlich“ gibt es da nichts zu „klären“, sondern es gilt die restriktive Informationspolitik der Atomlobby zu durchleuchten. Die Atomlobby hat jahrzehntelang die Wiederaufarbeitung gefordert und mit ihr geprahlt, also sollte man heute nicht so tun, als ob das — und die wissenschaftlich logische Anwesenheit von U 236 im (nennen wir es jetzt) „kontaminiertem“ DU — etwas völlig Abwegiges und Seltsames wäre.

Das Forschungsinstitut in Spiez hat schon vor vielen Jahren mehrmals U 236 in Uranmunition gemessen, aber damals öffentlich nur eine Messung zugegeben. Seitdem haben verschiedene Institute immer wieder Spuren von U 236 in der Uranmunition, aber auch in Urinproben von Golfkriegsveteranen nachgewiesen, zum Beispiel Professor Parrish in England und Dr. Axel Gerdes in Deutschland sowie Professor Duraković in Kanada.

Wenn nun in Urinproben und in Uranmunition oder im Staub von Proben an den Einschusslöchern von irakischen Panzern, die im jüngsten Irakkrieg abgeschossen wurden, jetzt durch Dr. Gerdes U 236 nachgewiesen werden konnte, dann heißt das, dass in den Geschoßen auch „DU“ aus der Wiederaufbereitung abgebrannter Brennelemente verwendet wurde. Dieses DU bezeichne ich als „kontaminiertes“ DU beziehungsweise „schmutziges“ DU.

Solche feinste Uranoxidpartikelchen, wie sie nach der Verbrennung entstehen und in der Luft herumschweben und am Boden liegend immer wieder aufgewirbelt werden, wirken natürlich dann eingeatmet im Lungengewebe noch aggressiver als die von „sauberem“ DU.

3. Sie behaupten, Uran sei fast doppelt so schwer wie Blei. Unsere Forschungsredaktion wendet ein: Blei hat ein Atomgewicht von 207, Uran von 238. Damit ist die Behauptung „doppelt so schwer“ nicht gedeckt. Dies ist kein entscheidender Einwand, sollte aber dennoch überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden.

Antwort zu 3.:

Hier verwechseln die Redakteure der Forschungsredaktion Atomgewicht mit Dichte und die ist für Blei 11,3 und für Uran 19,1. Und der Quotient ist 1,7, das heißt, Uran ist 1,7-mal schwerer als Blei und man kann durchaus sagen, dass Uran fast doppelt so schwer wie Blei ist. Übrigens stammt dieser Satz im Original von Dr. Paul Roth von der GSF, den ich an dieser Stelle nur gekürzt habe und diesen seinen Satz in den Kommentar eingebaut habe. Man braucht also auch hier nichts korrigieren. Übrigens wusste man die Durchschlagskraft von Blei zum Beispiel schon zu schätzen, als das „Atomgewicht“ — das nichts mit der Dichte zu tun hat — noch völlig unbekannt war.

4. Sie stellen dar, dass im Irak „fast reiner Uranstaub auf dem Boden“ läge. Ein Jahr nach dem Krieg wird von den mitlesenden Kollegen bezweifelt, dass das noch realistisch ist. Dies widerspricht auch der Passage in der Sendung, dass der Uranstaub mit dem Wind übertragen wird. Von daher liegt ein Widerspruch in dieser Aussage zu der Passage, dass auch Erkrankungen in kriegsfernen Gebieten auf DU zurückgeführt werden können.

Antwort zu 4.:

Es handelte sich hier um eine Staubbodenprobe vom Bagdad Gate Nr. 6 an der Ausfallstraße nach Mossul, die Dr. Gerdes im O-Ton auch als „Hotspot“ bezeichnet. Dort haben im jüngsten Irakkrieg heftige Artillerie- und Panzergefechte stattgefunden. Und die Amerikaner waren gerade dabei, die kontaminierten und abgeschossenen irakischen Panzer abzutransportieren. (Der Grund war wohl die hohe Kontaminierung, wir konnten aber nicht erfahren, wo sie hingebracht wurden. Wahrscheinlich wie üblich in der Wüste irgendwo vergraben, doch das ist Spekulation.) An einer dieser Stellen, dort hat es seit dem Krieg auch nicht geregnet, hat Tedd Weyman dann eine Strahlung gemessen, die um das 100- bis 150-Fache höher war als sonst (was er auch im O-Ton sagt) und von dort hat er auch diese Staubbodenprobe genommen (in meinem Fernsehfilm sehen Sie das auch). Das war acht Meter entfernt von einer Stelle, an der eine irakische Familie gerade Rast machte und einen kleinen Imbiss einnahm. In dieser „Staubfraktion“ der Bodenprobe hat dann Dr. Gerdes, was er auch im O-Ton sagt, „Prozentbereiche von 50 bis 60 Prozent gefunden, die das abgereicherte Uran dort ausmacht“.

Das heißt, an dieser Stelle war im Staub über die Hälfte reiner Uranstaub. Und ich stelle dann die Frage, was das für die Menschen bedeutet, die dort in der Nähe leben und arbeiten müssen (oder gerade eine Rast machen und einen kleinen Imbiss einnehmen)? Und Dr. Gerdes antwortet: „Das heißt einfach, das Potenzial, dass die Leute das einatmen, ist natürlich höher.“

Übrigens: Nach dem am 25. März 2003 veröffentlichten Bericht der UN-Umweltorganisation UNEP wurden in Bosnien Partikelchen abgereicherten Urans (obwohl es dort viel regnet und schneit) noch neun Jahre nach dem Einsatz von Uranwaffen am Boden, in der Luft und im Trinkwasser gefunden.

Im Übrigen sehe ich das schon als Haarspalterei an. Denn natürlich ist klar, dass der gefährliche und sehr feine und leichte Uranoxidstaub in alle Winde verweht wird und dann ganz woanders wieder niedersinken kann. Genau so klar und möglich ist es aber auch, dass er an Wind geschützten Stellen relativ hoch konzentriert liegen bleiben kann.

5. Zum Fall Duncan: Sie behaupten, dass ein Gericht Duncan bestätigt habe, dass seine Erkrankung von Uranmunition stammt. Nach Angaben der Forschungsredaktion ist im Fall Duncan die Klage angenommen worden, weil ein solcher Zusammenhang bestehen kann, was in der Hauptverhandlung, die noch nicht stattgefunden hat, zu beweisen wäre.

Antwort zu 5.:

Nach telefonischer Rücksprache mit Kenny Duncan ist zu sagen: Es stimmt nicht, dass ein Hauptverfahren noch aussteht. Was aussteht, ist ein Verfahren, das die Höhe, das Ausmaß seiner Entschädigung klären soll.

6. Zum Fund von U 236 in DU-Munition (O-Ton Gerdes) verweist die Forschungsredaktion darauf, dass U 236 bisher nur einmal in DU gefunden wurde und dies als Ausnahme gilt.

Antwort dazu siehe bei 2.

7. Der Verweis im Manuskript auf eine 20.000-fach erhöhte Radioaktivität deutet, so die Forschungsredaktion, eindeutig darauf hin, dass es sich nicht um DU handelt. Eine in diesem Maß erhöhte Radioaktivität müsse aus Reaktoren stammen. Bei den von Weyman benutzten Werten — 20.000/30.000-fache Erhöhung der Hintergrundstrahlung — müssten schon nach kurzer Zeit schwerste Symptome auftreten, die zum Tod aller Exponierten binnen einer Woche führen würden. Damit wäre das von Weyman betretene Schlachtfeld tödlich für jeden, der es betritt, auch bei einer Probenentnahme.

Antwort zu 7.:

Hintergrundstrahlung ist das, was ein Messgerät an Stellen anzeigt, wo keine Kämpfe stattgefunden haben, keine DU-Geschosse explodiert sind et cetera. Tedd Weyman spricht in dem Beitrag eindeutig davon, dass er (auf diesem ehemaligen Schlachtfeld des jüngsten Krieges) an mit Uranmunition abgeschossenen Panzern Stellen gefunden hat, die bis zu 30.000-mal so stark strahlen wie die normale Hintergrundstrahlung. Nirgends ist davon die Rede, dass die Hintergrundstrahlung selbst um das 30.000-Fache erhöht sei. Aber selbst dann würde das nicht zum Tod „innerhalb einer Woche“ führen …

Gemessen wird so, dass das Messgerät im Abstand von 1 cm über die zu untersuchende Fläche gehalten wird. Für die Intensität jeder Strahlung, Licht wie Radioaktivität, gilt ein Abstandsgesetz. Eine radioaktiv verseuchte Fläche von wenigen Zentimetern Ausdehnung (wie das Einschussloch an einem Panzer) kann im Abstand von 1 Meter und mehr als Punktquelle angesehen werden, für die ein angenähert lineares Abstandsgesetz gilt.

Das heißt, von einer Fläche von wenigen Quadratzentimetern empfängt man in 10 cm Abstand bereits 10-mal weniger Strahlung als das Messgerät in 1 cm Abstand angezeigt hat. In 10-mal 10 cm Abstand (1 Meter) aber ist die Intensität bereits 10 mal 10, also 100-fach, das heißt insgesamt 1000-fach verringert! Wenn man dann die wichtigste Strahlenschutzregel beachtet: Abstand halten und die zwei anderen wichtigen Faktoren beachtet: möglichst geringe Expositionszeit und Abschirmung, konnte Tedd Weyman durch direkte Radioaktivität nichts passieren. Für Deutschland entspricht der Mittelwert der Umgebungsstrahlung einer Dosisbelastung von circa 125 Millirem pro Jahr. Auf diesem Schlachtfeld im Irak entspräche das bei einem 30.000-fachem Umgebungswert 3750 Rem pro Jahr geteilt durch 8760, also 0,428 Rem pro Stunde und zwar fast im Hautkontakt mit dem Einschussloch. Eine Versuchsperson müsste dann fast 12 Stunden in dieser Position verharren, um die Dosis von 5 Rem abzubekommen, die der/die Beschäftigte einer Brennelemente- oder Wiederaufbereitungsfirma Jahr für Jahr während seines/ihres Berufslebens absorbieren darf!

Das Schlachtfeld ist so gesehen noch relativ harmlos. Nicht aber, wenn spielende Kinder sich in den Panzern stundenlang aufhalten, wie vom Autor beobachtet und dabei die unsichtbaren Uranoxidteilchen aufwirbeln und einatmen, die sich in diesen kontaminierten Panzern befinden.

Um den von der Forschungsredaktion erdichteten Strahlentod zu erleiden, müsste eine Versuchsperson im Hautkontakt mit der strahlenden Einschussstelle 18 Monate ausharren, bis endlich die Dosis von 500 Rem erreicht würde, die notwendig wäre, um „innerhalb einer Woche zum Tod“ zu führen (1 Rem=10 mSv).

8. Natururan und DU sind, so die Forschungsredaktion, radiologisch dann gefährlich, wenn sie eingeatmet werden, weil sie auf das dann ungeschützte Lungengewebe treffen. Dies kann zu Lungenkrebs führen. DU ist als Schwermetall vor allem chemisch giftig. Das aber ist ein anderer Mechanismus als der in der Sendung beschriebene.

Antwort zu 8.:

Um die radiologische Toxizität geht es mir in diesem Beitrag. Neueste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass sich beide Toxizitäten sogar gegenseitig verstärken und beeinflussen, was mir sehr logisch erscheint.

Vonseiten der Atomlobby wird zu DU seit langem tendenziös Stellung genommen. Das Forschungszentrum Karlsruhe spricht im Zusammenhang mit DU von Hysterie und betont vor allem die chemische Giftigkeit. Andererseits wird diese Giftigkeit, wie Sie wissen, mehr und mehr auf die leichte Schulter genommen, der Grenzwert für Uran im Trinkwasser wurde von 2 auf 9 Mikrogramm/Liter, von den USA sogar auf 30 Mikrogramm/Liter erhöht.

Die Problematik des Kriegsführens unter massiver Freisetzung einer Substanz, die sowohl chemo- als auch radiotoxisch ist, ist jedoch zu neu, um vorschnelle Urteile in die eine oder andere Richtung zu fällen. Es muss also weiter mehr Material gesammelt und diskutiert werden. Diese Sendung war dazu als wichtiger Beitrag gedacht.

9. DU kann, so die Forschungsredaktion, Nierenversagen und auch Nierenkrebs hervorrufen. Insofern wäre zu prüfen, inwieweit das beschriebene Schicksal des sterbenskranken Kindes, dessen Erkrankung übrigens Lymphdrüsenkrebs (lymphoma) heißt, über das Frau Dr. Hassan berichtet, wirklich wissenschaftlich nachweisbar in diesen Zusammenhang gehört.

Antwort zu 9.:

Warum? Eingeatmetes DU kann von der Lunge über das Blut überall hinwandern, sich also auch in den Lymphknoten festsetzen und dann Krebs erzeugen. Im Übrigen: Lymphdrüsen: veraltete Bezeichnung für Lymphknoten laut Pschyrembel, „Klinisches Wörterbuch“. Lymphom(a) kann sowohl eine bösartige Geschwulst als auch eine gutartige Wucherung lymphatischen Gewebes bezeichnen. Die Unterstellung, eine massive Uranbelastung in der Umwelt von spielenden Kindern und arbeitenden Erwachsenen oder Beschuss ausgesetzten Soldaten dürfe immer nur zu einer von mehreren möglichen Schadenswirkungen führen, halte ich für spekulativ beziehungsweise naiv.

10. Es gibt nach Auskunft der Forschungsredaktion keine Vergleichszahlen über das Krebsaufkommen im Irak vor dem Krieg. Durch die Anwendung besserer Erhebungsmethoden, zum Beispiel aus den USA, haben sich Erhebungsmöglichkeiten nach dem Krieg erheblich intensiviert und verbessert. Insofern fehlen aber Vergleichszahlen. Der erwähnte Anstieg der Krankheitsfälle kann also auch diesen Hintergrund haben.

Antwort zu 10.:

KrankenhausärztInnen werden ja wohl beurteilen können, wie häufig bestimmte Krankheiten oder Missbildungen vor mehr als zehn Jahren im Vergleich zur Gegenwart gewesen sind. Es ist schwer vorstellbar, dass nach der jahrelangen Strangulierung des Irak durch das USA-gesteuerte UN-Embargo, mit total restriktiv gehandhabten medizinischen Ausnahmeregelungen, ausgerechnet die USA die Erkennungsmöglichkeiten für Krebs im Irak verbessert hätten. Ich weiß von Frau Dr. Hassan, dass seit Beendigung des Krieges sich bis heute noch kein Amerikaner oder Brite in ihrem Krankenhaus hat blicken lassen, geschweige denn ein solcher irgendetwas getan oder irgendwie „verbessert“ hätte.

11. Da der Transport von radioaktivem Material streng verboten ist, sollte auch dargestellt werden, wie das Material aus dem Irak in das erwähnte Frankfurter Labor gekommen ist.

Antwort zu 11.:

Der Forschungsredaktion scheint unbekannt zu sein, dass es für radioaktives Material Freigrenzen gibt. Nach Tschernobyl hat übrigens jeder Bauer in Bayern, der sein Heu in die Scheune fuhr, gegen ein solch „strenges Verbot“ verstoßen. Eine Katastrophe wie Tschernobyl hatte die Atomlobby nicht vorgesehen.

Und: Wer für eine Recherche Material sammelt und dabei sogar sein Leben riskiert, muss nicht davon ausgehen, dass eine Kriegspartei so massiv gegen das Völkerrecht verstößt, dass das gesammelte Material, das nach dem Völkerrecht gar nicht radioaktiv sein dürfte, gegen irgendwelche Vorschriften auch nur im geringsten verstößt.

12. Die Kürzung des von mir eingefügten Absatzes um den Satz: „Ob und wie die Uranmunition sich dann auswirkt, ist nach Ansicht dieser Wissenschaftler nicht bewiesen“, muss begründet werden.

Antwort zu 12.:

Die Gründe sind a) in allen bisher abgewiesenen Kritikpunkten zu finden und b) lasse ich Dr. Paul Roth, als Vertreter dieser Wissenschaftler, seine gegenteilige Meinung sagen. Sie können aber nicht von mir verlangen, dass ich mit so einem Satz helfe, meine eigene Beweisführung in Frage zu stellen.

13. Der Absatz über die Sammelklagen sollte auf jeden Fall in die Sendung, allerdings nicht nur mit dem Hinweis, dass die Regierungen ein Interesse daran haben, den Zusammenhang zwischen Uranmunition und Erkrankung aus wirtschaftlichen Gründen zu leugnen, sondern auch mit dem Hinweis, dass die Anwälte der Betroffenen aus eben denselben Gründen ein Interesse an der Feststellung dieses Zusammenhanges haben.

Antwort zu 13.:

Herr Clement, soll das eine Spitze gegen den Schadenersatz-Anwalt und Vizepräsidentschaftskandidaten John Edwards sein? In erster Linie haben doch wohl die Betroffenen selbst ein Interesse, ihr Recht zu bekommen und erst in zweiter Linie auch ihre Anwälte. Warum also eine Polemik gegen die Anwälte — etwa um die Geschädigten zu treffen? Das lehne ich ab.

14. Sowohl der Leiter unserer Forschungsredaktion wie auch die Kollegen aus der Abteilung Hintergrund, die diesen Beitrag gelesen haben, halten ihn für tendenziös und ohne weitere gründliche Überarbeitung für nicht sendbar.

Antwort zu 14.:
Wie sollte diese „gründliche Überarbeitung“ Ihrer Meinung nach aussehen, wo doch die Argumente der Forschungsredaktion unzutreffend sind? Stempelt die Wahrheitstendenz eines Beitrages diesen tatsächlich als „tendenziös“ ab? Ist das Bestreben, den Beitrag zu deformieren und kaputt zu reden, nicht erst recht tendenziös?

15. Nach meinen, bereits aus dem letzten Golfkrieg und dem Kosovo-Krieg herrührenden, Kenntnissen ist der Zusammenhang zwischen der DU-Munition und den Erkrankungen nicht nachgewiesen. Das heißt nicht, dass es diesen Zusammenhang nicht geben kann. Aber in Kriegszeiten wirken auch andere Kräfte auf die Kriegsregion ein, sodass es problematisch ist, Ursachen ohne klaren Nachweis nur dem Einsatz einer Waffe zuzuschreiben. Man kann trotzdem gegen den Einsatz dieser Waffe sein, muss dabei aber redlicher argumentieren und die Zweifel an der in dieser Sendung sehr deutlich erkennbaren Unterstützung für diese These deutlich machen.

Antwort zu 15.:

„Man kann“ nicht nur gegen den Einsatz dieser Vernichtungsmunition sein, man muss es. Schauen Sie, Herr Clement, „nicht nachgewiesen“ heißt ja nur, es ist den üblichen Verdächtigen bisher gelungen, Nachforschungen so zu erschweren, Gegengutachten so aufzuwerten und zu versuchen, die Medien so bei der Stange zu halten, damit eine freie kontroverse Bearbeitung des Themas immer wieder auf größte Schwierigkeiten stößt. Und da frage ich mich, wer sind die Nutznießer dieser Sachlage und wer hilft ihnen? Wäre es nicht angebracht zu verhindern, dass es „Kriegszeiten“ gibt — fallen die vom Himmel? Und dass ein Land, das sich nicht wehren kann, zur „Kriegsregion“ gemacht wird? Ich bin gegen den Einsatz dieser Waffe und versuche mit meinen Mitteln andere davon zu überzeugen. Ich kann nichts anderes, als Filme und Rundfunksendungen machen und das tue ich so redlich wie möglich seit 30 Jahren. Aber noch nie hat in dieser Zeit jemand meine Arbeit als „tendenziös und nicht sendbar“ bezeichnet, auch diese Arbeit ist das nicht.

Es sei noch gesagt, dass der Beitrag nie gesendet wurde. Als Antwort auf diese Mail wurde mir nur mitgeteilt, dass die Diskussion davor immer sachlich gewesen sei, dass ich aber mit dieser Antwort leider polemisch geworden wäre.

Am Ende erhielt ich, statt des vereinbarten Honorars von 1.200 Euro nur meine ausgelegten Überspielungskosten für die Originaltöne, Geräusche und Musik in Höhe von 300 Euro ersetzt.

In dem Buch „Meinungsmacht. Der Einfluss von Eliten auf Leitmedien und Alpha-Journalisten. Eine kritische Netzwerkanalyse“ schreibt der Autor Uwe Krüger zu dieser Geschichte:

„Im Deutschlandfunk wurde im Jahr 2004 ein Beitrag verhindert, und zwar von einem Abteilungsleiter, der nebenbei im Beirat für Fragen der Inneren Führung im Bundesverteidigungsministerium tätig war und später auch als Chefredakteur der Zeitschrift des Reservisten­verbandes. Alles Zufall?“

Der taz-Redakteur Andreas Zumach, der zum Thema Uranmunition gearbeitet hat, sagt:

„Es gibt Stellen, die das Thema nicht wollen. […] Industrie, Regierungen, Militärs. Und es geht vor allem darum, horrenden Schadenersatzforderungen von den bislang — möglicherweise mehreren Hunderttausend — Geschädigten zu entgehen. Aber auch die für die Aufklärung von Gesundheitsschäden zuständige Weltgesundheitsorganisation in Genf hält sich zurück wegen politischen Drucks aus Berlin, Washington und anderen Hauptstädten.“


Dokumentarfilm: „Deadly Dust – Todesstaub“


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Dieser Beitrag erschien am 19.03.2019 bei Rubikon – Magazin für die kritische Masse.

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