Tschernobyl, Europa und die Welt 30 Jahre nach dem Super-GAU

Von Bernhard Trautvetter.

Es gibt den Begriff „Gau“, für den größten anzunehmenden Unfall. Und dann gibt es den Super-Gau.

Damals war Leichtfertigkeit mit im Spiel. Die Techniker überschätzten sich und fuhren den Reaktor zu in einer Experimentalphase erschreckend unbedacht hoch und ‚runter, übergingen Warnsignale, überbrückten Kontrollverlustgefahren, wurden von einem an sich vorhersehbaren Überhitzen überrascht. Der Rest ist bekannt.

Die Zahl der Toten und weiteren Opfer nicht; sie kann nur geschätzt werden. Die Angaben schwanken zwischen einigen Tausend und circa 1.5 Millionen [Die Welt 12.4.2011]. Die Liquidatoren, die mit Abdichtversuchen direkt über dem Gau-Zentrum eine Kernschmelze verhinderten, gaben ihr Leben für die Menschheit dahin, zumindest die Bevölkerung im alten Europa.

Zwei Tage später regnete es über Deutschland, als die Strahlungswolke gerade angekommen war, Ergebnis: wir durften mit unseren Kindern nicht in den Sandkasten, Milch war Tabu, Wildfleisch und Pilze auch… Strahlung kennt keine Grenzen. „Für Wissenschaftler Lengfelder ist klar, dass die Kernkraft-Katastrophe zu vermehrten Krebserkrankungen geführt hat – und noch führen wird: “Wir sind in Bayern mit einer Krebsstudie leider nicht weitergekommen, weil es für Bayern kein Krebsregister gibt. Wir sind deshalb nach Tschechien gegangen. Die Untersuchung hat ergeben, dass der Schilddrüsenkrebs dort nach Tschernobyl hochsignifikant zugenommen hat.“[Ärzte Zeitung online, 23.04.2011]

Eine Technologie, die ohne Kühlung zum Inferno führt, deren Müll über Jahrhunderttausende hermetisch sicher vom Ökosystem abgeschieden werden muss, ist nichts für die Menschheit. Was war hier vor 10.000 Jahren los? Über so weite Zeithorizonte kann niemand Sicherheit schaffen. Das klappt ja noch nicht einmal direkt jetzt.

Mehr noch: Man belügt uns mit dem Begriff der ‚Friedlichen Nutzung‘: Anlagen in einem Gebiet, das irgendwann einmal vom Krieg überzogen werden könnten, verbieten sich aus Verantwortung für das Leben. Als Tschernobyl gebaut und in Dienst geschaltet wurde, stand es in der Sowjetunion, danach in der Ukraine, jetzt im Krieg.

Die NATO hat die damals illegal im Amt befindliche Jazenjuk-Regierung in Kiew im Umgang mit Atomanalagen im Kriegsfall ‚beraten‘. Das zeigt die Leichtfertigkeit und Verantwortungslosigkeit der NATO und des Militärischen Komplexes überhaupt: In der Tagesschau vom 28.05.2014 berichtete Jürgen Döschner, dass NATO-Generalsekretär Rasmussen in einer Pressekonferenz beiläufig eingestand, dass eine solche Delegation mit einem solchen Beratungsauftrag aktiv sei: “Ja, wir haben auf Bitten der Ukraine eine kleine Gruppe ziviler Experten in die Ukraine entsandt, um den Behörden zu helfen, die Sicherheit ihrer zivilen Nuklearanlagen zu verstärken.”

Die unabdingbare Erneuerung der Schutzhülle um den Gau-Reaktor kostet über 600 Millionen €, die niemand aufbringen will.[online focus 16.9.2014]

Die Finanz-Probleme des Kriegslandes Ukraine übertreffen angesichts der Zeitbombe Tschernobyl die Griechenlands um Universen.

Die Menschheit lebt sicherer, wenn sie auf erneuerbare Energien und Friedenspolitik setzt, statt auf NATO und friedlich genannte und militärische Nutzung der Atomenergie.

Dafür ist die Friedensbewegung in Ramstein, Kalkar, Büchel, Berlin,… aktiv.

Unser Nein zum Militär und zum Atom ist ein Ja zum Leben.

 

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

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