Geld regiert die Welt. Nur, wer regiert das Geld?
Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff erklärt jeden Freitagmittag, um 12.00 Uhr, Begriffe, Mechanismen und Gesetze aus der Finanzbranche, die uns täglich als alternativlos verkauft werden, aber nur Wenige verstehen. Das soll sich ändern! THE WOLFF OF WALL STREET erklärt uns heute: „Weltwirtschaftskrise 1929“.
Am Ende des 1. Weltkrieges gab es einen ganz großen Gewinner: Die Banken der Wall Street, die an die verschiedenen Kriegsparteien zahllose Kredite vergeben hatten.
Zwar waren die größten Schuldner – Großbritannien, Frankreich und Italien – nach Kriegsende zunächst nicht in der Lage, diese Schulden zurückzuzahlen, doch da half die US-Regierung nach: Sie sorgte 1919 im Versailler Vertrag dafür, dass Deutschland zu sogenannten „Reparationszahlungen“ verpflichtet wurde.
Offiziell dienten diese Gelder der Wiedergutmachung. Tatsächlich aber flossen sie über London, Paris und Rom zur Begleichung der jeweiligen Kriegsschulden wieder in die Wall Street. Und da Deutschland wegen dieser Reparationszahlungen das Geld für den Wiederaufbau fehlte, flossen sie gleich weiter – als Kredite nach Deutschland.
Auf diese Weise entstand ein Schuldenkreislauf, der die amerikanischen Großbanken immer mächtiger machte. Da zugleich die US-Industrie und die US-Landwirtschaft ihre Produktivität auf Grund der Rationalisierung und der Einführung der Massenproduktion erheblich steigern konnten, kam es zu einem enormen Wirtschaftsboom, der als „Die Goldenen Zwanziger Jahre“ in die Geschichte eingegangen ist.
Auch diesen Boom nutzten die US-Banken für sich, indem sie eine wahre Kreditschwemme entfachten und unter anderem das bis dahin unbekannte Prinzip der Ratenzahlung einführten. Die so angeheizte Nachfrage trieb die Aktienkurse der großen Konzerne in die Höhe, so dass außer den professionellen Investoren auch Millionen von Kleinanlegern zu spekulieren begannen.
Auch hier erkannten die Banken ihre Chance und entwickelten das Prinzip des „Hebelns“. Beim Aktienkauf zum Beispiel mussten Anleger nur noch einen Teil des Kaufpreises für eine Aktie aufbringen – den Rest erhielten sie als Kredit von der Bank.
Wie verführerisch das war, zeigt ein konkretes Beispiel: Kaufte ein Anleger eine Aktie für $ 100, konnte er einen Kredit über $ 90 aufnehmen und musste nur die restlichen $ 10 selbst aufbringen. Sprang der Kurse der Aktie um nur 10 Prozent auf $ 110, hatte der Anleger seinen Einsatz verdoppelt.
Auf diese Weise entstand ein wahrer Kaufrausch auf Kredit. Aber der hielt nicht ewig an und sobald der Kreislauf ins Stocken geriet, die ersten Verluste gemacht und die ersten Kredite zurückgefordert wurden, begann das künstlich aufgeblähte Kredit-Gebäude in sich zusammenzufallen.
Entscheidend war dann das Eingreifen der US-Zentralbank Federal Reserve: Sie erhöhte zweimal die Zinsen, erschwerte so die Bedienung der Schulden und trieb die Kreditnehmer in immer größerer Zahl dazu, ihre Aktien zu verkaufen. Das Ergebnis ist bekannt: Die Aktienpreise stürzten ins Bodenlose, die New Yorker Börse erlebte im Oktober 1929 den größten Crash des Jahrhunderts.
Die Folgen für die arbeitende US-Bevölkerung waren dramatisch: Über 100.000 Betriebe mussten schließen, Millionen verloren ihre Jobs, die Obdachlosigkeit griff um sich. Und auch viele, die dem Börsenrausch nicht verfallen waren, verloren alles, denn mehr als zehntausend kleine und mittlere Banken gingen bankrott – und selbst die, die überlebten, mussten einer großen Zahl von Kunden eröffnen, dass sie deren Geld verspekuliert hatten.
Es gab aber auch diesmal einen großen Gewinner – die Banken der Wall Street. Sie konnten das Geschäft der in Konkurs gegangenen kleineren Banken übernehmen und so einen gewaltigen Machtzuwachs verzeichnen.
Das nach den USA am härtesten von der Weltwirtschaftskrise betroffene Land war Deutschland. Da die US-Banken ihre Kredite nach dem Crash abzogen und die ausstehenden Schulden einforderten, ging die Weimarer Republik wirtschaftlich und finanziell in die Knie: Betriebe mussten reihenweise schließen, die Arbeitslosigkeit schoss in die Höhe. Die Politik reagierte mit eisenharten Sparmaßnahmen, die man heute als Austeritätspolitik bezeichnen würde: Die Steuern wurden erhöht, öffentliche Aufträge gekappt, Sozialleistungen und Löhne gekürzt.
Die Folge war eine Massenverelendung, die es den Nationalsozialisten ermöglichte, an die Macht zu kommen und ihre Herrschaft zu errichten.
Warum ist es so wichtig, diese so weit zurückliegenden Zusammenhänge zu verstehen? Aus einem einfachen Grund: In unserer Zeit werden noch mehr Kredite vergeben als damals und es wird in weitaus größerem Maße als in den Zwanziger Jahren spekuliert. Das heißt: Die Risiken, unter denen wir leben, sind wesentlich höher als am Ende der Weimarer Republik.
Es gibt allerdings zwischen damals und heute einen gravierenden Unterschied: Wenn das gegenwärtige Kartenhaus in sich zusammenfällt, kann niemand sagen kann, die Geschichte hätte uns nicht gewarnt.
Die Zeit ist reif für ein demokratisches Geldsystem!
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