The Wolff of Wall Street: Negativzinsen (Podcast)

Geld regiert die Welt. Nur, wer regiert das Geld?

Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff erklärt jeden Freitagmittag, um 12.00 Uhr, Begriffe, Mechanismen und Gesetze aus der Finanzbranche, die uns täglich als alternativlos verkauft werden, aber nur Wenige verstehen. Das soll sich ändern! THE WOLFF OF WALL STREET erklärt uns heute: „Negativzinsen“.

Zinsen haben eine lange Geschichte. Sie sind zwischen 2.000 und 3.000 vor Christus eingeführt worden, und zwar als Naturalzins – weit bevor das Geld in Form erster Münzen entstand.

Das Prinzip des Zinses ist einfach: Wer mehr besitzt als er selbst benötigt, kann dieses Mehr gegen einen Aufschlag verleihen. Zinsen beruhen also auf einer materiellen Ungleichheit zwischen dem, der etwas besitzt, und dem, der etwas benötigt. Kein Wunder also, dass die Besitzenden dafür gesorgt haben, dass das Prinzip des Zinses auch nach der Einführung des Geldes beibehalten wurde – so lange jedenfalls, bis es in unserer Zeit auf den Kopf gestellt wurde.

Wir leben nämlich in einer Epoche, in der in einigen Ländern zum ersten Mal seit mehreren tausend Jahren Negativ- oder Minuszinsen verlangt werden. Das heißt: Wer Geld verleiht, erhält nicht mehr zurück als er verliehen hat, sondern weniger.

Das klingt absurd, denn es stellt unser gesamtes Geld- und Finanzsystem auf den Kopf. Deshalb die Frage: Wie konnte es dazu kommen?

Der Schlüssel zur Antwort liegt in der Entwicklung des globalen Finanzsystems in den vergangenen fünfzig Jahren: Die Deregulierung – die fortschreitende Abschaffung von Einschränkungen im Finanzsektor – hat dazu geführt, dass die Finanzindustrie um ein Vielfaches größer geworden ist als die Realwirtschaft.

Da das gesamte System kreditgetrieben ist und auf Wachstum basiert, müssen aber sowohl die Menge produzierter Güter als auch die Geldmenge ständig zunehmen. Produziert wird aber nur in der Realwirtschaft, während im Finanzsektor nichts anderes passiert als dass Geld den Besitzer wechselt.

Das heißt: Hier entsteht ein kontinuierlich zunehmendes Missverhältnis, das irgendwie ausgeglichen werden muss. Genau diese Aufgabe haben seit der Krise von 2007/08 die Zentralbanken übernommen. Sie schaffen immer neues Geld und vergeben es zu immer niedrigeren Zinssätzen an die Finanzindustrie.

Durch diese lockere Geldpolitik hat sich ein selbstverstärkender Mechanismus entwickelt, der nicht mehr zu stoppen ist. Das ist seit Ende 2018 sogar historisch belegt: Mehrere Zentralbanken hatten nämlich versucht, weniger Geld ins System zu pumpen oder die Zinsen wieder anzuheben, sind damit gescheitert und inzwischen wieder zur lockeren Geldpolitik zurückgekehrt.

Wenn die Zentralbanken aber gezwungen sind, die Geldmenge auch in Zukunft weiter zu erhöhen und die Zinssätze weiter zu senken – dann haben wir es bei den Negativzinsen nicht mit einer absurden Entgleisung des bestehenden Geldsystems zu tun, sondern mit der logischen Konsequenz aus seiner bisherigen Entwicklung.

Und die wird gewaltige Folgen haben:

Für die Banken entfällt nämlich eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen, die Kreditvergabe. Das wird sie zwingen, auf andere Geschäftsbereiche auszuweichen und das wiederum heißt: Sie werden auf jeden Fall noch stärker als bisher in die Finanzspekulation gehen müssen.

Für Investoren, insbesondere Hedgefonds, die ihre Einsätze ja gern hebeln, sich also Geld leihen, um ihre Einsätze zu erhöhen, sind Negativzinsen natürlich eine riesige Verlockung, der sie wohl kaum widerstehen können. Auch das wird die Spekulation im Finanzsektor gewaltig anfachen.

Und Firmen, die im Grunde pleite sind, werden sich mit Hilfe von Negativzinsen noch lange nach ihrem eigentlichen Bankrott über Wasser halten können und so dafür sorgen, dass die Märkte noch stärker als ohnehin verzerrt werden.

Opfer der Negativzinsen werden die Sparer sein, die für Notzeiten oder fürs Alter vorsorgen: Ihr Vermögen wird langsam dahinschmelzen. Viele von ihnen werden deshalb wahrscheinlich auch ihr Heil in der Finanzspekulation suchen – mit der Folge, dass sie dort auf Profis treffen und im Wettbewerb mit ihnen mit Sicherheit den Kürzeren ziehen werden.

Insgesamt also werden Negativzinsen das Finanzcasino anheizen, die Risiken im System gewaltig erhöhen und die soziale Ungleichheit weiter fördern. Was aber erwartet die Menschen und auch die Institutionen, die sich den Negativzinsen zu entziehen versuchen, indem sie in das Bargeld flüchten?

Nun, dieser Weg wird ihnen mit Sicherheit sehr schnell abgeschnitten werden. Die Bargeldabschaffung ist ja bereits weit vorangeschritten und der IWF hat bereits einen Plan vorgelegt, wie das Bargeld mit Hilfe einer Bargeld-Steuer in kurzer Zeit sehr effektiv aus der Welt geschafft werden kann.

Bleibt also die entscheidende Frage: Was wird das alles für Folgen haben? Kann ein Negativzins-Regime überhaupt auf Dauer Bestand haben?

Die Antwort lautet: Nein.

Negativzinsen sind das finale Eingeständnis, dass das gegenwärtige Finanzsystem am Ende ist. Negativzinsen werden es mit mathematischer Sicherheit zerstören und sind im Grunde nichts anderes als der Versuch, das System zugunsten derer, die von ihm profitieren, am Leben zu erhalten, obwohl es eigentlich schon lange nicht mehr lebensfähig ist.

Die Zeit ist reif für ein demokratisches Geldsystem!

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