The Wolff of Wall Street: Die Deutsche Bank

Geld regiert die Welt. Nur, wer regiert das Geld?

Wirtschaftsjournalist Ernst Wolff erklärt jeden Freitagmittag um 12:00 Uhr Begriffe, Mechanismen und Gesetze aus der Finanzbranche, die uns täglich als alternativlos verkauft werden, aber nur Wenige verstehen. Das soll sich ändern! THE WOLFF OF WALL STREET erklärt uns heute: „Die Deutsche Bank“.

Die Deutsche Bank ist seit Jahrzehnten die größte Bank Deutschlands und zählt weltweit zu den „systemisch relevanten Finanzinstituten“. Das heißt: Ihr Zusammenbruch würde das gesamte globale Finanzsystem gefährden. Aus diesem Grund gilt sie als „too big to fail“, muss also unter allen Umständen am Leben erhalten werden.

Genau diesen Prozess erleben wir seit einigen Jahren, denn die Deutsche Bank ist aus eigener Kraft schon länger nicht mehr lebensfähig. Der ständige Wechsel im Management, der Absturz ihres Aktienkurses, die Schließung von Filialen und die Entlassung von tausenden Mitarbeitern sind dabei nur äußere Zeichen des Verfalls.

Das größte Problem der Deutschen Bank liegt in den Risiken, die sie eingegangen ist, um einen ehrgeizigen Plan zu verfolgen – nämlich zur größten Bank der Welt zu werden.

Begonnen hat diese Entwicklung mit dem Ende des Nachkriegsbooms in der Mitte der siebziger Jahre. Davor war die Deutsche Bank über mehr als ein Vierteljahrhundert zum wichtigsten Kreditgeber der deutschen Wirtschaft aufgestiegen, hatte sich mehrere hundert Aufsichtsrats- und Vorstandsposten gesichert und war dadurch zum Zentrum dessen geworden, was man damals als „Deutschland AG“ bezeichnete.

Als der Nachkriegsboom dann endete, nutzte die Deutsche Bank diese Macht auf der Suche nach neuen Möglichkeiten des Geldverdienens und drängte die Politik, ihr mehr und mehr rechtliche Hindernisse aus dem Weg zu räumen, also zu deregulieren.

Der Prozess begann zunächst zaghaft, nahm aber in den achtziger Jahren durch die internationale Entwicklung an Fahrt auf. 1989 nutzte die Deutsche Bank die massive Deregulierung in Großbritannien, um die Investmentbank Morgan Grenfell aufzukaufen und vor allem im Derivate-Bereich, also im Bereich der damals explodierenden Finanzwetten, aktiv zu werden.

Zehn Jahre später übernahm die Deutsche Bank das amerikanische Investmentinstitut Bankers Trust und erreichte ihr Ziel: Sie wurde zur größten Bank der Welt. Sie gab sich damit aber nicht zufrieden, sondern nutzte diese Sonderstellung, um noch tiefer ins Wettgeschäft einzusteigen, und das mit Erfolg: Weitere 12 Jahre später wurde sie zum größten Derivatehaus der Welt, also zum größten Glücksspieler im internationalen Finanzcasino. Hier ein paar Zahlen, die diesen Aufstieg verdeutlichen :

1995 betrug das Derivate-Volumen der Deutschen Bank 1,2 Billionen Euro.
1999 – 11,1 Billionen Euro.
2011 – 59,2 Billionen Euro.

Dieser Erfolg brachte aber auch erhebliche Gefahren mit sich: Die Risiken stiegen, der Druck durch die Konkurrenz wurde immer größer. Da gleichzeitig immer höhere Boni an die Investment-Spezialisten gezahlt wurden, entwickelten diese eine Art Allmachtsgefühl und setzten sich immer unverfrorener über Recht und Gesetz hinweg.

Genau diesen Höhenrausch nutzten die Wall Street und die City of London gnadenlos aus: Obwohl selbst alles andere als Unschuldslämmer, sorgten sie dafür, dass die Deutsche Bank mit Klagen wegen Anlagebetrugs, Zinsmanipulationen und Geldwäsche überzogen wurde. Allein zwischen 2012 und 2016 musste die Deutsche Bank daraufhin Strafzahlungen in Höhe von 12 Milliarden US-Dollar leisten. Mittlerweile sind mehrere tausend Verfahren anhängig, für deren zu erwartende Strafen das Management in Frankfurt bereits Milliarden hat zurückstellen müssen.

Die Deutsche Bank steht also vor einer Lawine von Problemen: Sie muss sich international mit einer Armee von Anwälten gegen Strafzahlungen wehren, drastisch sparen und vor allem: die Risiken mindern. Alles drei gleichzeitig zu tun aber ist einem Umfeld, wie wir es seit der Krise von 2007/2008 haben, nicht möglich, und zwar aus folgenden Gründen:

Eine Rückbesinnung auf das traditionelle Bankgeschäft, also die Vergabe von Krediten, ist wegen der gegenwärtigen Niedrigzinsen ausgeschlossen. In wirtschaftlich sinnvolle Anlageprojekte zu investieren, bringt – wegen der Weltwirtschaftslage – im Vergleich zu den Gewinnmöglichkeiten an den Finanzmärkten zu wenig Rendite. Die einzige Möglichkeit, als Bank in unserer Zeit hohe Gewinne zu erzielen, besteht in der Finanzspekulation, und dort gilt ein ehernes Gesetz: Je höher die Profite, umso höher die Risiken.

Die Deutsche Bank kann also gar nicht anders als weiter am großen Glücksrad zu drehen.

Kein Wunder also, dass der Internationale Währungsfonds sie bereits im Juni 2016 als das für die globale Finanzwirtschaft gefährlichste Geldinstitut der Welt eingestuft hat.

Die Zeit ist reif für ein demokratisches Geldsystem!

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