Ein Kommentar von Ernst Wolff.
Auf dem G7-Gipfel in der vorletzten Woche gab US-Präsident Trump eine Pressekonferenz, bei der er verkündete, er habe ein gutes Gefühl bezüglich eines neuen Atomabkommens mit dem Iran. Das Land habe sich entscheidend verändert und stehe vor einer großen Zukunft.
Viele Zuhörer trauten ihren Ohren nicht, denn zu ihnen sprach derselbe Mann, der das bestehende Atomabkommen mit dem Iran im Mai 2018 einseitig gekündigt, die bisher schärfsten Sanktionen gegen das Land erlassen und ihm erst vor Monaten die „Vernichtung“ angedroht hatte.
Trotz dieses eklatanten Widerspruchs zwischen den Worten und Taten des US-Präsidenten hieß es in den Mainstream-Medien anschließend, Trump habe offenbar eingesehen, dass ein Krieg gegen den Iran nicht zu gewinnen sei und suche deshalb nach einer diplomatischen Lösung.
Diese Einschätzung der Lage aber steht in krassem Gegensatz zu den seit Monaten andauernden Kriegsvorbereitungen der USA.
Darüber hinaus übersieht sie eine der wichtigsten Lehren der Geschichte – dass es nämlich bis heute kein Land gegeben hat, dass vor der Entfesselung eines Krieges nicht seine Bereitschaft zum Frieden erklärt hätte. Schließlich verkennt sie auch die Tatsache, dass es den USA überhaupt nicht auf einen Sieg ankommt, da sich die Ziele und Absichten ihrer Kriegspolitik in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend geändert haben.
Bis zum Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts sahen die USA ihre wichtigste Aufgabe in der „Eindämmung“ des Einflussbereiches der Sowjetunion, also der Verhinderung der Ausdehnung von Planwirtschaften. Mit dem Ende der Sowjetunion und dem Fall des Ostblocks aber entfiel dieser Grund.
Da sich damals bereits abzeichnete, dass zwei der drei Säulen der US-Vorherrschaft, nämlich die wirtschaftliche und finanzielle Übermacht gegenüber dem Rest der Welt, sich nicht auf Dauer aufrecht erhalten lassen, blieb Washington nichts anderes übrig als verstärkt auf die dritte Säule – das Militär – zu setzen.
Weil man aber dem eigenen wirtschaftlichen und finanziellen Verfall kein positives Konzept entgegenzusetzen hatte, dienten sämtliche Kriegseinsätze seit den Neunziger Jahren vor allem der Destabilisierung des Rests der Welt, der Förderung der US-Rüstungsindustrie zur Ankurbelung der Finanzmärkte und der Ablenkung der eigenen Bevölkerung vom Zerfall der US-Infrastruktur und der zunehmenden sozialen Ungleichheit im Land.
Keines dieser Ziele würde durch die siegreiche Beendigung eines Kriegseinsatzes erreicht. Im Gegenteil: Ein solches Ende wäre sogar kontraproduktiv. Die Kriege in Afghanistan, im Irak und in Libyen haben dafür bereits eindrucksvolle Beispiele geliefert: In allen drei Fällen haben die USA keinen Sieg davongetragen, sondern vollkommen zerstörte Länder mit verwüsteter Infrastruktur, am Boden liegender Wirtschaft und einer schwer traumatisierten Bevölkerung hinterlassen.
Dass die USA jetzt den Iran ins Visier nehmen, liegt vor allem daran, dass er beim Bau der Neuen Seidenstraße, also der Verschmelzung der Wirtschaftsräume der größten US-Konkurrenten Asien und Europa, eine Schlüsselrolle spielt und deshalb aus US-Sicht destabilisiert werden muss.
Eine weitere Triebkraft hinter dem immer wahrscheinlicheren Krieg gegen den Iran ist die gegenwärtig einsetzende Rezession. Sie wird sowohl die USA als auch den Rest der Welt wesentlich härter treffen als alle bisherigen Rezessionen, da die Zentralbanken ihr Pulver – Geldschöpfung und Zinssenkungen – in den vergangenen zehn Jahren weitgehend verschossen haben.
Ein über Jahre ausgedehnter Krieg käme den US-Großinvestoren in dieser Situation sehr gelegen, denn er würde nicht nur die Rüstungsindustrie anheizen, sondern auch den Ölpreis auf Jahre hinaus in die Höhe treiben und die riesige US-Fracking-Industrie endlich profitabel machen.
Zudem würde er Präsident Trump die Möglichkeit geben, den Iran für Sparmaßnahmen wie die Kürzung und das Streichen von Sozialleistungen verantwortlich zu machen – Maßnahmen, die angesichts der rasant zunehmenden Staatsverschuldung der USA unausweichlich sind.
Alles in allem muss man zurzeit davon ausgehen, dass ein Irankrieg immer wahrscheinlicher wird – trotz Donald Trumps vermeintlich versöhnlichem Auftritt in Biarritz.
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Bildhinweis: Samuel Acosta / Shutterstock
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