Tagesdosis 7.11.2018 – Frieden schaffen mit Heiko Maas

Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.

Am 3. November 2018 erschien ein Bericht des Außenministers Heiko Maas im Spiegel, in dem er dazu aufruft, einen neuen Frieden zu denken, der auf Vertrauen aufbauen soll. Maas macht dort hauptsächlich Russland für den Vertrauensverlust verantwortlich, da Russland den INF-Vertrag nicht einhalte. Damit bezeichnet man die bilateralen Verträge zwischen der Sowjetunion und den USA über die Vernichtung aller landgestützten Flugkörper mit mittlerer und kürzerer Reichweite (500 bis 5500 Kilometer). Der Besitz, die Produktion und Flugtests mit ihnen sind verboten. Der Vertrag wurde am 8. Dezember 1987 anlässlich des Gipfeltreffens von Washington unterzeichnet und am 1. Juni 1988 während des Gipfeltreffens in Moskau in Kraft gesetzt, kann man auf Wikipedia nachlesen.

Natürlich haben die USA, seit Ronald Reagan, der diesen Vertrag zusammen mit Michail Gorbatschow unterzeichnete, im vollen Umfang eingehalten – denkt der deutsche Außenminister wahrscheinlich. Ist aber überhaupt nicht so. Denn die USA wollen diese auf den neusten Stand bringen und große Teile dieser Friedensbewahrungs- und Abschreckungswaffe im Orbit installieren. Das, so denkt der deutsche Außenminister in seiner schier grenzenlosen Naivität wahrscheinlich, wisse so ein Rüpel wie der Putin alles nicht. Und in China ist man sich dieses Wissens wahrscheinlich nicht einmal gewahr. Wir sind die Guten – die anderen alle zusammen genommen, sind die Bösewichte. Maas möchte auch die USA dazu ermuntern, mutige Schritte zur Abrüstung ihrer Atombomben zu unternehmen. Mutige Schritte. Soso, Herr Maas. Oder nutzen Sie den Artikel, den Sie jüngst im Spiegel schrieben, nur um dem unaufgeklärten Volk, auch als Wahlvolk bekannt, ein Märchen von der Güte der Guten zu erzählen. Böse sind immer nur die anderen. Kriege führen immer nur die anderen und wir werden dazu gezwungen, sie als  Verteidiger der Freiheit mitzuführen. Wir sind immer das Peace Keeping Operation-Centrum, mit Sitz in Ramstein, Stuttgart-Vaihingen, und mit Büchel als Trumpfkarte.

Man muss sich diesen ganzen vollendeten Wahnsinn einmal in seiner Realität vorstellen. Die Atombomben, die damals auf Nagasaki und Hiroshima fielen, waren zu ihrer Zeit fast die größten Atombomben. Heute hingegen liegt ihre Sprengkraft, gebündelt um ein Mehrfaches, in einer einzigen Atombombenmine. Quasi eine kleine Atombombe. Zum Vergleich: Die Atombombe, auch Kernwaffe genannt, in Hiroshima hatte eine Sprengkraft von 12-18 Kilotonnen TNT, die in Nagasaki schon 18-23 Kilotonnen TNT. Heute aber besitzen Kernwaffen unter denen die Wasserstoff- und die Neutronenbomben ebenfalls fallen, schon 10.000 – 50.000 Kilotonnen TNT-Sprengkraft. Das ist unvorstellbar. Der menschliche Wahnsinn in Gestalt des politischen Friedens und der Verteidigung ist in der Lage, diesen Planeten gleich drei Mal hintereinander in eine Wüste zu verwandeln.

Und jetzt kommt sein wahrer Grund: Weil man Rohstoffe erbeuten will, Dinge damit produzieren muss, die man mit enormen Werbeaufwand als ein must have in die Köpfe der Menschen triggern muss, um den eigenen Lebensstandard und den eigenen Herrschaftsanspruch zu festigen. Nur darum geht es denen, die in der Lage sind, diese Knöpfe zu drücken. Und nur deswegen sind sie überhaupt stationiert, in den USA, in England, in Frankreich, in Deutschland, in Pakistan, in Indien, in Israel, in China und in Russland. Die Abschreckungsstrategie, die sie einst hervorbrachten, vom damaligen deutschen Kanzler Helmut Schmidt noch an Jimmy Carter herangetragen, der übrigens nichts mit einer solchen Strategie des finanziellen Ausblutens der damaligen Sowjetunion anfangen konnte, und als Superfriedensidee in Schmidts Kopf begann, hat, soweit man das alles überhaupt noch überblicken kann, zu diesem ganzen Rüstungswahnsinn überhaupt geführt.

Der Bundesaußenminister schreibt von Vertrauen, von Transparenz, von gemeinsamen Interessen und von Rüstungskontrollen. Und überhaupt, sein Bericht ist voll von Ideen, auch guten Ideen. Doch er vermeidet die Hauptidee. Also die, weswegen Kriege da sind und weswegen das Mittel der Abschreckung noch immer so ein bisschen funktioniert. Es ist der Korporatismus, eine Steigerungsvariante des einfachen Kapitalismus, der über Korruption den Staat aushöhlt und dazu führt, dass sich die Marktnehmer zu Bündnissen formieren und den Staat quasi an sich reißen. Turbo-Kapitalismus oder Neoliberalismus eben. Was für ein verniedlichendes Wort für eine Variante des Faschismus. Die psychologischen Strategien des Neoliberalismus kann man mit der Notwendigkeit einer Sedierung der gesamten Gesellschaften bezeichnen. Eine soziale Waffe, die das freie Denken, Sprechen und Handeln zu einem kulturellen Retro-Virus umformt und alles Freie am Mensch sein wollen zu einem schlafenden Geist umformt. Freiheit wird somit geächtet und Freisein zum schlimmsten erklärt, dem sich ein Mensch hinwenden will. Freiheit ist des Teufels, sozusagen. Freiheit im Einzelnen muss bekämpft werden. So erging es jüngst auch unseren Friedensfreund Bodo Schickentanz von Mainz Free TV, dem, so die Anwälte der Öffentlich Rechtlichen, wegen Verbreitung von Verschwörungstheorien und Russlandnähe gekündigt werden soll. Bodo Schickentanz hat ganz sicher und zuversichtlich der Rede von Frau Dr. Angela Merkel zugehört, als sie jüngst bei der Verleihung der Goldenen Victoria sagte, Zitat der Zeitschrift Welt: Gerichtet an den Veranstalter betont Merkel die Notwendigkeit, dass Journalisten „frei von Angst und Bedrohung“ arbeiten können müssen. Und sagt: „Wir können es nicht hinnehmen, wenn eine vielfältige Medienlandschaft infrage gestellt wird.“ Beispielsweise von Bürgern, die Medien als „Lügenpresse“ diffamieren. Sie wolle sich weiter für Presse- und Meinungsfreiheit einsetzen, der Preis sei ihr ein Ansporn, sagt Merkel. Pressefreiheit ist die Freiheit derer, die die Presse besitzen oder deren Diener, die dann den Preis bekommen. Bodo Schickentanz gehört zur freien Presse und muss am eigenen Leib nun erfahren, dass die Freiheit der Presse gar nicht existiert. Sie ist in Deutschland nicht mehr vorhanden.

Vertrauen, Herr Maas, das hat in diesem Land ihre Vorgesetzte, Frau Dr. Angela Merkel, mit diesem Geist verseucht. Dem Spaltpilzgeist. Als Spieler hat sie dieses Land mit diesen Mitteln gegen die anderen Spieler, denen noch ein wenig Ehrlichkeit nicht fremd war, aufgebracht. Deutschland und Europa als einige Friedensmacht, Herr Maas? Wissen Sie, Herr Maas, der letzte deutsche Außenminister, der auch etwas von Abrüstung und Frieden redete und der das wirklich ernst meinte, der sogar die stationierten US-Atombomben in Büchel aus Deutschland weghaben wollte, der starb, viel zu jung, am Krebs. Guido Westerwelle ließ sich da auch nicht beirren. Herr Maas, Sie wollen, Zitat Anfang: dafür sorgen, dass unsere Regeln mit der technologischen Entwicklung immer neuer Waffenarten Schritt halten. Manches davon mag wie Science-Fiction klingen – Weltraumwaffen etwa oder Flugkörper mit vielfacher Schallgeschwindigkeit, die gar keine Zeit mehr lassen für eine menschliche Reaktion. Doch wenn wir nicht vorausschauend handeln, wird aus Science-Fiction bald tödliche Realität. Ich denke dabei auch an autonome Waffensysteme – Killer-Roboter – die völlig außerhalb menschlicher Kontrolle töten. Um solche Horrorszenarien zu verhindern, haben wir eine Initiative zur Ächtung dieser Waffen in den Vereinten Nationen gestartet. Doch wir wollen weitergehen und bei einer internationalen Konferenz in Berlin im kommenden Jahr auch die Regulierung anderer neuartiger Waffenarten voranbringen. Schnelle Erfolge sind nicht garantiert, Vertrauen entsteht nicht über Nacht. Aber: Frieden und Sicherheit schaffen wir nicht gegeneinander, sondern nur miteinander. Deutschland muss Friedensmacht bleiben: Wir werden uns beharrlich und mit Nachdruck für Abrüstung und Rüstungskontrolle einsetzen. Nur so kann ein weltweites Wettrüsten gestoppt werden. Nur so sichern wir Frieden in Europa. Zitat Ende. Ich sage Ihnen jetzt einmal ganz höflich etwas, was Sie vor Beginn aller Friedensbemühungen machen müssten, um auch nur in die Nähe von Glaubwürdigkeit zu gelangen: Sie müssten zugeben, dass Deutschland unter Schröder und Merkel aktiv mitgeholfen haben, Angriffskriege zu unterstützen. Ja, Herr Maas, Angriffskriege waren das allesamt. Denn es gab kein Mandat von der UNO für die Kriege. Das können Sie alles in Dr. Daniele Gansers Besteller Illegale Kriege nachlesen. Laut der Menschenrechtskonvention der Vereinten Nationen begann Deutschlands Regierung Völkerrechtsbruch. Das wurde alles damals nach dem Zweiten Weltkrieg so feierlich beschlossen, damit nie wieder jemand den schlimmsten aller Kriege führen kann, den Angriffskrieg. Aber Schwamm drüber. Macht ja nix. Immerhin war Hitler ja Österreicher, nicht wahr? Das betrifft uns ja nicht und heute ist heute. Was soll der ganze Schnee von gestern. Ist ja eh nur für das Schuldeinimpfen der bekloppten und bescheuerten Volksdeppen in diesem Land. Nicht für Ihresgleichen. Da wird aus allen Rohren geschossen. Ist ja für das Gute und die Guten gegen das Böse und die Bösen. Und wir, wir sind ja immer die Guten.

Wie innen so außen. Wenn der Frieden funzen soll, dann sollte zuallererst der Mensch funzen, mit sich selbst also im Frieden sein. Dann erst kann er anderen den Frieden nahe legen, weil in dem Menschen die Fähigkeit zur Kooperativität erwachsen ist und sein Drang, alles bekämpfen zu müssen, dadurch gewichen ist. Doch das sich auf diesem Planeten wie eine Pandemie ausgebreitete hochkriminelle Finanzwirtschaftssystem, das sich des Kapitalismus bedient, ist nicht zu zähmen oder zu befrieden. Es ist von seinem Wesen her todbringend, ausräuchernd, alles zerstörend und trägt die Lebenszerstörung in sich. Wer den Frieden will, Herr Maas, der muss sich den unbequemsten Tatsachen stellen. Danach dann wird er geächtet, sozial für vogelfrei erklärt und darf zusehen, wo er dann bleibt. Deswegen haben Sie ja die Amadeu Antonio Stiftung ins Leben gerufen und eine Stasi-zertifizierte Person an die Spitze gesetzt. Wer für Frieden ist, der wird dort als Rechtsextrem, als Reichsbürger nah oder gleich als Nazi oder Antisemit der Öffentlichkeit vorgeführt. Der Frieden, von dem sie reden, ist ein Frieden, der nach dem Vermelden selbigem an die jeweiligen Bündnisgegner die Sintflut in Form des NATO-Aufgebotes hereinbrechen lässt. Eben ein politischer Frieden und dieser stinkt schon vom Stift her nach Tod und Verderben, nach Raub und Folter. Folgendes, Herr Maas, das sollten Sie sich als Spickzettel in ihre Innentasche stecken: Das Gegenteil von Gut ist nicht Böse, sondern gut gemeint. Stammt von Kurt Tucholsky und wird immer wahrer, je höher man die Leiter des eigenen Friedensbewusstseins hinauf klettert. Und dazu kommt noch das Gesetz des Friedens selbst: Wer den Frieden nicht in sich selbst hat, der wird auch keinen Frieden säen. Wer den Frieden in sich selbst hat, der wird ohne großes Zutun den Frieden überall säen. Nur, dazu müssten Sie schleunigst aus der Politik aussteigen, denn die Politik ist das Panzerrohr des Kapitals. As-salāmu ʿalaikum, Herr Maas.

Quellen

http://www.spiegel.de/politik/ausland/heiko-maas-wir-muessen-ueber-ruestung-reden-a-1236449.html

https://www.atomwaffena-z.info/geschichte/ruestungskontrolle/inf-vertrag.html

https://www.youtube.com/watch?v=bsC2kIseZu0

https://www.dw.com/de/was-unterscheidet-wasserstoff-und-atombombe/a-40354193

https://de.wikipedia.org/wiki/Kernwaffe

https://www.youtube.com/watch?v=KmF2DmbzhOM&feature=share (ab Min 00:07:52)

https://www.welt.de/kultur/medien/article183349580/Preisverleihung-Yes-she-is-a-fighter-sagt-Jordaniens-Koenigin-ueber-Merkel.html?fbclid=IwAR13fHtlGNE0cGWHwX8T0nFmbGHhQyACudbNIcll8wV6iSWV9qaM2aE82ZU

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