Tagesdosis 6.1.2020 – Pulverfass Iran – Ist das US-Attentat eine Warnung an China? (Podcast)

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Mit der gezielten Tötung des zweitmächtigsten Mannes im Iran und der Entsendung von mehreren tausend Soldaten in den Nahen Osten haben sich die Spannungen zwischen den USA und dem von ihnen zum „weltweit schlimmsten Terrorstaat“ erklärten Iran erheblich zugespitzt.

Die seit Längerem laufenden Kriegsvorbereitungen der USA gegen den Iran sind seit der Amtsübernahme von Donald Trump als US-Präsident und Oberbefehlshaber der US Army systematisch verschärft worden. Die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem, die Kündigung des Atomabkommens, die Rekordausgaben für die Rüstung und der von Trump eingefädelte Waffendeal mit Saudi-Arabien sowie die US-Unterstützung der Saudis im Krieg gegen die mit dem Iran verbündeten Huthis im Jemen sind nur einige Meilensteine dieser Entwicklung.

Ein Krieg gegen den Iran ist für die USA langfristig unvermeidbar und wird von fast allen Demokraten und Republikanern zusammen mit den US-Medien unterstützt, und zwar aus folgendem Grund: Der schärfste Rivale der USA, die Volksrepublik China, arbeitet seit 2013 am größten Wirtschaftsprojekt aller Zeiten, der Neuen Seidenstraße. Mit ihrer Fertigstellung würde ein Wirtschaftsraum entstehen, der Asien, den Nahen Osten und Europa miteinander verbinden und die Beherrschung der Welt durch die Supermacht USA ein für allemal beenden würde.

Da der Iran im Rahmen der Neuen Seidenstraße eine Schlüsselstellung einnimmt – zum einen als Nadelöhr zwischen Kaspischem Meer und Persischem Golf und zum anderen als wichtigster Energielieferant – ist ein Krieg gegen das Land das effektivste Mittel, die Neue Seidenstraße zu torpedieren und die globale Vorherrschaft der USA aufrecht zu erhalten.
Dass die USA gerade zu Beginn des neuen Jahres die nächste Eskalationsstufe gezündet haben, dürfte neben diesen Ursachen aber auch aktuelle Gründe haben.

Zunächst wäre da die Krise in der US-Fracking-Industrie, die immer größere Ausmaße annimmt. Obwohl in den vergangenen Jahren hunderte von Milliarden US-Dollar in die Förderung von Erdöl und vor allem von Erdgas gesteckt worden ist, macht die Industrie wegen der Kombination aus Überangebot und niedrigen Preisen immer größere Verluste. Trotz der kontinuierlichen Senkung der Förderkosten liegen diese teilweise über den Selbstkosten, so dass das Gas vielfach vor Ort abgebrannt wird.
Weltweit größter Förderer von Erdgas ist der Iran, der zusammen mit Katar das bisher größte Gasfeld der Welt im Persischen Golf ausbeutet. Ein Krieg gegen den Iran würde den Preis für Erdgas umgehend in die Höhe schnellen lassen, den größten Konkurrenten der US-Fracking-Industrie auf dem Weltmarkt ausschalten und den Sektor sofort in die Gewinnzone katapultieren.

Ein weiterer Beweggrund für die US-amerikanische Aggression gegen den Iran dürften die Probleme sein, die das US-Finanzsystem seit dem vergangenen September aufweist und die offensichtlich wesentlich schlimmer sind als offiziell zugegeben.

Hintergrund ist der zwischen 2015 und 2018 unternommene Versuch, die nach dem Beinahe-Crash von 2007/08 erzeugte Geldschwemme wieder einzudämmen, der zur Jahreswende 2018/2019 gescheitert ist und der die FED im vergangenen Jahr veranlasst hat, die Geldschleusen wieder zu öffnen. Trotz dieser Wende in der Geldpolitik ist es im September zu schweren Turbulenzen am sogenannten Repo-Markt gekommen, an dem sich US-Banken durch Hinterlegung von Sicherheiten mit frischem Geld versorgen.

Bis heute hat die FED sich geweigert, den Grund für ihre seit September andauernden Interventionen an diesem Markt bekannt zu geben. Dafür hat sie ihre Bilanz in kürzester Zeit dramatisch ausgeweitet und so dafür gesorgt, dass ständig neues Geld ins System fließt. Trump wiederum hat den Aktienmarkt monatelang durch Tweets vorangetrieben, in denen er unter anderem wiederholt angekündigt hat, dass er kurz vor dem Abschluss eines „großartigen“ Deals mit China stehe.

Der für Mitte Januar geplante Termin für diesen Deal rückt nun in greifbare Nähe und zwingt Trump, sein Versprechen entweder einzulösen oder sein Gesicht zu verlieren. Da jede Provokation gegen den Iran auch gleichzeitig eine Botschaft an Teherans wichtigsten Verbündeten China bedeutet, könnte die Tötung des ranghohen Generals nicht nur eine Provokation in Richtung Iran, sondern sehr wohl auch eine Aufforderung an China gewesen sein, sich Trumps Bedingungen für einen Deal zu unterwerfen.

Ob Trumps Spiel mit dem Feuer aufgeht, wird sich zeigen. Die größten Trümpfe in seiner Hand dürften neben der Bedeutung der Straße von Hormus für die chinesische Energieversorgung die noch immer bestehende weltweite Dominanz des Petro-Dollars, die Abhängigkeit der chinesischen Exportwirtschaft vom US-Markt und die gewaltigen Probleme im chinesischen Finanzsystem sein, die den Spielraum der chinesischen Führung ganz erheblich einschränken.

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