Tagesdosis 5.12.2018 – Denunzieren ist das neue Abkassieren

Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.

Vorweg, ich muss hier gleich zu Beginn des Textes ein Outing machen: Ich bin apolitisch, was mein Handeln angeht. Ich bin weder dies noch das. Auch stehe ich weder für das Eine noch für das Andere. Ich bleibe Naturalist und liebe die Natur. Auch die Natur des Menschen liebe ich. Und für diese habe ich viel Verständnis. Auch dann, wenn sie sich mal verirrt. Normale Verirrungen vollziehen sich auf die vielfältigste Weise. Am hartnäckigsten sind die, die politisch oder ideologisch vollzogen werden. Hüte sich jeder vor einem Extremismus oder einem Fundamentalismus in dem, wovon er überzeugt ist.

Soko-Chemnitz.de

Nun zur Sache. Ihr kennt ja mittlerweile fast alle hier das „Zentrum für politische Schönheit“ (ZPS). Die haben sich nun vorgenommen, alle Menschen, die sie für rechts halten und die in Chemnitz damals zu sehen waren, bei ihren Arbeitgebern anzuschwärzen. Das nennen sie Kunst. Zudem folgt es einer Eskalationslogik, dem Wahrzeichen linker Politik, wenn es um die nichtlinken Bürger und ihr Recht auf Demonstrationen geht. Zeit online zitiert auf seiner Seite im Netz den passenden Slogan des ZPS wie folgt, Zitat Anfang: Denunzieren Sie noch heute Ihren Arbeitskollegen, Nachbarn oder Bekannten und kassieren Sie Sofortbargeld“, heißt es im Video auf der Internetseite Soko-Chemnitz.de, die am Montag online ging. „Helfen Sie uns, die entsprechenden Personen aus der Wirtschaft und aus dem öffentlichen Dienst zu entfernen, Zitat Ende.

Jetzt mag man vielleicht denken, wieso nicht! Das ist doch Geschmeiß, alles rechte Nazis. Die müssen doch raus aus dieser Gesellschaft. Kein vernünftiger Mensch ist für Nazis oder Faschisten. Die meisten Leser hier werden das unterschreiben können. Doch so einfach ist das nicht. Schaut man auf der Seite Soko-Chemnitz.de hinein und sieht sich die vielen Steckbriefe an- übrigens alles angeblich Kunst- dann sieht man dort auch Leute, unter denen dann einfach in altdeutscher Schrift AfD steht. Ich weiß, für viele in diesem Land hat sich der Frame AfD gleich Supernazi eingebrannt. Ein Pauschalurteil, das ganz sicher nicht stimmt. Nachweislich faschistisch wie auch extrem rechts ist in diesem Land die Regierung selbst. Aber das will niemand wahrhaben, der solche Aktionen des ZPS unterstützt. Der Grund dürfte wohl nicht in einer künstlerischen Neigung liegen, sondern eher in einer politischen Motivation, hinter der sich dann Fördergelder verbergen. Gegen rechte Bevölkerungsgruppen zu sein, egal ob das stimmt oder nicht, das lässt die europäischen Töpfe ordentlich sprudeln.

Wie aber verteidigt sich das ZPS mit dieser Kunst selbst? Lassen wir dazu und zu dieser Kampagne den Leiter Philipp Ruch selbst zu Wort kommen, Zitat Anfang: Das Selbstjustiz verboten ist, weiß Philipp Ruch, der Leiter des ZPS, natürlich selbst. Auf der Pressekonferenz in Berlin erwähnte er nicht umsonst mehrmals seine Rechtsberater. Der Tabubruch wird aber nicht genüsslich-provozierend vorgetragen, wie man das von Künstlern wie Jonathan Meese oder dem Satiriker Jan Böhmermann kennt. Sondern mit der Gravität höchster moralischer Berufung: Die schwarze Bemahlung der Gesichter, die alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Zentrums während öffentlicher Auftritte tragen, symboloisiere laut Ruch den „Ruß der deutschen Geschichte“. Was es heute brauche, sei eine veritable „zweite Entnazifizierung, Zitat Ende.

Es gibt keine Erbschuld

Na, lieber Leser, geht es dir da genau so wie mir? Was soll dieser komplett überzogene Schwachsinn? Schon lange bedienen sich linke oder Antisonstwas-Deutsche einer Rhetorik gegen Rechts, als würden sie zu Partisanen mutiert, die Mittel rechten Terrors selbst anwenden wollen. Ich habe da für mich den Begriff des Soziezismus gebildet. Eine ungesunde Weise, sich in Gruppen nur noch seiner Gruppe zu widmen und nur noch in diesem Gruppendenken zu denken, zu handeln und zu fühlen. Das kommt einer Wahnidee oder einer Wahnvorstellung gleich. Sozietäten, wie sie Rechtsanwälte bilden, sind völlig okay. Solange Gruppen Sozietäten bilden, ist daran nichts auszusetzen. Schwierig wird es erst, wenn sie nur noch in diesen Dingen die Welt verstehen. Dann wird es krankhaft. Sein Weltbild nur noch gegen rechts auszurichten ist ganz sicher ungesund. Denn dann folgt ein Hassgefühl im Dauerzustand. Vielleicht ist es dann aber eher so, dass solche Menschen ihre ohnehin schon eingelagerte Wut in gegen Rechts zu sein kanalisieren und sich dahinter eine ganz andere Wutwirklichkeit verbirgt. Ist nur so eine spinnerte Idee von mir.

Für mich ist hier Victor Frankl ein Vorbild. Frankl war in vielen Konzentrationslagern der SS und der Nazis inhaftiert, jahrelang, und hat die Grauen, die er selbst miterlebte, wie durch ein Wunder überlebt. Dieses Wunder des eigenen Überlebens hat er dann später zu einer Methode Menschen zu fördern in die Psychologie eingebunden. Die Logopädie. Ihr liegt zugrunde, was die meisten Speaker, Dozenten oder Coaches ihrem Publikum anweisen: Du brauchst eine Idee für dein Leben, für die es sich zu leben lohnt. Im Grunde genommen legte Frankl damit den Grundstein für alle sozialen Methoden, den Menschen für sich selbst zu stärken. Denn genau das analysierte Frankl als sein Prinzip, Auschwitz und Nazideutschland, als Jude, überlebt zu haben. Sein berühmter Selbstbewältigungausspruch in Wien ist mir durch Mark und Bein gegangen. Seit dem habe ich ihn mir zu eigen gemacht: Es gibt nur anständige und unanständige Menschen. Er sprach nicht von der Erbschuld, sondern davon, dass die deutschen Nachkommen gar keine Schuld haben können. Schuld ist nicht vererbbar, sagte dieser Mann, der allen Grund hatte, die Deutschen tief zu hassen und zu verachten. Das aber tat er nicht. Er versöhnte sich mit seinem Leid, dass ihm durch die Nazis angetan wurde.

Cui bono

Was ist die Absicht solcher, unter dem Deckmantel der Kunst, aufgestellten Motive zur Entnazifizierung? Zumal einer Entnazifizierung eine Nazifizierung vorausgegangen sein muss, wenn man so etwas fordert. Ansonsten ist es absurd, so etwas heute zu behaupten. Verbergen sich dahinter eigene Kränkungen, die man auf solche Weise zu kanalisieren weiß? Wird hier die deutsche Geschichte der Nazizeit missbraucht? Gibt es eine Industrie der Entnazifizierung, milliardenschwer? Leben die Nazi-Täter von 1933 bis 1945 noch? Sind die heutigen Rechten oder Neonazis mit Hitlers Schergen zu vergleichen? Oder, was eine viel interessantere Frage wäre, wem kommt dieser hysterische Ekel-Anti-Nazi-Kult heutiger Tage überhaupt zu Gute? Ganz einfach! Es kommt denen zu Gute, die nazihaft handeln. Ich lege hier Wert auf den Unterschied von Handlung oder Sprüche kloppen. Gibt es Handlungen, denen man Geschichtsvergessenheit nachsagen könnte? Auweiha, ja! Der deutschen Regierung unter Schröder und Merkel. Schützt man die Schweinereien dieser Regierungen dadurch, in dem man der Öffentlichkeit eine braune Show rechtsradikaler Kräfte vorführt? Erinnern wir uns an Chemnitz. Was geschah dort vor Kurzem? Es wurde ein junger Mann auf offener Straße erstochen. Was hat die Regierung und andere Kräfte daraus gemacht? Eine Antifaschista-Partie und jetzt saugt das ZPS noch die Reste davon weg. Übertreibe ich, wenn ich dazu einfach nur noch ekelhaft sage, oder stimmt da etwas mit meiner Haltung nicht? Mit Antifaschismus wird heutzutage viel Geld in Umlauf gebracht. Darum geht es wirklich, ums Geld verdienen, um Karriere und um einen sehr dubiosen Finanzmarkt. Sollte jemandes Hirn jetzt nicht mitkommen und in mir, dem Autor dieser Zeilen, einen Verteidiger der rechten Gesinnung sehen wollen, so liegt das nicht an mir. Es liegt an dem, der sich so etwas in seinem Hirn konstruiert. Schaut euch alle menschliche Destruktivität an. Mir scheint die Strategie auf ein Übel zu zeigen, einer Hypnose gleich, lässt die anderen destruktiven Faktoren außer Sicht bringen. Und so können die viel destruktiveren Kräfte schön so weiter machen wie bisher. Das Volk schlägt sich die Köpfe ein, teilt sich auf und lässt sich somit von ganz anderen teuflischen Spielern beherrschen. Dieses Spiel mit dem dummen Volk, es glauben zu machen, es geschehe nach seinem Willen, ist so alt wie der Staat.

Was will jemand wie Philipp Ruch, der Leiter des ZPS, anderes als selbst Karriere zu machen? In unserem System ist es doch unzweifelhaft so, dass wer nicht wirbt und dabei lauthals brüllt, dass dieser finanziell stirbt. Ihre unbequeme Wahrheit, Herr Ruch, ist doch die hier: Würden Sie den echten Faschisten in diesem Land ihre Aktionen widmen, denen, die in die Nähe faschistischen Handelns kommen, also den Regierungsmitgliedern in der BRD und der EU, dann würden Sie, besser Ihr Zentrum, keinerlei Fördermittel mehr bekommen. Sie lassen auf Rechte draufhauen, erfinden dazu noch andere unschuldige Personen, die wir dann Faschos nennen dürfen, nur damit sie ihren Job weiter finanziert bekommen. Herr Ruch, Cui Bono? Die Antwort ist immer Geld, Ruhm und Macht. Bemalen Sie auch weiterhin ihr Gesicht mit Ruß, repräsentieren Sie die Schuld der Hakenkreuzler, doch denken auch Sie einmal darüber nach, dass Schuld nicht vererbbar ist. Die Schuldvererbung entstammt einer sehr dunklen Zeit in Europa, Ablasshandel genannt und er kam von der katholischen Kirche, um Geld abzukassieren, von den einfachen, ungebildeten Leuten. Persönliche Schuld oder nationale Schuld sind nicht vererbbar.

Gestalten des Bösen

Schuld bringt ein Feindbild, den Schuldigen. Und dann kann, auf Teufel komm raus, projiziert werden. Ich kenne zu viele Friedensfreunde, auf die ähnlich drauf geknüppelt wurde und wird, als dass ich nicht doch zu hinterfragen gelernt habe, was Leute wie Sie im Schilde führen. Es kommt der Ketzerei schon sehr nahe. Menschen, sozial für vogelfrei zu erklären, ist keine Kunst. Es ist eine unmenschliche Handlung. Mit Demokratie zu überzeugen wäre möglich, wenn, ja wenn nicht die demokratische Regierung der Demokratie ihr Fleisch weggefressen hätte. Sie, die Regierung Angela Merkels, förderte wie nie zuvor in diesem Land das undemokratische Verhalten. Sie belohnte es sogar und weil Leute wie Sie, Herr Ruch, das nicht hinterfragen, gehen Sie davon aus, dass es rechtens sei, legitim und moralisch notwendig. Wer nicht mit der Demokratie überzeugt, ist kein Demokrat. So wenig wie ein Friedensaktivist nicht friedlich ist, wenn er mit rigider Haltung für den Frieden sein will. Gegen die wirklichen Faschisten in diesem Land und in Europa vorzugehen, fehlen Ihnen der Mut und die Kraft, das zu tun. Denn die wahren Faschisten in diesem Land und in Europa würden aus Ihnen blitzschnell einen Antisemiten zaubern, einen Nazi, Herr Ruch.

Übrig bleibt das Handeln einiger Denunzianten, die fest davon überzeugt sind, das Richtige zu tun. Hitlers System funktionierte nicht ohne Denunziantentum. Diktaturen brauchen Denunzianten. Demokraten gehen gegen Denunzianten vor. Es widerspricht jeglicher demokratischer Überzeugungen, jemanden wegen seiner Gesinnung zu ächten, ihn arbeitslos werden zu lassen und und und. Das Antibiotikum gegen Faschismus ist das eigene demokratische Tun. Und jetzt werden viele sagen, dass wir nicht in einer Demokratie leben. Und ich frage dann mal zurück, ach was? Wenn wir, wie Du sagst, nicht in einer Demokratie leben, wovon auch ich ausgehe, dann sage mir doch bitte, auf welcher Seite stehen dann all die vielen Herrsche-und-Teile-Leute eigentlich? Für welches System kämpfen denn dann all diejenigen, die den Kampf in ihren Parteibüchern glorifiziert haben? Zur Zeit könnte man meinen, dass an jeder Ecke ein Hitler steht. Doch dem ist nicht so, ganz und gar nicht!

Wenn also alle Gruppen auf den Feind zeigen, welches Strategem liegt dem noch einmal zugrunde? Die Systemfrage selbst wird damit befeindet. Philipp Ruch, sollten Sie das je für sich erkennen, dann, und genau dann möchte ich Ihr Gesicht sehen. Gestalten des Bösen, nennt Eugen Drewermann das Netz aus Handlungen, in denen Menschen wie Philipp Ruch sich selbst verfangen haben. Aber nach Leuten wie Ruch ist ein Eugen Drewermann ja auch ein Antisemit. Alles Systemkritische ist unmenschlich, das ist euer Credo. Und damit agieren Leute wie Ruch mit den Methoden der Nazis selbst. Und hier weiß ein gebildeter Mensch die Spreu vom Weizen zu trennen. Gleiches mit Gleichem zu bewältigen erhöht das Potenzial dessen, das man bewältigen möchte. Das Denken, Menschen möglichst zu beseitigen, die einem nicht passen, erzwingt bei der Gruppe der einen das Konzentrationslager, bei der anderen Gruppe den Gulag. Doch das Denken ist das Gleiche. Einzig die Einbildung, man befände sich ja auf der guten Seite, lässt die Moral besser erscheinen. Doch es bleibt unmenschliches Handeln. Würde man beide Menschentypen in einen Hirnscanner legen und ihre Wut über den anderen freilegen, so würde der Hirnforscher in beiden Menschen die gleichen Hirnareale feuern sehen. Der Hirnforscher würde den linken nicht von dem rechten Überzeugungstäter unterscheiden können. Das ist die Tragik der Linken, denen man über Marx eine falsche Ideologie über den Kampf ins Hirn gefräst hat. Die Lehre nach 1945, Herr Ruch, heißt, das in uns zu bezwingen. Faschismus ist nur ein Faden in einem Seil. Und das Seil heißt Destruktivität. Jedes Seil trägt in sich eine Seele, sagen Seilmacher. Und diese Seele ist unsere Menschlichkeit. Irgendwann, Herr Ruch, werden auch Sie vor dieser Logik einlenken und begreifen, was Demut heißt. Noch sind sie von der Gestalt des Bösen fasziniert. Doch diese Gestalt liegt nicht im Außen, sie liegt in Ihnen selbst. Sie legitimieren sie bloß auf einen projizierten Rechtfertigungsgrund. Und dieser heißt für Sie Entnazifizierung. Dies ist ein Begriff für eine Gruppe, die Sie weghaben wollen. Klingt für mich nach Destruktivität, wenn ich mir Ihren Hirnscan so anschaue.

Quellen:

https://www.zeit.de/kultur/2018-12/zentrum-fuer-politische-schoenheit-soko-chemnitz-rechtsextremismus-arbeitgeber-illegal-politische-kunst

https://soko-chemnitz.de

https://www.youtube.com/channel/UCg7p3G7knYI0b91uVpJaerg/videos

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Fotohinweis: wikimedia.commons.org, Urheber: Tobias Klenze, Lizenz CC BY-SA 4.0

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