Ein Kommentar von Rainer Rupp.
Der Militärisch-Industrielle Komplex der USA sieht in Donald Trumps Verschärfung des Handelskriegs gegen China eine willkommene Gelegenheit mit einer Eskalation militärischer Operationen zu Wasser und in der Luft die Regierung in Peking zu provozieren und in die Enge zu treiben. Aktuell werden dadurch die bis dato von den zivilen, transnationalen US-Konzernen gepflegten, guten politischen Beziehungen zu China vom Pentagon sabotiert. Offensichtlich wollen die kriegsgeilen, amerikanischen „Kommunistenhasser“ den Chinesen zeigen, wer der Herr in ihrem Hinterhof ist. Auf diese Weise sollen die jüngsten strategischen Errungenschaften Pekings in dem von vielen Anrainerstaaten beanspruchten Südchinesischen Meer in Frage gestellt werden.
Derweil hat der Kampf mit gegenseitigen Sanktionen an den wirtschaftlichen und strategischen Fronten längst begonnen. Schon sprechen die Kommentatoren in den asiatischen Medien von einem neuen Kalten Krieg Amerikas gegen China, der gefährlich auf einen möglichen bewaffneten Konflikt auf hoher See zusteuert. Letzten Sonntag z.B. kam es zu einer solchen gefährlichen Situation, die leicht in eine bewaffnete Auseinandersetzung hätte führen können.
Der US-Zerstörer „Decatur“ war unter dem Vorwand, eine Operation im Rahmen des „Rechts auf Freiheit der Navigation“ (das nur für internationale Gewässer gilt) ganz nahe an einige der von China als nationales Territorium beanspruchten und zum Teil bereits militärisch ausgebauten Gaven- und Johnson-Riffe in der Spratly-Inselkette im Südchinesischen Meer herangefahren. Daraufhin ging ein chinesisches Kriegsschiff in der Nähe auf Kollisionskurs mit dem US-Zerstörer, der im letzten Moment abdrehte, um eine Kollision zu vermeiden. Die beiden Schiffe waren in voller Fahrt nur noch 40 Meter voneinander entfernt gewesen. Nach dem Zwischenfall entfernte sich die „Decatur“ von den Inseln in Richtung hoher See.
Nach ihrer misslungenen Provokation beschuldigte die US-Kriegsmarine flugs die Chinesen wegen ihres angeblich “gefährlichen und unprofessionellen Manövers”, das beinahe zu einem Gefecht auf hoher See geführt hätte. Zugleich behauptete ein Pentagon-Beamter gegenüber der Westpresse, dass der US-Zerstörer mindestens 12 Seemeilen von den Riffen entfernt gewesen sei. Damit wäre das US-Kriegsschiff außerhalb der „Zwölf-Meilen-Zone der territorialen Hoheitsgewässer gewesen. Dagegen warf China den USA vor, mit der Entsendung der „Decatur“ seine “Souveränität und Sicherheit” verletzt zu haben und dass die wiederholten Einsätze von Militärschiffen in der Nähe der von China beanspruchten Inseln die chinesisch-amerikanischen militärischen Beziehungen “ernsthaft schädigten”.
Dieser Vorfall zeigt, dass die Chinesen offensichtlich zu einer Kollision mit der „Decatur“ bereit waren. Für die Kriegsmarine der Volksbefreiungsarmee wäre eine solche Havarie in quasi heimischen Gewässern und umgeben von ihren ausgebauten Inseln sehr viel leichter zu bewältigen gewesen als für die US-Kriegsmarine, die nur mit weitaus größerem Aufwand inmitten des von China beanspruchten Gebietes ihre Decatur hatte abschleppen können. Im weniger günstigen Fall hätten die Matrosen des US-Zerstörers womöglich von den Chinesen gerettet werden müssen, was für das Pentagon eine noch größere Blamage gewesen wäre.
Auch am Himmel über dem Südchinesischen Meer nervt das Pentagon die Chinesen mit ständig neuen Nadelstichen in Form von andauernden Überflügen von strategischen B-52-Bombern über das von Peking beanspruchte Gebiet. Mit dieser Politik der “kontinuierlichen Bomberpräsenz” will Washington den chinesischen Ansprüchen auf die Region entgegenwirken, was wiederum von China als extrem “provokativ” bezeichnet wird. Im Gegenzug hat Peking in den vergangenen Monaten seine Luftverteidigungskapazitäten auf den Inseln weiter ausgebaut und das Pentagon befürchtet nun dass China beabsichtigt, fast über dem gesamten Südchinesischen Meer eine Identifikationszone zur Luftverteidigung einzurichten. Das aber würde unangemeldete und nicht abgestimmte Überflüge für die US-Bomber erheblich erschweren.
Dennoch bleibt Washington seiner Maxime bei der Handhabung gefährlicher, internationaler Spannungen treu und scheint fest entschlossen, die Eskalationshoheit behalten zu wollen, bzw. nach eigenem Gutdünken die Spannungen weiter hoch zu fahren.
Dazu gehört auch, dass das Pentagon, das unter Führung von Ex-General „verrückter Hund“ Mattis weitgehend unabhängig vom Weißen Haus agiert, seine militärische Zusammenarbeit mit Partnern wie Japan, Australien, Großbritannien mit Stoßrichtung China verstärkt hat. Die Regierung Südkoreas, die den Entspannungskurs mit dem Norden weiterverfolgt, hält sich dagegen klug zurück und lässt sich nicht vor den Karren Washingtons spannen.
Ein weiterer Tritt ans Schienbein Pekings war, dass die Trump-Regierung einen Waffenverkauf in Höhe von 1,3 Milliarden US-Dollar an Taiwan genehmigt hat, das von der Volksrepublik China als abtrünnige Provinz angesehen wird. Verstärkte US-Militärhilfe für Taipei ist eine direkte Sabotage von Pekings Bemühungen, die Weichen für eine “Wiedervereinigung” mit Taiwan zu stellen.
Auch in den Philippinen macht das Pentagon gegen China mobil. Bei einem Besuch in Manila letzte Woche unterzeichnete US-Admiral Philip Davidson, Kommandeur des Indo-Pazifischen Kommandos der USA, ein neues Verteidigungsabkommen, das die Zahl der gemeinsamen Militärübungen erheblich erweitern wird. Es wird erwartet, dass die beschlossenen 20 zusätzlichen Manöver einerseits der Terrorismusbekämpfung gelten und um andererseits mit „maritimen Sicherheitseinsätze“ gemeinsam mit den Amerikanern philippinische Präsenz in den von China beanspruchten Gewässern im Südchinesischen Meer zu zeigen.
Interessanter Weise haben sich die bilateralen Militärbeziehungen zwischen den Philippinen und den USA stark verbessert, trotz der unverminderten Kritik, die der philippinische Präsidenten Rodrigo Duterte an den USA und ihrer Außen- und Militärpolitik übt. Das spiegelt den anhaltenden Einfluss Washingtons auf die Philippinen wider, insbesondere im Rahmen der mit dem Pentagon eng verflochten militärischen Führungsriege in Manila, die ebenfalls weitgehend unabhängig von den politischen Präferenzen des philippinischen Präsidenten geblieben ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die chinesisch-amerikanischen militärischen Beziehungen in eine gefährliche Phase der Konfrontation geraten sind und die einstigen Bindungen zerfasert sind. So wurde kürzlich ein geplantes Treffen zwischen US-Verteidigungsminister Jim Mattis und seinem chinesischen Amtskollegen General Wei Fengh im Oktober in Peking angesichts der zunehmenden Spannungen abgesagt. China hatte zuvor ein Treffen zwischen seinem Marinechef Vizeadmiral Shen Jinlong und amerikanischen Kollegen in Newport, Rhode Island, abgesagt. Auch der chinesische Verteidigungsminister Wei Fenghe, der noch in diesem Jahr die USA besuchen sollte, wird wohl zu Hause blieben. Das chinesische Verteidigungsministerium hat letzte Woche vorgeschlagen, dass der Besuch abgesagt werden sollte.
Zugleich nutzte letzte Woche US-Präsident Trump das jüngste Treffen des UN-Sicherheitsrats, wo er diesmal den Vorsitz hatte, um Peking der Einmischung in die bevorstehenden Zwischenwahlen in den USA zu beschuldigen. Und der US-Botschafter in China „Terry Branstad“ veröffentlichte in der US-Zeitung „Des Moines Register“ im US-Bundesstaat Iowa einen bösartigen Kommentar gegen Peking, dem er vorwarf, das „Mobbing“ amerikanischer Wähler „durch Propaganda Anzeigen in unserer eigenen freien Presse” verdoppelt zu haben. Der Stein des Anstoßes war eine von der chinesischen Regierung bezahlte Anzeige in derselben Zeitung, die die Iowa-Farmer über die Auswirkungen eines Handelskriegs zwischen den USA und China aufklärte. Deshalb hat Washington China beschuldigt, eine systematische Kampagne zur Diskreditierung der Trump-Regierung in wichtigen Wahlbezirken durchzuführen, insbesondere in ländlichen Bauerngemeinden, die unter dem anhaltenden Handelskrieg unter sinkenden Exporten nach China leiden.
Für jeden Beobachter ist klar: Wenn die eskalierenden Spannungen zwischen den beiden Supermächten nicht kontrolliert werden, werden nicht nur die Handelsbeziehungen der ganzen Region empfindlich gestört werden, sondern zugleich wird sich das Risiko einer bewaffneten Konfrontation im Südchinesischen Meer – und möglicherweise darüber hinaus – dramatisch erhöhen.
Aber, getreu seiner Doktrin der Eskalationshoheit, plant das Pentagon laut offiziell noch nicht bestätigter Berichte bereits im November, US-Kriegsschiffe, Kampfflugzeuge und Truppen in einer Reihe von Übungen durch das Südchinesische Meer und die Straße von Taiwan (die Meerenge zwischen Taiwan und dem chinesischen Festland) zu schicken, „um Peking eine Botschaft zu schicken”.
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