Ein Kommentar von Dirk Pohlmann.
Saalmiete überweisen erlaubt, im gemieteten Saal filmen: Verboten! Das ist die Kurzfassung einer Berliner Lokalposse, die nichtsdestotrotz symptomatisch für die Zustände in Deutschland ist.
Ende November organisierte KenFM einen Vortrag von Daniele Ganser in der Urania. Urania Direktor Ulrich Weigand kassierte zwar die Saalmiete, verbot dann aber dem KenFM-Kamerateam, die mit 850 Zuschauern ausverkaufte Veranstaltung zu filmen, um sie danach im Internet zu veröffentlichen. Begründung: angebliche rassistische Äußerungen Ken Jebsens, die er allerdings nicht benennen konnte. Die Entscheidung sei auf Direktorenebene getroffen worden, ließ zudem ein Assistent des Hauses auf Nachfrage mitteilen.
Das ist eine neue Spitzenleistung auf dem Gebiet der Willkürherrschaft, die sich in Berlin breitmacht. Bereits im letzten Jahr hatte es Kultursenator Klaus Lederer geschafft, der Berliner Luft die Geruchsnote McCarthy hinzuzufügen. Er sorgte dafür, dass der Karlspreis der Neuen Rheinischen Zeitung nicht im Babylon Kino an Ken Jebsen verliehen werden konnte, obwohl der dieses Kino früher für einige Veranstaltungen gemietet hatte und leichtsinnigerweise darauf baute, als guter Bekannter und guter Kunde behandelt zu werden.
Nicht nur Ken Jebsen musste lernen, dass in der realexistierenden Demokratie die Regeln des guten Kaufmanns nur gelten, wenn dem Kaufmann gerade danach ist. Dass nicht der Kunde König ist, sondern der Kunde vom König nach Gutdünken gegängelt wird, wie es ihm gefällt und dass der Kapitalismus nur solange demokratische Spielregeln wertschätzt, wie die Herrschaft des Rechts gleichbedeutend ist mit dem Recht der Herrschenden. Und dass Scheinlinke in den letzten Jahren verstärkt Spaß daran haben, die Redefreiheit einzuschränken, Angriffskriege zu rechtfertigen und zur Teilnahme aufzurufen.
Es hilft zur Erhellung der Verhältnisse stets, sie in einem Gedankenexperiment umzudrehen. Man stelle sich vor, die Urania käme auf die Idee, eine anti-deutsche Veranstaltung des anti-deutschen Kultursenators abzusagen, oder ein Verbot für den Veranstalter auszusprechen, seine eigene Veranstaltung filmen zu lassen. Zum Beispiel einen Informationsabend zum glorreichen Fortschritt der Demokratie westlicher Prägung in der Ukraine und ihrer Gefährdung durch Wladimir Putin. Wie lange könnte der Veranstalter wohl noch mit Stütze aus dem Landeshaushalt rechnen? Wie lange würde er seinen Chefsessel noch bewohnen können? Die große Frage ist: 60 Sekunden oder 60 Minuten?
Und wie breit und reissend wäre wohl das Gewässer aus Krokodilstränen, dass die edlen Hauptstadtmedien weinen würden, weil so ein Verstoß gegen die gebenedeite Meinungsfreiheit un-er-hört sei?
Während Ken Jebsen sich nur darauf verlassen kann, dass man dezent wegschaut, wenn er wieder mal gemobbt wird. Die bestallten Veranstaltungsorte und die selbsternannten Qualitätsmedien sind höchst wählerisch in ihrer Gunst und ihrem Verständnis der Meinungsfreiheit. Sie verteilen ihre Aufmerksamkeit für Verstöße nach Gutsherrenart. Gutsherrenart bedeutet: „Seit wann gibt es so etwas wie Meinungsfreiheit auch für Leibeigene? Das Personal und der Pöbel soll bleiben, wo es hingehört. Im Bedienstetentrakt, am Arbeitsplatz, oder vor dem Fernseher und in der S-Bahn, zeitungslesend. Einige sind eben gleicher als andere, das hat dieser Verschwörungstheoretiker und Antiamerikaner George Orwell ganz richtig erkannt.“
Da hilft es auch wenig, darauf hinzuweisen, dass Gleichheit das Wesen des Rechts ist und Meinungsfreiheit schlechthin konstituierend für die Demokratie, wie das Bundesverfassungsgericht verkündet hat. Weil das so ist, oder besser: weil das so sein soll, haben die Statuen der Justitia, die früher gerne vor Gerichtsgebäuden errichtet wurden, eine Augenbinde, eine Waage und ein Schwert. Das sollte bedeuten: Justitia wägt ab und straft ohne Ansehen der Person. Soweit die normative Kindertheater-Version in der Schönwetterdemokratie. Aber die gilt nicht immer und in letzter Zeit nur noch selten.
Demokratie ist nach Ansicht der Transatlantiker und Anti-Deutschen jetzt etwas für Weicheier. Echte Männer heuern heute bei der NSA an, verhören und denunzieren Kritiker, spitzeln bis der Server glüht und foltern bis der Wasserkanister leer ist.
Man sollte deshalb die Statuen an die derzeitige Realität anpassen. Das bedeutet: vor das Gerichtsgebäude gehört die Skulptur eines Special Forces Soldaten mit Scharfschützengewehr und Zielfernrohr, sowie hinter ihm ein NSA Spitzel, der die nächste Zielperson durchgibt. Der freie Westen (Friede seiner Asche) hat sich überlebt, er propagiert jetzt das Recht des Stärkeren sowie die Totalkontrolle der Untertanen, die Existenzvernichtung seiner Kritiker und nimmt sich alles heraus, was er sich herausnehmen will. Es hindert ihn ja niemand daran.
Sie erinnern sich an den Kalten Krieg? Da gehörte die Meinungs- und Pressefreiheit angeblich zum unveränderlichen Wesensbestandsteil der kapitalistischen Demokratie. Damals war die Welt schön in Schwarz und Weiß geteilt. Wir sind die Guten, drüben sind die Bösen. Im Westen ist Kritik erlaubt und der Staat schützt die Freiheitsrechte. Im totalitären System des Kommunismus hingegen unterdrückt der Staat die Meinungsfreiheit und bespitzelt seine Untertanen. Das war angeblich der große, artbildende Unterschied.
Aber kaum hat der Westen den Osten besiegt und annektiert, werden die angeblich unveränderlichen Wesensbestandteile auf Ebay Kleinanzeigen verramscht. Das Wesen der westlichen Demokratie ist jetzt ganz offiziell, dass sie Angriffskriege führt, gegen Kritiker mit aller Macht vorgeht und das Bespitzeln der Staatsbürger ist Markenkern der NSA. Früher musste Solschenizyn nach Vermont auswandern, heute Snowden nach Moskau. Früher musste der ungarische Kardinal Mindszenty Zuflucht vor den Schergen der UdSSR in der US Botschaft suchen, heute muss Julian Assange Zuflucht vor den Schergen der USA in der ecuadorianischen Botschaft suchen.
Zur Erinnerung: das ehemals meistzitierte (angebliche) Voltaire-Zitat ist: „Ich bin zwar anderer Meinung als Sie, aber ich würde mein Leben dafür geben, daß Sie Ihre Meinung frei aussprechen dürfen.“ Es hieß nicht: „Alle Menschen haben das Recht, die gleiche Meinung zu haben wie das Verteidigungsministerium der USA. Und wer das anders sieht, der wird unsere Medien und Folterkeller kennenlernen.“
Heute wird gerne darauf hingewiesen, dass Voltaire diesen Satz nie gesagt hat. Als wenn dadurch der Geist Voltaires nach Guantanamo verbannt werden könnte. Was Voltaire aber z.B. wirklich gesagt hat ist: „Das Recht zu sagen und zu drucken, was wir denken, ist eines jeden freien Menschen Recht, welches man ihm nicht nehmen könnte, ohne die widerwärtigste Tyrannei auszuüben. Dieses Vorrecht kommt uns von Grund auf zu; und es wäre abscheulich, dass jene, bei denen die Souveränität liegt, ihre Meinung nicht schriftlich sagen dürften.“ Das falsche Zitat stammt von jemand, der Voltaire sehr gut verstanden hat, nämlich Evelyn Beatrice Hall, aus ihrem Buch „Die Freunde Voltaires“ von 1906. Es ist kein echtes Voltaire-Zitat, aber es gibt seine Haltung wahrheitsgemäß wieder.
Warum ich wieder mal die selbsternannten Qualitätsmedien kritisiere? Weil sie wieder einmal ihr wahres Gesicht zeigen. In den letzten Monaten läuft nicht nur die hinlänglich berüchtigte Kampagne gegen Daniele Ganser, mit den eingerissenen Diskreditierungen sowie Auftrittsbe- und verhinderungen.
Jetzt werden auch „Mr. Dax“ Dirk Müller und Prof. Rainer Mausfeld von den Oligarchiemedien mit der Güllepumpe bestrahlt.
Beide haben Bücher ganz oben in den Bestsellerlisten. Das muss offenbar bestraft werden. Man könnte zwar auf die Idee kommen, dass die klugen Köpfe in den Redaktionen jetzt nachzuforschen und sich Gedanken machen, warum das so ist, warum offenbar die Anzahl der Untertanen erheblich ist, die sich nicht mehr in der schönen neuen Welt und den ihr angeschlossenen Informationskanälen wohlfühlen. Man könnte auf die Idee kommen, einzufordern, dass die Wirklichkeit an die Regeln angepasst wird und nicht die Regeln an die Wirklichkeit. Zur Erläuterung: Wenn wir feststellen, dass die Anzahl der Morde zunimmt, schließen wir daraus ja auch nicht, dass die Gesetze in Sachen Mord veraltet sind und abgeschafft werden sollten.
Aber diese kritische Reflexion findet nicht statt, schon gar nicht in der Süddeutschen, der Hauspostille der Transatlantifa.
Statt dessen wird jetzt von der Redaktionsleitung ein jeweils möglichst scharfer Hund von der Leine gelassen, der die Reputation der Bestseller-Autoren angreift. Sie werden dafür bestraft, dass sie den Nerv getroffen haben. Die Oligarchiemedien sehen ihre Aufgabe nicht darin, zu verstehen, was in der Bevölkerung vorgeht. Ihre selbstgestellte Aufgabe ist die Erziehung des Wahlvolkes, die Bestrafung der Rädelsführer und die Existenzvernichtung der Kritiker.
Die Süddeutsche erfreut sich am angerichteten Denuziations-Gemetzel wie weiland die Gutsherren, wenn ein aufsässiger Leibeigener mit zu viel Voltaire-Gedanken im Kopf gezüchtigt wurde.
Vielleicht ist es an der Zeit, die Verhältnisse umzudrehen. Bisher können die Denunziatoren, Auftrittsverbieter und Zensoren davon ausgehen, dass ihre Handlungen karrierefördernd sind, sie haben keinen Schaden zu befürchten.
Wer als Veranstalter eines Daniele Ganser Vortrages systematisch von den üblichen Verdächtigen gemobbt wird, hat bisher nur diese Wahl: Er kann entweder Rückgrat beweisen, sich wehren und muss dann mit negativen Konsequenzen bis zum Verlust der Existenz oder des Arbeitsplatzes rechnen. Wer aber andererseits opportunistisch den Mobbing-Profis gehorcht, muss nicht mit negativen Konsequenzen rechnen, darf aber auf einen Karriereschub hoffen.
Es ist also nicht so schwer zu verstehen, warum die Denunziatioren so erfolgreich sind.
Ich schlage deshalb vor, den Spieß umzudrehen. Wer in Zukunft die Redefreiheit beschränkt, wird namentlich benannt und auf einer Webseite zusammen mit seiner Tat veröffentlicht. Und alle, denen an der Redefreiheit liegt, werden aufgefordert, entsprechend ihrer Einschätzung der Schwere des Verstoßes gegen die demokratischen Spielregeln wann immer möglich die benannten Personen an einer Fortsetzung ihrer Aktivität und einer weiteren Karriere zu hindern. Das heißt zum Beispiel ihre Einstellung, Beförderung oder Wahl abzuwenden. Damit wäre annähernd Waffengleichheit hergestellt.
Damit die Sache klar ist: Wer zensiert, wird bestraft. Wer es Gegnern der eigenen Auffassung ermöglicht, deren Ansichten öffentlich vorzutragen, gegen Druck von außen, muss dafür belohnt werden.
Es darf nicht darum gehen, festzulegen, welche Ansichten „richtig“ sind, Redefreiheit gilt absolut. Alles andere ist bereits Verfall.
Es hat keine Sinn, auf eine Demokratie von oben zu hoffen. Demokratie wächst nur von unten nach, sie ist nur auf Graswurzelebene stark und echt. Je weiter das zarte Pflänzchen an Masse zulegt und in die Höhe wächst, je stärker unterliegt es dem Verfall. Oben ist es meist verrottet. Den Verfall zu erkennen und zu beseitigen, ist Aufgabe der Bürger. Und es ist eine der wichtigsten Aufgaben der Medien.
Wer immer die Redefreiheit einschränkt, wer immer ein Klima der Angst erzeugt und Gehorsam durch Existenzbedrohung erzwingt, sollte mit Konsequenzen rechnen müssen.
Wer dabei mitgemacht hat, als Aktiver oder Opportunist, ist nicht geeignet, eine Führungsposition zu übernehmen.
Wir müssen Gegendruck aufbauen. Den Kampf für die Redefreiheit den Herrschenden und ihren angeschlossenen Verlautbarungsorganen zu überlassen, ist töricht.
Quelle:
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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