Tagesdosis 30.4.2019 – Die Russiagate-Hysterie: Ein Fall massiver Russophobie

Ein Kommentar von Mathias Bröckers.

Sie können es einfach nicht lassen, als ob sie von einer Seuche, einem Fluch, einem Zauber befallen wären, wie die White Walker in “Game of Thrones” marschieren die Russiagater als eiskalte Krieger stur heil voran. Da mag auch auf 400 Seiten Mueller-Report kein einziger Beweis für irgendwelche Manipulationen der US-Wahl zu finden sein und nichts über Absprachen zwischen Trump und Russland oder gar mit dem Ultrabösen persönlich, da mögen sich hunderte, tausende “Breaking News” der letzten zwei Jahre als Fakes und haltlose Verschwörungstheorien herausgestellt haben – es ficht die Propaganda-Truppen des “Nachtkönigs” nicht an. Vergessen wir “medling” und “collusion”, Russiagate war nur ein Vorspiel, der eigentliche Plot kommt erst noch, denn der Ultraböse interessiert sich eigentlich gar nicht für irgendwelche Wahlen: Putin will die Weltmacht! Nicht erst seit Henry Luce den Zapruder-Film über die Schüsse auf John F. Kennedy kaufte und mehr als zehn Jahre unter Verschluss hielt, ist das “Time”-Magazin zuverlässiges Organ der CIA und des gesamten MICCIMATT-Komplexes – und gibt mit dieser Titelgesichte vom 15. April die neue Marschroute gegen das Reich des Ultrabösen vor. Mit einer martialischen Grafik welche, würde sie statt Putin etwa Netanjahu zeigen, sogleich entrüstete Proteste sämtlicher Antisemitismus-Beauftragten zur Folge hätte; und die zugleich in bester 50er-Jahre CDU-Tradition perfekt in den neuen kalten Krieg passt, wo Antirussismus-Beauftragte nicht zu befürchten sind.

Wer die Gruselstory über den Ultrabösen, der sich mit einer Reihe finsterer Schurkenstaaten ein Imperium zimmert, gelesen hat, sollte im Anschluss allerdings ein Dokument zur Kenntnis nehmen, um die Glaubwürdigkeit von Geschichten wie diesen und Organen wie “Time”, “New York Times”, Washington Post” etc. zu testen. In einer braven Fleißarbeit hat die russische Botschaft in Washington die wichtigsten Fake-News der vergangenen drei Jahre – mit hunderten von Links – zusammengestellt und diagnostiziert einen massiven Fall von Russophobie: THE RUSSIAGATE HYSTERIA:A CASE OF SEVERE RUSSOPHOBIA. Für alle, die “irgendwas mit Medien” studieren oder sich für den tragischen Zustand der einstigen “vierten Gewalt” interessieren, ist die Dokumentation eine Fundgrube und ein Fallbeispiel par excellénce.

Vor allem für jene sogenannten „Experten“, die Kritik an regierungsoffiziellen Narrativen mit der Keule „Verschwörungstheorie“ bearbeiten. Denn mit „Russiagate“ haben wir eine solche „Theorie“ jetzt seit Jahren auf freier Wildbahn, die sich als tatsächliche Verschwörung herausgestellt hat. Und zwar nicht von irgendwem, sondern von Angehörigen des FBI, der CIA, der Obama-Regierung und der Partei der Demokraten sowie fast allen Großmedien, die sich im Geheimen absprachen, die Wahl des Kandidaten Trump zu verhindern und als das nicht gelang, ihn als  Präsidenten anzuklagen und zu stürzen.  

Aber keiner der „Experten“ nimmt dafür das böse V-Wort in den Mund, auch wenn es sich bei dieser Konspiration von Behörden, Politik, Geheimdiensten und Medien um die bedeutendste und offensichtlichste Verschwörung der letzten Jahre handelt. Und wir merken uns:  Verschwörungstheorien sind nur dann „krude“, „gefährlich“ und „Demokratie gefährdend“, wenn sie von Kritikern und Opponenten der Regierungen kommen, wenn sie aber von Regierungen, Behörden, Polizei und Geheimdiensten verbreitet werden, sind sie voll in Ordnung. Und es ist nicht einmal peinlich, wenn sie sich als haltlos, erstunken und erlogen herausstellen – die Großmedien orgeln einfach weiter.

Man darf ja Donald Trump weiterhin unsympathisch, unmöglich und unerträglich finden, aber man muss ihm zugestehen, dass er zu Unrecht beschuldigt wurde und dass er Recht hatte immer nur noch von „Fake News Medien“ zu sprechen. Dass ihm dieser Bonus nun voraussichtlich die Wiederwahl bescheren wird, haben sich Demokraten einzig und allein selbst zuzuschreiben, allen voran Hillary Clinton, die lautstärkste Verbreiterin der Russigate-Verschwörungstheorie.

Nun ist Hillary ja keineswegs dumm, genauso wenig wie die führenden FBI und CIA-Leute und die ganzen Journalisten, Leitartikler, Chefredakteure, die immer neue „Breaking Fake News“  verbreiteten. Haben all diese Leute, die an der Anti-Trump-Operation mitstrickten, diese erfundenen Geschichten am Ende selbst geglaubt und Trump für einen russischen Agenten gehalten? 

Wenn man die oben erwähnte Dokumentation liest, kann man sich kaum vorstellen, dass die von Beginn an heiße Luft wirklich ernstgenommen wurde. Spätestens seit das von Clintons Partei finanzierte  „Steele“-Dossier zerpflückt wurde, nach dem Trump erpressbar sein soll, weil ihn Putin mit geheimen Pippi-Videos in der Hand hat,  war die Luft aus dieser Russennummer eigentlich komplett raus. Wieso wurde dieser tote Gaul dann noch zwei Jahre weiter geritten? Zum einen ging es sicher darum, Trumps im Wahlkampf immer wieder angekündigte Wende in der Außenpolitik – dass er „mit Putin verhandeln“ und „mit Russland klar kommen“ wolle – zu verhindern, was bisher auch ziemlich gut funktioniert hat. 

Zum anderen aber hatte die Kampagne mit Russen und Russland gar nichts zu tun – im Kern war „Russiagate“ nämlich – wie der in Berlin lebende amerikanische Autor C. J. Hopkins scharfsinnig festgehalten hat – ein  „Obstructiongate“.  Die erfundenen Vorwürfe und Verdächtigungen sowie die ganze Mueller-Ermittlung waren eine Falle, mit der Trump zu einer „obstruction of justice“, einer illegalen Behinderung der Justiz, gelockt werden sollte, mit der dann ein Amtsenthebungsverfahren begründet werden könnte. Trump hat diese Intrige offenbar gewittert. Und immer nur getwittert, dass es sich um einen Shitstorm mit Fake News handelt, sich ansonsten aber zurückgehalten, hinter den Kulissen dagegen vorzugehen.  Die „Obstruction“-Falle konnte also nicht zuschnappen – und jetzt sind mehrere Dutzend Anzeigen und Anklagen gegen diejenigen anhängig, die sie präpariert und aufgestellt haben. Diese Verfahren werden schön für Trump und bitter für alle Russiagate-Verschwörungstheoretiker. Schon deshalb muss der Weltfeind Putin weiter an die Wand gemalt werden und deshalb ist abzusehen, dass alsbald ein neuer Trump-Skandal Schlagzeilen machen wird –  „Steuerhinterziehungs“-Gate, „Pussygrabscher-Gate“ oder „Was auch immer“-Gate“. Es bleibt weiter intrigant im Washingtoner Real Game of Thrones und das Popcorn sollte uns nicht ausgehen…

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Bildhinweis: “LOS ANGELES – FEBRUARY 20. Protesters at City Hall on President’s Day protesting Donald Trump on February 20, 2017 at City Hall in downtown Los Angeles.”

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Mathias Bröckers schrieb zuletzt „Wir sind immer die Guten – Ansichten eines Putinverstehers“ (mit Paul Schreyer) und „Newtons Gespenst und Goethes Polaroid – Über die Natur“, beide im Westendverlag erschienen. Er bloggt auf broeckers.com

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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