Tagesdosis 29.7.2019 – Iran: Provokationen demnächst mit deutscher Beteiligung? (Podcast)

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Am vergangenen Mittwoch soll Bundesaußenminister Maas bei einer Sondersitzung des Auswärtigen Ausschusses erklärt haben, die Bundesregierung sei bereit, sich an einer Marine-Mission im Persischen Golf zu beteiligen. Da auch die neue Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer einen solchen Einsatz bisher nicht grundsätzlich ausgeschlossen hat, ist es gut möglich, dass der Bundestag noch in seiner Sommerpause darüber entscheiden muss. 

Auch wenn die Beteiligung der Bundeswehr als „Aufklärung im Rahmen einer Mission der Willigen“ heruntergespielt würde, was zu erwarten ist, trügen die Abgeordneten mit einem „Ja“ aktiv dazu bei, den gefährlichsten Konflikt, den die Welt derzeit kennt, weiter anzuheizen. 

Zwischen den USA und Großbritannien scheint es dabei seit kurzem eine Art Arbeitsteilung zu geben: Während Großbritannien unter einem fadenscheinigen Vorwand einen iranischen Tanker vor Gibraltar gekapert und daraufhin die erwünschte Reaktion seitens des Iran erwirkt und publizistisch weltweit ausgeschlachtet hat, haben die USA in der vergangenen Woche – von der Weltöffentlichkeit weitgehend unbemerkt – zum ersten Mal seit 16 Jahren ein Militärkontingent nach Saudi-Arabien entsandt. 

Zwar handelt es sich nur um 500 Soldaten, doch ihre Rolle dürfte mehr als brisant sein: Nahost-Experten zufolge sollen die Spezialkräfte die Prinz-Sultan-Luftwaffenbasis in der Nähe der Hauptstadt Riad auf den möglichen Einsatz einer Luftstaffel vorbereiten. Die Basis hatte von 1991 bis 2003 Tausende von US-Truppen und Staffeln von Düsenjägern beherbergt, die den Irak u.a. im Rahmen der Operation Desert Storm bombardierten. 

Auch in den übrigen Ländern des Nahen Ostens laufen die Kriegsvorbereitungen auf Hochtouren. Im Mai hatte das US-Verteidigungsministerium die Entsendung des Flugzeugträgers Abraham Lincoln und einer Bomberstaffel autorisiert, im Juni dann die Stationierung von 2.000 Soldaten an verschiedenen nicht näher genannten Orten verfügt.

Für die USA geht es im Iran-Konflikt im Grunde um alles: China, inzwischen weltweite Handelsmacht Nr. 1, hat 2013 mit dem Bau der Neuen Seidenstraße ein Großprojekt gestartet, bei dem der Iran auf Grund seiner Lage und seiner Bodenschätze eine entscheidende Rolle spielt – einerseits als Brückenkopf zwischen Asien und Europa und andererseits als Energielieferant. 

Die Schaffung eines solchen eurasischen Wirtschaftsraumes wäre das sichere Ende der globalen US-Vorherrschaft, weshalb Washington jede erdenkliche Möglichkeit nutzt, um das Projekt zu torpedieren. 

Weil aber ein Regimechange im Iran trotz der extrem scharfen Sanktionen bisher nicht in Sicht ist und eine pro-amerikanische Regierung in Teheran wegen der Ablehnung durch die iranische Bevölkerung nur mit Gewalt an die Macht gebracht werden könnte, liegt derzeit ganz offensichtlich nur noch eine Option auf dem Tisch: Ein Krieg mit anschließender Errichtung eines US-gestützten Marionettenregimes, das die Neue Seidenstraße mit allen Mitteln boykottieren würde. 

Ein solcher Krieg hätte für die USA Nebenwirkungen, die nicht ganz ungelegen kämen: Die Regierung könnte ihn für die negativen Folgen der einsetzenden Rezession und des bevorstehenden Abschwungs an den Finanzmärkten verantwortlich machen, und die Rüstungsindustrie würde einen gewaltigen Aufschwung erleben. Außerdem würde der in die Höhe schießende Ölpreis sowohl China als auch den zweiten globalen US-Konkurrenten, die EU, viel härter als die USA treffen, die durch das Vorantreiben des Frackings kaum noch auf Ölimporte angewiesen sind.

Die Wahrscheinlichkeit eines Krieges steigt also mit jedem Tag. Was momentan noch fehlt, sind die Bereitschaft der US-Bevölkerung für einen weiteren Militärkonflikt und ein Kriegsvorwand, doch genau daran arbeiten die USA in Kooperation mit dem engen Verbündeten Großbritannien, der sich momentan auf die Zeit nach dem Brexit vorbereiten muss und Washington deshalb bereitwillig unterstützt. 

Die Methode ist simpel: Durch gezielte Provokationen werden erwünschte Gegenreaktionen des Iran erwirkt, die mit Hilfe der Mainstream-Medien als einseitige Gewaltakte Teherans dargestellt werden. Auf diese Weise wird die US-Bevölkerung systematisch gegen das Mullah-Regime aufgebracht, das im Gegenzug vermutlich irgendwann – ähnlich den Japanern im Zweiten Weltkrieg in Pearl Harbor –  zurückschlagen und so den erwünschten Kriegsvorwand liefern wird. 

Bei der geplanten Marine-Mission im Persischen Golf handelt es sich um genau so eine Provokation, und sollte es im Bundestag in den kommenden Wochen zu einer Abstimmung kommen, dann würde ein „Ja“ zu dem Einsatz keinesfalls mithelfen, die Krise zu entschärfen. Im Gegenteil: Eine Beteiligung der Bundeswehr würde die Kriegsvorbereitungen der USA und Großbritanniens unterstützen und die deutsche Regierung zum aktiven Mittäter beim Entfachen eines Krieges machen, dessen Auswirkungen auf die gesamte Menschheit nicht abzusehen sind. 

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Joerg Huettenhoelscher/ Shutterstock 

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