Tagesdosis 26.5.2018 – Trumps Reform der Bankenregulierung: Ein weiteres Geschenk an die Finanzelite (Podcast)

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Am Dienstag dieser Woche hat das US-Repräsentantenhaus dafür gestimmt, die seit 2010 im Dodd-Frank-Act festgeschriebene „Bankenregulierung“ in den USA zu lockern. Der Senat hatte dem Vorhaben bereits im März grünes Licht erteilt.

Präsident Trump, der schon im Wahlkampf angekündigt hatte, weite Teile des Dodd-Frank-Acts zugunsten der Banken abzuschaffen, kündigte an, in der kommenden Woche ein entsprechendes Dekret zu unterzeichnen.

Um die Bedeutung dieser Maßnahme zu verstehen, muss man einen kurzen Blick auf die Geschichte des US-Bankensektors werfen.

Nach dem Börsencrash von 1929 mussten viele arbeitende Menschen in den USA feststellen, dass ihre Konten geplündert und ihre Ersparnisse der Spekulation der Banken zum Opfer gefallen waren. Die Wut in der Bevölkerung gegen die Finanzelite kochte so hoch, dass sich die Regierung Roosevelt gezwungen sah zu handeln. 1933 verabschiedete sie daher ein nach seinen Urhebern benanntes Trennbankengesetz. Der Glass-Steagall-Act sah eine strikte Trennung des klassischen Kreditgeschäftes mit Privatkunden vom riskanten Investmentbanking vor.

Nach dem Ende des Nachkriegsbooms, in der Mitte der Siebziger Jahre, gerieten die Banken wegen fallender Profite immer stärker unter Druck und drängten daher auf eine Deregulierung der Finanzmärkte. Die Politik entsprach ihrem Wunsch, woraufhin der Finanzsektor in den Achtziger und Neunziger Jahren rasant anwuchs. Die Folge, die Banken gewannen immer mehr Macht und forderten ständig weitere Zugeständnisse. 1999 schaffte Präsident Clinton den Glass-Steagall-Act zu Gunsten der Banken  ganz ab.

Als es dann 2008 zum Beinahe-Zusammenbruch des globalen Finanzsystems kam, regte sich in der US-Bevölkerung erneut erheblicher Widerstand gegen die übermächtig gewordene Finanzwirtschaft. Um dem Protest zumindest einigen Wind aus den Segeln zu nehmen, verabschiedete die Obama-Regierung 2010 den Dodd-Frank-Act. Offiziell hieß es, er solle die Macht der Banken einschränken, die Managerboni senken, die Risiken eindämmen und die Wirtschaft wieder ankurbeln.

Heute wissen wir, das Gesetz hat nichts dergleichen bewirkt. Die Banken sind weiter gewachsen, die Risiken heute höher als 2008 und die Managerboni vor allem durch Aktienrückkäufe in ganz neue Sphären vorgestoßen. Selbst die tatsächlich einschränkenden Vorschriften enthielten so viele Schlupflöcher, dass es den Banken nicht schwer fiel, sie zu umgehen. Bei näherer Betrachtung war das auch kein Wunder, denn bei den Verfassern und Namensgebern des Gesetzes handelte es sich nicht etwa um Kritiker des Finanzsystems, sondern um gut vernetzte Wall-Street-Veteranen.

Dass Donald Trump sich jetzt anschickt, auch noch diese vollkommen unzureichende Regelung zu kippen, hat dennoch seinen Grund. Es ist sein offensichtlicher Versuch, sich der Finanzelite, also den wahren Machthabern in den USA, anzubiedern und sie seiner Unterwürfigkeit und seiner Willfährigkeit in den vor uns liegenden Stürmen zu versichern.

Die Methode, die seine Administration dabei anwendet, ist nicht neu. Sie täuscht die Öffentlichkeit, indem sie ihr die Entscheidung als eine Maßnahme zur Stärkung der kleinen gegenüber den großen Banken verkauft und das damit begründet, dass sie ihnen die Möglichkeit verschaffen wird, leichter Kredite zu vergeben.

Tatsächlich aber wird die Aufweichung des Gesetzes nur kurzfristig zu einem Bilanz-Strohfeuer, langfristig aber in ein noch größeres Desaster führen. Der Grund? Den kleinen und mittleren Banken in den USA steht derzeit wegen der Niedrigzinsen das Wasser bis zum Hals. Sie werden die Lockerung mit großer Wahrscheinlichkeit  nutzen, um aus reinem Überlebensdrang wieder Subprime-Kredite an nicht-kreditwürdige Kunden zu vergeben.

Das wird ihre Bilanzen für einige Zeit kosmetisch aufbessern, schlussendlich aber die gleiche Entwicklung befeuern, die zur Krise von 2008 geführt hat, allerdings in einem System, in dem die Risiken und Summen, um die es geht, erheblich größer sind als vor zehn Jahren.

 

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