Tagesdosis 24.2.2020 – Corona-Virus – Game over: Die Geldschwemme wird den Crash nicht verhindern (Podcast)

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Das Corona-Virus verbreitet sich rasant außerhalb der Grenzen Chinas und hat inzwischen mehr als dreißig weitere Länder erreicht. In Südkorea wurden bis zum Sonntag sechshundert Infektionen und fünf Todesfälle registriert. In der Millionenstadt Daegu (in etwa so groß wie Hamburg oder München) wurden die Einwohner aufgefordert, ihre Wohnungen nicht zu verlassen. In Gumi stellte einer der größten Handy-Produktionsstandorte des Weltkonzerns Samsung die Arbeit bis auf weiteres ein, in Icheon schickte Apple-Zulieferer Hynix achthundert Beschäftigte nach der Aufdeckung eines Infektionsfalles heim. Im gesamten Land gilt seit Sonntag die höchste Warnstufe. 

Auch im Nahen Osten und in Europa beschleunigt sich die Entwicklung. Im Libanon und in Israel wurden die ersten Fälle registriert. Der Iran meldete bis Sonntag acht Todesfälle, 43 nachgewiesene Infektionen und 750 Verdachtsfälle. In der iranischen Stadt Ghom wurden alle Schulen und Hochschulen geschlossen; die 1,2 Millionen Einwohner wurden aufgefordert, unnötigen physischen Kontakt zu vermeiden. Der Irak, die Türkei und Pakistan schlossen die Grenze zum Iran und stellten ebenso wie Katar den Flugverkehr dorthin ein. 

In Italien starben bis Sonntag drei Infizierte. Am Freitag ordneten die Behörden in zehn norditalienischen Städten die Schließung von Schulen, Behörden und sonstigen öffentlichen Gebäuden an. Auch Lebensmittelgeschäfte, Bars, Diskotheken sowie Sportzentren sollen in den betroffenen Orten für mindestens eine Woche geschlossen bleiben. Am Samstagabend wurde ein Dekret erlassen, dass es 53.000 Einwohnern der betroffenen Gebiete unter Androhung einer dreimonatigen Haftstrafe verbietet, ihre Orte zu verlassen. 

China hat mittlerweile die Bewegungsfreiheit von 760 Millionen Menschen eingeschränkt. In der chinesischen Provinz Hubei, dem Zentrum des Ausbruches, wurden diese Woche aus Krankenhäusern und Gefängnissen hunderte von Neuinfektionen gemeldet. In chinesischen Häfen stapeln sich mittlerweile mehr als 300.000 Container, da viele Wanderarbeiter noch immer nicht an ihre Arbeitsplätze zurückkehren dürfen. Vor den Häfen drängen sich Frachter, die Schifffahrt aus China nach Europa und Amerika ist bereits um über fünfzig Prozent eingebrochen. 

Die Behörden in Hubei schlossen eine Wiedereröffnung der Betriebe vor dem 10. März aus. Es ist mehr als fraglich, ob die Produktion tatsächlich am 11. März wieder aufgenommen werden kann. Staatspräsident Chi, der noch vor einer Woche den baldigen „Sieg über das Virus“ angekündigt hatte, sprach am Freitag von einer „düsteren und ernsten Situation“ in Hubei. 

Düster und ernst sind auch die Aussichten in allen anderen betroffenen Ländern, denn es gibt momentan weltweit nicht ein einziges, dessen Gesundheitssystem auf einen Patientenansturm von der Größenordnung dessen, was China erlebt, vorbereitet ist. 

Düster und ernst sind vor allem auch die wirtschaftlichen Aussichten für die arbeitenden Menschen in aller Welt. Der Stillstand in China wird sich in den kommenden Wochen rund um den Erdball durch Unterbrechungen in den Handels- und Lieferketten heftig bemerkbar machen. Die Globalisierung der vergangenen Jahrzehnte, die zu einer engen länderübergreifenden Verzahnung aller wirtschaftlichen Prozesse geführt hat, wird dramatische Auswirkungen haben. Ganze Industrien werden Nachschub-Probleme bekommen und darauf mit Kurzarbeit und Entlassungen reagieren. Gleichzeitig kann man jetzt schon damit rechnen, dass der durch die Lieferengpässe entstehende Rückgang des Angebots bei gleichbleibender Nachfrage in vielen Bereichen zu Preiserhöhungen führen wird. 

Zudem muss man davon ausgehen, dass Großinvestoren versuchen werden, von der Krise zu profitieren, indem sie große Mengen von Waren einkaufen und so das ohnehin rückläufige Angebot zusätzlich verknappen, um die Waren anschließend zu überhöhten Preisen anzubieten. 

Das heißt: Auch diese Krise wird vor allem die arbeitende Bevölkerung treffen – und das in einer Zeit, in der die soziale Ungleichheit immer gigantischere Ausmaße annimmt. Anfang Februar hat Elon Musk, der 19 Prozent der Aktienanteile an Tesla besitzt, sein Vermögen an einem einzigen Tag durch einen 17prozentigen Kursanstieg der Tesla-Aktie um 4,5 Milliarden Dollar vermehrt. Es handelte sich um den höchsten Vermögenszuwachs eines einzelnen Menschen in der gesamten Geschichte der Menschheit.

Auf Grund dieser Verschärfung der sozialen Ungleichheit sind auch größere soziale Auseinandersetzungen nicht mehr auszuschließen. Die Furcht vor diesen Verwerfungen dürfte einer der Gründe sein, warum fast alle Regierungen bisher auf die gleiche – dem Ernst der Situation vollkommen unangemessene – Art und Weise reagiert haben: 

Statt zu warnen, haben sie die Gefahren heruntergespielt und die Öffentlichkeit nur unzureichend oder irreführend informiert. So wurden in China in der vergangenen Woche zum fünften Mal die Kriterien verändert, nach denen die offiziellen Statistiken zum Covid-19-Krankheitsverlauf erstellt werden – mit der Folge, dass in der schwer beunruhigten Bevölkerung bereits bestehende Zweifel an der Korrektheit der Zahlen immer lauter werden. Im Iran bestritt die Regierung bis zum Bekanntwerden der ersten Todesfälle, dass es überhaupt Infektionen gab. 

In den USA, wo es ebenfalls erste Infektionsfälle gibt, verfügen mehrere Bundesstaaten noch immer nicht über die zur Infektionserkennung notwendigen Tests. Andere Bundesstaaten kündigten mit Hinweis auf den Datenschutz bereits an, keine Statistiken über Infektions- und Todesfälle herausgeben zu wollen. In New York wurde ein Facebook-Post der Feuerwehr über die Einlieferung eines aus China heimgekehrten Mannes mit Verdacht auf Covid-19 nach kurzer Zeit gelöscht – unter dem Vorwand, die Öffentlichkeit nicht beunruhigen zu wollen. Statt die Bevölkerung in angemessener Weise zu informieren, werden ihr äußerst wichtige Informationen vorenthalten. 

Nicht anders als die Regierungen reagiert die Finanzindustrie bisher auf die Corona-Krise. Ungeachtet aller humanitären Aspekte und Folgen werden Vorbereitungen für weitere Geldinjektionen in das System getroffen, um es auch in diesen Krisenzeiten am Leben zu erhalten und den Ultrareichen die Quelle für einen weiteren Vermögensschub zu sichern.

Einen Ausblick auf das, was uns im Finanzsektor erwartet, gibt China: Dort hat die Zentralbank vergangene Woche den Leitzins gesenkt und angekündigt, die Reserveanforderungen für die Banken zu lockern, damit diese notleidende Firmen mit günstigen Krediten versorgen können. Das Ergebnis der Maßnahme bestand darin, dass die Aktienmärkte in Shenzhen und Shanghai um 1,6 Prozent bzw. um 2 Prozent zulegten. In anderen Worten: Die Maßnahme kam nicht notleidenden Unternehmen zugute, sondern setzte eine weitere Runde der Spekulation an den Aktienmärkten in Gang. 

Der Vorgang in China zeigt aber auch, in welch aussichtslose Lage sich die Zentralbanken durch ihre lockere Geldpolitik manövriert haben. Nachdem sie zwölf Jahre lang dafür gesorgt haben, dass wir es mit dem größten Finanzcasino aller Zeiten zu tun haben, bewirken alle Maßnahmen, die sie nun ergreifen, nur eines: Das weitere Anheizen dieses Casinos.

Wer glaubt, das könne endlos so weitergehen, der irrt. Durch die Unterbrechung der Lieferketten wird in Kürze die Realwirtschaft weltweit in Schwierigkeiten geraten. Deren Vernachlässigung hat nämlich sehr viele Unternehmen in sogenannte Zombie-Unternehmen verwandelt. Sie sind im Grunde unprofitabel, konnten sich aber auf Grund des billigen Geldes durch zunehmende Verschuldung über Wasser halten. 

Wenn die Geldgeber nun erkennen, dass diese Unternehmen durch die Nachschubprobleme aus China in existenzielle Not geraten, werden sie ihr Geld zurückfordern. Das wird dazu führen, dass diesen Unternehmen nichts anderes übrig bleibt, als den Offenbarungseid zu leisten. Wir werden es also sehr wahrscheinlich schon in naher Zukunft mit einem Zusammenbruch des globalen Schuldenkartenhauses zu tun bekommen. Sollten die Zentralbanken den Versuch unternehmen, ihn abzuwenden, bliebe ihnen nur die Öffnung aller Geldschleusen bei gleichzeitiger Einführung von Negativzinsen. Eine solche Geldschwemme aber dürfte das Vertrauen der Menschen in das Geldsystem endgültig zerstören. 

Damit gibt es für die Zentralbanken aus der gegenwärtigen Lage keinen Ausweg mehr. Das Corona-Virus hat sich in kürzester Zeit zum Brandbeschleuniger der Probleme im globalen Finanzsystem entwickelt und die entscheidende Frage lautet heute nicht mehr ob, sondern nur noch wann der Zusammenbruch erfolgen wird. 

Gibt es Möglichkeiten, ihn zu verhindern? Nein, die Lawine ist bereits losgetreten, ihr Abgang kann nicht mehr aufgehalten werden. Gibt es die Möglichkeit, sich zu schützen? Ja, und das in mehrfacher Hinsicht. Angesichts der medizinischen Bedrohung ist es zurzeit absolut sinnvoll, sich durch den Kauf von Gesichtsschutzmasken und viruziden Handdesinfektionsmitteln, sowie das Anlegen von Lebensmittelvorräten auf eine mögliche längere Quarantänezeit vorzubereiten. Da ein Großteil der bei uns gehandelten Medikamente aus China kommt und mit Engpässen und Lieferausfällen zu rechnen ist, sollten chronisch Kranke sich umgehend mit lebenswichtigen Medikamenten versorgen.

Weil im Fall eines Crashs mit einem Bank-Holiday, also einer vorübergehenden Schließung der Banken, zu rechnen ist (man denke nur zurück an Griechenland und Zypern), empfiehlt es sich, einen gewissen Vorrat an Bargeld zu halten. Zur Absicherung der eigenen Ersparnisse empfiehlt es sich, auf Gold zu setzen, dessen Preis schon seit einigen Wochen trotz aller Manipulation durch die Finanzindustrie steigt. Um im Alltag auf eine Geldentwertung vorbereitet zu sein, empfiehlt es sich, Silbermünzen vorzuhalten. 

Wer derzeit auf Kryptowährungen setzt, sollte wissen, dass ihm das gleiche Schicksal wie dem Bargeld drohen könnte. Bei Bargeld handelt es sich in letzter Instanz um nichts anderes als bedrucktes Papier, bei elektronischem Geld nur um einen Datensatz. In beiden Fällen funktioniert die Bezahlung nur so lange, wie der Empfänger vom Wert des ihm gegebenen Geldes überzeugt ist. Diese Überzeugung dürfte in Krisenzeiten schnell schwinden. 

Vor allem aber ist es wichtig, sich sozial zu vernetzen, um im Notfall nicht allein dazustehen. Wer isoliert vor sich hin lebt, wird es erheblich schwerer haben, die kommende und mit Sicherheit schwierige Zeit zumindest einigermaßen unbeschadet zu überstehen. 

Sind diese Vorschläge übertrieben, handelt es sich dabei um Panikmache? Nein, ganz gewiss nicht, denn das, was uns bevorsteht, ist beispiellos. Die Spanische Grippe zum Beispiel, mit der die Corona-Pandemie häufig verglichen wird, hat sich in einer Zeit ereignet, in der noch lokal und regional produziert wurde, in der es keinen Flugverkehr gab und die Menschen nur selten verreist sind. Was wir jetzt erleben, sind die Folgen einer hemmungslosen Globalisierung, die einigen Wenigen jahrzehntelang atemberaubende Gewinne eingebracht hat, die aber rücksichtslos und ohne jedes Verantwortungsgefühl gegenüber der Mehrheit der Menschen und auch gegenüber zukünftigen Generationen durchgeführt wurde und die nun dazu führt, dass der Ausbruch einer Krankheit auf einem Markt in China das Wohl der Menschen auf dem gesamten Planeten gefährdet.  

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle:  olympuscat / Shutterstock

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