Tagesdosis 24.1.2018 – „Wer sich uns in den Weg stellt, wird hinweggefegt“

Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.

Mit der „Operation Olivenzweig“ will der türkische Präsident Erdogan in Syrien die Stadt Afrin von den Kämpfern der Kurden-Miliz YPG, den Volksverteidigungseinheiten, befreien, um dann, so wird vermutet, weiter östlich in die Stadt Manbidsch einzumarschieren. Dort will Erdogan dann sein Militär damit beauftragen, alles hinwegzufegen, was sich seinem Militär in den Weg zu stellen getraut.

Moment mal! Manbidsch? Da bildet doch das US-Militär seine Grenzschutztruppe aus, die, Erdogan, als Terrorarmee bezeichnet. WOW, Erdo, was du dir traust, das ist ja …, Selbstmord!?

Operation Ölzweig. Der Ölzweig, das ist der Zweig, den Noah im Schnabel einer Taube sah und begriff, dass nun das neue gelobte Land nicht mehr fern sein kann. Seit da an ist der Ölzweig ein Symbol für den Frieden. Auch in der arabischen und gesamtsemitischen Welt. Ein Affront also. Nun ja, Erdogan, der hat es nicht so mit dem Frieden. Und wer nun, was noch nicht wirklich geschehen ist, in die Versuchung gelangt, die Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika, anzugreifen und ihnen Opfer abverlangt, der wird ganz sicher nicht mehr lange die Gelegenheit verspüren, in Hochstimmung zu sein, um dem Imperium den Stinkefinger zu zeigen.

Wer um Himmels willen die Macht dazu hat, es Erdogan auszureden, der solle das bitte tun. Denn aus so einem kleinen Gemetzel könnte sich ein sehr großer Flächenbrand entwickeln.

Heutzutage muss einer wie ich ja vorsichtig sein, wenn er gegen den türkischen Präsidenten Erdogan schreibt. Für die meisten Türken in Deutschland und der Türkei ist Erdogan ein Guter und sein Krieg ein guter Krieg. Ein Krieg, der die Potenz steigert und recht gibt. Egal wie oder wogegen er geführt wird. Er ist rechtens, weil sein Handeln rechtens ist, Basta. Tut mir leid, aber ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie sehr mich jeglicher Nationalismus ankotzt. Er schließt immer die Anderen aus. Die Anderen sind dann Geschmeiß, Kakerlaken, Unmenschen, Gewürm. Menschen sind sie dann nicht mehr.

Krieg ist eine Krankheit, er ist nicht der Weg zum Besseren und schon gar nicht ein Weg zum Frieden. Der Krieg erschafft in einem Höchsttempo auch immer seinen eigenen Terror. Den Terrorismus erschafft er durch sein Morden. Mohammed, der Prophet, soll gesagt haben: “Wenn jemand einen Menschen tötet, ohne daß dieser einen Mord begangen hat oder ohne daß ein Unheil auf Erden geschehen ist, sei es so, als hätte er die ganze Menschheit getötet. Und, wenn jemand einem Menschen das Leben erhält, sei es so, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben erhalten” (Sure 5, Vers 32). Ich wäre für das Erhalten der ganzen Menschheit. Das gilt übrigens dann auch für die gesamten Nahtod-Streitkräfte, sprich der NATO-Streitkräfte, die sich ja bekanntlich am allerliebsten überall auf diesem Planeten um die Schürfrechte für den Finanzkapitalfaschismus aufs Allerherzlichste kümmern.

Erdogan spielt mit dem Feuer. Er fühlt sich selbst vielleicht als großer Führer der Turkvölker. Denn irgendwie scheint er sich omnipotent zu sehen. Sonst würde er sich nicht bewusst mit der USA anlegen. Spiegel-online schreibt dazu, Zitat Anfang: Präsident Erdogan inszeniert sich in dem Konflikt als entschlossener Kriegsherr. Seine Regierung betrachtet die YPG, die weite Teile Afrins kontrolliert, als den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die USA hingegen schätzen die YPG als Partner im Kampf gegen den “Islamischen Staat”. Nach Ansicht von Experten dürften Pläne Washingtons, in Syrien eine Grenzschutztruppe unter Führung der YPG zu etablieren, Anlass für die Offensive der Türkei gewesen sein.
Erdogan schürt nun bewusst antiamerikanische Ressentiments. Er bezeichnet die Grenzschutztruppe als “Terrorarmee” und droht offen damit, US-Soldaten anzugreifen. “Nehmt eure Flaggen runter von den Terrorbasen, sodass wir nicht gezwungen sind, es selbst zu tun und jene zu begraben, die auf der Seite der Terroristen sind”, sagte er. In der Türkei erfährt er dafür breite Zustimmung. Die “Operation Olivenzweig” sei “Balsam” für die türkische Seele, schreibt die Autorin Amberin Zaman in dem Portal “Al Monitor”. Sie zeige, dass sich die Türkei gegen ihre Feinde verteidigen könne – selbst gegen den Widerstand von Weltmächten wie den USA. Zitat Ende.

Ja, wir haben richtig gelesen. Erdogan droht den Soldaten der USA. Kleiner Tipp, um selbst weiterzudenken, was Erdogan da eigentlich für sich besiegelt hat, steht alles in dem Buch „ Das Schachbrett des Teufels, die CIA, Allen Dulles und der Aufstieg Amerikas heimlicher Regierung, von David Talbot“, das so jemand wie der türkische Präsident offensichtlich noch nicht gelesen hat.

Viele Türken hier in Deutschland und wohl noch mehr in der Türkei werden schier benommen sein von dem Treiben ihres Präsidenten. Leicht ist die türkische Seele mit derlei überprotzender Stärke zu beeindrucken. Doch kann dieser Schritt Erdogans auch sehr leicht nach hinten losgehen. Putins Rückenstärkung in anderen Angelegenheiten in Bezug auf die Türkei und Erdogans wird sicher nicht so stabil bleiben, wenn Trump gezwungen sein wird, Löcher in den weißen Halbmond zu schießen, damit sich dann das Rot der Fahne auf den Körpern türkischer Soldaten ergießt. Wird Erdogan zurückschießen? Die US-Stellung gänzlich zu Brei schießen? Wird Erdogan die Folgen tragen können? Und die Türkei? Bisher scheint Erdogan sich als ein Prometheus vor den Türken inszenieren zu können.

Für die Geheimregierung der USA wird der Fall dann klar liegen und Erdogans Uhr die längste Zeit getickt haben. Krieg ist eine Sackgasse. Krieg ist das Ende der Vernunft. Krieg ist ein Ersatzverhalten, eine Projektion der eigenen Unfähigkeit, Probleme mit den Mitteln der Menschlichkeit zu lösen. Das Erste dass in Kriegen stirbt, so sagt man, das sei die Wahrheit. Aber das stimmt nicht. Aus zweierlei Gründen: Erstens stirbt die Wahrheit schon vorher und zweitens stirbt im Krieg nur eines. Die Menschlichkeit im Menschen. Aber auch die stirbt oder welkt schon vor dem Krieg. Und diese ist unser Wert, die Menschlichkeit. Es ist derer Einzige Wert überhaupt, den wir besitzen.

Und da sind wir beim Grund des Krieges angelangt. Der Krieg tötet das Leben ganz bewusst. Der Krieg hat zum Zweck, das Leben von Menschen auf intelligente und grausame Art und Weise zu töten. Kriegsgeräte werden einzig zu diesem Zweck erschaffen. Erschaffen werden sie vom Maschinenbau. Erdacht werden sie von Wissenschaftlern. Von Physikern, Chemikern und Biologen. Gebaut dann von Ingenieuren. Das alles braucht Zeit. Und das heißt, dass die Erbauer und Erschaffer damit täglich konfrontiert sind. Denn sie leben davon. Haben Kinder und Partner. Kaufen Häuser und Autos.

Sie leben wie wir auch. Aber sie denken nicht wie wir. Krieg ist ein Geschäft. Es ist das Geschäft mit dem Auslöschen des Lebendigen. Alle Leser hier wissen ja, wie die Logik darauf endet: Denn keine Maus würde und wird je eine Mausefalle bauen. Oder ein Bär eine Bärenfalle. Ist das Evolution? Oder ist das De-Evolution?
In den USA gibt es ein Spiel, das heißt „chicken driving“. Zwei Jugendliche steigen in unterschiedliche Autos und fahren in einem rasanten Tempo direkt aufeinander zu. Wer nun als Erster ausweicht, gilt dann als Feigling und Verlierer. Nun, das könnte Erdogan doch mit Assad und Trump machen. Drei gewählte oder auch nicht gewählte Vollidioten, genannt Präsidenten, steigen in drei unterschiedliche Autos, oder besser Panzer-Cabriolets, aufeinander zu und wer nun zuerst schießt oder auf einen anderen Panzer auffährt, der ist der Verlierer und darf nicht mehr Krieg spielen. Am besten aber wäre es, wenn diese Drei dann gleichzeitig mit Urangranaten in ihren Rohren los feuerten und alle drei Präsidenten sich quasi präventiv vor der Menschheit in Luft auflösen würden.

Alle Drei müssten mit einem Ganzkörper-Kondom überzogen chicken driving spielen. Und in großen blutroten tropfenden Lettern, steht auf der einen Site zu lesen: Ich will den Krieg. Und auf der anderen Seite: Ich will die Menschheit auslöschen.
Ich weiß ja nicht, welche Bilder ihr jetzt im Kopf habt. Ich jedenfalls sehe, aus der Luft kommend, einen fülligen Nordkoreaner in einem viel zu kleinen Jet, auf die drei zufliegend, auch in einem Riesenkondom verhüllt und schreiend: Nein! Ich will euer Kriegsgott sein. Und dann, mit einem ohrenbetäubenden Grummeln tut sich, zwanzig Meter vor diesen Vieren die Erde auf und eine mürrisch aussehende ältere Dame in einem Hosenanzug, die Hände zu einer Raute geformt…

Jetzt dürft ihr dieses Kopfkino zu Ende denken.

Quellen

http://www.spiegel.de/politik/ausland/tuerkei-grosse-unterstuetzung-fuer-recep-tayyip-erdogans-offensive-a-1189326.html

http://www.spiegel.de/politik/ausland/syrien-offensive-der-tuerkei-was-hat-recep-tayyip-erdogan- vor-a-1189148.html

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