Tagesdosis 2.2.2019 – Soziale Ungleichheit und Demokratieabbau – ein explosives Gemisch

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Die Hilfsorganisationen Oxfam und Transparency International haben in den vergangenen Tagen Zahlen veröffentlicht, die zwei der wichtigsten und gefährlichsten Trends unserer Zeit belegen.

Oxfam hat im alljährlichen Bericht zur Entwicklung der sozialen Ungleichheit festgestellt, dass die weltweite Einkommens- und Vermögensschere stärker auseinanderklafft als jemals zuvor. Während eine winzige Anzahl von etwas über 2.000 Milliardären ihren Reichtum im vergangenen Jahr um 12 Prozent steigern konnte, musste die ärmere Hälfte der Menschheit in dieser Zeit einen Vermögensverlust von 11 Prozent hinnehmen. Damit hat das globale Gefälle zwischen Arm und Reich einen historischen Höchststand erreicht.

Transparency International kommt im jährlich veröffentlichten „Korruptionsindex“ zu der Schlussfolgerung, dass wir es weltweit mit einer Zunahme der Korruption und daher mit einer „Krise der Demokratie“ zu tun haben. Vergleicht man die diesjährigen Zahlen mit denen vergangener Jahre, lässt sich allerdings eher von einem fortschreitenden Abbau der Demokratie und einer Zunahme autoritärer Regimes sprechen.

Jeder dieser Trends enthält für sich gesehen bereits erheblichen sozialen Sprengstoff. Noch explosiver wird er, wenn man die ursächliche Beziehung zwischen beiden herstellt: Dass nämlich der Abbau der Demokratie in erster Linie eine Folge der Rettung eines Systems ist, das nur einer Minderheit nützt, der Mehrheit dagegen zunehmend schlechtere Lebensbedingungen aufbürdet.

Die von der Finanzindustrie beherrschte Weltwirtschaft wird in unserer Zeit nur noch von einem einzigen Motor getrieben: Dem Verlangen ultrareicher Investoren nach immer höheren Renditen. Industriewaren werden nicht hergestellt, um die Versorgung der Menschen sicherzustellen, sondern dienen ausschließlich dazu, die Gewinne von Hedgefonds, internationalen Großbanken oder anderen multinationalen Finanzeinrichtungen zu sichern und zu erhöhen.

Der Lebensstandard der überwiegenden Mehrheit der Weltbevölkerung hängt damit von den finanziellen Erwägungen einer winzigen Minderheit ab, deren Macht in den vergangenen zehn Jahren erheblich zugenommen hat.

Wie die Zahlen von Oxfam einmal mehr beweisen, sind die gewaltigen Summen, durch die das System nach der Krise von 2007/2008 gerettet und am Leben erhalten wurde, fast ausschließlich der ultrareichen Elite zugute gekommen, während der Lebensstandard der Mehrheit arbeitender Menschen – insbesondere durch die von der Politik angeordnete Austerität – gesenkt worden ist.

Dieser Prozess bleibt natürlich nicht ohne Folgen. Die Unzufriedenheit wächst, die Wut der Menschen nimmt – wie der Aufstand der Gelbwesten in Frankreich beweist – zu und gefährdet die bestehende Ordnung. Aus diesem Grunde greift die Politik weltweit zu immer härteren autoritären Maßnahmen, wie der Bericht von Transparency International nachweist.

Die in beiden Veröffentlichungen beschriebenen Trends deuten darauf hin, dass wir global vor einer Epoche schwerer sozialer Verwerfungen stehen. Diese wiederum bringen zwei große Gefahren mit sich: Sie können einerseits zu einer weiteren Verschärfung bestehender Unterdrückung, andererseits aber auch zu gewaltsamen Umstürzen führen, die ihrerseits – wie die Geschichte beweist – in neue autoritäre Strukturen führen.

Der einzige Weg, nicht in diese historische Falle zu tappen, besteht für die Menschheit darin, die Wirkungsweise des Systems zu begreifen, damit sie sich ihm bewusst widersetzen und seine parasitäre Existenz mehrheitlich beenden kann.

Aus diesem Grund heißt die wichtigste Aufgabe unserer Zeit: Aufklärung. Aufklärung über ein System, das sich vor unseren Augen zersetzt und das in seiner Endphase zu immer unmenschlicheren Methoden greift.

Die Bedingungen für eine Informationsoffensive sind jedenfalls vorhanden: Zum einen sorgt das System selbst durch die Verschärfung der sozialen Ungleichheit und den fortschreitenden Demokratieabbau dafür, dass immer mehr Menschen nach einem Ausweg suchen. Zum anderen waren die Möglichkeiten, die ständig wachsende Zahl Unzufriedener und Aufbegehrender über alternative Medien zu erreichen und zu informieren, noch nie so groß wie in unserer Zeit.

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