Tagesdosis 19.9.2018 – Wie kann man einen Wald kaufen oder verkaufen?

Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.

Sehr viele von uns identifizieren sich einzig mit dem, was ihnen das Geld an Status und vor allem an Beruhigung bietet. In nichts zeigt sich die Fratze der Gewalt und des Kapitals derzeit so deutlich und so pervers wie in diesem und im letzten Monat. Jemand wird in Chemnitz ermordet, totgestochen. Und was haben die Medien und die Politik daraus gemacht? Ein Fest für Antifaschisten. Der Verfassungsschutz-Präsident kritisierte die Regierung und schwubdiewub, wurde er hochgelobt, zum Staatssekretär für Sicherheit. Das kam am Ende dabei heraus. Hauptsache man bekannte sich dazu, gegen Rechts zu sein. Vier Wochen später aber, da schlug in einem Wald in Hambach der sogenannte Finanzkapitalfaschismus zu und ging mit der Härte des Gesetzes gegen Waldbewohner, sprich Klimaaktivisten, vor, räumte deren Baumhäuser und ging mit brutaler Gewalt gegen sie vor. Der Bevölkerung machte man über Rundfunk und Fernsehen klar, dass es sich bei den Klimaaktivisten um geistig unreife ja verwirrte Naivlinge handele und man müsse sie nun mit der realen Gesellschaft vertraut machen, mit der Normalität menschlichen Zusammenseins, der normopathischen Gesellschaft, der man den Frame der “Demokratie” verpasst hat.

War die Antifa vor Ort? Waren die Sympathisanten dort? Gab es dort Flix-Busse, die kostenlos tausende junge Leute zum Geschehen des Klima-Verbrechens brachten? Wo waren Campino oder Feine Sahne Fischfilet? Sarah Wagenknecht war eine der ganz wenigen Politiker, die zur Solidarität mit den Klimaaktivisten aufrief. Aber wo waren die Grünen? Deren Parteimitglieder sich einst zu einhundert Prozent zu diesen Klimaaktivisten selbst gesellt hätten. Jutta Ditfurth, bekannt und gefürchtet, weil sie sich vor vierzig Jahren noch selbst an einen der Bäume gekettet hätte! Wo war sie? Wo ist das alles hin, dieser Geist, der das Leben achtet, mehr als alles Gold und Geld der Welt? Was ist daraus geworden?

Die Entfremdung der Menschen von ihren Gefühlen

Wer hat denn den Vertrag, dass die RWE mit aller Gewalt den letzten deutschen Urwald für die Interessen einer alles zerstörenden Finanzelite hinwegroden darf, klar gemacht? Es war die rot-grüne Regierung unter Gerhard Schröder und Joschka Fischer. Was für eine riesenhafte Heuchelei ihr nur repräsentiert! Die meisten Menschen sind seelisch von ihrer eigenen Natur entfremdet worden. Das ist das Konzept des echten Faschismus. Er muss uns von uns selbst entfremden, damit wir uns ihm hinwenden und ihm von Nutzen sind. Ich schreibe hier jetzt nicht vom braunen Faschismus. Ich schreibe von seinem Skelett, von seiner Strategie der Entfremdung allen Lebendigem in uns als Grundvoraussetzung dafür, dass wir ihn weder als solchen erkennen, noch dass wir selbst ihm widerstehen. Nun gut, einige von dem Wir erkennen das alles schon und setzen sich zur Wehr.

Die Entfremdung macht aus Menschen Rohfassungen für dieses Skelett. Der Psychoanalytiker Hans-Joachim Maaz nennt das Normopathie. Der Traumapsychologe Franz Ruppert nennt das die traumatisierte Gesellschaft. Der Psychoanalytiker Arno Grün nannte es die Anhimmelung des Aggressors. Und ich nenne es die wettbewerbsorientierte Gesellschaft. Ganz egal wie man es nennt. Sein Übel führt alle in die eigene Entfremdung und Abspaltung vom Menschlichen in uns. Alle Gegenaktivisten, also die Polizisten, die Politiker, die Forstwirte, Kran- oder Schaufelbaggerfahrer und Sicherheitsleute, die die Klimaaktivisten dort mit brutaler Gewalt weggeschafft haben, sind seelisch kranke Menschen, denen man ihr Mitgefühl genommen hat. Ein Mensch, egal welchen Berufes, der im Vollbesitz seines emotionalen Konzeptes ist, kann so etwas gar nicht tun. Es ist für so einen Menschen unmöglich, nicht zu begreifen, was die Klimaaktivisten dort machen und wozu.

Man muss sich das einmal wirklich vorstellen: Da wird uns seit Jahren etwas von einem menschengemachten Klimawandel erzählt. Auch Merkel will sich da besonders starkmachen. Sie will das Klima sogar bändigen und ein paar Grad weniger erwärmen lassen. Viele Länder wollen den Klimawandel eindämmen und weltweit wird versucht, dafür Einigkeit zu erzielen. Doch wenn dann junge Leute dieses derart ernst nehmen, dass sie zu Klimaaktivisten werden und den Wald schützen wollen, dann sind sie allesamt nicht ganz bei Trost, völlig naiv, ja aggressive Täter, die sich gegen die Staatsgewalt wehren und in den Knast gehören. Immerhin, so der deutsche Deppenmichel, haben die ja Gesetze gebrochen, dem Waldeigentümer Schaden zugefügt, sich nicht in die Obhut des Staates begeben, sich dessen erwehrt und selbst Gewalt angewendet. Polizeiliche Einsatzkräfte haben hier ein Waldstück von Umweltschützern frei machen müssen, damit die RWE die Bäume abholzen und die Braunkohle unter Tage fördern kann.

Das war die schönste Zeit meines Lebens

Korruption ist für mich nicht bloß, wenn Menschen sich untereinander Posten, Gelder oder Häuser zuschachern. Die Korruption beginnt für mich schon im Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Zweckverhältnis. Ab da, wo jemand in Lohn und Brot steht, wird er seinen Lohn und seine Tätigkeit verteidigen. Denn mit ihm baut er seinen Wohlstand auf. Diesem gehorcht er fast uneingeschränkt. Diese Arbeit zu verweigern könnte einen Rauswurf nach sich ziehen. Und wenn ein Lohnempfänger eines ganz sicher nicht sein will, dann ist das ohne Arbeit zu sein. Dem ständigen Aufrechterhalten seines gesamten Wohlstandes dient nun dieses Zweckverhältnis. Er weiß gar nichts von seiner echten Abhängigkeit, denkt aber, dieses verschaffe ihm nun Unabhängigkeit. Darüber sollte sich jeder einmal gewahr werden. Jetzt schimpfen alle auf Polizisten und andere. Doch in Wahrheit betrifft die Lohnabhängigkeit die meisten Leute in diesem Land. Was tust du alles dafür, dass dir dein Arbeitsplatz erhalten bleibt? Denk einfach nur einmal darüber nach. Aber kommen wir wieder zum Hauptthema.

Eine Klimaaktivistin hat ein Video gedreht und dabei mich und viele andere zutiefst damit berührt. Sie haben dem Baum wehgetan, sagt die Frau im Video und führt fort, sie haben uns vom Baumhaus geholt, haben die anderen Menschen, mit denen wir gelebt haben, mitgenommen und denken wahrscheinlich, sie hätten gewonnen. Aber sie können nicht gewinnen, weil sie den Wald genau so brauchen und diese Erde, und das einfach nicht verstehen, dass wir nicht nur für uns kämpfen, sondern für uns alle. Und dass dieser Wald einfach wunderschön ist. Sie werden nie verstehen, wie das ist, auf einem Baum zu sitzen und zu fühlen, dass man auf einem lebenden Wesen wohnt, das sich bewegt und schiss zu haben, wenn es stürmisch ist. Und was es heißt, mit Menschen zusammen zu leben, denen es scheiß egal ist, wie du heißt, wie alt du bist oder welchen Schulabschluss du hast. Dass wir versuchen hier, hierarchiefrei zu leben und sich gegenseitig zu respektieren, ohne Geld, weil es scheiß egal ist, weil wir Geld nicht brauchen, sondern Menschen, die uns akzeptieren, einfach so, wie wir sind. Das sie jeden Morgen aufgewacht sind und wissen, dass sie am richtigen Ort sind, dass wir um keinen Preis tauschen würden. Dass ich jetzt lieber ins Gefängnis gehe, als mit irgendwem von denen zu tauschen, weil ich weiß, dass ich das richtige mache. Und weil ich weiß, dass ich genau da bin, wo ich hingehöre. Genau das tue, dass die schönste Zeit meines Lebens war und ich so viel gelernt habe, was ich draußen in der Gesellschaft nie hätte lernen können. Dass ich jetzt die ganze Scheiße, die mir die Gesellschaft eingetrichtert hat, erst wieder vergessen musste. Mich mit anderen Menschen vergleichen oder so, konkurrieren oder was angeblich wichtig ist, wie wir aussehen. Diese ganze Scheiße musste ich wieder verlernen. Aber das haben mir die Menschen hier gezeigt, dass das nicht wichtig ist. Die haben mich als Wesen akzeptiert. Das können die mir nicht mehr wegnehmen (…). 

Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen?

Was ist wirklich im Hambacher Wald geschehen? Was geschieht andauernd, um uns herum? Welche Illusionen machen wir uns zu unserer Realität und wachen daraus nur schwerlich auf? Um uns das ins Gedächtnis zu rufen, werde ich hier einen Auszug aus einer Rede übernehmen, die nahtlos an das Statement der Frau anknüpft. Es ist die Rede des Häuptlings Seattle, die er vor über 160 Jahren gehalten hat. Sie trifft den Kern des Finanzkapitalfaschismus derart genau, dass es einem vor Ehrfurcht die Sprache verschlägt, Zitat Anfang: Der große Häuptling in Washington sendet Nachricht, dass er unser Land zu kaufen wünscht. Wir werden sein Angebot bedenken, denn wir wissen – wenn wir nicht verkaufen – kommt vielleicht der weiße Mann mit Gewehren und nimmt sich unser Land. Wie kann man den Himmel kaufen oder verkaufen – oder die Wärme der Erde? Diese Vorstellung ist uns fremd. Wenn wir die Frische der Luft und das Glitzern des Wassers nicht besitzen – wie könnt Ihr sie von uns kaufen? (…) Jeder Teil dieser Erde ist meinem Volk heilig, jede glitzernde Tannennadel, jeder sandige Strand, jeder Nebel in den dunklen Wäldern, jede Lichtung, jedes summende Insekt ist heilig, in den Gedanken und Erfahrungen meines Volkes. Der Saft, der in den Bäumen steigt, trägt die Erinnerung des roten Mannes. Die Toten der Weißen vergessen das Land ihrer Geburt, wenn sie fortgehen, um unter den Sternen zu wandeln. Unsere Toten vergessen diese wunderbare Erde nie, denn sie ist des roten Mannes Mutter. Wir sind ein Teil der Erde, und sie ist ein Teil von uns. Die duftenden Blumen sind unsere Schwestern, die Rehe, das Pferd, der große Adler – sie sind unsere Brüder. Die felsigen Höhen, die saftigen Wiesen, die Körperwärme des Ponys – und des Menschen – sie alle gehören zur gleichen Familie, Zitat Ende.

Das kälteste aller kalten Ungeheuer

Auch wenn viele Menschen, gerade in Deutschland, den Faschismus nur in brauner Uniform erkennen. Sie sollen ihn einzig mit Hitler, dem Hakenkreuz und dem Führerkult verstehen, damit sie den ganzen, global umspannenden Finanzkapitalfaschismus gar nicht erst erkennen, also einer Täuschung unterliegen, einem Frame, der alles andere ausgrenzt: Der Faschismus regiert fast alle Menschen, Tiere und Pflanzen, ja den gesamten Planeten Erde. Er regiert die Bildung, die Massenmedien, die Politiker und er regiert uns. Banken werden gerettet, der menschengemachte Klimawandel ausgerufen. Doch wenn Waldbewohner Waldbewohner bleiben möchten, dann setzt sich die ganze Maschinerie der Staatsgewalt in Bewegung, nur um dem Klimawandel noch mehr Giften zuzuführen.

Wehren sich Waldbewohner gegen ihre Räumung, schwubs, macht man für die Öffentlichkeit aus ihnen Klimaaktivisten. Dann fällt ein Dagegen-Sein leichter, zu verstehen, damit man der Öffentlichkeit auch ein Gegen-die-Waldbewohner-Sein über die Medienhuren einflüstern kann. Das ist der Frame, er verhindert zu erkennen, was sie wirklich sind. Unabhängig von unserer Gesellschaft, eine autarke Gemeinschaft, die nicht sein will, wie wir. Was ist dagegen zu sagen? Nichts, rein gar nichts kann man dagegen haben. Nur wer strohdoof ist, dem System alles glaubt, nur dann kann man sich einreden, dagegen zu sein. Vielleicht kann man es ihnen sogar gleich tun. Und genau davor hat die Herrschaft Angst. Das WIR aufwachen und den ganzen schäbigen, unmenschlichen Betrug erkennen und aufbegehren, nicht mehr mitmachen mit all ihren Metaphern, die nichts weiter sind als Schall und Rauch. Wir Menschen haben kein Sinnesorgan dafür, wie tief und fest die gesamte Verarsche dieses Systems greift. Wir können uns einzig eine Firewall einprogrammieren, die das dann erkennt. Nennt sich Aufklärung. Mit Räumpanzern, Hubschraubern und Wasserwerfern geht man gegen Waldbewohner vor, damit das Kapital gewinnt. Faschismus ist nicht ausschließlich nur, wenn ein Hitler kommt. Faschismus ist, wenn die Politik, das Militär und das Kapital in dieselbe Richtung marschieren. Faschismus ist die Grundform kapitalpolitischer Ordnung heute. Und aus dieser Grundordnung heraus lassen sich unzählige Welten konstruieren. Unserer hat man das Label Demokratie verpasst. Welch ein Hohn!

Wir sagen Refugees Welcome und verteidigen das mit der Antifa. Dann schicken wir die Flüchtlinge in Ghettos und beklagen das. Wir wollen, dass die Migration und die Integration klappen, damit sie den Anschluss an unsere Gesellschaft schaffen. Doch immer mehr Ghettos entstehen. Doch wenn sich hier Menschen dafür entscheiden, sich in einem Wald ein möglichst autarkes Leben zu gestalten, dann rettet das System diese Waldmenschen angeblich vor ihrer eigenen Naivität – mittels der gesamten Staatsgewalt. Denn der Wald hat einen Eigentümer. Was für eine Blasphemie! Wir sind nichts anderes als deren Legehennen. Eingezäunt in einer Truman-Show. Gefüttert mit Chemienahrung. Geistig betreut durch Karriere, gute Noten und einer Höher-Schneller-Weiter-Doktrin. Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden. Gut gesagt, liebe Rosa Luxemburg, wenn da nicht noch etwas anderes wäre. Nämlich folgendes Zitat von dem Soziologen Heinz Dietrich Steffan, Zitat Anfang: National und international geht es immer um Rohstoffe, um Einflusssphären und das Recht und die Macht, anderen zu sagen, wie sie zu leben haben, um der Herrschaft zu dienen. Das ist im Grunde das Prinzip der Elite jeder Gesellschaft seit 5000 Jahren, Zitat Ende. Das sie uns gegeneinander aufhetzen, das ist ihr Vorteil, denn wir lassen uns leider gegeneinander aufhetzen. Doch wisse, der Feind ist nicht rechts oder links, nicht oben nicht unten. Unser Feind, das sind sie. Und du weißt ganz genau, wer sie sind. Du kennst nicht ihre Namen und du weißt nicht, wo sie wohnen. Doch sie sind der Feind aller Feinde. Sie töten und morden im Auftrag eines Labels, den sie uns Staat zu nennen in das Hirn gefräst haben. Der Staat, das ist ihre Chiffre.

Staat heißt das kälteste aller kalten Ungeheuer. Kalt lügt es auch; und diese Lüge kriecht aus seinem Munde: „Ich, der Staat, bin das Volk.“ Aus. Also sprach Zarathustra, von Friedrich Nietzsche.

Quelle

https://www.youtube.com/watch?time_continue=1&v=d1cB49faEv0

https://www.youtube.com/watch?v=4uXDnEhIYJc

http://jerome-segal.de/empoert_euch.pdf

https://www.youtube.com/watch?v=1RnK-gvdBOo

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