Tagesdosis 19.8.2017 – Das Rezept gegen den Terrorismus

Kriege beenden, Explosion sozialer Ungleichheit stoppen

Ein Kommentar von Ernst Wolff.

Nach den blutigen Anschlägen in Spanien wird einmal mehr die Frage gestellt, wie der internationale Terrorismus wirkungsvoll zu bekämpfen ist. Erste Politiker verlangen bereits härtere Strafen, ein konsequenteres Vorgehen gegen sogenannte „Gefährder“ und eine stärkere Überwachung öffentlicher Räume.

Eine nüchterne Analyse ist notwendig

All diese Forderungen sind in den vergangenen Jahren bereits dutzendfach gestellt und zum Teil sogar umgesetzt worden – ohne dass sie weitere Anschläge verhindert hätten. Deshalb ist es an der Zeit, die Situation nüchtern zu analysieren und auf der Suche nach einer Lösung des Problems zunächst einmal die Hintergründe des Geschehens aufzudecken.

Auch wenn noch nicht bewiesen ist, wer die Morde in Barcelona begangen hat: Dass der Islamische Staat sie auf seiner Website für sich beansprucht, zeigt, dass er derartige Verbrechen gegen die Menschlichkeit gutheißt, fördert und als ihr geistiger Anstifter gelten muss.

Wer aber ist dieser Islamische Staat? Wie ist er entstanden? Und weshalb gelingt es ihm oder seinesgleichen, auch in Europa Anhänger zu finden, die um den Preis des eigenen Lebens bereit sind, derartige Verbrechen zu begehen?

Der IS – ein Produkt westlicher Kriegspolitik

Der IS wurde im Irak von Teilen der Al-Kaida-Bewegung gegründet und entwickelte sich zwischen 2006 und 2010 zu einer schlagkräftigen Miliz. Nach der Ausdehnung seiner Aktivitäten auf Syrien gelang es ihm ab 2013, mehrere Ölquellen zu erobern und Waffenlieferungen der USA an ihre Verbündeten abzufangen.

Im Juni 2014 erbeutete er in den USA hergestellte Panzer und Flugzeuge der irakischen Armee im Wert von mehreren hundert Millionen Dollar und entwickelte sich so zu einer immer größeren Macht in der Region. Ideologisch betrachtet, ist der IS nichts anderes als die religiös-fundamentalistische Antwort einheimischer Kräfte auf die ständige Militäraggression der Großmächte im Nahen Osten.

Es gibt zwei Faktoren, die dem IS immer neue Anhänger in die Arme treiben: Zum einen die auf militärische Eskalation ausgerichtete Politik der USA und ihrer Verbündeten, die den Hass der Menschen im Nahen Osten und in Nordafrika auf sogenannte „westliche Werte“ schürt. Zum anderen die verheerende wirtschaftliche und soziale Situation in diesen Ländern, in denen – genau wie bei uns – das Vermögen einer winzigen Schicht  von Ultrareichen derzeit ins Unermessliche wächst, während der Großteil der Bevölkerung unter immer erbärmlicheren Zuständen leben muss.

Europas soziale Probleme – der Nährboden für den IS

Weshalb aber findet der Islamische Staat in den letzten Jahren auch in Europa immer neue Anhänger und Unterstützer? Aus dem gleichen Grund wie im Nahen Osten und in Nordafrika: Weil die soziale Ungleichheit auch bei uns rasant zunimmt und immer mehr Menschen – insbesondere Immigranten – durch das soziale Netz fallen.

Es ist aber nicht nur diese Explosion der sozialen Ungleichheit, die vor allem unter den von Arbeits- und Perspektivlosigkeit betroffenen Jugendlichen zu Unzufriedenheit und Resignation führt. Es ist auch die Untätigkeit und die Gleichgültigkeit der Politik, die ihnen jegliche Hoffnung auf eine bessere Zukunft nimmt und die die labilsten unter ihnen für extremistische Gewalt anfällig macht.

Die Aufgabe der Politik: Ablenken und dem großen Geld den Rücken freihalten

Wieso aber handelt die Politik nicht? Aus einem einfachen Grund: Weil sie die Hand, die sie füttert, nicht beißen wird. Sowohl die Kriege um Öl und die Vorherrschaft im Nahen Osten, als auch die Explosion der sozialen Ungleichheit sind auf die unersättliche Gier derer zurückzuführen, die auf den größten Vermögen unserer Zeit sitzen und diese durch permanente Spekulation an den Finanzmärkten vermehren. Das System, in dem wir leben, wird von ihren Bedürfnissen und ihren Interessen bestimmt. Die Politik hat sich in diesem System eingerichtet, ihre Vertreter genießen die ihnen zugestandenen Privilegien und erfüllen im Gegenzug eine wichtige Aufgabe: Sie halten dem großen Geld den Rücken frei, indem sie seine Verbrechen decken und die Menschen durch geschickte ideologische Manipulation daran hindern, sich wirkungsvoll dagegen aufzulehnen.

Um es klar und deutlich zu sagen: Wer es mit dem Kampf gegen den Terrorismus ernst meint, der muss zum einen ein Ende der Kriege um Öl und geostrategische Vorteile und zum anderen das Ende der völlig außer Kontrolle geratenen internationalen Finanzspekulation fordern.

Er sollte sich aber auch im Klaren darüber sein, dass er dabei von der etablierten Politik keinerlei Unterstützung zu erwarten hat.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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