Tagesdosis 16.10.2018 – Blöd. Blöder. Söder: In Bayern bleibt alles beim Alten

Ein Kommentar von Mathias Bröckers.

Ich bin Bayern-Fan. Nicht von Bayern München, diesen Verein mochte ich noch nie, aber die bayerischen Berge, Wiesen und Seen sind wirklich schön – und im Übrigen ist der Freistaat das Bundesland mit dem höchsten Zivilisationsgrad. Denn keine Region in Deutschland kann sich mit Bayern in der Zahl der Feiertage messen – und was, wenn nicht die Anzahl arbeitsfreier Tage, kann wirklich als Gradmesser für den Fortschritt einer Zivilisation gelten.

Religionsverächter, die einwenden, dass es sich bei diesen bayerischen Festtagen doch um nur um überkommene katholische Traditionen handelt, die abgeschafft gehören, haben den kulturellen und zivilisatorischen Wert des Feiertags nicht verstanden. Er beschert der arbeitenden Bevölkerung einen Tag des süßen Nichtstuns, der Entspannung und Muße, eine Auszeit von Stress und dumpfem Robotten – niemand kann somit ernsthaft die Überlegenheit einer Gesellschaft bestreiten, die sich reichlich Feiertage leistet. Noch dazu wie in Bayern mit so schönen Namen wie “Heilige Drei Könige”, “Fronleichnam” oder “Mariä Himmelfahrt”. Weil dabei keiner gezwungen ist, irgendeinem Kult um Könige, Leichen oder Himmelfahrten zu huldigen, können selbst hartnäckige Atheisten ihr Recht auf Faulheit an diesen Tagen vollauf genießen. Insofern: Liberalitas Bavariae at it’s best.

Für zwei Drittel aller Bayern wurde nun auch der vergangene Wahlsonntag zu einer Art Feiertag – die gefühlt seit Jahrhunderten allein regierende CSU erzielte das schlechteste Ergebnis seit mehr als 50 Jahren. Ihrem Chef, dem Heimatminister Seehofer, wollte selbst in Hintertupfing kaum einer abkaufen, dass nicht die unbezahlbaren Mieten und schmalen Renten, sondern die Migration „die Mutter aller Probleme“ wäre. Seehofers Versuch, die AfD mit solchen Sprüchen rechts zu überholen, ging nach hinten los ….und die CSU-Wähler migrierten in Massen,  vor allem zu den Grünen. Seehofers penetrantes Fingerhakeln mit Merkel wg. „Obergrenze“ und Söders scheinheilige Aktion, in allen Amtsstuben Kruzifixe aufzuhängen, wurde von den Wählern offenbar nicht im Sinne des christlich-sozialen Markenkerns empfunden, sondern eher als unchristlich und asozial.

Dass die Grünen ihr Ergebnis verdoppeln konnten lag aber weniger an Überläufern aus der CSU, sondern am Absturz der einstigen Volkspartei SPD auf 9 Prozent. Zwar waren die Sozen in Bayern noch nie besonders stark, dass sich ihr Anhang aber glatt halbierte hat damit zu tun, dass ein sozialdemokratischer Kern bei der Marke SPD schlicht nicht mehr zu erkennen ist. Die Sozialdemokraten haben sich selbst erledigt und mit einer baldigen Wiederauferstehung ist angesichts des amtierenden Personals kaum zu rechnen – unsägliche Gestalten wie Andrea Nahles oder Heiko Maas werden dafür sorgen, dass es auch im alten SPD-Stammland Hessen, das schon lange CDU-regiert wird und wo in zwei Wochen gewählt wird, weiter abwärts geht.

Der starke Aufschwung der Grünen und der AfD, die jetzt erstmals in den bayerischen Landtag einzieht, hat denn auch wenig mit ihrem Personal oder Programmen zu tun, sondern mit der Selbstpulverisierung der SPD, sowie mit der „Mia san Mia“- Arroganz der CSU – da machen selbst die treuesten Parteiseelen nicht mehr mit und wählen halt was anderes.

Revolutionär oder „historisch“, wie es in vielen Kommentaren tönte, ist an diesem Wahlergebnis indessen nichts – in Bayern wird alles beim Alten bleiben. Die CSU wird mit den Freien Wählern koalieren, die letztlich auch nur Konservative von ihrem Fleische sind – neue Impulse oder gar politische Reformen sind da nicht in Aussicht. Auch Heimat-Horst Seehofer wird sein Pöstchen im Bund nicht hinschmeißen, um sich künftig nur noch seiner eigentlichen Kernkompetenz – der Modelleisenbahn – zuzuwenden. Und die bayerischen Schulkinder werden beim Erlernen des Komparativs auf absehbare Zeit nicht um die Steigerungsform ihres Ministerpräsidenten herumkommen: Blöd. Blöder. Söder. Aber zum Glück haben sie ja noch die vielen Feiertage…

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