Tagesdosis 15.6.2018 – Gipfelstürme(r): Trump als russischer Agent entlarvt (Podcast)

Ein Kommentar von Klaus Hartmann.

Auch Genießen will gelernt sein. Ohne Mühe und ohne exakte Information kommt man nicht ans Ziel. Für nicht so Geübte bietet der jüngste „G7“-Gipfel im kanadischen Québec eine gute Lektion. Das mediale Wehgeschrei über den gescheiterten Gipfel hat zwar neuen Schlagzeilen über das Treffen Trumps mit Kim Jong-un oder über die Eröffnung der Fußballweltmeisterschaft in Russland Platz gemacht, doch die Verwerfungen des Gipfels werden uns noch „nachhaltig“ beschäftigen.

Aber der Reihe nach. „G7“ ist ein typischer Fall, bei dem das Wort „selbsternannt“ aber mal sowas von zutrifft. Von niemandem gewählt oder beauftragt, pur selbstmandatiert, versammeln sich regelmäßig die sieben Staatschefs der USA, Deutschlands, Großbritanniens, Frankreichs, Italiens, Japans und Kanadas. Das wollen die „führenden Industriestaaten“ sein – obwohl der größte, nämlich China, fehlt. Jedenfalls ist es das Spitzenpersonal des ebenso selbsternannten „Freien Westens“ – wo allerdings Japan auch nicht gerade liegt. Aber in Zeiten, in denen Israel den Europäischen Trällerwettbewerb gewinnt, spielt Geografie eh‘ keine Rolle  mehr.

Wer einen Gipfel erklimmt, muss zwangsläufig wieder runter. Freidenker erinnern gerne an den biblischen Moses, der soll immerhin Steintafeln zu Tal geschleppt haben. Mit der hoffnungsvollen G7-Seilschaft ging es hingegen recht unsanft bergab, und außer Scherben hatten sie nichts zum Vorzeigen. Von ihrem Häuptling aus den USA fühlen sie sich verraten und verkauft, ihre „Qualitätsmedien“ beklagen einen „beispiellosen Eklat“.

Hier also die kurze Gebrauchsanweisung: In analoger Anwendung der Weisheit „Wenn Dich Deine Feinde loben, hast Du etwas verkehrt gemacht“, sollten wir lernen, zu genießen: wenn die Herrschaftsmedien in Depression verfallen, sollten wir es mit Freude voll auskosten. Denn von einer Meldung „Trump zerstört die G7“ hätten hunderttausende Demonstranten in den letzten Jahren wohl nicht mal zu träumen gewagt.

Was war vorgefallen: Der US-Präsident zog seine Zustimmung zur Abschlusserklärung zurück, nachdem der gastgebende kanadische Präsident Justin Trudeau bei der Präsentation der Gipfel-Ergebnisse von „beleidigenden US-Strafzöllen“ gesprochen hatte. (Es geht die Sage, dass in Diktaturen die Regentschaft erblich sei. Papa Trudeau war auch schon Präsident.) Trump hielt dem „unehrlichen Trudeau“ darauf dessen 270%-Zölle auf die Milch der US-Kühe vor. Die dänische Zeitung „Jyllands-Posten“ stellte zumindest die Frage, ob es von Trudeau „weise war, sich auf einer Pressekonferenz aufzublasen“: „In der Geschäftswelt spricht man nicht schlecht von den Partnern, mit denen man gerade ein Abkommen geschlossen hat, schon gar nicht von Donald Trump.“

Deutsche Medienkonsumenten aber brauchen nur zu wissen: Trump ist schuld, und wie „ernüchternd und deprimierend“ die begnadete Bundeskanzlerin das fand. Und in diesem Sinn drehten die Medien voll auf: Emmanuel Macron, vormals Rothschild-Banker, inzwischen französischer Präsident, sei „wütend über Trumps Verhalten“, der habe „die Verbündeten schockiert“; für Robert Roßmann in der „Süddeutschen“ wirft „Trumps Verhalten die Frage auf, ob G-7-Treffen mit diesem Präsidenten überhaupt noch zeitgemäß sind“. Er habe, so das „Manager-Magazin“, „die Staatengruppe in die wohl schwerste Krise ihrer mehr als 40-jährigen Geschichte“ gestürzt, „n-tv“ spricht von einem „historischen Fiasko“. Die Frankfurter Rundschau“ jammert, „dass ausgerechnet die USA, die diese Werteordnung entscheidend mitgeprägt haben, sich unter der Führung von Trump von ihr verabschieden“. „Die USA haben sich in Quebec als westliche Führungsmacht verabschiedet“, befindet „Die Welt“.

Und dann sind die Kommentatoren wieder ganz in ihrem antirussischen Element: „Er fand nettere Worte für Putin und Kim als für Trudeau und Merkel“, beanstandet der „Mannheimer Morgen“. Die „Süddeutsche“ legt nach: „Außerdem relativierte der US-Präsident die Bedeutung des gesamten Treffens mit der Bemerkung, die G 20 seien wichtiger als die G 7.“ Folglich wird die „G7“ in vielen Medien jetzt in „G6+1“ umbenannt, vergleichbar der Situation vor der Ausladung Russlands, als mit der Bezeichnung „G7+1“ Russlands Platz am Katzentisch charakterisiert wurde. (Aufgenommen wurde es 1998 unter Jelzins Präsidentschaft, als die Wertegemeinschaft noch guter Hoffnung war, sich Russland zur Beute machen zu können.)

Schließlich hat Trump, Schreck lass nach, kurz vor seinem Abflug nach Kanada auch noch für die Rückkehr Russlands zu den Gesprächen plädiert: „Sie haben Russland ausgeschlossen, sie sollten Russland wieder aufnehmen.“ Doch da sei Merkel vor, denn „vor allem für Merkel war der Vorstoß von Trump ein Affront. Die Kanzlerin ist in den vergangenen Jahren in dieser Frage so etwas wie die Wortführerin der Europäer gewesen.“ Zufrieden schreibt die SZ: „Merkel schließt – wie die anderen Europäer – eine Rückkehr Russlands wegen der Annexion der Krim vehement aus“, folglich: „Der US-Präsident blieb in der Russland-Frage auf dem Gipfel also isoliert.“

Doch die Genugtuung über die „Isolation Trumps“ verfliegt angesichts seiner fehlenden Unterstützung der Erklärung der „G6“. In ihr wird Russland aufgefordert, „Destabilisierungsversuche demokratischer Ordnungen zu unterlassen“ und die „Unterstützung für Assad in Syrien einzustellen“. Da darf nicht fehlen, der Junta in der Ukraine „fortwährende Unterstützung“ zu versichern, die Sanktionen gegen Russland „wegen mangelhafter Umsetzung des Minsker Abkommens“ aufrecht zu erhalten sowie schließlich – weiterhin ohne Beweise – Russland für den Anschlag auf den Doppelagenten Skripal verantwortlich zu machen.

Bei der parallel im chinesischen Qingdao stattfindenden Zusammenkunft der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ: China, Russland, Indien, Iran, Weißrussland, Pakistan, Afghanistan, Kirgisistan, Usbekistan, Tadschikistan) bezeichnete Präsident Putin diese Anwürfe als „kreatives Gelaber, nun müssen wir uns den konkreten Fragen einer realen Zusammenarbeit zuwenden.“

In der „New York Times“ kommt der Kommentator angesichts der unübersehbaren Spaltung des „Westens“ zu dem Schluss: „Trump setzt ziemlich viel daran, die ‚Westliche Allianz‘ zu zerstören“. Das wird nur noch übertroffen von der „Gazeta Wyborcza“ aus Polen, deren Aussage dem „stern“ so gut gefallen hat, dass er sie zur Überschrift seiner Presseschau (11. Juni 2018) erwählte: „Nach dem G7-Gipfel kann man nur schwer glauben, dass Trump nicht für Russland arbeitet“.

Was tausende Hochverrats-Ermittler in den USA nicht beweisen konnten, ein gesinnungstüchtiger Pole hat es herausgefunden. Wenn das kein Genuss ist. Sa sdorowje!

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