Tagesdosis 14.12.2017 – Helmut Kohl, die ARD und der Rosarote Panther

Ein Kommentar von Bernhard Loyen.

„Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät“, lautet die erste Textzeile von der Erkennungsmelodie des Rosaroten Panthers. Es war genau vor zehn Tagen, als interessierte Bürger wieder mal feststellen mussten, dass die Damen und Herren der ARD Programmredaktion kein Herz für Zuschauer mit politischem Restinteresse besitzen. Sollte es etwaig sogar Kalkül gewesen sein, eine ausgesprochen inhaltsvolle und aufschlussreiche Dokumentation auf den unattraktiven 22.45 Uhr Sendeplatz am Montag zu legen? Welcher arbeitende Bürger hat zu dieser Zeit noch Kraft & Muße, sich 75 Minuten bundesrepublikanische Geschichte mit wirklich überraschenden Momenten zu Gemüte zu führen?

Es gab für ein, zwei Tage eine kurzzeitige mediale Aufmerksamkeit, das war es. Sehr schade, denn die Dokumentation ist wirklich gelungen. Nun gibt es die ARD Mediathek und ich möchte ihnen die Dokumentation: Bimbes – Die schwarzen Kassen des Helmut Kohl[1] unbedingt empfehlen. Nutzen sie die kommenden Weihnachtsfeiertage, um dieses Land, dieses politische System noch besser zu verstehen. Der Film vertieft für ältere Leser & Hörer vorhandenes Wissen und gibt Jüngeren die Chance einen lehrreichen Einblick in die alte BRD und das ab 1990 gewachsene Deutschland zu erhalten.

Es geht um Macht. Macht haben die, die das Geld besitzen, auch Bimbes genannt. Es gibt in der Politik selten Zufälle, speziell bei der Biografie von Politikern. Nur wer Geld besitzt, oder entsprechende Förderer auf seiner Seite weiß, kommt in diesem gnadenlosen Geschäft auf der Karriereleiter bis ganz nach oben. Schon Paulchen Panther wusste – bei plötzlich auftretenden Hindernissen, muss man sich nur zu helfen wissen.

Der junge Helmut Kohl wollte in den 1960ern des letzten Jahrhunderts den schnellen Aufstieg und wurde dabei mit kriminellsten Mitteln von Anfang an seiner Karriere von den berühmten Männern im Hintergrund finanziell & politisch aufgebaut. Die Technik hieß Schwarzkonten, reichhaltig gefüllt mit Spenden aus der Industrie und von Banken. Über die Jahre Millionen von DM.

Längst verdrängte Namen und die dazu gehörigen Persönlichkeiten werden in der Dokumentation brilliant enttarnt und erläutert. Zum System Kohl gehörten u.a. Eberhard von Brauchitsch, Friedrich Karl Flick, Walther Leisler Kiep und Kurt Biedenkopf von der CDU, als führende Hauptprotagonisten. Hinter den berühmten Kulissen zudem diverse Helfershelfer und Helferinnen, ohne die, dieses ausgeklüngelte, schon annähernd mafiöse Gebilde nie funktioniert hätte.

Ein Bekannter, dem ich auch diese Lehrstunde ans Herz legte, kommentierte: Mafiöse Strukturen in der alten BRD? Das klänge ihm aber jetzt doch zu sehr nach Verschwörungstheorien. Dazu der ermittelnde Steuerfahnder Frank Wehrheim im Film: Das sind Methoden, wenn ich die von der Mafia höre, würde ich sagen: okay, das weiß man, das ist eine Gangsterorganisation. Aber hier für mich, haben sich Parteien nicht anders verhalten und mit geheimen Systemen und Steuerhinterziehungen Straftaten begangen und das als Normal angesehen.

Dieser Film ist aufschlussreich und sehr sehenswert. Nutzen sie die Chance die simplen Mechanismen politischer Macht zu verstehen. Abschließend noch ein Beispiel für Heuchelei, bei der geschichtlichen Bewertung der DDR. Seit dem Ende dieses Landes, werden Kübelweise Hohn, Spott und Unwahrheiten verbreitet. Solche Zu – und Umstände hätte es in der alten BRD niemals gegeben. Zum Beispiel verordnete Jubelparteitage. Wir lernen in der Doku:

Bundestagswahlkampf 1987. Helmut Kohl schwächelt innerparteilich und mit schlechten Umfragewerten. Die Abschlusskundgebung soll in der Dortmunder Westfalenhalle stattfinden, d.h. knapp 17000 Plätze sind zu füllen. Panik macht sich breit, bezüglich des verordneten Größenwahns des übermächtigen Kanzlers. Wie das Problem lösen? Wie können wir dafür sorgen, dass der Kanzler mit Standing Ovations in einer gefüllten Halle begrüßt wird? Wo bekommen wir das Publikum her? , so der damalige Hauptabteilungsleiter der CDU, Rüdiger May, in dem Film. Im Kapitalismus kauft man sich Illusionen. Die Rechnung ging auf. Im Geschäftsbericht des Jahres 1987 heißt es dann: 15 Sonderzüge und 331 Busse mit Jubelvolk sorgten für vollen Erfolg. Zusatzkosten? 5 Millionen Mark. Bezahlt aus schwarzen Kassen, gefüllt mit dem Geld der weiterhin unterstützenden Industrie.

Das ein Kurt Biedenkopf 1990 nach Sachsen ging und Ministerpräsident wurde, erscheint einem nach dieser Dokumentation auch schlüssiger. Loyalität zahlte sich schon immer aus. Wie man ertragsreiche Sümpfe produziert, hat dieser Mann maßgeblich über Jahrzehnte mit erfunden und erfolgreich in Sachsen zu seinen Gunsten perfektioniert. Stichworte: König Kurt[2] & Sachsensumpf.

Neugierig geworden? Die Dokumentation ist bis zum 04.12.2018 in der ARD Mediathek verfügbar.

Quellen

[1] – http://www.ardmediathek.de/tv/Reportage-Dokumentation/Bimbes-Die-schwarzen-Kassen-des-Helmut/Das-Erste/Video?bcastId=799280&documentId=48136314

[2] – http://www.zeit.de/2017/05/kurt-biedenkopf-tagebuecher-zuschuss-stanislaw-tillich

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