Tagesdosis 13.6.2019 – SPD und Linke im Panikmodus. Bürger hört die Signale.

Ein Kommentar von Bernhard Loyen.

Es ist schon erstaunlich, dass die etablierten Parteien dieses Landes tatsächlich anscheinend denken, irgendwie geht es immer weiter. Es muss ja weitergehen. Über Jahrzehnte marschierte das Wahlvolk brav zu den Urnen, in jüngster Zeit wurde eher getrottet.

Es ergab sich eine offensichtliche Entfremdung zwischen der Politik und den Menschen, aber es zeigte sich keinerlei Reaktion, kein Aufmucken bei denen, die sich dann doch für das demokratisch verbriefte Kreuzchen entschieden. Zumindest bis zum Jahr 2019.

Immer wieder. Was wäre alles möglich gewesen im Jahre 1990. Ein Neustart. Welche Wege ungeahnten Ausmaßes waren realisierbar, um ein gesellschaftliches Experiment zu wagen. Beide deutsche Staaten wirkten Ende der 1980er gelähmt in ihrer Existenz. Die DDR im Trott des Daseins, wirtschaftlich angeschlagen, jedoch nicht bankrott, wie heutige Erkenntnisse zeigen. Das andere, vermeintlich starke Deutschland auch nicht so goldglänzend, wie es leider auf die späteren Mitbürger sinnblockierend wirkte.

Zitat: Das politisch untätige „Warten auf den Markt” hatte zur Folge, daß Millionen Menschen in der Bundesrepublik, einem der reichsten Staaten der Welt, in eine „neue Armut” abgedrängt wurden. Ende Oktober 1987 erhielten die 751.700 Empfänger von Arbeitslosengeld durchschnittlich 984 DM im Monat, die 500.400 Bezieher von Arbeitslosenhilfe im Schnitt 806 DM. 37 Prozent der gemeldeten Arbeitslosen erhielten 1987 überhaupt keine Unterstützung. Man kann sicher sein, daß die Politiker der Bonner Regierungskoalition sich entschieden für eine rigorose Bekämpfung der Arbeitslosigkeit einsetzen würden, müßten sie auch nur ein halbes Jahr lang mit diesen Einkünften auskommen (1).

Sie sehen, gut 30 Jahre später annähernd alles beim Alten, nur noch schlimmer, erbärmlicher, härter, halt gnadenloser mit entsprechenden Varianten. Die Verzweiflung, Ideenlosigkeit bei der Politik hinsichtlich der finalen Abwendung durch die Restwähler schlägt aktuell skurrile Blüten.

Der Freitag titelte jüngst, Zitat: Sie werden zu Zwergen, CDU und SPD. Sind die beiden Volksparteien noch zu retten? Jede Strategie dazu hat einen Haken. Das ist nicht weiter schlimm (2).

Dem kann man nur zustimmen, weil wer würde sie, mal ganz ehrlich, vermissen? Desillusionierte Wähler und ungeliebte Politiker fragen daher ängstlich – aber wie soll es weitergehen?

Eine wahrlich angebrachte Frage. Wir irre unsere Zeiten sind, zeigen die letzten Tage. Samstag letzter Woche fabulierte ein satter und zufriedener Politrentner in der grünen Hauspostille Taz über folgende These, Zitat: Daniel Cohn-Bendit fordert eine Fusion von SPD und Linkspartei – und glaubt an einen grünen Kanzler (3). Zwei Szenarien, die vielen Menschen in diesen warmen Tagen noch mehr Schweiß auf die Stirn treibt.

Jetzt die Erläuterung, für sich auch symptomatisch, hinsichtlich eines Politikverständnisses weit am Bürger vorbei. Vielleicht war es auch Satire und nicht entsprechend gekennzeichnet, Zitat: Es geht um die Rettung der Sozialdemokratie, nicht der SPD. Die Linke ist sozialdemokratisch, die SPD soll wieder eine werden. Also rettest du die Sozialdemokratie, wenn die zersplitterten Linken zusammengehen. 13 und 7 bei der jüngsten Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen sind zusammen 20 Prozent, damit ist man wieder ein Machtfaktor (3). Kein Kommentar.

Tags darauf wusste die FAZ, Zitat: Besorgte Genossen: Initiative „Die wahre SPD“ will Linksruck verhindern (4). Diese Besorgnis bezieht sich jedoch auf die strategischen Pläne des vermeintlichen SPD Jungstars Kevin Kühnert, da die Altherren-Riege der Initiative „Die wahre SPD“ weiß, Zitat: Nur wer regierungsfähig und regierungswillig sei, könne die Probleme der Menschen lösen und soziale Politik betreiben (4). Das nennt man Regierungs-Demenz, ein schlimmes Phänomen, speziell bei der SPD, tendenziell bei Grünen Politikern, nein eigentlich bei allen entsprechenden Parteien im Bundestag vorzufinden.

Am Montag forderte der Spiegel daraufhin, Zitat: SPD und Linke, Zusammenlegung jetzt! Die Zeit ist reif (5). Das Problem hierbei, das lehrt uns die Natur, wenn etwas überreif ist, wird es weich, fängt an zu riechen, gärt, oder schimmelt. Nicht wirklich eine schöne Vorstellung. Der Spiegel schätzt das anders ein, Zitat: Es klingt irre, zugegeben, aber so klingen ja viele gute Ideen zunächst (5). Tja, der Spiegel.

Kann man diesen Irrsinn noch steigern? Ja. Ein ehemaliger SPDler, jetzt bei der Linken, Zitat: träumt von der Fusion des linken Lagers (6). Die Frankfurter Rundschau erläuterte gestern, Zitat: Ex-Parteichef Oskar Lafontaine bedauert den Untergang der SPD an der Urne und hat eine Idee, wie der Abwärtstrend gestoppt werden kann. Lafontaine hält (…) eine Fusion beider Parteien für notwendig, um die Schwäche bei den Umfragen zu überwinden, die Linke und SPD zur Zeit ähnlich erleben (6).

Soll heißen, nachdem seine Lebensgefährtin Sahra Wagenknecht, die glaubwürdigste und fähigste Politikerin der Linken, von den eigenen Leuten geschasst wurde, soll der überflüssige Rest mit einer noch überflüssigeren Fallobsttruppe fusionieren? Was soll das ergeben, ausser einem absehbaren Wegwerfprodukt.

Um dieses Schmierentheater zu beenden, final die Überschrift eines Beitrags heute auf Spiegel-Online. Natürlich hinter der Bezahlschranke, besser ist das, Zitat: Von Christian Lindner lernen. Fünf Gründe für ein SPD-Comeback. Wie schon erwähnt, irre Zeiten.

Dieses Jahr stehen noch drei ostdeutsche Landtagswahlen an. In den westlichen Bundesländern diskutieren die Bürger bevorzugt über Kanzlerkandidaten in einer schwarz-grünen Regierungskonstellation. In den östlichen Bundesländern formiert sich bundesweit gefürchteter Wahl-Widerstand, anhand der AFD und ihrer Unterstützer. Der Wunsch nach Veränderungen ist mehr als nachvollziehbar. Bedeuten aber Veränderungen im ostdeutschen Verständnis, zurück zu Vertrautem? Also keine Veränderung im Sinne von neuen Ideen, neuen Wegen? Alternativen zu einer Politik, die eindeutig die letzten Jahre gegen die Bürger gearbeitet hat.

Der Wählerschaft wird Kommunitarismus unterstellt. Die Definition lautet: Nur ein in eine sprachlich, ethnisch, kulturell, religiös oder anders definierte Gemeinschaft eingebetteter Mensch ist in der Lage, über die Grundsätze der Gerechtigkeit zu befinden. Schlichter formuliert, Multikulti, nein Danke.

Die Frage die sich vielen Skeptikern stellt lautet, welche Wege und Möglichkeiten hat die AFD, um ihre dargebotenen Wahlversprechen auch einlösen zu können? Auch die AFD ist, bzw. wird gebunden sein an die bundesrepublikanische Verflechtung von Kapital und Politik.

Zudem ist die Partei mit ihrem Erfolg zusehends überfordert. Nach dem Erfolg im Mai in Sachsen, konnte die AFD knapp ein Fünftel, sprich 20 Prozent, der gewonnen Sitze in Kreistagen sowie Städte- und Gemeinderäten gar nicht besetzen. Es scheitert schlicht an geeignetem Personal (7).

Andererseits können AFD-Wähler anscheinend sehr wohl differenzieren. Laut Umfragen könnte die Partei im Herbst in Brandenburg stärkste Kraft werden, jedoch bei der Frage nach dem favorisierten Ministerpräsidenten liegt der AFD-Kandidat bei den Umfragen abgeschlagen an dritter Stelle (8).

Wir stehen im Vorjahr des 30. Jahrestages der Deutschen Wiedervereinigung. Ja, eine gewisse Normalität scheint gewachsen, trotzdem wirkt das Land in tieferer Betrachtung gespalten. Bei den Bundestagswahlen 2017 lag die Altersstruktur der AFD-Wähler in den neuen Bundesländern bei den den 25 – 60-jährigen am Höchsten (9). Dies bedeutet, ein unmittelbarer biografischer Bezug zur DDR, bzw. bei den jüngeren Menschen über das prägende Elternhaus und die Verwandtschaft.

Der Vergleich im Rückblick, das Resümee, wird anders ausfallen, wie das bei den Menschen in den Alt-Bundesländern. Der Ostdeutsche hat völlig differente biografische Vergleichsmomente, anhand zweier gelebter Gesellschaftsmodelle. Werden diese Faktoren, auch hinsichtlich politischer Entscheidungen der Gegenwart, in der gesellschaftlichen Betrachtung, bei aktuellen Ressentiments bedacht? Freundlich formuliert, bedingt.

Das die aktuell gehypten Grünen nachweislich immer noch über Leichen gehen, zeigt der gestrige Gastbeitrag von Cem Özdemir und Tobias Lindner in der FAZ. Der Artikel (hinter einer Bezahlschranke) trägt in der Überschrift den Satz, Zitat: Die Bundestagsabgeordneten der Grünen, Tobias Lindner und Cem Özdemir, fordern im F.A.Z.-Gastbeitrag Reformen für die Bundeswehr – und bekennen sich zur deutschen Parlamentsarmee.

Bezugnehmend der aktiven Unterstützung des Kosovo-Krieges 1998/99 durch die Grünen (Tobias Lindner trat 1999 17jährig in die Grüne Jugend ein), mit mehr als 10.000 Toten (10), finden sie folgende Worte, Zitat: Vor zwanzig Jahren ging der Kosovo-Krieg zu Ende. Die Entscheidung, diesen Nato-Einsatz als Teil der rot-grünen Bundesregierung mitzutragen, war eine der größten Zerreißproben für unsere Partei. Unter dem Strich hat sie uns als Friedenspartei jedoch gefestigt, denn heute sagen wir klar: Es braucht als äußerstes Mittel auch den Einsatz des Militärs, damit Deutschland und Europa ihrer humanitären Verantwortung gerecht werden können (11). Kein Kommentar. Doch: nie wieder die Grünen wählen.

Gesamtdeutsch lässt sich zurückblickend für die letzten 30 Jahre feststellen, dass keine einzige Partei in Verbindung einer Regierungskoalition, der Verantwortung, ob auf Länder- oder Bundesebene, dieses Land lebenswerter gemacht hat. Dieses Land wurde schlicht in Intervallen kaputt regiert. Es bröselt, es bricht.

Sich seitens der Politik nun über die AFD zu echauffieren, ist erbärmlich und heuchlerisch. Hätten verantwortliche Parteien eine Politik für und nicht gegen die Bürger gemacht, im Interesse der Grundbedürfnisse, gäbe es keinen Bedarf an der AFD. Gewählt wurden diese Politiker von Menschen, die sich nun den AFD-Wählern mit Fuck-AFD Rufen entgegenstellen. Hätten sie nicht mit ihrem Kreuz auf dem Wahlzettel, ihrer Wahl, benannte Politik über Jahre legitimiert, gäbe es kein Interesse, keine Notwendigkeit die AFD zu wählen. Alle aktuellen Stimmungen, Probleme der Gesellschaft, dieses Landes, der Menschen in Deutschland, entstanden aus einer Melange aus Bequemlichkeit und anscheinender Identifikation aktueller und zurückliegender Politik. Es geht aktuell schlicht um die berühmte Rechnung, die ohne den Wirt gemacht wurde.

Ob die AFD nun den Heilsbringer der Gegenwart darstellt, wird sich erst im Anschluss an ihre Regierungsjahre, also ihrer Verantwortung zeigen. Nur daran lässt sich ihre Existenzberechtigung messen. Diese Tatsache muss vor allem die Melange-Fraktion ertragen, da der kalte Kaffee der letzten dreißig Jahre für die meisten Menschen in diesem Land ungenießbar geworden ist.

Quellen:

  1. http://library.fes.de/gmh/main/pdf-files/gmh/1989/1989-02-a-065.pdf (Seite 3-4)
  2. https://www.freitag.de/autoren/wolfgang-michal/sie-werden-zu-zwergen
  3. http://www.taz.de/Cohn-Bendit-ueber-die-Sozialdemokratie/!5601231/
  4. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/initiative-die-wahre-spd-will-linksruck-verhindern-16229066.html
  5. https://www.spiegel.de/politik/deutschland/spd-und-linke-zusammenlegung-jetzt-a-1271707.html
  6. https://www.fr.de/politik/spd-linke-lafontaine-traeumt-fusion-parteien-zr-12388465.html
  7. https://www.merkur.de/politik/sachsen-afd-hat-nicht-genug-kandidaten-um-plaetze-zu-besetzten-will-aber-regieren-zr-12259663.html
  8. https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/landtagswahl-afd-brandenburg-die-gruene
  9. https://wahl.tagesschau.de/wahlen/2017-09-24-BT-DE/umfrage-alter.shtml
  10. https://www.tagesspiegel.de/politik/vorlaeufige-bilanz-der-opfer-und-schaeden-im-kosovo-krieg-liegt-vor/79548.html
  11. https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/warum-gruene-aussenpolitik-die-bundeswehr-braucht-16233289.html

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