Ein Kommentar von Rüdiger Lenz.
Ach Leute, morgen beginnt die Fussball-WM. Ich muss gestehen, dass ich früher ein vernarrter Fussball Fan war. Nicht so wie ihr jetzt vielleicht denkt. Ich spielte von morgens bis abends lieber selbst. Am besten war ich im Tor. Bis ich mir bei einem gehaltenen Ball den Arm gebrochen hatte. König Fussball regiert die Welt! Ein toller Sport, sobald man ihn selbst spielt.
Lassen wir uns jetzt einmal auf eine andere Weltmeisterschaft ein.
Auf die der Politik. Derzeit ist da richtig was los. Sie ordnen gerade die Geschicke der Welt neu. So etwas dauert und ist von den Umständen abhängig, in der sich deren Gemengelage weltweit befindet. Hauptspieler sind derzeit Wladimir Putin, Donald Trump, Recep Tayyip Erdoğan und Xi Jinping. Europa ist nur ein untergeordneter Spieler, da die deutsche Kanzlerin Angela Merkel schon seit Jahren die Lecks in den unterschiedlichen Kabinenklassen nicht zu stopfen bereit war. Und so ließ sie das alte Schlachtschiff Europa im Schlepptau eines Georg W. Bush und eines Barack Obamas hinter sich herziehen. Nur so konnte Madame Angela Merkel verhindern, dass ihr planloses Navigieren nicht bemerkt würde.
Donald Trump wolle nicht mehr, dass das alte Schiff Europa weiterhin die finanziellen und militärischen Mittel wegfrisst, die er nun zwecks Rettung seines Luxusliners ganz alleine benötigt. Also schnitt er die Seile des Schlepptaus durch und seitdem ist die deutsche Kanzlerin ohne Führung der Stars-and-Stripes-Präsidenten. Ob die CDU das selbst alles mitbekommen hat, darf stark angezweifelt werden. Und so ist die Berichterstattung der landläufigen großen Medienanstalten zu einem Hort für zumeist kanzlernahe Ratschläge verkommen. Was sie will und denkt füllen die Medienhäuser mit ihren Lettern und merken nicht, dass sie damit die Lecks des europäischen Luxusliners nur zu vergrößern helfen. Absaufen bringt Kohle und verschlingt selbige.
Merkels Welt ist längst eine andere geworden und keine deutsche Politik kann mehr so tun, als sei sie weiterhin nach der deutschen Wiedervereinigung nur so zu gestalten: die NATO wird uns schon führen. Nach innen hin „stark“ und nach aussen hin „nach mir die Sintflut“. Deutschland sollte niemals wieder eine Führungsposition in Europa anstreben. Darin waren sich die beiden Helmut-Kanzler einig. Deutschland besitzt keinerlei Rohstoffe, mit der sich vortrefflicher Handel treiben ließe. Ausser die Gehirne der Deutschen. Das ist Deutschlands Rohstoff. Kanzler Schmidt schrieb sogar ein kleines Heftchen nach eben dieser Erkenntnis und nannte es Weltwirtschaft ist unser Schicksal. Viele wollen ihn, den deutschen Rohstoff. Kanzlerin Merkel aber kann mit ihm nichts anfangen. Siebzig Jahre US-Hegemon in der Bundesrepublik ist sogar dem Präsidenten Trump nun zu viel. Xi Jinping und Wladimir Putin werben um Deutschland. Auch Recep Tayyip Erdoğan warb lange um die Deutschen. Doch die Kanzlerin ruhte sich am Halsband gezogen, beim Hegemon aus. Die Zeit aber ist nun vorbei und Europa ist kaputt-ver“euro“t.
Merkel hat fertig. Merkel hat kaputt.
Die EU ist nicht auf die drei großen Spieler dieser Welt vorbereitet. Auf die Türkei, auf Russland und auf China. Merkel dachte, sie könne sich über Fahrwasser halten, so lange der Hegemon mit ihr diniert. Und ganz plötzlich stehen die Drei da: die Volksrepublik China, die russische Föderation und- für die meisten Deutschen so gut wie unbemerkt- die türkische Republik. Zu sehr fokussierten die deutschen Medien sich auf den bösen Erdoğan. Die Türkei ist unter Erdoğan wirtschaftlich zu einem der größeren Spieler geworden. Was aber eint diese drei großen Weltspieler mit Europa und mit Deutschland?
Nun, dazu folgende geographische Tatsachen, die von ungeheurem Belang sind. Zunächst einmal ist Russland ein Energieriese und wirtschaftlich der verlässlichste deutsche Partner überhaupt. Russland ist das Dach unserer Welt. Riesengroß. Nur hat das Framing um die Person Putin, das nicht darstellen wollen. China ist das Reich der Mitte Asiens. Und das ist kein Spruch, es ist wahr. Ohne China ist Asien bloß ein Kontinent mit zahlreichen, fast unbedeutenden Spielern. Japan hat zwar den Ruf wie die Ameisen zu handeln, doch ist deren Land ohne nennenswerte Rohstoffe. Die Türkei hingegen ist das Tor zum Orient. Und Deutschlands Tradition war im Orient stets beliebt. Darauf lässt sich aufbauen, für Europa. Allerdings nicht mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Denn die tut einfach so, als verstünde sie nichts von gerade eben dieser Welt. Merkel möchte der NATO auch weiterhin dienen.
Was daraus folgt ist klar zu erkennen. Für Deutschland und für Europa gilt es endlich zu erkennen, dass Deutschland und Europa nur überlebensfähig bleiben, wenn sie sich zu Eurasien verpflichtet fühlen. Der europäische Unions-Gedanke ist zu klein gedacht für eine Welt von morgen. Und morgen werden andere Spieler die Ordnung der Weltmeister benennen. Dazu werden die USA nicht mehr mit militärischer Präsenz alleine ihre Herrschaft besiegeln können. Die Vorherrschaft der USA ist schon vorbei. Was wir erleben ist ihr Rückzug hin in ihr Überleben nach ihrer militärischen Vorherrschaft, die sie sich nach 1945 erarbeitet haben. Die Staaten der EU werden nur auf dem Schachbrett der neuen Weltordnung bestehen, wenn sie sich zu Eurasien bekennen. Oder sie bestehen gar nicht.
Wie einst Helmut Kohl die so genannte Globalisierung verschlief, so verschläft sein Mädchen nun diese neue Weltordnung. Die Kanzlerin aber denkt noch immer in den Fantasien eines George Bush-Senior, an seine New World Order-Doktrin. Und die ist gescheitert. Gott sei dank!, möchte man sagen. Die Türkei, Russland und China warten auf eine andere Kanzlerschaft, die sich ihnen annähert. Derzeit werden Putin, Trump, Erdogan und Xi wie Autokraten behandelt, die durch unsere verquere Art der Nachkriegszeit zu denken, eher zu Dämonen denn als neue Chancen behandelt und diffamiert werden. Die Konditionierung der alten europäischen Schule politischer Öffentlichkeitsarbeit, nämlich die des Nachkriegs-Europas, muss dazu endlich und faktisch überwunden werden. Das ist das neue Denken, zu dem sich die gesamte Politik in Deutschland und Europa bekennen muss, will sie ernst genommen werden in dieser Welt. Und wenn sie überleben wollen.
Die Verschmelzung der alten europäischen Spieler, hin zu einer Weltverbesserung für alle ist kläglich gescheitert. Vermutlich waren Egomanie eher die Ziele, als Kooperation und Frieden. Denn zur Überwindung des Faschismus zum einen und zum Kriegführen der imperial-kolonialen europäischen Mächte zum anderen, hätte es gehört, die alte Finanzwirtschaft zu überwinden. Mit Bretton Woods, dem Leitwährungsplan und dem Neoliberalismus wurden der Faschismus und der Imperialismus nur in neue US-Schläuche geformt. Getreu dem Motto alter Wein in neue Schläuche. Und so sind die alten Probleme einfach ausgelagert worden und mit der NATO in Friedens- und Demokratiemissionen umgewandelt worden.
Sie sagen: Europa ist seit über siebzig Jahren ohne Kriege ausgekommen und vergessen dabei, dass sie ihre Kriege gegeneinander einfach auf andere Staaten ausgelagert haben. Sie vergessen zu erwähnen, dass das, was sie allesamt als das größte aller menschengeschichtlichen Errungenschaften hochjubeln, nämlich die Ökonomie des Kapitals, dass genau diese menschenfressende Maschine das Übel aller Übel darstellt. In einer Weltmeisterschaft wird nach Regeln gespielt. Alle Spieler befinden sich im selben Regelspiel. Das gefoult wird, ist schon mit berücksichtigt. Denn der Mensch will seinen Vorteil haben. Er handelt vorteilsgebunden, wenn seine Regeln nach der Ökonomie ausgerichtet werden.
Die Ökonomie hingegen ist die (Un)Wissenschaft vom Vorteilsverhalten des Menschen. Und wie wir heute wissen, führt sie unbeachtet auch zum Komplettschaden allen Lebens. Die Psychologie hingegen ist die Wissenschaft vom Verhalten des Menschen und spielt diesem Vorteilsverhalten (leider) zu. Unter der Prämisse der Ökonomie hat sie ihre Forschung vorangetrieben. Daher presst sie die Menschen in eben diese Kontrollmechanismen hinein. Alle großen Netzwerkanbieter folgen diesen Algorithmen. Ausnahmeregeln wie die, für die sich ein Dennis Hack mit seinem Human Connection sozial engagiert, sind Beispiele für eine sozialere Welt, die ohne diese Übervorteilung auskommen wollen. Sie ist quasi der UN-Gedanke im Gewand der sozialen Medien und könnte die Daumen hoch oder Daumen runter-Nero-Konditionierung vollständig verändern.
Unsere menschliche Verbundenheit ist nämlich schon da. Sie ist in uns. Das ist es, was die Welt braucht und zu was uns unser Verstand auch befähigt. Wir sind eine Menschheit und das gilt es endlich in die Welt zu tragen. Unser bisheriger Klebstoff ist das Kapital, die Produktionsgüter und die Energieversorgung. Es ist aber auch das uns voneinander Trennende. Und das ist es, was ich mit diesem Artikel anregen möchte: Wir brauchen nicht nur neue Verhandlungspartner, weltweit. Wir brauchen auch völlig neu zu denkende Regeln dazu.
Die Fußball-WM, die morgen beginnt, ist leider zu einem Politikum verkommen. Doch der Geist des Sportes ist Fairness: Du wächst an Deinen Aufgaben und bleibst Dir und den anderen gegenüber dabei fair. So zumindest habe ich den Sport verstanden und ihn auf Wettbewerben selbst immer und immer wieder kennen und schätzen gelernt. Meine zahlreichen subjektiven Erfahrungen sind die, dass sich Unfairness zwar kurzfristig auszahlt, aber langfristig nicht überlebensfähig ist. Ehrlichkeit ist ein Garant für Könnerschaft. Und Könnerschaft ist ein Rohstoff, eine Ressource der ganzen Menschheit, an der wir alle partizipieren können. Langfristig gesehen ist sie der Garant für all unsere weiteren Nachkommen. Und nur um sie geht es. Sie, die Nachkommen, das waren auch einmal wir.
Deutschland und die EU, besser gesagt ganz Europa, versteht sich aus seiner Geschichte heraus. Diese war bisher die Lokomotive der Neuen Zeit sowie die der Neuen Welt. Doch diese Zeit ist vorbei. Das ist nicht ihr Ende, sondern ein neuer Anfang. Die USA haben mit Ronald Reagan nicht die Zeichen der damals neuen Zeit mit Michail „Glasnost Perestroika“ Gorbatschow erkannt. Zu sehr haben sie noch in der alten Welt, der Nachkriegszeit gedacht. Doch nun ist auch die Methode Reagan vorbei. Die Zeit, alte Zöpfe abzuschneiden ist angebrochen. In Deutschlands Parlamenten schwirrt noch immer in den Köpfen die politische Doktrin vom alten Schlachtross Europa umher, das nur zusammen mit England und den USA eine glorreiche Zukunft haben kann.
Die Zeit der neuen Brückenbauer ist da.
Sie ist reif und darf nicht im Nichtstun und im Weiter So verfallen! Verfällt und vergeht sie, dann wird Europa sich weiterhin mit dem Euro selbst auffressen und seine Geschichte in die Zukunft als eine self fulfilling prophecy der vorherigen Jahrhunderte konservieren. Wir haben jetzt die Möglichkeiten, über alte Gewohnheiten hinwegzukommen. Wenn wir das nicht tun, dann werden riesenhafte seelische Dämonen unsere Zukunft verspielen und unsere Nachkommen müssen dann ausbaden, zu was wir uns nicht für zuständig erklären. Eine Human Connection können wir der derzeitigen eurasischen Connectionless Communication entgegenhalten. Wir alle stehen an einer Startrampe, die nicht mehr den ganzen Wahnsinn einer verfehlten egomanischen und faschistoiden Finanzwirtschaft mitnehmen muss.
Auch der Imperialismus ist wandelbar. Er kann in eine friedvolle menschliche Welt transformiert werden, wenn wir gescheit unsere menschlichen Energien nicht als meine und deine Energien begreifen, sondern als unsere gemeinsamen Fähigkeiten und Möglichkeiten. Eine Welt des Füreinanders wird zunächst die alte Welt des Gegeneinanders in eine Welt des Miteinanders zu verwandeln helfen. Doch ohne Vorbilder wagt niemand den ersten Schritt. Zu groß ist die Angst der Länder untereinander, übervorteilt zu werden durch den Gott des alten großen Spiels, des Nullsummenspielers. Europa wird auch hier und diesmal den ersten Schritt wagen müssen. Dieser Spieler hat einen enormen Vorteil. Mit ihm will jeder spielen. Die Frage ist nur, ob das deutsche Parlament einen Joachim Löw hat, der die gesamte Vorbereitung für die neue WM-Qualifikation managt? Anpfiff ist jetzt! Weil es ums Ganze geht.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.
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