STANDPUNKTE • Raus aus der Machtlosigkeit!

Das neue Rubikon-Buch „Nur Mut” inspiriert dazu, sich nach innen zu wenden, um nicht mehr von außen gesteuert zu werden.

Ein Standpunkt von Madita Hampe.

Die Bevölkerung in das Gefühl von Hilflosigkeit zu versetzen, ist eine klassische Herrschaftsstrategie. Wir irren uns, wenn wir glauben, Aufklärung über die Machenschaften der Eliten allein führe zwangsläufig zu Widerstand und Wandel. Das neue Rubikon-Buch „Nur Mut – Wenn wir uns ändern, verändert das die Welt” widmet sich deshalb dem Aufbrechen der Dynamik vermeintlicher Machtlosigkeit und zeigt Wege aus erlernter Hilflosigkeit.

Ein Blick aus dem Fenster offenbart Abgründe. Wer sich heute die Welt da draußen ansieht, möchte eigentlich gleich wieder wegschauen. Viele Menschen tun auch genau das: Sie blenden einen Teil der Realität aus und verdrängen sie — letztlich ein Akt hilfloser Ignoranz. Und diejenigen, die das nicht tun, sich dem zuwenden, was da draußen passiert, stumpfen irgendwann — nach anfänglicher Übelkeit — schlicht ab. Allein ein neutraler Blick auf den Zustand der Ökosysteme der Erde, auf die drohende Kriegsgefahr mit Russland und dem Iran oder auf chinesische Killerviren reicht aus, um die Bevölkerung durch Angst in einer kalkulierten Starre zu halten.

Wen wundert es, dass diejenigen, die das Ganze durchschaut haben, auf den Straßen meist nur graue, empathielose Konsumenten wahrnehmen und der Zukunft düster entgegensehen. Kommen dann noch Traumata und konditionierende Prägung hinzu, sind Resignation und Lethargie vorprogrammiert. Der Bevölkerung ihre eigene, vermeintliche Hilflosigkeit ständig spüren zu lassen, ist eine altbewährte Herrschaftsstrategie, die sich vor allem dem Instrument der Willkür bedient.

Es ist ein Trugschluss zu denken, Aufklärung über die Machenschaften der Eliten allein, führe zwangsläufig zu Emanzipation und Aufbegehren, wenn mit dem Wissen darum auch das Gefühl, der herrschenden Willkür hilflos ausgeliefert zu sein, seine lähmende Wirkung entfaltet. Widerstand scheitert in der Regel immer entweder daran, dass sich ein Einzelner verrennt und die Menge ihm blind folgt, oder an der angstbedingten Lethargie der Masse. Das kann sogar passieren, wenn die Masse einigermaßen aufgeklärt ist.

Das neue Rubikon-Buch „Nur Mut — Wenn wir uns ändern, verändert das die Welt” widmet sich deshalb in 37 vielfältigen Artikeln von 21 Autoren — darunter renommierte Psychologen wie Hans-Joachim Maaz und Franz Ruppert oder Hirnforscher Gerald Hüther — dem Aufbrechen genau dieser Dynamik und zeigt vor allem Wege aus der erlernten Hilflosigkeit.

Beim Lesen des Buches bekommt man ein Gefühl dafür, dass die Hinwendung nach innen der eigentlich revolutionärste Akt ist, denn wer sich selbst klar und deutlich fühlt, kann nicht mehr von außen manipuliert werden.

Dieser Weg mag unbequem, schwer und anstrengend sein, ist letztendlich aber die einzige Möglichkeit, das Leben und Überleben der menschlichen Spezies auf diesem Planeten zu sichern.

„Nur Mut” hat genauso wie Rubikons Mut-Redaktion nicht das Ziel, dem Leser eine komplizierte, verkorkste, teilweise grausame Welt schönzureden. Es geht nicht um Wohlfühlesotherik à la „Wenn alle nur an das Gute denken, geht es allen gut”. Im Gegenteil: Ulrike Orso zum Beispiel schreibt in ihrem Buchbeitrag „Kapitalismus im Kopf”, dass es sich bei dem optimistischen Dogma, immer positiv zu denken, unter anderem auch um eine neoliberale Ideologie handelt, bei der der Einzelne sich im Hamsterrad immer wieder selbst neu motivieren und die makabre Situation, in der er sich befindet, abspalten soll (1).

Die Intention von „Nur Mut” ist eine ganz andere. Es geht darum, die in unserer Gesellschaft und in unserem Innenleben ständig präsente Angst nicht mehr wegzuschieben, sondern sich ihr zuzuwenden. Denn sie war es, die uns und unsere Zivilisation in diese aussichtslos scheinende Situation gebracht hat. Wie auch ein Zitat des deutschen Psychoanalytikers Fritz Riemann besagt, „steht hinter jeder Gewohnheit, hinter jedem Dogma und jedem Fanatismus immer auch die Angst, die Angst vor der Wandlung, vor der Vergänglichkeit, letztendlich die Angst vor dem Tod” (2).

Wenn wir uns dieser Grundangst, die uns mehr oder weniger präsent durch unser Leben begleitet, nicht bewusst zuwenden und fühlen, was sie mit uns macht, können wir auch den Mut nicht in vollen Zügen genießen und sein ganzes Potenzial zur Umsetzung gesellschaftlicher Veränderung nutzen. Mut ist nicht einfach nur das Handeln gegen die Angst. Er stellt sich ein, wenn wir nicht mehr versuchen, die Angst zu besiegen, sondern sie als gute Freundin — die da ist und vor allem einmal da war, um uns zu schützen — akzeptieren, die uns aber nicht regieren darf.

Dieser Angst und unserer eigenen Vergänglichkeit ins Gesicht zu sehen, kann uns mitunter an den Rand des Wahnsinns treiben, wenn wir auf einmal den schrecklichen Schmerz fühlen, der uns zu Opfern gemacht hat. Auch Depressionen sind keine Nebenwirkung des Sterbens, sondern des Nichtanerkennens, dass man sterblich ist. Leben und Sterben sind die natürlichsten Dinge der Welt. „Nur Mut” geht sowohl mit dem einen als auch mit dem anderen, und sogar mit der Angst vor beidem, sehr respektvoll um. In seinem Buchbeitrag „Die Magie des Lebens” schreibt Jens Lehrich:

„Nicht vor dem Tod sollten wir uns fürchten, sondern vor dem ungelebten Leben” (3).

Wir alle tragen sämtliche schrecklichen, traumatischen, aber auch alle wunderschönen, sanften, liebevollen, lebensfrohen Erfahrungen in jeder einzelnen unserer Körperzellen. Wenn wir den Zugang zu ihnen verstellt haben, aus Angst, das Traurige, Angsteinflößende fühlen zu müssen, können wir auch das Andere, Großartige nicht sehen, empfinden oder daraus Courage schöpfen, — und am Ende verändert sich nichts.

„Nur Mut” begleitet den Leser ein Stück dieses Weges nach innen und entfacht eine kleine Flamme der Begeisterung dafür, sich selbst zu finden und so nicht mehr von außen steuern zu lassen.

Wir können eine Kraft entwickeln, die uns zusammenbringt, eine Kraft, die der von den Eliten betriebenen Spaltung wie ein Magnet entgegengewirkt. Diese Kraft entsteht ganz offensichtlich nicht aus reiner Informationsvermittlung und Aufklärung. Aber sie kann aus uns heraus entstehen, wenn wir uns dazu entscheiden, Subjekt und nicht perfekt zu sein, aber zu kooperieren.

Das zweite Rubikon-Buch ist nicht nur für die kleine Zielgruppe der sowieso schon spirituell-philosophisch-psychologisch interessierten Menschen bestimmt. Es ist vor allem etwas für den politisch interessierten Leser und allgemein für diejenigen, die unterscheiden lernen wollen, was echtes Leben und was nur Beschäftigung ist.

Wenn wir etwas verändern wollen, müssen wir alle anfangen, uns nicht nur mit Emanzipation zu beschäftigen, sondern sie auch wirklich zu leben. Das Feuer des Mutes zu entfachen, ist dazu unumgänglich, vielleicht manchmal anstrengend aber vor allem das Beste, was einem Menschen passieren kann. Denn wie Henry David Thoreau sagte:

„Was vor uns liegt und was hinter uns liegt, sind Kleinigkeiten im Vergleich zu dem, was in uns liegt. Und wenn wir das, was in uns liegt, nach draußen in die Welt tragen, geschehen Wunder.”

„Nur Mut” eignet sich als ideale Inspiration für alle Menschen, die aus dem Gefühl der Machtlosigkeit ausbrechen und Teil der Veränderung sein möchten, die unsere Gesellschaft so dringend benötigt.

„Denn diejenigen, die verrückt genug sind zu denken, dass sie die Welt verändern könnten, sind diejenigen, die es tun” (Steve Jobs).

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Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der vorliegende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

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Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: nwdph / Shutterstock

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