Das postfaktische Verhalten von Clintons Kriegspartei

Auf die Behauptungen, die US-Wahlen manipuliert zu haben, reagierte der russische Präsident Putin mit dem inzwischen legendären Ausspruch: „Amerika ist doch keine Bananenrepublik“. Dennoch beharrt die US-Kriegspartei auf ihren Beschuldigungen. Wie lässt sich das erklären?

Meinung von Rainer Rupp.

Es ist ziemlich sicher, dass die verschworene „Niemals-Trump-Gemeinde“ im Umfeld der unterlegenen Präsidentschaftskandidatin der Demokraten, Hillary Clinton, nie den Mythos aufgeben wird, dass der russische Präsident Wladimir Putin an der Niederlage Clintons und am Sieg von Donald Trump schuld ist. Persönlich habe der Oberbösewicht Putin den Befehl für Cyberangriffe auf die E-Mails von Clintons Wahlkampf-Vorsitzendem John Podesta und auf das Wahlkampfbüro der Demokraten, das „Demokratische Nationalkomitee“ gegeben. Mit den so gewonnen „Fake News“ hätten die russischen Hacker dann über die Zwischenschaltung von Julian Assange und „WikliLeaks“ die US-Wähler gegen Hillary aufgewiegelt.

Die Tatsache, dass die angeblichen Fake News reale Tatsachen waren, geht dabei unter. Inzwischen ist aktenkundig festgehalten, dass das Wahlkampfbüro der Demokraten mit Manipulationen, die womöglich den Tatbestand des Wahlbetrugs erfüllen, Hillarys demokratischen Mitbewerber Bernie Sanders ausgeschaltet hat.

Unumstritten sind auch die unzähligen semi-kriminellen und womöglich kriminellen Machenschaften, die durch die gehackten E-Mails des Clinton-Vertrauten Podesta ans Licht gekommen sind.

Und nicht zuletzt wurde die angeblich wohltätige „Clinton-Stiftung“ ins richtige Licht gerückt, nämlich als „größter Wohltätigkeitsbetrug“ in der Geschichte der USA, wie das Betrugsunternehmen von einem der weltweit geachtetsten Buchprüfer bezeichnet wurde.

Ungeachtet der Tatsache, dass sowohl Julian Assange als auch andere WikiLeaks nahe stehende, namhafte Persönlichkeiten inzwischen darauf verwiesen haben, dass ein US-Insider und Whistleblower die Quelle der Podesta-Mails ist, bleibt die „Niemals-Trump-Gemeinde“ bis hinauf zum scheidenden US-Präsidenten Obama bei ihrer Behauptung, „die Russen waren’s“. Für dieses seltsame, realitätsfremde Verhalten gibt es sicher Erklärungen. Auf zwei davon soll nachfolgend näher eingegangen werden.

Erster Grund: Von sich auf andere schließen

Bei diesem tiefenpsychologischen Vorgang handelt es sich um eine Projektion, bei der jemand einer anderen Person oder auch einer ganzen Gruppe von Menschen Eigenschaften, Schwächen oder Probleme zuschreibt, die er selbst offen oder versteckt in sich trägt. Wenn man selbst sein ganzes Leben lang hemmungslos gelogen und betrogen hat, sieht man auch in den anderen Menschen nur Lügner und Betrüger, die jede reale oder eingebildete Gelegenheit nutzen, einem zu schaden.

Wenn sich eine Person über die Wirkung dieses Projektionsmechanismus‘ nicht bewusst ist, dann sind die Reaktionen besonders stark, wenn man selbst zu Schaden gekommen ist. Dann kann man sich hemmungslos, geradezu hysterisch über andere aufregen, obwohl doch eigenes, allerdings nicht erkanntes Versagen an dem Schaden Schuld ist.

Von sich auf andere schließen, bedeutet, dass sich Hillary Clinton und ihr aus neo-konservativen Kriegstreibern (Republikaner) und liberalen Falken (Demokraten) bestehendes Umfeld, kurz: der Kriegspartei, wohl bewusst ist, dass sich die US-Regierungen und ihr verlängerter Arm, die CIA, in “Hunderte” von Wahlen rund um den Globus eingemischt haben und sogar davon ausgehen, dass das ihr gutes Recht sei.

In einem Interview mit RT international hatte der ehemalige republikanische US-Präsidentschaftskandidat und Gründer des „Institut for Peace and Prosperity“, der libertäre Dr. Ron Paul erst unlängst darauf hingewiesen, dass „sich das amerikanische Volk mehr Sorgen über den Einfluss unserer CIA bei wahrscheinlich Hunderten von Wahlen anderer Leute machen sollte“. Derlei Einmischungen seien bei der CIA „eine Konstante“ betonte Dr. Paul und deute sogar an, dass das bis hin zu Mordanschlägen geht, an denen die CIA angeblich beteiligt ist.

Wer nun denkt, dass derartige „Erfolge“ der CIA nur in Bananenrepubliken möglich sind, wird durch einen Artikel des US-Nachrichtenmagazins „Time“ vom 15. Juli 1996 mit dem Titel: „Rescuing Boris“ eines Besseren belehrt. Darin brüstet sich das Magazin über die erfolgreiche Manipulation der russischen Wahlen zugunsten von Boris Jelzin. Im Untertitel heißt es: „Die geheime Geschichte wie vier US-Berater mit Umfragen, Zielgruppen, Negativanzeigen und allen anderen Techniken der US-amerikanischen Wahlkämpfe Boris Jelzin zum Sieg verholfen haben“.

Nachfolgend ist die Einleitung des „Times“-Artikels kurz zusammengefasst:

Bei den Präsidentschaftswahlen von 1996, habe Jelzin mit 13 Prozentpunkten Vorsprung vor seinem kommunistischen Rivalen Gennadi Sjuganow gewonnen. Er sei zwar „weit entfernt, der ideale Demokrat oder Reformer zu sein, und zudem stritten sich seine Stellvertreter bereits um die Macht, aber Jelzin sei „wohl die beste Hoffnung, die Russland für den Pluralismus und die offene Wirtschaft hat“. Durch seine Wiederwahl hätten die Russen allen Prognosen, „sie würden sich wieder gerne der kommunistischen Herrschaft zuwenden, widersprochen.“

Dieses Ergebnis sei „keineswegs unvermeidlich“ gewesen, so fährt „Times“ fort, denn im vergangenen Winter hätten „die Zustimmungswerte für Jelzin “noch im einstelligen Bereich gelegen“. Es gäbe viele Gründe für den Stimmungswechsel der Wähler, aber der Entscheidende sei „ein Geheimnis geblieben: Vier Monate lang beteiligte sich eine Gruppe amerikanischer Politikberater heimlich an der Führung von Jelzins Wahlkampagne.“ Dann folgen im Artikel die Details der Geschichte, „wie diese Berater Jelzin halfen den Sieg zu erringen und in Russland die Reform am Leben zu halten“.

Vor diesem Hintergrund ist es natürlich nicht verwunderlich, dass Hillary Clinton und ihre Anhänger in ihrer Wut über die verlorene Wahl von sich auf andere schließen und Präsident Putin für Ihr Versagen verantwortlich machen.

Zweiter Grund: Die Investition in den Mythos ist einfach zu groß

Dieser Mythos lautet, dass Putin der Saboteur der amerikanischen Demokratie ist. Er wird als derjenige verteufelt, der eine amerikanische Präsidentschaftswahl korrumpiert hat, um dem “nützlichen Idioten” Trump zum Sieg zu verhelfen. Und Frau Clinton hat Trump längst als „Putins Marionette” bezeichnet.

Wenn die „Kriegspartei“ aus Demokraten und Republikanern diese “gefälschte Geschichte” in die wirkliche Geschichte von 2016 verwandeln kann, dann können die Kriegstreiber Trumps versprochene Bemühungen zur Erreichung einer Annäherung an Russland hintertreiben. Wenn es ihnen gelingt Trump als “Putins Präsidenten” und Putin als unerbittlichen Feind der USA zu stigmatisieren, dann sind die Russlandhasser in den USA und Europa wieder groß im Geschäft, so der ehemalige Chefberater von drei US-Präsidenten, Patrick J. Buchanan, jüngst auf seiner Webseite.

Die demokratisch-republikanische Kriegspartei geht dabei ganz ungeniert vor und bemüht sich nicht einmal, ihr Ziel zu verhüllen. Der Chef der demokratischen Minderheit im Senat, Chuck Schumer, sieht offensichtlich in der russischen Hacker-Geschichte eine Möglichkeit, die Trump-Regierung unter eine dunkle Wolke des Generalverdachts der Russenfreunde zu stellen. Und der republikanische Senator John McCain hat seinen Kongressausschuss aufgerufen, den angeblichen russischen Cyberangriff auf die Clinton-Wahlkampagne zu untersuchen. Der Zweck dieser Untersuchungen soll laut McCains Kollege, Senator Lindsey Graham, darin bestehen, “auf Präsident Trumps Schreibtisch eine Liste lähmender Sanktionen gegen Russland zu legen.” Die Russen „müssen einen Preis bezahlen”, twitterte denn auch Graham.

Lähmende Sanktionen würden jedoch jeden Modus Vivendi geschweige denn ein einvernehmliches Abkommen mit Russland im Keim ersticken, lange bevor Trump überhaupt die Möglichkeit zu Verhandlungen hätte. Und wenn Trumpf sich weigern würde, die „lähmenden Sanktionen“ zu unterschreiben, dann würde ein von der Kriegspartei entfachter Feuersturm auf ihn niedergehen.

Ziel der Kriegspartei ist, jegliche Entspannung mit Russland zu verhindern, und entsprechende Bemühungen zu torpedieren, bevor sie lanciert sind. Das aber ist nur möglich, wenn sie den Mythos von Trump als US-Präsident von Putins Gnaden weiter intensiv pflegt. Das könnte der zweite Hauptgrund für das seltsame, realitätsferne Verhalten von Clintons Kriegspartei sein.

Dieser Artikel erschien am 27.12.2016 bei RT-Deutsch.

Hier der link zum Beitrag von Rainer Rupp: Das postfaktische Verhalten von Clintons Kriegspartei

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