Niveauregulierung – eine Kolumne (4)

Von Bernhard Loyen.

Ein guter Film sollte auch noch Jahre später seine Wirkung behalten, oder den Betrachter im Bestfalle nachhaltig prägen. In meinem Falle ist es der Film Westworld aus dem Jahre 1973, an den ich heute denken musste. Ich sah ihn Anfang der 80er Jahre noch auf einer klassischen VHS Kassette. Die Story des Films handelt von der Zukunftsvision einer zu animierenden Gesellschaft durch den Einsatz von “Robotern”.

Worum geht es in diesem Film?

In einer unbestimmten Zukunft ist es möglich, in freizeitparkähnlichen Einrichtungen mit dem Namen Delos (angelehnt an die gleichnamige griechische Insel) in verschiedene Rollen zu schlüpfen, z. B. Revolverheld, Ritter oder römischer Herrscher. Damit den dekadenten Ausschweifungen der Gäste keine Grenzen gesetzt sind, bestehen die Statisten aus Androiden und Gynoiden. Die Androiden können „verletzt“ oder „getötet“ werden, Menschen kann durch eine spezielle Sensorik in den Waffen jedoch nichts geschehen. Damit wird Verletzungen und Todesfällen vorgebeugt, und den Gästen steht nichts im Wege, sich dem gewählten Zeitalter entsprechend zu verhalten. Nachts werden beschädigte Androiden aufgesammelt und von Ingenieuren in unterirdischen Werkstätten gewartet und repariert. [1],[2]

Irgendwann läuft das alles komplett aus dem Ruder und das vermeintliche Paradies wird durch seine künstlichen Protagonisten zerstört. Man diskutierte lange darüber, in wieweit diese Zukunftsvisionen realistisch seien. Künstliche Intelligenz kontrolliert durch den Menschen. Künstliche Wesen gesteuert durch Programme, über implantierte Chips. Manche fanden es zu surreal, andere meinten es sich vorstellen zu können. Das war alles Zukunft, damals Anfang der 80er.

Wir befinden uns im Jahre 2016, d.h. 43 Jahre nach Westworld. Chipgesteuerte Wesen, Puppen gibt es nun[3]. Die Gesellschaft wird kontrolliert, lässt sich kontrollieren über Gerätschaften und die dazu gehörigen Programme und Systeme. Bonuscards speichern Kauf-bzw. Konsumverhalten. Mitdenkende Häuser, Autos, Kühlschränke, Bildschirme. Es wird gespeichert, analysiert bis zum Abwinken. Der Mensch, zumindest ein hoher Prozentsatz findet das alles super.

Nun wurde ich auf einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung. vom 08.02.2016 aufmerksam. Schon die ersten Zeilen ließen mich weiterlesen.

Jens Baas – Chef der Techniker Krankenkasse – liebt die Technik: An seinem linken Arm trägt er eine Apple Watch, an seinem rechten Arm ein Fitness-Armband. Der Chef der Techniker-Krankenkasse ist fasziniert davon, sein Leben zu tracken: Er zeichnet seinen Schlaf auf, seine Pulsfrequenz, seine Schritte. Und Baas, ein ehemaliger Unternehmensberater, geht ziemlich viele Schritte, selbst an Bürotagen: “Wenn ich telefoniere”, erzählt er in seinem Büro im Hamburger Stadtteil Barmbek, “dann laufe ich immer um meinen Schreibtisch herum.” Der Boden sei deswegen schon ganz abgewetzt, sagt er. Und in der Tat: Die Spuren von Baas’ Telefonaten sind unverkennbar.[4] Er geht sogar noch weiter und behauptet – jeder von uns wird so ein Gerät haben[5]

Hmm? Sein Leben zu tracken? Wieder was gelernt dachte ich mir und erinnerte mich an Westworld. Ich stieß dann beim Vertiefen in diese mir fremden Begrifflichkeiten noch auf das Phänomen des RFID – Chips[6]. Warum Androide, wenn es inzwischen Menschen gibt, die sich freiwillig sowas implantieren lassen[7]. Die Selbstverständlichkeit, die Begeisterung mit stetig steigenden Zahlen an Usern und Inhabern von Tracking Bändern finde ich befremdlich bis gruselig. Jetzt also Chips Träger und nicht mehr Schlips Träger. Am Ende muss das jeder mit sich ausmachen, ob und in wieweit er sich dieser Persönlichkeits – Digitalisierungs – Abspeicherungsphobie hin-bzw ergibt, oder eben boykottiert. Nein, Herr Baas, ich werde nicht dazu gehören.

Spannend wird es, wenn Krankenkassen nach ihren Feldversuchen medizinische Unterstützung davon abhängig machen, ob Mann/Frau/Kind Band, oder Chipsträgermitglied ist – skurrile Vorstellung, übertrieben, Blödsinn? Dachten viele bei Westworld auch. Es wird empfohlen sich vorher gut zu informieren, damit es später nicht heißt – hätte hätte…..Trackingkette

Wahlweise empfiehlt sich ein gemütlicher DVD Abend und Westworld anschauen.
[1] – https://de.wikipedia.org/wiki/Westworld
[2] – https://www.youtube.com/watch?v=FvD6ilfrBw8
[3] – http://www.chip.de/news/Barbie-als-Spion-im-Kinderzimmer-WLAN-Puppe-zeichnet-Gespraeche-auf_77346592.html
[4] – http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/montagsinterview-krankenkassen-chef-wir-muessen-ein-cooles-produkt-anbieten-1.2854002
[5] – http://www.sueddeutsche.de/news/service/internet-boom-von-gesundheits-apps-und-recht-auf-die-analoge-welt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-160210-99-609017
[6] – https://de.wikipedia.org/wiki/RFID
[7] – http://www.welt.de/wirtschaft/webwelt/article147126453/Darum-habe-ich-mir-einen-Chip-unter-die-Haut-gespritzt.html

 

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.

KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.


Auch interessant...

Kommentare (9)

Hinterlassen Sie eine Antwort