Niveauregulierung – eine Kolumne (39)

von Bernhard Loyen.

Die Welt, also nicht jetzt alle Menschen, sondern: die zivilisierte westliche Welt! Nein, auch nicht richtig. Also, viele Menschen in vielen Ländern sind seit einer knappen Woche schockiert. Auslöser des Schocks ist wieder einmal Donald Trump. Der Grund dieser geheuchelten Fassungslosigkeit ist die von bis dato zwei Unbekannten zitierte Frage aus einem Meeting über Einbürgerungsreglungen für die USA: “Why do we want all these people from ‘shithole countries’ coming here?”[1]. Er bezeichnete damit im speziellen die Einwanderungsländer Haiti, El Salvador und den afrikanischen Kontinent im Allgemeinen[2].

Die Afrikanische Union, ein Zusammenschluss von 54 afrikanischen Staaten[3], forderte umgehend eine Entschuldigung des Präsidenten der USA. In der Mitteilung brachte die Afrikanische Union «Betroffenheit, Schock und Entrüstung» zum Ausdruck. Man glaube, es gebe ein riesiges Fehlverständnis über den afrikanischen Kontinent und dessen Bevölkerung bei der [sic!] derzeitigen amerikanischen Regierung. «Es gibt ein ernstes Bedürfnis für einen Dialog zwischen den Afrikanischen Ländern und der amerikanischen Administration», heißt es in dem Text[4].

Okay, die Dialogeinforderung ist vollkommen angebracht. Meine Frage lautet jedoch, warum jetzt diese Aufregung, diese Entrüstung über diesen einen Satz? Eine Frage, eine Formulierung aus einem nicht öffentlichen Arbeitstreffen, also nicht Bestandteil einer öffentlichen Rede, oder eines schriftlichen Beitrags. Eine harte Aussage, aber ein spontaner ehrlicher Gedanke von Donald Trump. Ein Gedanke aus dem Mund eines Berufspolitikers, der nie in der Politik tätig war und trotzdem durch ein perfides System Präsident der USA geworden ist. Und der Nachfolger ist von 42 weißen und einem schwarzen Präsidenten, die seit Jahrhunderten eine blutgetränkte Außen- und Wirtschaftspolitik, auch und gerade gegenüber dem afrikanischen Kontinent, praktizierten. Warum sind so viele afrikanische Länder wirtschaftliche Shitholes? Welchen Anteil haben daran die USA?

Geht es wirklich um die Aussage, um den ausgesprochenen Gedanken vom Staatsoberhaupt der USA? Oder geht es vielleicht doch nur um die Person Donald Trump? Vom ersten Tag seiner Präsidentschaft an wird jeder [entschuldigen Sie bitte] Furz von diesem Mann durchleuchtet. Ja, dieser Mann ist freundlich formuliert bedingt gebildet. Ja, man könnte auch schreiben strunzdumm. Die zitierte Frage geht ja noch weiter. Die Washington Post weiß: Trump then suggested that the United States should instead bring more people from countries such as Norway, whose prime minister he met with Wednesday[2]. Grandios diese Gedankenwelt, nicht wahr? Leider jedoch nicht US Comedy, sondern schockierender Weise die Aussage des Commander of Chief der USA.

Aktuell schwang sich noch ein US Senator sehr medien- und publicitywirksam auf den Protestzug unglaubwürdig Empörter[5]. Es schmerze ihn, er hätte Tränen der Wut in den Augen gehabt, als er von dem vermeintlichen Satz gehört hätte. Diese Sprache sei wie eine eiternde Wunde, echauffierte sich Senator Booker gegenüber der Heimatschutzministerin der US Regierung. Wer ist dieser Senator? Wikipedia informiert: Das Nachrichtenmagazin TIME erklärte Booker 2010 zu einem „Superhelden der sozialen Medien“ („social-media superhero“) Oprah Winfrey hat ihn wegen seiner medialen Präsenz einen „Rockstar“ genannt und sammelte für seinen Senatswahlkampf Spenden. Noch Fragen? Soll da etwaig etwas ins Laufen gebracht werden?

Wo war diese Empörung, dieses Entsetzen bei den US Angriffen in den letzten 15 Jahren, als tausendfach reale eiternde Wunden von Vorgängern Donald Trumps produziert wurden. Diese mediale und politische Entrüstung ist Schmierentheater. “Why do we want all these people from ‘shithole countries’ coming here?” ist Alltags-Rhetorik bei Millionen US Bürgern, Europäern, Deutschen, CDU-, CSU-, FDP-, AFD-Wählern und Boris Palmer von den Grünen. Diese schlichte Tatsache gilt es aufzuzeigen und zu diskutieren. Die Gründe für so viele Shithole Länder weltweit sind u.a. bei der praktizierten Innen- und Außenpolitik der USA und der EU zu suchen, zu verdeutlichen und zu bekämpfen und nicht bei der Einzelperson Donald Trump. NeuSprech: Fake Betroffenheit deluxe.

[1] – http://edition.cnn.com/2018/01/11/politics/trump-rock-bottom/index.html

[2] – https://www.washingtonpost.com/politics/trump-attacks-protections-for-immigrants-from-shithole-countries-in-oval-office-meeting/2018/01/11/bfc0725c-f711-11e7-91af-31ac729add94_story.html?utm_term=.8fd98781b09f

[3] – https://de.wikipedia.org/wiki/Afrikanische_Union

[4] – https://www.nzz.ch/international/afrikanische-union-fordert-entschuldigung-von-trump-ld.1347154

[5] – https://www.youtube.com/watch?v=D7VVVsGRvuc

[6] – https://www.focus.de/politik/videos/boris-palmer-gruenen-ob-fotografiert-fluechtlinge-beim-schwarzfahren-und-kontert-shitstorm_id_7125404.html

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