Niveauregulierung – eine Kolumne (28)

von Bernhard Loyen.

Oben und unten, reich und arm, fair und unfair sind alte und bekannte Phänomene unserer Gesellschaft. Hohn und Spott trifft auf Neid und Missgunst. Unverständnis im permanenten Dialog mit Wut und Verzweiflung. Der Volksmund spricht – deine Sorgen möchte ich haben. Die jeweilige Antwort ergibt sich jedoch aus dem Blickwinkel.

Nach oben schauen und den Kopf schütteln, oder nach unten schauen und verstehen – mir geht es eigentlich noch ziemlich gut. Natürlich gibt es vieles dazwischen, auch sehr viel Schönes. Es wird zusehends schwieriger das Schöne zu erkennen, um dann auch noch die Kraft zu haben es zu genießen und – zu teilen?

Die Tage schickte mir ein wacher Bürger den Link zu einer Rede von S. Wagenknecht  im Bundestag.[1] Erneut bringt Frau Wagenknecht die Realitäten kurz, knapp & verständlich auf den Punkt: „Wenn die SPD die vorhandene Mehrheit jetzt nicht nutzt, wer soll ihr glauben, dass sie es nach der Wahl tun wird.“

Tja, jetzt beginnt das alte Dilemma. Recht hat sie, aber es konnte Tage später erlesen werden – Die Linken-Politikerin lobt Schulz für die Ankündigung, die Agenda 2010 anpassen zu wollen. Eine rot-rot-grüne Bundesregierung werde an ihrer Partei nicht scheitern.[2] Kurz darauf formulierte sie es dann so – Sahra Wagenknecht sieht in den Äußerungen von Martin Schulz zur Agenda 2010 nur “sehr kleine Korrekturversprechen”. Wichtige Voraussetzungen für Rot-Rot-Grün sieht sie nicht erfüllt.[3]

Einerseits beruhigend. Auch die Damen und Herren der Politik sind unschlüssig. Gerade sie, also die Berufspolitiker, müssten doch den vermeintlich goldenen Weg zur gerechteren Gesellschaft kennen. Dem ist natürlich nicht so, also doch wieder die Unruhe. Wie soll es weiter gehen, wohin führen die momentanen Verhältnisse.

Wirkliche Lösungsmodelle sind mit den gegenwärtigen Machern hinter den Kulissen nicht zu machen. Wohlstand für alle, ist eine Illusion. Leider. Etwas Kraft für den Tag geben mir dann immer folgende Liedzeilen aus dem Jahre 1968. Das Lied heißt Illusionen.[4]

Illusionen blüh’n im Sommerwind
Treiben Blüten, die so schön doch so vergänglich sind
Pflückt sie erst an deinem Wege die Erfahrung, welken sie geschwind

Illusionen schweben sommerblau
Dort am Himmel deines Lebens doch du weißt genau
Jenes wolkenlose Traumbild deiner Phantasie erfüllt sich nie

Illusionen blüh’nde Wirklichkeit
Zum Tanz der Jugendzeit
Ein erster Hauch von Leid
Wird sie verweh’n
Doch solang ein Mensch noch träumen kann
Wird sicher irgendwann
Ein Traum ihm in Erfüllung geh’n

Es gibt den sehr empfehlenswerten Film The Assassination of Richard Nixon aus dem Jahre 2004. Sean Penn spielt die wirklich herausragend dargestellte Rolle, des US Bürgers Samuel J.Blicke. Es geht um die wahre Geschichte des Samuel Byck.[5] Nennen wir ihn, einen vom Leben enttäuschten Menschen, etwas schlicht im Gemüt, aber reflektierend in seiner Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen in den 70er Jahren.

Es ist diese eine Szene, die mich tagelang beschäftigte. In Zeiten von Rassenunruhen und sozialen Missständen bei weißen und schwarzen Bürgern, dem täglichen Druck funktionieren zu müssen, sucht er ein Büro der Black Panthers[6] Bewegung auf, als sogenannter Weißer. Er setzt sich vor den Büroleiter und erklärt ihm in einfachen Worten – wir haben die gleichen Probleme, wir sollten uns zusammen tun.

ACHTUNG, jetzt kommts – Zebras.

Schwarze und Weiße vereinigen sich politisch. Aus Black Panthers wird Zebras und das heißt Verdopplung der Mitgliederzahlen, der politisch Aktiven. Der Opposition, der bürgerlichen Masse.[7]

Was für eine einfache brillante Idee! Doch da wären wir sofort beim klassischen Oppositionsphänomen, dem Dilemma der vielen kochenden Süppchen, anstatt einen großen Topf auf die existierende Flamme zu setzten, um viele herum zu vereinigen. Es wird bevorzugt geköchelt, anstatt zu kochen. Es geht um Individualität, anstatt schlichter Mehrheit. Es geht um Befindlichkeiten, anstatt Einheit.

Lösungsvorschläge? Ehrlich? Ich bin momentan ratlos. Oft hilft, also mir, zuhören und verstehen – alles schon mal da gewesen. Diesmal aus dem Jahre 1961.[8]

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.

KenFM bemüht sich um ein breites Meinungsspektrum. Meinungsartikel und Gastbeiträge müssen nicht die Sichtweise der Redaktion widerspiegeln.

 


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