Lobbyisten für den Frieden

Von Ken Jebsen.

Lobbyisten haben im Allgemeinen keinen guten Ruf. Das hat weniger mit ihrer Tätigkeit, denn mit ihrem Auftraggeber zu tun. Lobbyist zu sein kann ja auch bedeuten, sich für eine Sache einzusetzen, von der man persönlich und privat überzeugt ist. Niemand, der für Monsanto oder Kraus Maffay als Lobbyist arbeitet, identifiziert sich mit den „Produkten“ seines Auftraggebers. Hier ist lediglich der monatliche Scheck die Verbindung. Wenn dieser Scheck auch nur ein einziges Mal zu gering oder ganz ausfällt, ist die Begeisterung und das Herzblut, mit dem man vorgibt, für die Ideen seines Arbeitgebers zu engagieren, dahin. Für Industrie-Lobbyisten ist schlicht und ergreifend der eigene Kontostand das Maß aller Dinge.

Ihr „Idealismus“ ist flexibel und kann sehr simpel korrigiert werden: Durch das Erhöhen des Salärs. Das erklärt, warum ein Lobbyist heute für Firma A und Übermorgen für Company B mit voller „Überzeugung“, echter „Entschlossenheit“ oder aus persönlicher „Verantwortung“ agieren kann, und zwar auch dann, wenn das Produkt oder die Dienstleistung von Company B komplett dem widerspricht, was Firma A produziert. Diese beschriebenen Lobbyisten sind in Wirklichkeit ausschließlich für ihren persönlichen Vorteil unterwegs. Ihr Geschäftsmodell kommt ohne Ethik oder Moral aus, und wenn sie das Wort “Nachhaltigkeit” benutzen, meinen sie vor allem die Dividenden ihres Aktienportfolios.

Ein typischer Vertreter dieser Lobby-Idealisten ist Joschka Fischer. Joschka war nie ein Grüner. Joschka war nur in der Lage, jede politische Farbe anzunehmen, ohne rot zu werden. Der kleine Jogger Joschka ging zu den Grünen, da er spürte, dass Umweltschutz sich zum Trend entwickelte. Was Fischer vor allem auszeichnete und auszeichnet, war sein Gespür für Zeitgeist. So machte er bei den Grünen Karriere und nahm nicht nur politisch an Gewicht zu. Als sich mit der SPD unter Schröder die Chance auf die Beteiligung an der Regierung bot, musste Fischer einfach Ja sagen. Ja und Amen, um dem Verlauf der eigenen Karriere auch weiterhin die Optik eines Aktienkurses, der durch die Decke geht, zu verleihen.

Bevor Joschka F. und sein Homie Gerhard S. das wiedervereinigte Deutschland führen durften, wurden sie nach Washington eingeladen. Als sie zurückkehrten, waren sie nicht wirklich anders. Man musste weder F. noch S. aufwendig entkernen, um neue „Software“ aufspielen zu können. Fischer und Schröder entstammen keinem uralten Adelsgeschlecht oder gehören Familien-Clans an, die schon immer irgendwie an der Macht der jeweiligen Zeit beteiligt waren. Die beiden waren eher so etwas wie Straßenrapper, für die das Angebot eines Major-Vertrags beutetet, die fehlende Bildung endlich durch einen Mercedes AMG in mattschwarz zu kompensieren. Dieser „Aufstieg“ ist bei den meisten Stars nicht von Dauer. Sie können nicht mit Geld umgehen – Ausnahmen bestätigen die Regel. Schröder, aber vor allem Fischer sind eine solche Ausnahme. Noch bevor offiziell klar war, dass sie Kohl beerben würden, schickte ihnen die Regierung Clinton das eigene Wahlkampfteam. Zuvor hatte man dafür gesorgt, das „Dick im Geschäft“ und „Doof wenn es um den Überblick geht“ zu einer Art menschlicher Drohnen umfunktioniert worden waren. Sie wurden zu politischen Überfliegern hochstilisiert, doch die Piloten saßen in Übersee und sorgten dann dafür, dass ein vom vorgegebenen Kurs abkommendes Team Schröder/Fischer korrigiert werden konnte.

So kam es zum ersten völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der BRD, kaum hatte sie die Wiedervereinigung hinter sich gebracht.

Deutschland bombardierte im Team mit der NATO den souveränen Staat Jugoslawien. Unter Kohl wäre das den USA niemals gelungen, das wusste man in Washington. Kohl war alles, aber wenn es um Krieg ging, war klar: Kohl hätte immer NEIN gesagt. Fischer und Schröder entstammen einer Generation, für die Krieg bereits abstrakt war. Hier setzten PR-Strategen der USA an, indem sie Fischer mit der Warnung vor einem neuen Holocaust hantieren ließen.

Dass dieser Trick aufging, ist vor allem dem Umstand geschuldet, dass die Grünen Wähler damals zu einfältig waren, und die der SPD es immer noch nicht fassen konnten, dass sie Kohl los waren. Innerhalb der Parteien setzen die USA vor allem auf die Eitelkeiten der Emporkömmlinge. Wer die meiste Zeit seines Lebens vor allem immer knapp bei Kasse war, mies essen musste, unsexy gekleidet war und die heißen Miezen der Nachbarschaft nur aus dem Arm Dritter kannte, für den ist der Fond einer Nobelkarosse mit Fahrer, der 24 Stunden nur darauf wartet, vom Nobelitaliener ins Präsidium oder Hotel shutteln zu dürfen, DER Aufstieg schlechthin.

Anders als Schröder hatte Fischer nie so etwas wie ein Gewissen. Schröder sagte nach seinem „Ja“ zu Jugoslawien, „Nein“ zum Irakkrieg. http://gerhard-schroeder.de/frieden/irak-krieg/

Zur Strafe darf Schröder heute nur mit Putin speisen, während Fischer am Rockzipfel von Oma Albright kauern darf, immer in der Hoffnung, die Frau, die stark an Jabba the Hut erinnert, würde ihm mal wieder ein paar Knochen hinwerfen, die nicht schon komplett abgenagt sind. Das klappt ab und an, und wird von Fischer in Berlin als Dienstleitung angeboten. JF&C.
http://www.handelsblatt.com/…/joschka-fischer-…/3914876.html

Man berät jeden – wenn er bezahlt. Konkret lässt man sich seine als Politiker abgestaubten Kontakte privat vergolden und ist bereit, jede seinerzeit simulierte politische Überzeugung über Bord zu werfen. http://www.jfandc.de

Ohne einen erbärmlichen Charakter wäre diese Art von Geschäft gar nicht möglich.

Schröder hat sich nicht ganz so korrumpieren lassen. So gab er auf einem Panel der ZEIT – dem Hausblatt der Atlantikbrücke – und zum Ärgernis seines Gastgebers Joffe öffentlich zu, damals in Jugoslawien einen souveränen Staat gebombt zu haben. https://www.youtube.com/watch?v=gd3U3HWWpPw

Joffe wollte zurechtbiegen und nutze dazu das französische Wort „arrondieren“, aber Schröder widersprach ihm. Zurechtbiegen und bombardieren sind nicht dasselbe. Respekt für dieses nachtägliche Schuldeingeständnis, auch wenn es bisher keine juristischen Folgen hatte. Warum eigentlich nicht? Fakt ist: Schröder war immer im Auftrag des eigenen Ich’s unterwegs, aber es gab und gibt Dinge, die auch er nie tun würde. Er ist ein Grenzgänger.

„An der Grenze zwischen Politik und Wirtschaft zu arbeiten, das macht ja den politischen Menschen Gerhard Schröder aus“ https://youtu.be/6U7tbRRXXk4?t=4m25s

Man kann aber auch eine ganz andere Art von Lobbyismus betreiben. Unentgeltlich und von Humanismus getrieben. Dieser Tage starb ein solcher Lobbyist. Muhammad Ali. Wer ihn als Boxer bezeichnet, steht intellektuell noch immer im Ring. Ali war seit seinem „NEIN“ zum Vietnamkrieg weit mehr als ein Profi mit Handschuhen, der für viel Geld Leute vermöbelte.

„Ihr seid meine Feinde, wenn ich Freiheit will“ http://www.sueddeutsche.de/…/muhammad-ali-ihr-seid-meine-ge…

Ali hatte seinen Sklavennamen Clay abgelegt und sich seiner politischen Verantwortung stellt, die jedem, der zu Ruhm gekommen ist, automatisch zufällt. Ali wurde zum Aktivisten und Lobbyisten für den Frieden, indem er dem Krieg ein klares Nein erteilte. Nicht nur durch Worte, sondern vor allem durch politisches Handeln. Muhammad Ali ging für seinen Lobbyismus für den Frieden in den Knast, opferte als Sportler seine besten Jahre, aber er hatte eben nicht nur einen knackigen Arsch, wenn er seinen Gegner mit Sprüchen eindeckte, bevor er sie zu Boden schickte, er hatte eben diesen Arsch auch außerhalb des Rings in der Hose. Hier kam es erst Recht darauf an, denn hier wurde und wird bis heute extrem unfair gespielt und unter der Gürtellinie geschlagen. Wer sich angreifbar macht wie Ali, ohne Ali zu sein, sondern ein Otto-Normal-Bürger, der hat die Botschaft dieser Lobbyisten für den Frieden verstanden.

Wer am Wochenende in Ramstein war, konnte feststellen, dass sich was tut in Deutschland. Sehr viele junge Menschen hatten sich Richtung Air Base aufgemacht, um hier ein Zeichen zu setzen. Gegen den Krieg und für den Frieden. Damit sind all diese Menschen Lobbyisten für den Frieden, und das ist auch gut so. Wir von KenFM, ich, der Ken von FM, haben uns dort sehr wohl gefühlt. Als Teil dieser Lobbyisten für den Frieden.

Wir kommen 2017 wieder, logisch, aber vor allem sollten wir die Stopp-Ramstein-Kundgebung vom Wochenende als den Auftakt für die Friedenssaison 2016 verstehen.

Unsere Regierung als Ausspielstation von NATO-Interessen rüstet für den Krieg auch gegen Russland, und wird ihn uns als Peacekeeping-Operation verkaufen. Die NATO spielt mit dem nuklearen Feuer, und die meisten Bürger haben nicht den Hauch einer Ahnung, was die NATO da tut. Die Propaganda liefert einen fantastischen Job ab.

Danke an alle besser informierten „Lobbyisten für den Frieden“, wie wir sie in Ramstein treffen konnten. Erkennt die Zeichen der Zeit. Wir werden um massiven Protest und zivilen Ungehorsam nicht herumkommen.

Bleibt auf der Straße!


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