Wenn Journalisten ungestraft Morddrohungen erhalten oder verleumdet werden dürfen, entwickelt sich unsere Gesellschaft zurück in die Barbarei.
Von Christiane Borowy.
Eine Gesellschaft ist nur so weit entwickelt wie ihr Umgang mit ihren Kritikern. Freund-Feind-Denken, alle sozialen Grenzen überschreitende persönliche Diffamierung, Androhungen von Gewalt gegen Journalisten sind eindeutige Anzeichen für eine Rückentwicklung in eine archaische, instinktgeleitete Gesellschaft. Wenn ein hochrangiger Journalist wie Dirk Pohlmann Morddrohungen erhält, besteht dringender Handlungsbedarf. Bei dem Wikileaks-Gründer und australischen Journalisten Julian Assange hat es ähnlich angefangen, bevor man ihm sein gutes Leben geraubt hat. Denn in einem Foltergefängnis zu leben ist so gut wie tot. Diese düstere Entwicklung gilt es für Dirk Pohlmann unbedingt zu verhindern. Nicht allein um seiner selbst willen, sondern um unser aller Freiheit wegen. Denn die steht auf dem Spiel.
Sie sind kein Journalist oder eine Person des öffentlichen Lebens und glauben, das Thema Rufmord, Diffamierung und Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Journalisten hat mit Ihnen nichts zu tun? Schon falsch.
Die Haltung „Der steht nun mal in der Öffentlichkeit und dann muss der mit Anfeindungen rechnen“ oder „Das gehört zur Diskussion dazu, da muss man Kritik abkönnen“ ist weit verbreitet und die übliche Reaktion darauf, wenn sich bekannte Personen öffentlichen Lebens zu Recht darüber beklagen, dass ihnen entweder direkt mit Mord oder mit der Zerstörung ihres gesamten persönlichen und sozialen Lebens gedroht wird.
Doch diese Angriffe auf die Persönlichkeitsrechte sind keineswegs im öffentlichen Interesse, wie die Verursacher solch publizistischer Gewalt obendrein behaupten. Sie sind ebenfalls kein Teil einer ganz normalen öffentlichen Diskussion oder einer Meinungsverschiedenheit.
Angriffe dieser Art sind Teil eines komplexen Problems, das sich nicht nur auf die betroffene Person erstreckt, sondern das tief in die Gesellschaft bis hin zu jedem einzelnen reicht.
Am Beispiel Dirk Pohlmann lässt sich das gut nachzeichnen. Doch der Reihe nach.
Was ist passiert? Wer ist Dirk Pohlmann und was hat er getan, dass sich manch einer zu öffentlicher Drohgebärde gegen seine Person hinreißen lässt?
Wer ist Dirk Pohlmann und was macht er „Schlimmes“?
Aus sozialwissenschaftlicher und -psychologischer Sicht ist Dirk Pohlmann mehr als ein journalistischer Robin Hood, der sich für die Schwächeren und Ausgegrenzten engagiert. Der Filmemacher bringt die dunklen Seiten unserer angeblich modernen Gesellschaft ans Licht.
„Täuschung – Die Methode Reagan“ beispielsweise ist ein Dokumentarfilm, der im Mai 2015 auf dem Fernsehsender ARTE erstausgestrahlt wurde und der die Verschärfung der politischen Strategien der USA im so genannten „Kalten Krieg“ seit der Präsidentschaft Ronald Reagans 1981 aufzeigt.
Es wird analysiert und dokumentiert, dass das „Komitee für Täuschungsoperationen“ Geheimdienstoperationen plante, die sich gegen die damalige Sowjetunion sowie gegen die Entspannungspolitik des schwedischen Ministerpräsidenten Olof Palme richteten.
Von ungebrochener Brisanz ist auch sein bereits 2012 erschienener Dokumentarfilm „Israel und die Bombe – ein radioaktives Tabu“ über das israelische Nuklearprogramm, ebenfalls zusammen mit ARTE und ZDF produziert. Mordechai Vanunu, ein Physiker, der seinerzeit in England Einzelheiten über den israelischen Kernreaktor veröffentlicht hatte, wartet bis zum heutigen Tag darauf, wieder ein freier Mann zu sein.
Pohlmanns Arbeit ist dabei so fundiert, dass sie sogar vor Gericht Bestand hat. So konnte er im Februar 2019 spektakulär in Hamburg vor Gericht ein Verfahren gewinnen, in dem es um Manipulationen in der Enzyklopädie Wikipedia ging und durch das er und der Dokumentarfilmer Markus Fiedler (Die dunkle Seite der Wikipedia, Zensur) daran gehindert werden sollten, das Pseudonym des Wikipedia-Rufmörders „Feliks“ aufzudecken.
Man kann sich vorstellen, dass es viele Menschen gibt, die von den Filmen, die Pohlmann macht, nicht sehr begeistert sind und dass versucht wird, ihn unter Druck zu setzen, damit weiter im Verborgenen bleiben kann, was der Öffentlichkeit verborgen bleiben soll.
Die jüngsten Angriffe auf Pohlmann
In seinem Artikel „Der fantastische Dirk Pohlmann“ vom 22. Juli 2019 macht der in Wien lebende Künstler und Gründer der „Gruppe42“ Stephan Bartunek sich allerdings Sorgen um seinen Kollegen:
„Vor allem in Deutschland wächst etwas heran, das mir große Sorgen bereitet und das zeigt sich eben auch, wie seit einiger Zeit mit dem verdienten und herausragenden Journalisten Dirk Pohlmann umgegangen wird.“
Obwohl nicht nur Dirk Pohlmann allein daran arbeitet, Manipulation, Meinungsmache und Rufmord innerhalb der Wikipedia aufzudecken, war es laut Bartunek Pohlmann, der Morddrohungen, anonyme Anzeigen bei Finanzbehörden oder falsche Großbestellungen aus dem Baumarkt erhielt und dessen soziales Umfeld mit verleumderischen Emails verunsichert werden sollte:
„Die kapriziöse Befindlichkeit von Oliver Janich hatte Dirk Pohlmann übrigens auch dadurch gestört, dass er ein Thema in einer Art bearbeitet, wo Oliver Janich eine gänzlich andere Meinung hat. Ich halte hier nur nochmal ausdrücklich fest, dass die Wikipedia Junta, das Polit-Büro, die Appendixe der antideutschen Sekte in der Wikipedia, hauptsächlich gegen Dirk Pohlmann agitierten. Morddrohungen, anonyme Anzeigen bei der Finanz, Großbestellungen aus dem Baumarkt, diffamierenden E-Mails an Freundeskreis und ehemalige Studienkollegen und Professoren inklusive. Das Hasslevel verglichen mit der Janich Jüngerschaft war also schon noch etwas höher angesetzt. Aber auch diese Truppe arbeitet sich hauptsächlich an Dirk Pohlmann ab.“
Wie sieht dieses „Abarbeiten“ aus? Oliver Janich, nennt sich selbst Investigativjournalist und hat einen Artikel von Pohlmann zum Anlass genommen, ihn zu verunglimpfen.
Wenn ein Journalist, der in den so genannten alternativen Medien publiziert, einen anderen Journalisten dann als „öffentlich-rechtlichen Staatsjournalisten“ bezeichnet, ist das an sich schon eine gravierende Sache, auch wenn er sich später dafür entschuldigt. Wenn er jedoch in YouTube-Videos Pohlmann diffamiert und ihn ironisch „Starjournalist“ nennt, der einen „Komplott aufgedeckt hat“ , zeigt das journalistische und menschliche Abgründe auf.
Es sind außerdem Emails an Betreiber eines Online-Mediums verschickt worden, in denen von einer Zusammenarbeit mit Pohlmann abgeraten wurde, und in denen gedroht wurde, bei Nichtbefolgung dafür zu sorgen, dass die finanzielle Unterstützung der entsprechenden Plattform eingestellt wird. Dieses Verhalten zielt auf die wirtschaftliche Vernichtung von Pohlmann ab. Allerdings hat Janich diese Emails nicht persönlich verschickt.
Pohlmann selbst veröffentlichte am 11. Juli auf seiner Facebook-Seite, dass Janich sogar gedroht haben soll, dafür zu sorgen, dass Pohlmann nicht mehr als Journalist arbeiten kann.
Janich selbst stellt es so dar, als wolle Pohlmann einfach nur nicht mit ihm reden, obwohl er ihn freundlich und respektvoll als Gesprächspartner zum Thema „Klimadebatte“ eingeladen habe. Das sieht Dirk Pohlmann, den ich dazu befragt habe, anders. Er habe überrascht reagiert, dennoch prinzipiell zugestimmt und nur „aber jetzt nicht“ gesagt.
In den so genannten sozialen Medien wird nun heftig diskutiert, dass es doch das Beste wäre, wenn zwei Streithähne einfach mal miteinander reden würden, um eine simple Meinungsverschiedenheit aus der Welt zu schaffen. Aufgrund der Diffamierungen und des Verhaltens von Janich wäre das allerdings bildlich gesprochen so, als würde Pohlmann zum Löwen gehen und ihn fragen, ob er auch Vegetarier ist.
Wenn sich jemand so wie Janich rechtfertigt, wenn es nicht um die Sache geht, sondern scheinbar um etwas anderes, wenn außerdem jemand abgewertet wird, wenn auf jede gute Empfehlung zur Lösung abwehrend „Ja, aber…“ gesagt wird, dann nennt man das in der Kommunikationswissenschaft „psychologisches Spiel“, also ein wiederkehrendes Konfliktmuster.
Die Frage, ob es sich um ein gezielt eingesetztes Muster aus der psychologischen Kriegsführung handelt, kann hier nicht final geklärt werden, jedoch gestellt werden sollte sie.
Ein weiterer Hinweis darauf, dass der Streit zwischen Pohlmann und Janich inszeniert sein könnte, ist die Verengung des Diskurses auf das Thema „Klimadebatte“. Es wird nicht geprüft, worum es inhaltlich geht. Man streitet sich in den sozialen Medien, auch auf der Facebook-Seite von Pohlmann darum, wer nun Recht hat: Pohlmann oder Janich. Von den in den Disput verwickelten Menschen völlig unbemerkt passiert das, was Rainer Mausfeld unlängst beschrieben hat: Die Wut und die Veränderungsenergie wird von der Machtelite weggelenkt.
Die Energie dreht sich im Kreis, wird nicht abgegeben und so entsteht kein reger und befruchtender Gedankenaustausch zu einem Thema. Es können keine neuen Gedanken gedacht werden. Und genau da stellt sich die Frage: Wem nützt es, wenn keine neuen Gedanken zu einem Thema gedacht werden? Wer hat etwas davon, wenn beim Thema Klima nicht weiter geforscht wird?
Wer diese Frage stellt, wird sofort diffamiert und versucht mundtot zu machen, wie das Beispiel der renommierten und kritischen Soziologin Prof. Claudia von Werlhof zeigt.
Stattdessen wird Chaos und Verwirrung gestiftet, damit in den verbal gezündeten Nebelkerzen von Janich unsichtbar gemacht wird, dass Pohlmann von ihm heftig angegriffen und diffamiert wurde, über soziale und menschliche Grenzen hinaus.
Ähnlichkeiten mit der Diffamierung von Julian Assange
Besonders perfide an dieser Diffamierung und Bedrohung von Pohlmann ist, dass die gleichen Menschen, die sich für die Freilassung von Julian Assange einsetzen, die Angriffe von Janich auf Pohlmann als kleine Egozentrik abtun „der (Janich) haut halt ab und zu mal einen raus“. (Kommentar auf der Facebook-Seite von Dirk Pohlmann)
Sozialwissenschaftlich betrachtet kann man das anders sehen: Niemand haut harmlos wiederholt „mal einen raus“! Wiederholt es sich, kann man das mit Fug und Recht in den Worten der französischen Psychologin Marie France Hirigoyen (Masken der Niedertracht 2002) „perverse Aggression“ nennen. Wenn man davon Opfer wird, gibt es nur einen Weg, und zwar den juristischen. Reden hilft da gar nicht, sondern verschlimmert nur. Aus der Gewaltforschung weiß man ebenfalls, dass man Tätern „auf den Fuß folgend“ Grenzen setzen muss, sonst optimieren sie sich.
Sieht man sich die Chronologie der Diffamierung gegen Julian Assange an, lässt sich die Optimierung der Täter bis hin zu Folter genau nachzeichnen, was ich jedem empfehle zu tun. Denn dann würde klar:
Verleumdung von Journalisten, egal von wem sie kommt, ist psychologischer Kriegsführung zuzurechnen. Bei Dirk Pohlmann sollten wir also schneller eingreifen und auf der Stelle reagieren, indem Diffamierungen und Morddrohungen benannt werden, damit sie gestoppt werden können. „Wehret den Anfängen“ beziehungsweise „Erkennt die Anfänge“ rät Rüdiger Lenz in seinem Buch „Die Fratze der Gewalt“ (2012).
Warum ist das relevant? Warum ist Presse- und Meinungsfreiheit so wichtig? Was hat das für Folgen für die Gesellschaft, in der wir leben?
Auswirkungen auf die Gesellschaft
Eine Gesellschaft, in der Andersdenkende und -schreibende bedroht und verleumdet werden ist eine Gesellschaft, die primitiv ist. Primitiv heißt dabei wild und barbarisch. In einer wilden und barbarischen Gesellschaft gibt es keine Freiheit. Es geht nicht nur um die Presse- und Meinungsfreiheit allein, sondern darum, wer in einer Gesellschaft ein gutes Leben führen darf und wer nicht. Das wird in primitiven Gesellschaften einfach willkürlich von einigen wenigen entschieden. Sklavenhaltung ist kein Problem – wenn man zu den Herren gehört. Wenn Journalisten bedroht werden, geht das also alle Menschen einer Gesellschaft etwas an.
Bereits im Jahr 2002 hat die deutsche Soziologin Elke Geenen in ihrer Habilitationsschrift „Eine Soziologie des Fremden“ herausgearbeitet, dass wir keineswegs in einer modernen, weit entwickelten Gesellschaft leben. Ganz im Gegenteil entwickeln wir uns zurück, wenn wir überwiegend nur in „Freund-Feind“-Schemata denken können.
Das sollte man vielleicht bedenken, falls man bis jetzt der Ansicht war, dass Morddrohungen oder sonstige Gewalt- und Vernichtungsandrohungen eine Kleinigkeit sind, oder nur Journalisten oder Forscher trifft, die durch ihren Beruf per se damit rechnen und alleine einen Umgang damit finden müssen.
Was ist zu tun?
Es ist, wie Rüdiger Lenz sagt wichtig und Gewalt auflösend, wenn wir lernen, „die Kraft der Verbindung“ zu uns selbst und zu anderen zu kennen und dadurch unsere inneren Potentiale zu optimieren. Da wir die Gesellschaft sind, können wir dadurch auch die Gesellschaft, in der wir leben zur vollen Entfaltung bringen. Wir können uns verbunden fühlen mit einem Journalisten, der Morddrohungen erhält und wir können uns verbunden fühlen mit uns selbst, wenn wir uns fragen: Was ist ein gutes und freies Leben? Wie kommen wir da gemeinsam hin?
So gesehen schließe ich mich Stephan Bartunek an, der zu Solidarität mit Dirk Pohlmann aufruft und dazu animiert, dem „shitstorm“ einen „lovestorm“ entgegenzusetzen.
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Danke an die Autorin für das Recht zur Veröffentlichung.
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Bildhinweis: wk1003mike / Shutterstock
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