Illegaler Krieg der USA gegen die Philippinen – bereits 1899

Eine unerlässliche geschichtliche Hintergrundinformation

Von Hermann Ploppa.

Seit dem Mai dieses Jahres kommen von dem fernen Inselstaat der Philippinen ganz ungewohnte Töne. Der neu – und ganz demokratisch – ins Amt gelangte Präsident Rodrigo Duterte bezeichnet Papst Franziskus als „Hurensohn“ und hat auch für den amerikanischen Präsidenten Obama kaum freundlichere Worte übrig. Die Philippinen galten seit 110 Jahren als zuverlässiger Vasall der USA im Südchinesischen Meer, als Bollwerk und fest verankerter Flugzeugträger der Einzigen Weltmacht gegen das chinesische Festland. Präsident Duterte möchte jetzt das Waffenbündnis mit den USA aufkündigen und sich China und Russland annähern.

Von einigen Beobachtern wird Duterte gerne mit Donald Trump verglichen: Duterte pöbelt ungeniert herum, scheut keinen Tabubruch gegen die politische Korrektheit, und hat in der Innenpolitik bereits jetzt im Umgang mit der Drogenkriminalität eine sehr blutige Bilanz hinterlassen: Polizei und paramilitärische Einheiten exekutierten eine große Anzahl von Drogendealern und Drogensüchtigen extralegal auf der Straße.

Duterte genießt trotz alledem eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung. Wegen seiner Abwendung von den USA. Es ist nicht nur der weit verbreitete Unmut der Bevölkerung über die Präsenz von US-Truppen auf der südlichen Insel Mindanao, die dort einen Krieg gegen islamistische Milizen führen. Es ist auch eine tiefe Wunde im kollektiven Gedächtnis der philippinischen Bevölkerung. Denn zwischen 1899 und 1912 haben die Streitkräfte der USA auf den Philippinen einen Krieg der verbrannten Erde geführt. Dabei sind schätzungsweise eine Million Bewohner der Philippinen von den US-Streitkräften ermordet worden.

Die Philippinen waren bis 1899 spanische Kolonie, bevor sie dann von Spanien an die USA regelrecht verkauft wurden:

Mühelos fällt die alleinige Kontrolle des Pazifikraumes den USA zu. Die von Mahan <1> angeforderten Stützpunkte für die Dampfflotte sind jetzt in amerikanischer Hand: Guam, Hawaii und die Philippinen. Mit Kuba ist ein Kontrollpunkt für die neue Wassermagistrale zum geplanten Panamakanal gesichert. Später kommt noch die Dominikanische Republik hinzu. Die Eroberungen „… gaben den Amerikanern eine stärkere strategische Position im Golf von Mexiko und in der Karibik, Kohlendepots im Pazifik, sowie eine Operationsbasis im Fernen Osten.“ <2>

Mit den Philippinen ist die Südflanke zur Kontrolle Chinas in amerikanischer Hand. Wie im Falle Kubas, hatten die USA den einheimischen Aufständischen gegen die spanische Kolonialmacht Unterstützung signalisiert. Und die USA wenden hier jene material- und menschenschonende Eroberungstaktik an, die für die USA kennzeichnend bleiben soll: wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte. Die philippinischen Aufständischen verjagen die Spanier weitgehend selbständig. Sie liefern den USA 15.000 spanische Gefangene aus.

Doch bevor die philippinischen Revolutionäre in die Hauptstadt Manila einziehen können, haben die USA und der noch in Manila residierende spanische Gouverneur ein geheimes Abkommen getroffen. US-Verbände und spanische Truppen inszenieren ein Scheingefecht und sorgen dafür, dass die philippinischen Verbände nicht in Manila einrücken können. Denn Spanien hatte die Philippinen mitsamt dort lebender Bevölkerung mittlerweile im Vertrag von Paris vom 10.12.1898 für 20 Millionen Dollar an die USA verkauft.

Die USA erklären den gewählten Präsidenten Emilio Aguinaldo zum „outlaw bandit“, also, im heutigen Sprachgebrauch, zum „Terroristen“. Ohne Kriegserklärung treffen die USA geeignete Vorkehrungen, ihre neueste Erwerbung in Besitz zu nehmen. Schließlich sind 126.000 US-Soldaten im Einsatz. Soldaten und Generäle hatten für den nun einsetzenden asymmetrischen Guerillakrieg bereits zuhause Erfahrung gesammelt, als sie gegen die Indianer eingesetzt wurden.

Haudegen Frederick Funston, ein Hänfling von noch nicht einmal 47 Kilo Lebendgewicht, der zunächst gar nicht zur Armee zugelassen wurde, entführt durch ein perfides Täuschungsmanöver den philippinischen Präsidenten Aguinaldo. Als in den USA erste Gerüchte über nicht ganz feine Umgangsformen beim Philippinen-Abenteuer die Runde machen, und dabei zwei US-Offiziere namens Waller und Smith genannt werden, ist Nationalheld Frederick Funston auf Werbetournee in den USA und meint dazu:

 „Ich persönlich habe 35 Philippinos ohne Gerichtsverfahren aufgeknüpft; also was soll die ganze Aufregung, dass Waller ein paar verräterische Wilde ins Jenseits befördert hat? Wären da mehr Smith und Wallers gewesen, dann wäre der Krieg schon lange zu Ende. Spontanes Hängen hier zuhause würde ebenfalls das Ende des Krieges beschleunigen. Ein Tipp für Anfänger: alle Amerikaner, die vor kurzem den Kongress gebeten haben, sich um Frieden zu bemühen, sollte man aus ihren Häusern zerren und lynchen.“ <New York Sun, 10.3.1902>

US-Präsident Woodrow Wilson ist so begeistert von dem kleinen Springinsfeld, dass er ihn im Ersten Weltkrieg zum obersten Befehlshaber der US-Truppen in Europa machen will. Doch gerade in dem Moment, als eine plüschige Kapelle „An der schönen blauen Donau“ geigt, beruft der Allerhöchste Frederick Funston vermittelst eines Herzinfarktes in sein Himmelreich, und General Pershing avancierte zum obersten Befehlshaber. 

Von Schaurigkeiten ist wenig zu lesen in der US-Presse in den Jahren des Philippinenkrieges. Einige mutige Zeitungen wagen dennoch einen kleinen Einblick in den Kriegsalltag. Ein Korrespondentenbericht im „Philadelphia Ledger“ aus dem Jahre 1901 dokumentiert den Horror wie folgt:

„Unsere Männer … haben getötet, um Männer, Frauen, Kinder, Strafgefangene und Geiseln auszulöschen; sowohl Aufrührer als auch Menschen, die verdächtigt wurden, unter ihnen auch Knaben ab 10 Jahren … Unsere Soldaten haben Salzwasser in Männer gepumpt, um sie ‚zum Sprechen zu bringen’; und sie nahmen als Gefangene Männer, die ihre Hände erhoben hatten und sich friedlich ergaben. Und eine Stunde später … stellten sie sie auf die Brücke und schossen einen nach dem anderen herunter, damit sie ins Wasser fallen und den Fluss hinuntertreiben – als [warnende] Beispiele für jene, die ihre kugelgefüllten Leichname finden sollten.“

Tatsächlich wird in Gebieten mit Aufständischen die gesamte Bevölkerung zusammengetrieben und in Konzentrationslager verbracht. Häuser und Felder steckt man in Brand. Politik der verbrannten Erde. Dieselbe Vorgehensweise findet siebzig Jahre später unter dem Motto „Search and Destroy“ in Vietnam ihre Anwendung. Scharmützel mit Guerilleros dauern noch bis 1913 an. Vor dem Eingreifen der USA lebten auf den Philippinen 9 Millionen Menschen. Nach dem Ende der Kampfhandlungen sind es noch 8 Millionen Einwohner.

Dazu ein geistliches Wort von dem Führer der Evangelical Alliance for the United States, also der Dachorganisation der Protestanten in den USA, seiner Exzellenz Josiah Strong: 

„Es erscheint mir, dass Gott mit unendlicher Weisheit und Fähigkeit die Angelsachsen für jene Stunde, die gewiss kommen wird in der Zukunft der Welt … für jenen endgültigen Wettkampf der Rassen, ausgebildet hat … Ob die Auslöschung der minderwertigen Rassen … dem Leser bedauernswert erscheint oder nicht; es geschieht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit.“ 

Anmerkungen

<1> Admiral Alfred Thayer Mahan war ein Militärstratege der US-Streitkräfte und gilt als einer der Begründer der Geopolitik. Seine Kernthese: die USA müssten ihre Flotte stark ausbauen, um durch eine überlegene Meeresmacht die Weltherrschaft zu erobern.

<2> Archibald Cary Coolidge: The United States as a World Power. New York 1907. S.130

Auszug aus dem Buch von Hermann Ploppa: „Hitlers amerikanische Lehrer – Die Eliten der USA als Geburtshelfer des Nationalsozialismus“:

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In zweiter Auflage erschienen beim Liepsen-Verlag, Marburg 2016.

ISBN 978-3-9812703-3-4

Informationen: liepsenverlag@gmail.com

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

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