Home of the Brave

Von Dirk C. Fleck.

Wer dem geostrategischen Treiben der USA fassungslos gegenübersteht, sollte sich bewusst machen, dass die Vereinigten Staaten nie anders funktioniert haben. Eroberungskriege, Unterjochung, inszenierte Umstürze – all das hat Tradition, gehört sozusagen zum Rüstzeug dieses Imperiums, das die Welt bis heute nach seiner Pfeife tanzen lässt. Bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts konstatierte der US-amerikanische Philosoph William James resignierend: „Unser Land hat seine Unabhängigkeitserklärung ein für allemal ausgespien!“

Drei Jahrzehnte später fasste Smedley D. Butler, ehemaliger Generalmajor beim United States Marine Corps und Träger der Medal of Honor, seine Karriere mit folgenden Worten zusammen: „Ich habe 33 Jahre und 4 Monate in aktivem Dienst als Mitglied der gewandtesten Militärkraft dieses Landes verbracht: das Marineinfanteriekorps. Ich habe in allen Rangstufen gedient, vom Unterleutnant bis zum Divisionsgeneral. Und im Verlaufe dieser ganzen Periode übte ich meistens die Funktionen eines Gangsters erster Kategorie für die große Geschäftswelt, für Wallstreet und die Bankiers aus. Mit einem Wort, ich war ein Gangster des Kapitalismus.“ 1914 hat Butler nach eigenem Bekunden dabei geholfen, dass Mexico eine leichte Beute für die nordamerikanischen Erdölinteressen wurde. Im Ruhestand gestand er: „Ich habe außerdem dabei geholfen, dass Haiti, Cuba und Nicaragua Plätze zum Kassieren der Renten der National City Bank und für das Bankhaus Brown wurden. 1903 habe ich dabei geholfen, Honduras zum Besten unserer Obstgesellschaften zu ‘befrieden’. 1916 habe ich im Namen der nordamerikanischen Zuckerinteressen geholfen, die Dominikanische Republik zu unterwerfen. 1927 habe ich dafür gesorgt, das Standard Oil sich unbehelligt in China etablieren konnte. So gesehen hätte ich Al Capone ein paar Tipps geben können. Der hat in seinen besten Tagen mit seiner Gangsterbande in drei Bezirken agiert. Ich war auf drei Kontinenten aktiv.“

Die Vereinigten Staaten hielten Haiti 20 Jahre lang besetzt, und dort, in diesem ‘Negerland’, das Schauplatz der ersten siegreichen Sklavenrebellion gewesen war, führten sie die Rassentrennung und das System der Zwangsarbeit ein. Als das Land sich weigerte, die Nationalbank in eine Filiale der National City Bank von New York zu verwandeln, unterbrachen sie die Zahlungen der Gehälter an den Präsidenten und seine Minister. „Ähnliche Vorgänge“, schrieb der im letzten Jahr verstorbene uruguayische Schriftsteller Eduardo Galeano in seinem Buch ‘Die offenen Adern Lateinamerikas’ „haben sich auf den restlichen Inseln der Karibischen See und in ganz Mittelamerika zugetragen, wobei als Begleitmusik abwechselnd militärische Gewalt oder die Dollar-Diplomatie gespielt wurde“.

Mittelamerika war in der geopolitischen Konzeption des Imperiums schon immer nichts weiter als ein natürliches Anhängsel der Vereinigten Staaten. Nicht einmal Abraham Lincoln, der bereits die Annektierung dieses Territoriums erwog, konnte sich dem Bann der „offenen Bestimmung“ entziehen, mit der die Großmacht Anspruch auf die angrenzenden Gebiete erhob.

Eduardo Galeano erzählt von dem Arzt, Journalisten und Abenteurer William Walker, der Mitte des 19. Jahrhunderts im Auftrage der Bankiers Morgan und Garrision an der Spitze einer Mörderbande, die sich selbst „die amerikanische Phalanx der Unsterblichen“ nannte, in Mittelamerika einfiel. Mit der offiziellen Unterstützung der US-Regierung raubte und tötete Walker, bis er sich schließlich in aufeinander folgenden Feldzügen zum Präsidenten von Nicaragua, Salvador und Honduras ausrufen ließ. In den Gebieten, die unter seiner verheerenden Besatzung litten, führte er die Sklaverei wieder ein. Nach seiner Rückkehr wurde er in den Vereinigten Staaten als Nationalheld gefeiert. „Seit dieser Zeit,“ so Galeano in seinem Buch, „sind Interventionen, Bombardements, Zwangsanleihen und die unter dem Kanonenrohr unterzeichneten Verträge gang und gäbe.“

1912 erklärte William H. Taft, der sowohl Präsident der USA als auch deren Oberster Bundesrichter war: „Der Tag liegt nicht fern, an dem drei Sternenbanner an drei gleich weit entfernten Punkten die Ausdehnung unseres Territoriums anzeigen werden: eine am Nordpol, die andere am Panamakanal und die dritte am Südpol. Es wird zur Tatsache werden, dass die ganze Hemisphäre uns gehört, wie sie uns auch, dank unserer rassischen Überlegenheit, moralisch schon jetzt gehört.“

Kommt Ihnen das bekannt vor? Nein? Dann hören Sie mal in die Reden Barack Obamas hinein. Oder die des TRUMPels, der die Geschicke der Welt nach Meinung eines Großteils der Amerikaner in Zukunft bestimmen soll.

 

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.

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