Give Trump a Chance

Nach den Vorwahlen ist vor den Wahlen

Von Ulrich Gellermann.

Huch, hatten sie gesagt, in den Redaktionsbüros der deutschen Atlantiker, also in fast allen journalistischen Ansammlungen Deutschlands, huch, huch. Immer dann, wenn der Name Donald Trump fiel. Jetzt hat Donald der Haarige in den USA so viele Vorwahlen für die Republikanische Partei gewonnen, dass er wohl deren Spitzenkandidat werden wird. Und da er wahrscheinlich gegen die allgemein als korrupt bekannte, eiskalte Politik-Maschine namens Hillary (Killary) Clinton antreten muss, ist es gut möglich, dass „The Donald“ der nächste Präsident der Vereinigten Staaten werden wird. Huch. Da hätten unsere Berufs-US-FREUNDE doch lieber einen eleganteren, nicht ganz so brachialen Mann an der Spitze der USA. Am liebsten den Traum aller US-Romantiker, den James Dean unter den US-Präsidenten, unseren „Üsch-bün-oin-Börliner-JFK. So einer verkauft sich den Deutschen besser. Also lassen wir sie mal auftreten, die US-Präsidenten seit John F. Kennedy. Und beurteilen sie nur nach ihrer Außenpolitik. Denn mit der müssen die Nicht-Amerikaner leben.

Überraschung: Außenpolitik heißt bei den US-Amerikanern fast immer Krieg. Da machte Kennedy keine Ausnahme. Schon sein Vorgänger hatte sich für den südvietnamesischen Diktator Ngô Đình Diệm „engagiert“. Geld floß, Waffen wurden geliefert, Berater waren unterwegs. Der strahlende junge Kennedy, das Abziehbild eines selten sympathischen Amerikaners, verschärfte dann das „Engagement“. Von ihm stammte die Idee, eine Elite-Einheit zum Kampf gegen den Vietcong (Die Bösen) zu gründen: Das „United States Army Special Forces Command“ (genannt Airborne oder Green Berets) das auch heute noch die Freiheit der USA in allen möglichen Ländern verteidigen. (Die Guten also). Waren es zehn oder zwanzig Filme, zumeist unter Führung von John Wayne, in denen die Green Berets die Welt, oder irgendwelche Witwen und Waisen retteten?

Damit nicht genug heizte JFK, der Sonnenschein diverser bunter Blätter, den Vietnam-Krieg mit 16.000 Militärberatern, jeder Menge Hubschrauber, gepanzerten Fahrzeugen, Kampfbombern und Artillerie an und befahl Ende 1961 den Einsatz von Napalm und Entlaubungsmitteln. Endlich gab es in Vietnam genug Witwen, die gerettet werden mussten! Und weil nicht nur die Vietnamesen sondern auch die Kubaner selbstständig sein wollten, schickte der US-Präsident eine CIA-Invasionsarmee in die Schweinebucht an der kubanischen Küste: Sie sollte Fidel Castro umbringen. Für einen US-Krieg war die Zahl der Toten klein. Und weil die Aktion mißlang, wurde das Land auch nicht komplett zerstört.

Am Ende des Vietnamkrieges waren 1,5 bis 2 Millionen Vietnamesen tot, das Land musste mehr Bomben ertragen als die Deutschen im zweiten Weltkrieg. Es war entlaubt, kaputt, traumatisiert. „Hey, hey, LBJ, how many kids did you kill today?“ skandierten die Gegner des Vietnamkriegs – jene Minderheit der US-Bürger, die leider nie den Präsidien stellt. Der hieß zur Zeit der Anti-Kriegs-Bewegung in den USA Lyndon B. Johnson (LBJ/1963 – 1969), war so häßlich wie es der häßliche Amerikaner nur sein kann, ließ Kinder mit Napalm verbrennen und verursachte mit dem Entlaubungsgift Agent Orange bis heute schwerste genetische Schäden. Die arme USA können die Opfer ihrer Verbrechen bis heute nicht entschädigen: Der nächste Krieg kostet immer mehr, als der alte eingebracht hat. In die Amtszeit von Johnson fiel auch die Tonkin-Verschwörung: Das US-Militär fingierte einen vietnamesischen Angriff auf ein amerikanisches Kriegsschiff, um anschließend die Vietnamesen dafür zu bestrafen. Und wer das heute nacherzählt, der ist natürlich ein Verschwörungs-Theoretiker.

Wem sich Richard Nixon verschworen hatte (1969 – 1974) weiß man nicht genau, sicher ist, dass er zwar einerseits den Krieg mit Vietnam beenden musste – die Vietnamesen besiegten einfach die Invasionstruppen. Andererseits weitete er den asiatischen Krieg auf Laos und Kambodscha aus: Offenkundig hatten die USA nach ihren Standards einfach nicht genug Asiaten umgebracht. Und um diese Todesrate zur erhöhen verbündeten sich die US-Mörder mit dem kambodschanischen Massenmörder Pol Pot. Der war ein Feind der Vietnamesen, die wiederum waren ein Feind der USA, also wurde Pol Pot automatisch ein Freund. Bis heute kennt man solche Freunde: Das waren mal die Taliban, das sind bis heute die Saudis; die Israelis sind mit den Iranis befeindet, und wenn sich die Nord-Koreaner mal ernsthaft mit den volksrepublikanischen Chinesen anlegen, werden sie, ruck-zuck, vom Erzfeind zum allerbesten Freund hochgelobt werden.

Mit Gerald R. Ford (1974 – 1977) wäre die US-Außenpolitik beinahe von echter Langeweile bestimmt worden, wären da nicht die US-Interessen in Lateinamerika gewesen. Man kann schon gar nicht mehr aufzählen, für wie viele Staatsstreiche die Nordamerikaner in Süd- und Mittelamerika zuständig waren. Aber mit der „Operation Condor“, der Finanzierung und Leitung diverser Morde, war der Staatsterrorismus einem gewissen Höhepunkt zugetrieben: Rund 200 lateinamerikanische Politiker wurden während der Gerald-Ford-Zeit im Auftrag der CIA „erledigt“. Trocken protokolliert WIKIPEDIA: „Laut eines internen CIA-Untersuchungsberichts hielt die Behörde von 1974 bis 1977 enge Kontakte zum Leiter der Operation Condor, Manuel Contreras. Die CIA bestätigte auch, an zumindest einem Zeitpunkt Zahlungen an Contreras geleistet zu haben, die Summe wurde nicht veröffentlicht.“

Beinahe wäre Jimmy Carter (1977 – 1981) zum US-Friedenspräsidenten gewählt worden. Aber ausgerechnet ihm fiel die Carter-Doktrin ein: „Jeder Versuch einer auswärtigen Macht, die Kontrolle über den Persischen Golf zu erlangen, wird als Angriff auf die zentralen Interessen der USA betrachtet und … mit allen erforderlichen Mitteln, einschließlich militärischer, zurückgeschlagen werden“. Nicht dort zu lesen, aber sehr wahr ist der Zusatz: Wie der Versuch einer Kontrolle über den Persischen Golf aussieht, bestimmt der jeweilige US-Präsident. Wenn es die USA sind, die als ausländische Macht die Kontrolle über den Golf erlangen, ist alles gut. – Dass in dieser Zeit Zbigniew Brzeziński (Assistant to the President for National Security Affairs), zum zentralen Kriegstheoretiker der USA aufstieg, mündete in einem sehr schön imperialistischen Buch: „Die einzige Weltmacht – Amerikas Strategie der Vorherrschaft“.

Als Mauer-Öffner ist Ronald Reagan (1981 – 1989) in die vorläufige Geschichte eingegangen. Dass in seiner Amtszeit und in seiner Verantwortung ein verdeckter Krieg gegen die sandinistische Regierung in Nicaragua geführt wurde: Geschenkt. Dass in dieser Zeit von 1981 bis 1990 etwa 70 % des Landes zerstört und etwa 60.000 Menschen getötet wurden – hauptsächlich Zivilisten: Das sind nun mal die Kollateralkosten im Kampf für die Freiheit der USA, zu tun und zu lassen was die USA gerade will. – Die geradezu lächerliche Zahl von 24 toten Zivilisten auf der Karibik-Insel Grenada waren das Ergebnis einer Invasion von 7.000 Marines während der Operation „Urgent Fury“. Warum die Marinesoldaten zu Besuch waren? Wahrscheinlich hatte Ronald Reagan am Vorabend der Invasion, am 25. Oktober 1983, eine „Dringliche Wut“, die tobte er mal eben aus. Als die UN diese Invasion verurteilen wollten, fiel dem US-Präsidenten diese schöne Replik ein: „One hundred nations in the UN have not agreed with us on just about everything that’s come before them where we’re involved, and it didn’t upset my breakfast at all.“ Dieser Satz sollte, redaktionell leicht bearbeitet, in den Stein des Mount Rushmore gemeißelt werden: „Wir scheißen auf andere Nationen!“

Alle waren dabei, als die zwei Bush-Krieger (erst George, 1989 – 1993, dann sein Sohn George W., 2001 bis 2009) die amerikanische Waffenindustrie zu neuen Profit-Höhen führten: Mal in den ersten Irak-Krieg, dann in den zweiten. Einmal mit der Brutkasten-Lüge, von der PR-Agentur Hill & Knowlton erfunden, nach der irakische Soldaten Neugeborene aus den Brutkasten gerissen und auf den Boden geworfen hätten. Beim nächste Mal mit der Lüge über rollende Bio-Waffen-Labore. Die hatte der Bundesnachrichtendienst erfunden, viel, viel preiswerter aber genauso effektiv. Und weil alle dabei waren, auch bei jenem Afghanistan-Krieg, der heute noch andauert, kann man hier die Bush-Story abbrechen und sich dem Zwischendurch-Präsidenten William (Bill) Clinton (1993 – 2001) zuwenden.

Clinton ist eigentlich für einen eher unkriegerischen Akt im eigenen Oval Office bekannt geworden. Das Office, bisher nicht in Oral Office umbenannt, überdeckt die eigentliche historische Leistung des 42. US-Präsidenten: Er ist der originäre Gründer der deutschen LINKSPARTEI. Denn als unter der Clinton-Präsidentschaft Jugoslawien bombardiert wurde, als Joschka Fischer und Rudolf Scharping das Lager Auschwitz mißbrauchten, um ihren imperialen Gelüsten nachzukommen und an der Seite der USA an der Zerstückelung Jugoslawiens teilzuhaben, waren Gregor Gysi (damals PDS) und Oskar Lafontaine (damals SPD) derart angewidert und entsetzt, dass sie später gemeinsam die LINKE gründeten. Doch Geschichte kann so grausam sein: Heute hat die Frau von Bill Clinton ihren Mann längst verdrängt.

Noch ist Barack-Obama Präsident der USA und man kann sich am Wettbewerb für seinen Spitznamen beteiligen. Vorschläge wie „Drone-Bone“ wurden bereits ebenso abgelehnt wie „White-Nigger“. Seinen Mittel-Namen Hussein durch Lynch zu ersetzen, ihn also Barack Lynch Obama wegen seiner Drohnen-Lynchjustiz zu nennen, wird ihm nicht ganz gerecht. Geht doch auch der erfolgreiche Libyen-Krieg (50.000 Tote) und der noch erfolgreichere Syrien-Krieg (bisher fast 300.000 Tote) auf seine Kappe. Allerdings war er beim Libyen-Krieg nicht allein. Wissen wir doch heute aus den E-Mails der Hillary Clinton, dass die Dame im März 2011 über die enormen Goldreserven Gaddafis speichelte und vor dessen Plan gewarnt hatte, mittels dieser Reserven eine panafrikanische Währung aufzubauen, um in seiner Region mit dem US-Dollar zu konkurrieren. Gaddafi wußte es nicht, aber das war sein Todes-Urteil.

Keiner in der US-Administration setzte sich so eifrig für die Bombardierung Libyens ein wie die Clinton. Sie ist die wahrscheinliche Gegen-Kandidatin von Donald Trump. So schwer es auch fallen mag: Man muss auf die kleine Möglichkeit setzen, dass Trump zu blöde für einen wirklich großen Krieg ist. Zudem bestätigt er jedes Vorurteil über die USA: Hässlich, dumm, dreist und geldgeil. Schon weil er den Deutschen schwerer als amerikanischer FREUND zu verkaufen sein würde, muss man für ihn sein. Denn die USA sind nun mal (siehe oben) der FEIND der Menschheit.

(Allgemeine Anmerkung: Diese Auflistung der US-Verbrechen hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Anmerkung für die Marxisten unter den Lesern: Ja, die US-Präsidenten erfüllen im Wesentlichen nur die Vorgaben des Militär-Industriellen-Komplexes, wenn sie nicht gerade die Vorgaben der Finanz-Oligarchie erfüllen. Überschneidungen sind möglich und wahrscheinlich).

Quellen: http://www.rationalgalerie.de/home/give-trump-a-chance.html

 

Danke an den Autor für das Recht der Zweitverwertung.

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