Erobern wir uns die Parlamente zurück!

Der Medienpreis „Parlament“ des Deutschen Bundestages ist ausgeschrieben — schnappen wir uns die reife Frucht!

Von Gunter Sosna.

Hinweis zum Rubikon-Beitrag: Der nachfolgende Text erschien zuerst im „Rubikon – Magazin für die kritische Masse“, in dessen Beirat unter anderem Daniele Ganser und Rainer Mausfeld aktiv sind. Da die Veröffentlichung unter freier Lizenz (Creative Commons) erfolgte, übernimmt KenFM diesen Text in der Zweitverwertung und weist explizit darauf hin, dass auch der Rubikon auf Spenden angewiesen ist und Unterstützung braucht. Wir brauchen viele alternative Medien!

Mit dem Preis werden seit 1993 journalistische Arbeiten ausgezeichnet, die zur Beschäftigung mit Fragen des Parlamentarismus anregen. Ein guter Grund, um das Postfach der Jury mit den kritischen Artikeln und nackten Wahrheiten unabhängiger Medien zu fluten. Öffnen Sie die Schleusen!

Liebe Leserinnen und Leser,

es geht los! Reden wir nicht um den heißen Brei herum: Ich will Sie zur Tat anstiften, zu einer guten Tat. Welche es ist? Schicken Sie die Vierte Gewalt nach Berlin!

Rollen Sie die unabhängige journalistische Artillerie in den Fachbereich WD 1 des Deutschen Bundestages und feuern Sie aus allen Rohren eine Breitseite aus Fakten, Sachkritik und Wahrheit in die scheindemokratischen Reihen. Sie können es, denn Sie sind die Speerspitze der Vierten Gewalt! Wir sind nur Ihr Werkzeug, um die gestellte Aufgabe zu erledigen.

Welche Aufgabe?

Räumen Sie mit uns den „Medienpreis Parlament“ ab!

Lesen Sie regelmäßig unsere Beiträge? Klasse!

Diskutieren Sie die Inhalte mit Freunden, Verwandten, Bekannten und Nachbarn? Super!

Verbreiten Sie die Artikel in der Unendlichkeit der unsozialen Netzwerke? Wunderbar!

Werfen Sie uns hin und wieder ein paar Euro in die Spendenbox? Ausgezeichnet!

Denn die Vierte Gewalt, um die es geht, ist kritisch in der Betrachtung, hart in der Sache, aber blank in der Tasche! Dieser unangepasste Journalismus, der noch 1 und 1 zusammenzählt und seinen eigenen Augen traut, ist chronisch unterfinanziert. Da ist jeder Cent willkommen.

Und warum sind sie immer pleite, rauchen selbstgedrehte Kippen und schauen oft genug in einen leeren Kühlschrank? Weil sich diese unabhängigen Medien und ihre spitzen Federn Ihnen verpflichtet fühlen, liebe Leserinnen und Leser. Da steht die innere Haltung vor dem Portemonnaie.

Wer an den finanziellen Fäden der Werbeagenturen, Lobbyisten, Konzerne, Waffenhändler, Parteistiftungen oder Trüffelverkäufer baumelt oder im Netz aus Wohlwollen und Verdammnis von Bonzen und Intendanten zappelt, der ist nicht wirklich unabhängig und somit weit davon entfernt, die Vierte Gewalt zu sein.

In der Ausschreibung zum „Medienpreis Parlament“, die Sie hier finden, steht:

„Seit 1993 vergibt der Deutsche Bundestag den Medienpreis. Mit der Auszeichnung werden herausragende publizistische Arbeiten gewürdigt, die zur Beschäftigung mit Fragen des Parlamentarismus anregen und zu einem vertieften Verständnis parlamentarischer Abläufe, Arbeitsweisen und Themen beitragen.“

Klasse! Das sind unsere Dauerbaustellen. Da findet sich bestimmt die eine oder andere journalistische Perle, die mal nachhakte, warum das Grundgesetz schon über 200-mal geändert wurde, ohne jemals das Volk zu befragen. Dies nur als Randnotiz, es geht schließlich nicht um Mängel der repräsentativen Demokratie oder eine feudalistisch anmutende Parteienherrschaft, sondern um knallharte Arbeitsweisen, Abläufe und Themen.

Vermutlich sind die parlamentarischen Staubfänger Abrüstung, Umweltschutz, Bildungsausbau, Abschaffung der Altersarmut, Bekämpfung der Energiearmut, Beseitigung der Obdachlosigkeit, Ausstieg aus der NATO und die radikale Demokratisierung aller Parlamente gemeint, die in Berlin ständig besprochen werden — oder etwa nicht? Egal…

Kohle gibt es auch zu gewinnen. Der Medienpreis Parlament ist mit 5.000 Euro dotiert und wird vom Präsidenten des Deutschen Bundestages im Frühjahr 2020 verliehen. Das Geld bekommt der oder die Verfasser des Beitrags, der gewinnt.

Jetzt kommts:

Eingereicht werden können journalistische Beiträge mit regionalem oder überregionalem Bezug, die in Tages- oder Wochenzeitungen, in Online-Medien oder in Rundfunk oder Fernsehen erschienen sind.

Jawohl! Mit Ihnen an der Spitze stößt die Vierte Gewalt durch das offene Scheunentor des Wörtchens „journalistisch“. Denn das ist es, was Rubikon, Neue Debatte, die NachDenkSeiten, Telepolis und Co. jeden Tag unter erschwerten Bedingungen bewerkstelligen, und die anderen … Ach, lassen wir das, Sie wissen es eh.

Um Ihnen einige Anregungen zu geben, wie eine kritische Vierte Gewalt über Parlamentarismus, Parteien, deren Seilschaften, schwarze Kassen und egozentrische Politköpfe berichtet, möchte ich einige Artikel vorstellen, die nach meiner Meinung eines Preises, Schulterklopfens oder eines freundschaftlichen Händedrucks für den Autor oder die Autorin würdig sind:

Der Ausstieg

Der Bundestagsabgeordnete Marco Bülow verlässt die SPD, da mit ihr keine Politik für die Menschen im Lande mehr möglich ist.

Autor: Florian Kirner
Erscheinung: 27. November 2018
Kategorie: Themen
Medium: Rubikon
Quelle: https://www.rubikon.news/artikel/der-ausstieg

Hilflos im Wandel: Der alte Staat, die Bürokratie und das Machtkartell

Die politische Administration und die Bürokratie erreichen den Punkt absoluter Handlungsunfähigkeit. Den Herausforderungen der Zukunft ist man nicht gewachsen. Wir brauchen einen grundlegenden politischen Neustart.

Autor: Heinz Kruse
Erscheinung: 26. August 2019
Kategorie: Themen
Medium: Neue Debatte
Quelle: https://neue-debatte.com/2019/08/26/hilflos-im-wandel-der-alte-staat-die-buerokratie-und-das-machtkartell/

Geschlechtspopulismus

Warum die Männer-Frauen-Quotierung den maroden Parlamentarismus nicht modernisiert, sondern nur restauriert.

Autor: Thomas Moser
Erscheinung: 20. April 2019
Kategorie: Arbeitsweise
Medium: Telepolis
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Geschlechtspopulismus-4374923.html

Der Verkehrt-Minister: Im Hause Scheuer läuft alles schief wie geschmiert

Zur vermasselten „Ausländermaut“ kommt mit einem Autobahnprojekt im Südwesten ein neuer Fall aus der Rubrik: Der Steuerzahler ist der Dumme. Statt der zunächst kalkulierten 800 Millionen Euro könnte das Vorhaben am Ende 1,4 Milliarden Euro und mehr verschlingen.

Autor: Ralf Wurzbacher
Erscheinung: 25. September 2019
Kategorie: Abläufe
Medium: NachDenkSeiten
Quelle: https://www.nachdenkseiten.de/?p=55104

Deformation & Wirklichkeitsverlust deutscher Politiker

Die Profession Politik entwickelt einen Sog, schafft Abhängigkeit, verändert den Blick auf die Wirklichkeit. Dabei sind die Verführungen zur Deformation zahlreicher und wirksamer als die Bildungschancen.

Autor: Karl Bernd Esser
Erscheinung: 17. Juli 2019
Kategorie: Arbeitsweise
Medium: KenFM
Quelle: https://kenfm.de/standpunkte-•-deformation-wirklichkeitsverlust-deutscher-politiker/

Vor Manipulationen unserseits brauchen Sie sich nicht zu fürchten. Kein Schreiberling der Vierten Gewalt beeinflusst die Entscheidung. Ums Grobe kümmert sich eine „unabhängige“ Fachjury, die hat, was wir garantiert nicht haben: Nähe zur Macht. Anita Fünffinger (ARD-Hauptstadtstudio/Bayerischer Rundfunk), Bettina Schausten (ZDF), Daniel Goffart (Magazin Focus), Rainer Meyer (Die Welt), Marc Felix Serrao (Neue Zürcher Zeitung), Torsten Kleditzsch (Freie Presse Chemnitz) und Prof. Dr. Claudia Nothelle (Hochschule Magdeburg-Stendal, Juryvorsitzende) verkörpern Fachwissen und bestimmt geballte Neutralität.

Gute Chancen dürften bei den Seven-up solche Texte haben, die das Parlament und die Parteien für die bedingungslose Liebe zur NATO abwatschen, das Abnicken von Waffengeschäften als Skandal bewerten, die asoziale Sanktionspolitik der Regierung gegen Hartz-IV-Bezieher schärfstens verurteilen und sich über die Selbstbedienungsmentalität der Parlamentarier erregen.

Solche knackigen Beiträge und Kritiken machen die Preisvergabe zum Selbstgänger. Was könnte schon mehr anregen zur Beschäftigung mit Fragen des Parlamentarismus, wie es in der Ausschreibung so schön heißt.

Jetzt die Gretchenfrage:

Sind Sie beim Sturm auf die verkrustete Parlamentsbastille dabei?

Wo der Haken bei der Sache ist, möchten Sie vorher wissen? Nun, Sie müssen Ihren Textvorschlag per Brief schicken und natürlich etwas formalen Kleinkram erledigen. Der schwerste Akt in Zeiten der Faschisierung und des Überwachungswahns ist vermutlich, die schriftliche Einverständniserklärung zur Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen des Medienpreises Parlament des Deutschen Bundestages auf Grundlage der Datenschutzgrundverordnung, die Sie hier finden, auszudrucken, abzuzeichnen und Ihrem Brief beizufügen.

Damit sind Sie geoutet als Leserin und Leser der Vierten Gewalt und es wird bekannt, dass Sie die Nebelwand der Banalitäten durchblicken.

Das schmerzt ein wenig in der Bauchhöhle? Denken Sie bei der Unterschrift einfach an etwas Schönes. Zum Beispiel daran, dass jeder Verwaltungsakt „gute Arbeit“ aus dem Nichts erschafft.

Nicht für Sie natürlich, sondern für die anderen. Vielleicht Daten digitalisieren, Blätter abheften oder gleich in den Keller tragen, Kaffee trinken oder ein paar Pralinen vom Feinkosthändler verspeisen. Wer weiß das schon. Und Sie reanimieren die leblose Post. Das sind doch gute Gründe für eine analoge Medienoffensive, oder?

Bitte beachten Sie, dass der eingereichte Beitrag zwischen dem 1. Oktober 2018 und dem 30. September 2019 veröffentlich worden sein muss.

Und einen Lebenslauf müssen Sie einreichen. Den vom Autor oder Ihren eigenen? Keine Ahnung, stand nicht in der Ausschreibung. Ganz schön tricky, was?! Vielleicht haben Sie Lust, eine E-Mail an medienpreis@bundestag.de zu schicken und freundlich nachzufragen, welcher gemeint ist.

Ansonsten finden Sie bestimmt eine Vita des jeweiligen Autors im Netz oder bei dem Artikel, der Ihnen geeignet erscheint, die Vierte Gewalt auf die Sturmleitern zu führen.

Dann noch drei Exemplare des von Ihnen zur Auszeichnung vorgeschlagenen Werkes in den Briefumschlag stecken, zukleben und abschicken an:

Deutscher Bundestag
Fachbereich WD 1
Medienpreis Parlament
Platz der Republik 1
11011 Berlin
.

Briefmarke nicht vergessen, das war es schon. Aber bitte beeilen Sie sich etwas. Ihr Brief muss den Poststempel spätestens vom 7. Oktober 2019 tragen, damit die Vierte Gewalt sich deutlich bemerkbar macht durch überlaufende Postfächer, überfüllte Schreibtische und fette Briefumschläge.

Good luck!

PS: Vielleicht können Sie die Briefumschläge noch veredeln. Eventuell mit einem flotten Slogan wie:

„Die Vierte Gewalt sind wir!

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Dieser Beitrag erschien am 28.09.2019 bei Rubikon – Magazin für die kritische Masse.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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Bildhinweis: VectorMine / Shutterstock

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