Donald Trump im Februar 2017

Zwischen Hoffnungen und Chaos

Von Wolfgang Bittner.

Die von Donald Trump ausgehenden Signale sind nach wie vor widersprüchlich, regellos, teilweise wirr und chaotisch. Dazu kommt, dass es in seinem Stab unter den zumeist konservativ-reaktionären Ministern und Beratern starke Kräfte gibt, die an der NATO-Politik Obamas und seiner Vorgänger festhalten wollen. Dagegen wird Trump – so war von Anfang an zu befürchten – wenig ausrichten können, zumal er selber die weltpolitische Situation offensichtlich nicht einzuschätzen vermag und desaströse Maßnahmen verkündet.

Immer wieder gibt es allerdings auch Lichtblicke. Einen Aufschrei der Empörung in Politik und Medien verursachte eine Interviewaussage Donald Trumps vom 5. Februar selbst bei seinen republikanischen Parteifreunden: Auf die kategorische Feststellung eines Journalisten, Wladimir Putin sei ein Mörder, antwortete Trump: „Es gibt viele Mörder. Wir haben jede Menge Mörder. Junge, glauben Sie, unser Land ist unschuldig? … Nun schauen Sie sich an, was wir alles getan haben. Wir haben viele Fehler gemacht. Ich war von Anfang an gegen den Krieg im Irak.“
https://www.welt.de/politik/ausland/article161832961/Trumps-USA-Russland-Vergleich-entsetzt-sogar-die-Republikaner.html
Die Aussage zeugt von einer erstaunlichen Einsichtsfähigkeit eines amtierenden US-Präsidenten.

Nicht nur in der WELT wurde daraufhin die Frage gestellt: „Steht die amerikanische Demokratie moralisch auf derselben Stufe wie die russische Autokratie?“ Schon die tendenziöse Formulierung deutet an, wie die Antwort ausfällt: Selbstverständlich war das „eine moralische Gleichsetzung, die viele auf die Palme brachte, etwa auch den russischen Oppositionspolitiker und ehemaligen Schachweltmeister Garri Kasparow, der Zuflucht gefunden hat in den USA.“

Auch die nicht neue Feststellung Trumps in demselben Interview, er respektiere seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin sorgte wieder für beträchtliche Unruhe. Auf die Frage, warum er Putin respektiere, antwortete Trump: „Nun, ich respektiere viele Leute, das bedeutet aber nicht, dass ich mit ihnen auch auskommen werde. Er ist der Anführer seines Landes. Ich sage, es ist besser, mit Russland gut auszukommen, als es nicht zu tun.“
https://www.welt.de/politik/ausland/article161832961/Trumps-USA-Russland-Vergleich-entsetzt-sogar-die-Republikaner.html

Vielleicht deutet sich in existenziellen Fragen tatsächlich eine Besinnung auch unter westlichen Politikern an. Das könnte man hoffnungsvoll aus einer Stellungnahme des österreichischen Bundeskanzlers Kern schließen. Auf dem EU-Gipfel in Malta stellte er am 3. Februar 2017 fest: „Die USA tragen durch ihre Interventionen eine Mitverantwortung für die Flüchtlingsströme.“ Kern hat das ausgesprochen, was Bundeskanzlerin Merkel seit Jahren verschweigt oder verschleiert. Das Problem ist also inzwischen erkannt und es wurde ausgesprochen. Inwieweit diese Erkenntnis Konsequenzen für die europäische Politik haben wird, bleibt abzuwarten.

Trumps Liste

Donald Trump hat mit vielen seiner fragwürdigen „patriotischen“ Wahlversprechen schon kurz nach seinem Amtsantritt Ernst gemacht. Hinzu kamen weitere Maßnahmen und Pläne, die sowohl in den USA als auch in Europa diejenigen, die sich einen positiven Politikwechsel erhofft hatten, schwer enttäuschten. Die Liste seiner Dekrete und veröffentlichten Vorhaben sieht nach zwei Wochen wie etwa folgt aus:

  • In der Außenpolitik: America First.
  • Trump erklärt China zum Hauptgegner der USA.
  • Kündigung des TTP-Vertrages (Transpazifisches Handelsabkommen).
  • Trump signalisiert „starke Unterstützung“ für die NATO.
  • Kritik an Russland wegen der Ukraine-Krise und der Krim-„Annexion“.
  • Beibehaltung der Sanktionen gegen Russland.
  • Verhängung von Sanktionen gegen den Iran als Reaktion auf einen Raketentest.
  • Rücknahme von Regulierungen des Kapitalmarktes, die nach der Bankenkrise eingeführt worden waren.
  • Aggressive Äußerungen gegen Palästinenser.
  • Einreisesperre für Staatsbürger aus sieben muslimisch orientierten Ländern; inzwischen umgewandelt in Einreisebeschränkungen.
  • In der Innenpolitik geplant: Senkung der Einkommensteuer für Spitzenverdiener sowie der Unternehmenssteuer von 35 auf 15 Prozent.
  • Abbau oder Vereinfachung von Marktregulierungen, um die heimische Wirtschaft zu stärken.
  • Trump besucht den CIA in Langley und versichert den Geheimdiensten seine Loyalität.
  • Teilweise Rücknahme der Krankenversicherung (sog. Obama Care).
  • Bau bzw. Verstärkung einer Grenzmauer gegen Mexiko, um illegale Immigration und den Drogenschmuggel zu verhindern.
  • Law and Order. Die Polizei soll in ihrer Arbeit bestärkt und unterstützt werden, Verbrechen und Gewalt zu bekämpfen.
  • Mit den alliierten Golfstaaten als Teil einer Anti-Terror-Strategie soll eine positive Energie-Beziehung entwickelt werden.
  • In der Energiepolitik soll ein „America-First-Plan“ entwickelt werden.
  • Die Schieferöl- und Gas-Produktion nach der Fracking Technologie wird befürwortet.
  • Genehmigung der „Dakota Access Pipeline“, deren Bau Obama gestoppt hatte.
  • Die Regierung Trump beabsichtigt, die nach ihrer Ansicht schädlichen und unnötigen Umweltvorhaben wie den „Climate Action Plan“ oder den „Waters oft he U.S.rule“ zu beenden.
  • Erhöhung der Rüstungsausgaben geplant. Das US-Militär soll nach der Devise „Make our Military strong again“ verstärkt werden.
  • Nach Ansicht von Trump sind die Soldaten und Soldatinnen der US-Streitkräfte die großartigste Kampftruppe der Welt als Hüter der Freiheit Amerikas.
  • Gegen Folter (z.B. Waterboarding) ist nach Trumps Ansicht nichts einzuwenden, er will sie jedoch nicht praktizieren lassen.

Zur vorläufigen Bilanz gehört aber auch Trumps Erklärung, dass er Präsident für jeden US-Bürger sein will, ob schwarz, braun oder weiß, und dass er die ins Ausland verlagerten Arbeitsplätze zurückholen will. Er beabsichtigt, die bisherige US-Politik des Regime-Change zu beenden, stellte anfangs die NATO in Frage und er strebt nach seinen Worten nach wie vor eine Verständigung mit Russland an. Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus und des IS beabsichtigt Trump mit Russland zu kooperieren.

Des Weiteren distanzierte sich die US-Regierung von der Siedlungspolitik Israels, nachdem sich Trump kurz zuvor in aggressiver Weise gegen die Palästinenser geäußert hatte und für eine exzessive Siedlungspolitik der Israelis im Westjordanland sowie für Jerusalem als ungeteilte Hauptstadt Israels eintrat. Jetzt erklärte Trumps Sprecher Sean Spicer, es sei für den Friedensprozess „nicht hilfreich“, wenn im Westjordanland neue Siedlungen gebaut oder bestehende erweitert würden.

Die Anti-Trump-Kampagne

Das sind Aussagen und Vorhaben, die im US-Establishment, das er scharf kritisiert hat, auf extremen Widerstand stoßen. Ein sehr einflussreicher Organisator der geradezu militanten Protestkampagne, die sofort nach der Wahl Trumps einsetzte, ist der milliardenschwere US-Spekulant George Soros (auf der Forbes-Liste der Milliardäre auf Platz 23), der weltweit über zahlreiche NGOs verfügt und auch den Putsch in der Ukraine unterstützt hat.

Zur Anti-Trump-Kampagne schreibt der bekannte Ökonom und Kolumnist des Wall Street Journals, Paul Craig Roberts (er war unter Reagan stellvertretender Finanzminister): „Zusammen mit den Globalisten, der CIA, den die Produktion ins Ausland verlagernden Konzernen, der Waffenindustrie, dem NATO-Establishment in Europa und ausländischen Politikern, die es gewohnt sind, für ihre Unterstützung von Washingtons interventionistischer Außenpolitik gut bezahlt zu werden, wird Trump die Führung der Menschen, die sich als Opfer sehen, gegen sich haben: Schwarze, Hispanos, Feministen, Illegale, Homo- und Transsexuelle. Diese lange Liste beinhaltet natürlich auch die weißen Liberalen, da sie davon überzeugt sind, dass das amerikanische Hinterland die Heimat von weißen Rassisten, Frauenfeinden, Homophoben und Waffennarren ist. Nach ihrer Vorstellung sollten diese 84 Prozent der geographischen USA unter Quarantäne gestellt oder begraben werden.“ http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23489

Roberts berichtet über Pläne zur Amtsenthebung Trumps, über Demonstranten, die mit 50 Dollar pro Stunde bezahlt wurden und über seine Befürchtung, Trump könnte ermordet werden. Das ist keinesfalls abwegig, denn „auf der einen Seite steht das vorrangig national agierende Kapital der USA. Ihr Vertreter ist der neue Präsident Donald Trump. Auf der anderen Seite steht das international operierende Kapital, das sich in jahrzehntelangen Anstrengungen die USA mit ihrem Militär, ihren Geheimdiensten, ihrer Zentralbank FED und all den anderen Teilen des Machtapparats angeeignet und zu ihrer Operationsbasis gemacht hat.“ http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23473

Vertreter des internationalen Großkapitals war bis Januar 2017 Barack Obama, der von der kriegswilligen Hillary Clinton abgelöst werden sollte. Nachdem diese Planung nicht aufging und der nicht berechenbare, finanziell unabhängige Milliardär Donald Trump das Regime übernahm, herrscht Erbitterung und Konfusion beim ehemaligen Establishment. Der Versuch eines Washingtoner Regierungswechsels nach Vorbild des Kiewer Maidan wird von Kennern der politischen Szene in den USA nicht ausgeschlossen. Sollte es so weit kommen, stehen den USA schwere Zeiten bevor. Das lässt sich voraussagen. Aber auch mit Trump stehen nicht nur den USA schwere Zeiten bevor, wie sich bereits in den ersten zwei Wochen seiner Amtszeit gezeigt hat.

Wolfgang Bittner, Schriftsteller und Jurist, ist Autor des Buches „Die Eroberung Europas durch die USA“, Westend Verlag 2015.

Kürzlich erschien im Westend Verlag sein neues Buch „Die Abschaffung der Demokratie“. https://www.westendverlag.de/autoren/wolfgang_bittner/

Siehe auch KenFM im Gespräch mit Wolfgang Bittner: https://kenfm.de/wolfgang-bittner/

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