Die sicherste Party der Welt

Von Dirk C. Fleck

Das Schlagen der Rotorblätter dröhnt mir noch in den Ohren. Den ganzen Tag über wurde die regenschwere Hamburger Luft rund um die Alster in Stücke gehauen, während sich die verkehrsbefreiten Straßen unter den kreisenden Helikoptern einer martialisch ausgerüsteten Besatzungsarmee ergaben, die jedes Fenster, jeden Hauseingang, ja jeden Baum und jeden Strauch ins Fadenkreuz nahm. 120 Millionen Euro Steuergelder hatte der dreitägige OSZE-Gipfel gekostet, auf dem sich 50 Außenminister über Syrien, die Ukraine und die weltweite Terrorgefahr auszutauschen versuchten, um anschließend in gediegenem hanseatischen Ambiente abzufeiern. „Die sicherste Party der Welt“ titelte die Hamburger Morgenpost zwischen den Tagen. Dazu ein Foto mit Weihnachtsbaum. Darunter die Bildunterschrift: „Drinks und gute Laune auf dem Balkon: Bundesaußenminister Steinmeier auf der Terrasse des Ruderclubs Germania an der Alster“.

Im nächsten Sommer wird in der Elbmetropole erneut Weltpolitik gemacht, dann kommen die Regierungschefs persönlich. Trump, Putin, Erdogan und Konsorten. Und Mutti Merkel selbstverständlich, die ja in Hamburg geboren wurde. Folgerichtig fragt die Morgenpost: „Kann Hamburg jetzt G20?“ Aber ja doch, lautet die Antwort: „OSZE-Treffen problemlos beendet“. Kein Wunder, den 14 000 „Ordnungskräften“ standen laut polizeilicher Schätzung gerade mal 1500 Demonstranten gegenüber. In der selben Ausgabe wurde in der Reihe „Hamburg historisch“ an den 22, Oktober 1983 erinnert, als 400 000 Hamburger auf dem Rathausmarkt und in den angrenzenden Straßen der Innenstadt lauthals gegen den NATO-Doppelbeschluss demonstrierten. Damals glaubten die Menschen noch an das Plebiszit. Genützt hatte die gemeinsame Anstrengung nicht, aber einen Versuch war es wert. Inzwischen wissen wir, dass die Politik, die unser Leben bestimmt, in einem Paralleluniversum gestrickt wird, von einfältigen, machtgeilen, industriehörigen Individuen, die jegliche Bodenhaftung verloren haben und deren mentaler Zustand mit dem Begriff geisteskrank noch milde umschrieben ist. Eigentlich gehörten sie längst zur Rechenschaft gezogen, aber wer sollte das tun und in welcher Form? 

So stellen wir der fürchterlichen Macht unsere furchterregende Ohnmacht gegenüber. Anstatt sinnlos auf der Straße herum zu grölen und dabei eine Ladung kaltes Wasser nach der anderen zu riskieren, um am Ende im Tränengasnebel den Überblick zu verlieren, versenken wir unsere Empörung lieber in Online-Petitionen, die niemand interessieren. Aber das geile Gefühl, mit jedem Klick an jedem x-beliebigen Ort den Geschundenen dieser Welt zur Seite stehen zu können, möchte man natürlich nicht missen. Zuletzt waren wir zu Hunderttausenden in Standing Rock versammelt. Vor der Sportschau und nach der Sportschau. Auf diese Weise erteilten wir uns wieder einmal eindrucksvoll Absolution. Ablasshandel via Internet. Genial. Bald werden wir nicht mehr wissen, welche Kriege der Unterhaltung dienen und welche nicht. Wer blickt bei diesen ganzen Fake-News schon durch? Und auf die Socken machen wollen wir uns auch nicht. Viel zu gefährlich da draußen …

Und die Moral von der Geschicht? Die Mächtigen werden ihre Partys unbeeindruckt weiter feiern und es werden nach wie vor die sichersten Partys der Welt sein. Unsere Empörung schert die Herrschaften einen Dreck. Bis, ja bis ihr Giersystem, das sich ausschließlich über maßlose Ausbeutung und Kriege am Leben hält, an seine natürlichen Grenzen stößt und implodiert. Der englische Schriftsteller Colin Ryan hat diese Situation in einem beeindruckenden Gedicht „vorausgeahnt“. Seine Ahnung entspricht einem Gefühl, das sich in vielen von uns mehr und mehr bemerkbar macht und das eine Freundin in einem Brief an mich kürzlich folgendermaßen formulierte: Die aktuelle Stimmung im Kollektiv, die von der Schwere und Unzufriedenheit gekennzeichnet ist, ist kaum zu ertragen. Ich halte mich gegenwärtig bewusst da raus und finde diese Haltung ziemlich konstruktiv und keinesfalls ignorant. Ich habe gestern wieder einige Stunden in der Natur verbracht und mich mit der Erde verbunden. Was mir gestern besonders aufgefallen ist, ist die fast unerträgliche Stille… Ich meine nicht nur die akustisch wahrnehmbare Stille im Außen (in der Herbstzeit ist bekanntlich in der Natur weniger los als in dem lebendigeren warmen Sommer). Es war generell ALLES still! Es hat sich ALLES still angefühlt!“  Die Ruhe vor dem Sturm? Hier ist Colin Ryan:

WHEN MEN BECOME TRULY FREE

There comes a time in the lives of men
When the ruthless and the criminal insane
Who rule the masses for their own gain
Make the fatal mistake of enjoying too much
Their psychopathic entertainment
They lose control in their lust for blood
And take too far their need to tread men down
By destroying any sense of a secure life
And taking away each and every freedom
Stealing the last piece of wealth they posses
So they cannot even care for their own
Stifling their voice with laws and corruption
Beating them down wirh rule by force
Where no justice exists for those being played
And there is no direction left for men to turn
When this insane game is taken this far
Comes the time when men habe nothing left to lose
This ist he time when men the minds of men are free
It is a time when men loses hie fear of death
This ist he time when a man becomes invincible
He becomes free to do whatever he must do
Without fear for his life or for his future
He will take control of the destiny of the world
Away from the bloodied hands of the soulless
Any action he takes her will take with a surety
That he must do something for he has no future
So the act he chooses will be all the greater
For when faced with oblivian and with no way out
He will take down as many of his oppressors with him
Gladly sier in a selfless act to change the world`s future
This day is coming soon as it always does
The perverse minds of evil always self destruct
As their addiction to out suffering can never be sated
Exerting control for their paranoia and fear of men
For every good man will take down these brutes
Every free man will give up himself for his brothers
For a man with nothing left becomes fully empowered
And he ist the most unassailable weapon against evil

Ich wünsche euch allen ein besinnliches und frohes Weihnachtsfest.

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Artikels.

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