Die Krise und die Chance der Menschwerdung des Menschen – mit Herz und Hirn

von Bernhard Trautvetter.

Vor genau zehn Jahren begann eine Erschütterung der Welt-Ökonomie, die noch immer nachwirkt. Sie “nahm ihren Anfang mit der Immobilienkrise in den USA, deren erstes deutliches Zeichen die Talfahrt der Aktienkurse der beiden größten US-amerikanischen Hypotheken- banken Fannie Mae und Freddie Mac war, die bereits im August 2007 begann.”

Angesichts vieler Krisen der Weltwirtschaft vom instabilen Euro über den Hauptschuldner der Welt, die USA, bis zur längst nicht überwundenen meist so genannten Finanzkrise von 2008 stellen viele immer wieder die Frage, ob der Kapitalismus noch zu retten ist. Sozialisten stellen diese Frage nicht, denn sie gehen davon aus, dass die Probleme der Menschheit ohne seine Überwindung nicht zu lösen sind. Sie stellen allerdings die Frage, ob der Kapitalismus rechtzeitig vor einem Zusammenbruch der Weltökonomie überwunden werden kann. Viele auch bürgerliche Wissenschaftler kommen zur Erkenntnis, Marx hatte doch mehr Recht, als es viele westliche Ökonomen wahr haben wollen.

Marx ist aufgrund seiner wissenschaftlichen Leistung zum berühmtesten Deutschen geworden. Fundamentale Kritik an seiner Leistung ist in der Regel damit verbunden, dass seine Ergebnisse nicht in ihrer Konkretheit, Gedankenführung und Analyse zur Kenntnis genommen werden. Das geschieht auch in der Sendung “Positionen – Politik verstehen” Nr. 11, hier bei KenFM, etwa durch den ökologisch und sozial beherzt-engagierten Erwin Thoma.

Marx hat keineswegs nur eine nette Idee einer gerechten Gesellschaft ohne Ausbeutung und Krieg aus einer herzlich-naiven Fehleinschätzung des Menschen abgeleitet.

Manch bürgerliche/r Politiker/in konstatiert, dass der Mensch nun einmal nicht so gut sei, wie er für den Kommunismus sein müsste. Berühmt ist hier der Ausspruch von Georges Clemenceau oder Churchill: “Wer mit 20 Jahren nicht Sozialist ist, der hat kein Herz, wer es mit 40 Jahren noch ist, hat kein Hirn.”

Zu Marx’ herausragenden Leistungen zählt es, uns einen Zusammenhang zwischen zentralen Faktoren der Geschichte so zu erklären, dass wir mehr verstehen können, als wer wann in der Geschichte mit welchen Unterdrückungsmethoden geherrscht hat. Wir können die Geschichte in ihrer Veränderbarkeit begreifen. Eine weitere seiner Leistungen war, dass  er uns das Wesen der Ausbeutung ganz sachlich wissenschaftlich herausgearbeitet hat.

Marx zur ökonomischen Wissenschaft der Ausbeutung:

Der Lohn-Abhängige (der Bindestrich ist ganz bewusst im Doppelbegriff) bietet seine Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt an, so wie andere irgendwelche anderen Waren auf dem Markt feil bieten. Die Lohn-Abhängigen stehen in diesem Markt-Segment in Konkurrenz zueinander.

Jede Ware, auch die Ware Arbeitskraft, hat als Tauschwert ganz grundlegend erst einmal die Kosten, die anfallen, um die Ware herzustellen. Bei Geräten bemisst sich das hauptsächlich nach dem in ihnen enthaltenen Arbeitsaufwand, was die Beschaffung der Materialien, der Werkzeuge, den Handelsweg, das Marketing und die Verkaufs-Logistik betrifft. “Der Preis einer Ware ist bestimmt durch ihre Produktionskosten“.

Bei der Ware Arbeitskraft ist das komplizierter, aber grundsätzlich genauso, wie Marx in “Lohnarbeit und Kapital” ausführte:

“Dieselben allgemeinen Gesetze nun, welche den Preis der Waren im allgemeinen regeln, regeln natürlich auch den Arbeitslohn, den Preis der Arbeit.

Der Lohn der Arbeit wird bald steigen, bald fallen, je nach dem Verhältnis von Nachfrage und Zufuhr, je nachdem sich die Konkurrenz zwischen den Käufern der Arbeitskraft, den Kapitalisten, und den Verkäufern der Arbeitskraft, den Arbeitern, gestaltet. … Innerhalb dieser Schwankungen aber wird der Preis der Arbeit bestimmt sein durch die Produktionskosten, durch die Arbeitszeit, die erforderlich ist, um diese Ware, die Arbeitskraft, hervorzubringen.

Welches sind nun die Produktionskosten der Arbeitskraft?

Es sind die Kosten, die erheischt werden, um den Arbeiter als Arbeiter zu erhalten und um ihn zum Arbeiter auszubilden. Je weniger Bildungszeit eine Arbeit daher erfordert, desto geringer sind die Produktionskosten des Arbeiters, um so niedriger ist der Preis seiner Arbeit, sein Arbeitslohn. In den Industriezweigen, wo fast gar keine Lernzeit erforderlich ist und die bloße leibliche Existenz des Arbeiters genügt, beschränken sich die zu seiner Herstellung erforderlichen Produktionskosten fast nur auf die Waren, die erforderlich sind, um ihn am arbeitsfähigen  Leben zu erhalten. Der Preis seiner Arbeit wird daher durch den Preis der notwendigen Lebensmittel bestimmt sein.” [ebenda]

Neben den Tauschwert der Arbeit tritt ihr Gebrauchswert. Die Arbeitskraft ist diejenige Ware, die den Gebrauchswert hat, in einer bestimmten bezahlten Zeiteinheit Waren und damit Werte hervorzubringen, die ihren Preis (Tauschwert) bei weitem übertreffen. Im Preis sind neben dem Arbeitslohn die Beträge für die Ressourcenbeschaffung, die Werkzeuge und Immobilien, das Marketing, usw. enthalten. Der Preis der Waren, der auch um ihre Produktionskosten herum schwanken kann, kann im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage eine Marge an Extra-Einnahmen mit sich bringen, die dann ausschließlich für die Kapitalseite zu Buche schlägt, außer es gibt Vereinbarungen über Gewinnbeteiligung. Der Arbeiter, der für 10 € Stundenlohn arbeitet, aber in dieser Zeit deutlich mehr als diese 10 € erwirtschaftet, hat Chancen, eingestellt zu werden. ‘Eingestellt’ ist hier ein anderes Wort für ‘ausgebeutet’ – kein Kapitalist stellt gerne Lohnabhängige ein, die mehr kosten, als sie erbringen. Er würde in der Konkurrenz untergehen.

Das marxsche Gesetz der Geschichte

Wir wissen, dass die Menschheit ca. 3-4 Mio. Jahre existiert.

Die längste Zeit waren wir Jäger und Sammler, bis vor nur ca. 12 000 Jahren der Pflug erfunden wurde. Nun konnte und musste die Sesshaftwerdung erfolgen, Siedlungen entstanden, Vorformen späterer Ur-Städte,… Aus den Gemeinschaften herum-nomadisierender Sippen wurde die Klassengesellschaft mit Sklavenhaltern und Sklaven, die wie damals jedes sächliche Eigentum Besitz zur freien Verfügung ihrer Herren waren. Mit den ersten Häusern und Mauern konnte es sich erstmals lohnen, Besiegte nicht mehr zu töten, sondern sie zu versklaven. Der ungeheure Produktivitätssprung infolge des Feldanbaus gegenüber dem, was durch Jagen und Sammeln zusammen kommen konnte, kam als begünstigender Faktor für die Bildung von Reichtum in den Händen einiger Herren hinzu.

Das neue System der Sklavenherren –Marx nannte es Sklavenhaltergesellschaft-, zerbrach, als die rein quantitative Größe der Sklaven-Gruppe in Großstädten wie Rom, wo sie nach Duden mit ca. 300 000 Menschen ca. ein Drittel der Bevölkerung ausmachten, immer schwerer zu beherrschen war. Sklaven waren schon alleine aufgrund ihrer Rechtlosigkeit so unzufrieden, dass auch Sabotage um sich griff. Das schwächte die Macht ihrer Unterdrücker. Die Übergriffe der unterdrückten Völker kamen hinzu. West-Rom zerbrach am Zusammentreffen vieler Faktoren, die auch in ihrem Zusammenspiel nicht im einzelnen hinreichend erforscht sind. Auf die Sklavengesellschaft folgte die Agrargesellschaft des Mittelalters mit den Leibeigenen als Mehrheit, unterjocht von Lehnsherren, Baronen, Vögten und Königen…, von Adeligen. Kunstgriff der Feudalgesellschaft war es, dass die Geknechteten ihr Werkzeug selber besaßen und es nicht Opfer von Sabotage wurde. Das geschah nicht nach einem großen Plan eines Genies, sondern es war Resultat, Zwischenstand einer Entwicklung. Vor 250 Jahren patentierte dann James Watt die Dampfmaschine, mit der Muskelkraft auf Maschinen überging. Ihr Einsatz ermöglichte bald die Massenproduktion in der Großindustrie, die mit der Agrargesellschaft des Mittelalters unvereinbar war. Diese Werkzeugentwicklung erzwang den Niedergang der Feudalgesellschaft der Adligen als Herrschaftsstruktur.

Marx wertete Analyse dieser Entwicklung in einem seiner berühmtesten Texte (Vorwort zur Kritik der politischen Ökonomie) wie folgt aus:

“Das allgemeine Resultat, das sich mir ergab und, einmal gewonnen, meinen Studien zum Leitfaden diente, kann kurz so formuliert werden: In der gesellschaftlichen Produktion ihres Lebens gehen die Menschen bestimmte, notwendige, von ihrem Willen unabhängige Verhältnisse ein, Produktionsverhältnisse, die einer bestimmten Entwicklungsstufe ihrer materiellen Produktivkräfte entsprechen. Die Gesamtheit dieser Produktionsverhältnisse bildet die ökonomische Struktur der Gesellschaft, die reale Basis, worauf sich ein juristischer und politischer Überbau erhebt und welcher bestimmte gesellschaftliche Bewußtseinsformen entsprechen. Die Produktionsweise des materiellen Lebens bedingt den sozialen, politischen und geistigen Lebensprozeß überhaupt. Es ist nicht das Bewußtsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewußtsein bestimmt. Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen oder, was nur ein juristischer Ausdruck dafür ist, mit den Eigentumsverhältnissen, innerhalb deren sie sich bisher bewegt hatten. Aus Entwicklungsformen der Produktivkräfte schlagen diese Verhältnisse in Fesseln derselben um. Es tritt dann eine Epoche sozialer Revolution ein. Mit der Veränderung der ökonomischen Grundlage wälzt sich der ganze ungeheure Überbau langsamer oder rascher um. In der Betrachtung solcher Umwälzungen muß man stets unterscheiden zwischen der materiellen, naturwissenschaftlich treu zu konstatierenden Umwälzung in den ökonomischen Produktionsbedingungen und den juristischen, politischen, religiösen, künstlerischen oder philosophischen, kurz, ideologischen Formen, worin sich die Menschen dieses Konflikts bewußt werden und ihn ausfechten. Sowenig man das, was ein Individuum ist, nach dem beurteilt, was es sich selbst dünkt, ebensowenig kann man eine solche Umwälzungsepoche aus ihrem Bewußtsein beurteilen, sondern muß vielmehr dies Bewußtsein aus den Widersprüchen des materiellen Lebens, aus dem vorhandenen Konflikt zwischen gesellschaftlichen Produktivkräften und Produktionsverhältnissen erklären. Eine Gesellschaftsformation geht nie unter, bevor alle Produktivkräfte entwickelt sind, für die sie weit genug ist, und neue höhere Produktionsverhältnisse treten nie an die Stelle, bevor die materiellen Existenzbedingungen derselben im Schoß der alten Gesellschaft selbst ausgebrütet worden sind. Daher stellt sich die Menschheit immer nur Aufgaben, die sie lösen kann, denn genauer betrachtet wird sich stets finden, daß die Aufgabe selbst nur entspringt, wo die materiellen Bedingungen ihrer Lösung schon vorhanden oder wenigstens im Prozeß ihres Werdens begriffen sind. In großen Umrissen können asiatische, antike, feudale und modern bürgerliche Produktionsweisen als progressive Epochen der ökonomischen Gesellschaftsformation bezeichnet werden. Die bürgerlichen Produktionsverhältnisse sind die letzte antagonistische Form des gesellschaftlichen Produktionsprozesses, antagonistisch nicht im Sinn von individuellem Antagonismus, sondern eines aus den gesellschaftlichen Lebensbedingungen der Individuen hervorwachsenden Antagonismus, aber die im Schoß der bürgerlichen Gesellschaft sich entwickelnden Produktivkräfte schaffen zugleich die materiellen Bedingungen zur Lösung dieses Antagonismus. Mit dieser Gesellschaftsformation schließt daher die Vorgeschichte der menschlichen Gesellschaft ab.”

Der Kapitalismus gebiert die Krise, die seine Existenz infrage stellt

Mit der Digitalisierung geht nun auch noch geistige Arbeit des Menschen an Maschinen über.

Während der Kapitalismus von der Dampfmaschine eines James Watt bis zum Fließband von Henry Ford eineinhalb Jahrhunderte brauchte, vollzog sich der Schritt vom ersten elektronischen Chip-basierten Computer bis zur ‘mann-losen’ Produktion von Waren in nicht einmal einer Hand voll Jahrzehnten.

Ist der Damm erst einmal gebrochen, dann reißt er ziemlich alles mit sich. Dies wälzt dann die schier unüberschaubare komplexe Architektur des Lebens der menschlichen Gesellschaft lokal und dann global mit einem nie gekannten Tempo um.

Wenn Kapital-Eigner nur noch einen immer geringeren Teil der überwältigenden Mehrheit Lohn-Abhängiger in den kapitalistischen Gesellschaften für die Ausbeutung der Ware menschliche Arbeitskraft gebrauchen, um den Laden ökonomisch am Laufen zu halten, dann endet das dem Kapitalismus eigene Verhältnis von Lohnarbeit und Kapital. Es gibt zwar beschwichtigende Äußerungen aus Politik und Wirtschaft, denen zufolge Roboter und menschliche Arbeit Hand in Hand wirken, aber Studien sprechen eine andere Sprache: Zum Beispiel besagt eine Studie der ING-DiBa von 2015, in Deutschland seien durch die Digitalisierung 18 Mio. Arbeitsplätze gefährdet:

“Laut Analyse sind folgende fünf Berufe am meisten betroffen:

    Büro- und Sekretariatskräfte (1,9 Millionen Arbeitsplätze)

    Hilfskräfte für Post- und Zustelldienste sowie Lagerwirtschaft (1,5 Millionen Arbeitsplätze)

    Verkäufer (1,2 Millionen Arbeitsplätze)

    Hilfskräfte in der Reinigung (1,1 Millionen Arbeitsplätze)

    Gastronomieservicekräfte (661.570 Arbeitsplätze).

Alleine durch den Einsatz von Drohnen, durch automatisierte Abläufe in Lagerhallen und im Transport könnten demnach bis zu 1,5 Millionen Arbeitsplätze ersetzt werden. Insgesamt machen alleine die fünf genannten Berufe 6,3 Millionen gefährdete Arbeitsstellen aus.”

Die Weltwirtschaftskrise von 2008 und den Folgejahren hatte bereits als eine ihrer Ursachen die Konsequenzen der automatisierungsbedingten ökonomischen Krise, und sie wirken dem entsprechend bis heute fort:

“Die Firmen bauen Arbeitsplätze ab, weil die Endnachfrage nicht gross genug ist. Doch der Abbau von Arbeitsplätzen reduziert das Arbeitseinkommen, steigert die Ungleichheit und verringert am Ende die Nachfrage.

Die jüngsten Grossdemonstrationen, Naher Osten, einschliesslich Israel und Grossbritannien, und die steigende Wut der Menschen in China – und bald auch in anderen hochentwickelten Volkswirtschaften und Schwellenmärkten – werden alle durch dieselben Probleme und Spannungen angeheizt: Wachsende Ungleichheit, Armut, Arbeitslosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Selbst die weltweite Mittelklasse bekommt den Druck fallender Einkommen und abnehmender Chancen zu spüren.”

Wenn die Nachfrage nach der Ware Arbeitskraft zurückgeht, geht auch deren Preis zurück. In der Folge haben die Gewerkschaften geringere Chancen auf Erfolge beim Erkämpfen besserer Lohn- und Arbeitsbedingungen. Sozialdemokratische Parteien, die die Arbeiterbewegung mit dem ‘soziale Marktwirtschaft’ genannten Kapitalismus versöhnen wollen, haben in der Folge Probleme, wie man das am Schwund des Einflusses der Sozialdemokraten ablesen kann. Wenn es keine Kultur der Arbeiterbewegung mehr gibt, wie z.B. in der Weimarer Zeit, in der es in vielen Wohngebieten u.a. Arbeitersportvereine etwa  für Fußball und Fahrrad gab und lebendige Gewerkschaftsgruppen in vielen Betrieben, wenn die Vereinzelung der Opfer der Krisen am PC und Handy oder im Fallgespräch am Amt gibt, wird die Mobilisierung der Gegenkräfte umso schwerer, je nötiger sie ist.

Über die Symptome hinaus denken, dann kann Krise zur Chance werden

In der Situation wird es möglicherweise zum Gebot der Gegenwart, dass die Menschheit einen nach-kapitalistischen Weg eröffnet und einschlägt. Unter den neuen Bedingungen der Produktivkraftentwicklung besteht vielleicht doch noch die Chance, eine Form des Mensch-Mensch-Zusammenlebens zu entwickeln, in der Gesellschaft so funktionieren kann, dass es eine Zukunft vielleicht doch noch geben kann. Insofern kann es sein, dass der Sozialismus und danach der Kommunismus nach Marx den vielleicht letzten Notausgang eröffnet.

Durch diese Entwicklung erweist sich die sozialistische Vision, die auf Marx bezogen wird, nicht als lebensfremde, träumerische Vision von Menschen, die kein Hirn haben, sondern als Erfordernis für das Zusammenleben der Menschen. Alle Versuche gegen jeweils einzelne Symptome der Struktur-Krise des Systems – etwa gegen weiter wachsende Armut in der auseinanderklaffenden Kluft von Arm und Reich und Perspektivlosigkeit …- etwas zu unternehmen haben mehr Aussicht auf Nachhaltigkeit, wenn sie nicht alleine auf die konkreten Probleme bezogen sind, sondern über das System privater Profit-Konkurrenz hinaus zielen. Was 2007 zur Weltwirtschaftskrise führte, die massenhafte Verarmung unzähliger Kreditnehmer, schwebt wie ein Damoklesschwert über der instabilen Situation 2017. In dieser Situation haben die US-Wahlen einen Mann zum Präsidenten gebracht, der in seiner Rhetorik die Kriegsgefahr gefährlich nahe bringt. Wobei das Wort Krieg ein vermutlich verharmlosendes ist. Wenn Rosa Luxemburg vor der Alternative ‘Sozialismus oder Barbarei’ warnte, hatte sie vermutlich mehr Recht, als uns Heutigen lieb sein kann. Daraus erwächst der Linken und den sozial-alternativen Kräften von der Friedensbewegung, über die Ökologie-Initiativen sowie die Gewerkschaften des 21. Jahrhunderts eine besondere Verantwortung, die solange das Handeln begleiten sollte, wie es noch eine noch so geringe Chance auf einen Ausweg gibt. Das ist auch angesichts der Entwicklung der Destruktivkräfte unabdingbar, da die wissenschaftlich-technische Revolution Militärtechnik hervorbringt, die in ihren Aus-Wirkungen die Vorstellungskraft ihrer Auftraggeber übersteigt und überfordert. Soziale Unruhen, die sich aus den Entwicklungen allzu häufig und massiv ergeben können, können in Gewalt und Unkontrollierbarkeit umschlagen. Deshalb ist die Friedensbewegung gerade an der heutigen Stelle der Menschheitsentwicklung vielleicht sogar überlebenswichtig für die Gattung Mensch, für alle Mit-Wesen, für die Natur der Erde.

Es geht darum, zu verhindern, dass das System des Kapitalismus in seiner Existenzkrise die Menschheit mit sich in den Abgrund reißt. Diese Gefahr ist konkreter, als wir es uns vorstellen mögen.

Nach dem renommierten schwedischen Friedensforschungsinstitut Sipri halten alleine die 3 Nato-Atomstaaten und Russland ca. 4.000 Sprengköpfe  direkt einsatzbereit.

Eine Studie aus den 80er Jahren ergab, dass ein Atomkrieg, bei dem ein Bruchteil der einsatzbereiten Sprengkraft zur Detonation kommen würde, ausreichen würde, die Erdatmosphäre so zu verdunkeln, dass die Erde unbewohnbar wird, da selbst im Hochsommer 12 Uhr mittags Temperaturen unter Null existieren. Das ist der Nukleare Winter: “Fazit, das Nobelpreisträger Herbert A. Simon aus der Wissenschaftler-These zog, schon 100 Megatonnen atomarer “Nutzlast”, ausschließlich über Städten abgeworfen, könnten den nuklearen Winter auslösen. Der Einsatz von Nuklearwaffen wäre als “Selbstmord …  eine ebenso schwere Strafe … wie man sie seinem Opfer zugedacht” hatte.

Das zu verhindern ist die primäre Aufgabe aller, die an einem Überleben interessiert sind. Davon ausgehend geht es um eine Gesellschaftsordnung, die einen solchen Wahnsinn nicht ins Kalkül zieht.

Doch ehe wir so weit sind, geht es um etwas sehr Konkretes: Wenn Krisenmanager mit ihrem Latein am Ende sind, kann man mit allen kopflosen Reaktionen auf Seiten der Macht rechnen. Das Inferno könnte zum Eintreten des Vorhersehbaren werden. Das zu verhindern ist vornehme und vordringliche Aufgabe derer, die nicht aufgeben. Angesichts der gewaltigen Gefahren ist das Gebot der Gewaltlosigkeit ein Überlebenserfordernis für den Lebensraum Erde bewohnenden Wesen.

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

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