Zweiter Auszug aus dem Buch von Wolfgang Bittner. Erweiterte Neuausgabe, Westend Verlag, Frankfurt am Main, November 2015.
Die Selbstfeier der Vierten Gewalt
Eine schaurige Peinlichkeit, die aber einen tiefen Einblick hinter die Kulissen ermöglicht, ereignete sich am 12. September 2014 in Potsdam, wo der Kiewer Bürgermeister und ehemalige Boxer Vitali Klitschko mit dem „M 100 Media Award“ ausgezeichnet wurde.
Der Preis wird jährlich von einer angeblichen Elite des europäischen Journalismus für Verdienste um Demokratie, Meinungsfreiheit und Völkerverständigung vergeben.
Zum Beirat und zur Jury gehörten u.a.:
Der Vorstandvorsitzende der Axel Springer AG Mathias Döpfner,
der Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe Kai Diekmann,
der Chefredakteur des ZDF Peter Frey,
der Chefredakteur des ARD-Hauptstadtstudios in Berlin Ulrich Deppendorf,
der Chefredakteur der Zeit Giovanni di Lorenzo,
der Herausgeber der Welt und Geschäftsführer von N24 Media Stefan Aust,
der Chefredakteur des Tagesspiegel Stephan-Andreas Casdorff,
der Chefredakteur der Weltwoche Roger Köppel,
der Chefredakteur für Digitale Medien der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Mathias Müller von Blumencron,
die Leiterin des FAZ-Literaturforums Rachel Salamander,
der Gründungsdirektor des Deutschlandradios Ernst Elitz,
der ehemalige Fernsehdirektor der Deutschen Welle Christoph Lanz,
der Aufsichtsratsvorsitzende von Renault und ehemalige Aufsichtsratsvorsitze von Le Monde Louis Schweitzer,
der britische Verleger Lord George Weidenfeld,
der ehemalige tschechische Außenminister S.D. (Seine Durchlaucht) Fürst Karel zu Schwarzenberg.
Klitschko, der sein Boxhandwerk auf einem sowjetischen Militärstützpunkt erlernt hat und bis heute besser Deutsch als Ukrainisch spricht, warb bei der Preisverleihung um Unterstützung für das Wahnsinnsvorhaben seines Intimus Arsenij Jazenjuk, eine 3.000 Kilometer lange „Schutzmauer“ gegen Russland zu errichten.
Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und ihr Außenminister Steinmeier hatten sich vergeblich darum bemüht, ihn als neuen Präsidenten der Ukraine salonfähig zu machen, und offenbar hatte auch die Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU viel Geld in ihn investiert.
Vielleicht gefiel ihnen der Song „Hells Bells“ der Rockgruppe AC/DC, der Klitschko jahrelang als Einlauflied in den Ring begleitete: „Ich bin ein rollender Donner, ein gießender Regen – Ich komme wie ein Hurrikan an. … Ich will keine Gefangenen nehmen, kein Leben verschonen – Keiner legt sich mit mir an …“
Ergänzung:
Bereits 2010 wurde Vitali Wladimirowitsch Klitschko für seine Verdienste um die deutsch-ukrainischen Beziehungen mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande bedacht. Im April 2015 verlieh ihm dann noch die Stadt Köln den Konrad-Adenauer-Preis für sein „beispielloses Engagement für Frieden und Demokratie in der Ukraine“.
Ein weiterer Skandal, der ein bezeichnendes Licht auf die deutsche Preisverleihungs- und Medienszene wirft: Die von unzähligen Fernsehzuschauern wegen ihrer tendenziösen Berichterstattung über die Ukraine und Russland kritisierte Moskau-Korrespondentin der ARD, Golineh Atai, wurde von der Branchenzeitschrift „medium magazin“ für „herausragende Berichterstattung“ über die Ukraine-Krise als Journalistin des Jahres 2014 ausgezeichnet.
Außerdem erhielt sie im Oktober 2014 den Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis für ihre „Tugend der persönlichen Zurückhaltung, der akribischen Ernsthaftigkeit und des unbedingten Willens zur Aufklärung“.
Moderiert wurde die Preisverleihung von dem unsäglichen Redakteur der ARD-Tagesthemen, Thomas Roth, der die einseitige Berichterstattung Atais gern mit dem Duktus eines Allwissenden versieht. Der ehemalige Moskau-Korrespondent scheute sich nicht, „exzellentes journalistisches Handwerk und aufrechte Haltung“ für sich und die Preisträgerin zu reklamieren.
Er hat den Preis bereits 1995 erhalten, weil er angeblich gezeigt hatte, dass er ein „kreativer, kritischer und parteiunabhängiger Journalist“ ist, der „Distanz zum Gegenstand seiner Betrachtung hält“.
Die Dreistigkeit der Bestatter einer Vierten Gewalt in Deutschland kennt wahrhaftig keine Grenzen.
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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Buchauszuges.
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