Die deutsche Regierung forciert den Weg zu einer Europäischen Verteidigungsunion

von Bernhard Trautvetter.

Schon bei der Unterzeichnung der Vereinbarung über einen Europäischen Militärpakt PESCO (Permanent Structured Cooperation)  jubilierte die Bundes“Verteidigungs“Ministerin Ursula von der Leyen am 13.11.2017, dies sei ein Meilenstein auf dem Weg zur EU-„Verteidigungs“Union.(1)

Dieser Weg erfährt ständig neue Wegmarken und von den Militaristen erreichte Zwischenziele, die weitgehend von der Öffentlichkeit unbemerkt sind – und das auch bleiben sollen.

Am 9. Mai, einen Tag nach den Feiern zum Tag der Befreiung, der den zweiten Weltkrieg in Europa beendete, präsentierte Frau von der Leyen die Pläne der Bundeswehr für die nächsten Schritte auf diesem Weg in der laufenden Legislaturperiode. Das betrifft vor allem die Digitalisierung und den Cyberkrieg als Game-Changer der Strategie-Entwicklung für den Krieg im 21. Jahrhundert, der dadurch vom Equipment her billiger und gezielter, also zerstörungseffizienter werden kann, solange man selbst die Kontrolle über die Angriffe behalten kann. „In der letzten Legislaturperiode wurde die Digitalisierung dann zum Top-Thema auf der Agenda gemacht“, so von der Leyen. „Eine Abteilung wurde gegründet und eine Cybertruppe aufgestellt.“ Es sei nun eine „deutlich höhere Schlagkräftigkeit“ und eine entsprechend „deutlich höhere Sichtbarkeit“ zu verzeichnen. Deutschland sei nun Ansprechpartner für die anderen Nationen beim Thema Digitalisierung.(2)

Am 25. Juni, mitten in der Zeit, da die Medien die Öffentlichkeit auf das nächste Endspiel hin elektrisieren, fand ein Arbeitstreffen von EU-Verteidigungs- und Außenministern in Luxemburg statt.

Der Bericht vom Arbeitstreffen auf der Website des Bundes“Verteidigungs“Ministeriums besagt:

„Verbesserung der militärischen Mobilität in Europa. Mit der Beseitigung von technischen und bürokratischen Hürden sollen Truppenbewegungen reibungsloser und effizienter gestaltet werden. Die Fortschritte im Bereich der militärischen Mobilität waren auch Teil der gemeinsam mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg erörterten Themen, bei denen die EU und die NATO eng zusammenarbeiten. (…) Ein Beispiel dafür ist die Verbesserung der militärischen Mobilität in Europa. Mit der Beseitigung von technischen und bürokratischen Hürden sollen Truppenbewegungen reibungsloser und effizienter gestaltet werden.(3)

Man findet in der zitierten Quelle auch diesen Satz: „Neun Länder (Deutschland, Frankreich, Dänemark, Belgien, Großbritannien, Spanien, Niederlande, Estland, Portugal) zeichnen in Luxemburg am Rande des Arbeitstreffens der Verteidigungs- und Außenminister die europäische Interventionsinitiative.“

Damit ist eine neue Struktur des Militarismus in Europa auf den Weg gebracht, die eine flexible Möglichkeit darstellt, für EU-Staaten, die willens und fähig sind, militärische Fähigkeiten und Streitkräfte im Rahmen der EU, der NATO, der UNO und von so genannten ad-hoc-Koalitionen, wie wir sie aus den völkerrechtswidrigen Kriegen gegen den Irak und Libyen her kennen, einzubringen. Es gehe dabei darum, dies ohne Vorurteile (man könnte auch sagen, ohne die Berücksichtigung des Völkerrechts) im ausgesuchten institutionellen Rahmen („frame-work“) zu tun, die Fähigkeit zu stärken, militärische „Missionen“, also – wie es Herr von Guttenberg eins sagte – umgangssprachlich „Krieg“ durchzuführen. Und dabei ist die Option der Kriegsführung in Europa mit enthalten, für die derzeit die Infrastruktur für schnelle Truppenbewegungen mit 6,5 Mrd. Euro ausgebaut wird, damit etwa Eisenbahnen und Brücken fähig für größere Panzertransporte sind: „Angesichts des angespannten Verhältnisses zu Russland schlägt die EU-Kommission vor, im kommenden Jahrzehnt 6,5 Milliarden Euro in panzertaugliche Straßen zu investieren.“(4)

Europa ist der dichtest-besiedelte Erdteil mit alleine circa 200 Atomreaktoren, die dazu führen, dass schon ein konventioneller Krieg in einem nuklearen Inferno und damit im Untergang seiner Zivilisation zu enden droht. Das leistungsstärkste Atomkraftwerk dieses Kontinents steht  circa 200 km von Donezk entfernt in der Ukraine. Im Mai 2014 hatte die NATO die vom Westen unterstützte und illegale Regierung (ihr fehlten bei der Absetzung der NATO-kritischen Vorgängerregierung für die Einhaltung der Verfassung 1,2 Prozent) Jatsenjuk der Ukraine mit einer sogenannten Expertendelegation im Umgang mit Atomanlagen im Kriegsfall beraten.(5)

Wer  sich noch an die Folgen des GAU in Tschernobyl erinnert, der kann dieses Himmelfahrtskommando der Militärs nur mit Ablehnung, Protest und Widerstand begleiten: Sie versuchen, ohne mit der Wahrheit herauszurücken, die Öffentlichkeit zu belügen und Russland zu dämonisieren, wozu Gabriele Krone-Schmalz und Wolfgang Bittner verdienstvolle Gegenaufklärung betreiben. Sie bringen eine Militärstrategie auf den Weg, die sich mit den Überlebensinteressen der Menschen in Europa nicht vereinbaren lässt. Damit es keiner merkt, geschieht das im Schatten solcher Großereignisse wie der WM und nur mit einem beiläufigen Satz am Ende einer Website.

Dass es wieder einmal gegen Russland gehen soll, ist in seiner Begründung unter Verweis auf die Krim verlogen und in mehrfacher Hinsicht entsprechend unverantwortlich. Es ist die NATO, von deren Gebiet aus seit dem Ende des zweiten Weltkrieges die meisten und massivsten Völkerrechtvergehen begangen worden sind.

Zurück zum Ausbau der Kriegsinfrastruktur gegen Russland: Man findet auf dieser Website des Bundes“Verteidigungs“Ministeriums eine Datei zur Europäischen Interventions Initiative (EI 2), wie sie dieses Kriegsinstrument getauft haben, in der sie schreiben, das ultimative Ziel sei es, eine „Strategische Kultur“ zu entwickeln, die die Fähigkeit verstärkt, „militärischen Missionen und Operationen“ (es ist interessant, was diese Differenzierung konkret bedeuten soll), durchzuführen. Diese EI 2, schwärmen die Militärs, kann auch zur Ermutigung beitragen,  existierende und kommende Fähigkeitspotentiale und Einheiten aufzustellen. (die Übersetzungen der englischsprachigen pdf-Datei: B.T.). Das Militär, in welchem Rahmen auch immer, national, EU-weit, NATO-bezogen, erweist sich als der wohl größte Unsicherheitsfaktor in einer Politik, die sie „Sicherheitspolitik“ nennen. Sie vergiften unsere Gehirne sprachlich und die Erde physikalisch.

Der NATO-Gipfel in Brüssel tagt u.a. zur europäischen Säule der Militärs. Widerstand ist u.a. am Samstag, den 7.7.2018, auf der Demonstration im Interesse am Überleben der Zivilisation angesagt-

Quellen:

(1) https://www.bmvg.de/de/aktuelles/pesco–ein-meilenstein-auf-dem-weg-zur-verteidigungsunion-19806

(2) https://www.bmvg.de/de/aktuelles/-wir-wollen-transatlantisch-bleiben-und-europaeischer-werden–24464

(3) https://www.bmvg.de/de/mediathek/tempo-in-der-europaeischen-verteidigungsunion-25654

(4) http://www.fr.de/politik/militaer-eu-will-6-5-milliarden-euro-fuer-panzertaugliche-strassen-a-1519623

(5) “Die Sensation kam eher beiläufig ans Licht und blieb von der Öffentlichkeit bislang weitgehend unbeachtet: Die ukrainische Regierung hat die NATO um Beistand gebeten, und die NATO hat diesem Wunsch entsprochen – dem Wunsch um Hilfe bei der Sicherung der 15 noch in Betrieb befindlichen Atomkraftwerke des Landes. Gegen Ende der Frage-und-Antwort-Runde seiner Pressekonferenz am 19. Mai sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen auf Nachfrage eines Journalisten: “Ja, wir haben auf Bitten der Ukraine eine kleine Gruppe ziviler Experten in die Ukraine entsandt, um den Behörden zu helfen, die Sicherheit ihrer zivilen Nuklearanlagen zu verstärken.” [Die Quelle ist nicht mehr aktiv: http://www.tagesschau.de/ausland/ukraine-akw100.html]

(6) https://www.bmvg.de/resource/blob/25706/099f1956962441156817d7f35d08bc50/20180625-letter-of-intent-zu-der-europaeischen-interventionsinitiative-data.pdf

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