Die Angst-Abhängigkeitsfalle und wie wir uns daraus befreien können | Von Franz Ruppert (Podcast)

Ein Kommentar von Franz Ruppert.

Angst als eine Conditio Humana für den Homo Sapiens

Ein wesentliches Kennzeichen für den Homo Sapiens ist sein aufrechter Gang. Dazu bedarf es eines Beckengürtels, der die Füße mit dem Oberkörper stabil verbindet. Dies bedeutet unter anderem, dass der menschliche Bauch gestreckt wird, der bei Frauen nicht nur die Eingeweide enthält, sondern auch eine Gebärmutter. Im Falle einer Schwangerschaft drückt das Kind in das Becken einer Frau und muss hier zunächst einmal bis zur Geburt zurückgehalten werden. Je schwerer das Kind wird, desto problematischer wird das. Bei der Geburt muss sich das Becken einer Frau sogar weit öffnen, damit das Kind aus dem Bauch seiner Mutter herauskommt.

Der aufrechte Gang führt dazu, dass die Tragezeit mit 266 Tagen möglichst kurz gehalten wird. Daher kommen wir Menschen noch sehr unfertig auf die Welt. Statt 18 oder 21 Monaten, die es bräuchte, damit ein Kind, ähnlich wie ein Pferdefohlen binnen Minuten nach der Geburt auf eigenen Beinen stehen und seiner Mutter hinterherlaufen kann, sind es bei uns Menschen nur knapp 9 Monate einer relativen Versorgungssicherheit im Mutterbauch. Wir Menschen sind in diesem Sinne alle eine Frühgeburt, die intensive Hilfestellungen benötigt, um nachgeburtlich nicht zu verdursten, zu verhungern und zu erfrieren. Die Geburt ist nur der Übergang von der intrauterinen Entwicklung zu einem Wachstums- und Reifungsprozess außenhalb, aber nach wie vor im engen Kontakt mit dem mütterlichen Körper.

Der Austritt aus dem Mutterkörper bringt ein enormes Risiko für ein Neugeborenes mit sich. Denn was ist, wenn seine Mutter nicht bei ihm bleibt und es im Stich lässt? Ein neugeborenes Kind, das aufgrund seiner hohen Verletzlichkeit ohnehin schnell in Todesängste gerät, hat nun zusätzlich das Problem, aufgrund seiner Abhängigkeit von seiner Mutter abgrundtiefe Verlassenheitsängste zu erleben. Seine biologische Fixierung auf seine Mutter erfährt es als fundamentale psychische Abhängigkeit von ihr.

Es ist, psychologisch gesehen, die mütterliche Grundaufgabe, ihrem Kind seine existenziellen Todes- und Verlassenheitsängste zu nehmen. Das gelingt ihr nur dann gut, wenn sie selbst die Ängste aus ihrer eigenen Kinderzeit überwunden hat und zu einer psychisch reifen Erwachsenen geworden ist. Das ist leider vielfach nicht der Fall. In Gesellschaften, in denen Menschen sich auf vielfältige Weise gegenseitig in Partnerbeziehungen, in der Welt der Ökonomie und der Politik traumatisieren, ist auch das Mutter-Kind-Verhältnis von Lieblosigkeit, Vernachlässigung und Gewalt durchdrungen. Die Kinder können sich dann bei ihren Müttern nicht sicher fühlen.

Traumatisierte Mütter, welche ihre Kinder nicht wollen, sie nicht lieben und ihnen auch keinen Schutz vor Gefahren bieten können, stellen für diese ein hohes Risikopotential dar. Dennoch können Kinder nicht einfach umschwenken und ihre grundlegenden und existenziellen Bedürfnisse auf eine andere Person richten, so eine solche denn überhaupt vorhanden ist. Sie bemühen sich daher mit all ihren körperlichen wie psychischen Kräften, den Kontakt zu ihrer Mutter herzustellen und zu halten. Sie reduzieren dafür zur Not z.B. ihre Bedürfnisse und hören auf, ihre Angst-, Wut-, Trauer- und Schmerzgefühle zum Ausdruck zu bringen.

Je älter es wird, desto bewusster bemüht sich ein Kind darum, seiner Mutter, die auf der realen oder emotionalen Flucht vor ihm ist, nicht zur Last zu fallen. Es versucht vielleicht sogar seinerseits, seine ängstlichen Mütter trösten oder seine wütende Mütter zu beruhigen. Häufig wird das dann sogar zu ihrer Lebensaufgabe. Mütter und Kinder sitzen so oft lebenslang in einer Angst-Abhängigkeitsfalle. Zwar gibt es in der Pubertät und Adoleszenz die diversen Ausbruchsversuche aus dieser Abhängigkeitsfalle. Diese gehen jedoch zu Lasten der psychischen Konsistenz. Die Anteile, die sich nun unabhängig wähnen, lassen ihre eigenen Kindanteile, die nach wie vor in großer Not sind, einfach im Stich. Sie gehen dann in ihrer Realitätsferne wiederum leicht solche Beziehungen ein, in denen sie das Elend ihrer frühen Kindheit unbewusst erneut inszenieren.

Angst reduziert die Handlungsalternativen

Erlebt ein Mensch Angst, wird in seinem Organismus der Stressmechanismus in Gang gesetzt. Sein Gehirn reagiert so, dass der gesamte Körper mit Stresshormonen überschwemmt wird, die ihn auf Flucht- und Kampfreaktionen vorbereiten. Nach dem Motto „Lieber einmal zu viel Angst gehabt, als einmal zu wenig, weil das tödlich enden kann!“ sorgt ein allzeit bereites biopsychisches Angstsystem dafür, dass Menschen sehr schnell in Unruhe und Panik geraten können und sich auch nicht so schnell wieder beruhigen. Diese Stressreaktion wirkt sich negativ sowohl auf das Verdauungs-, das Sexual- wie das Immunsystem aus. Chronischer Stress ruft schließlich mannigfache körperliche Symptome hervor und kann schließlich sogar zum Tode führen.

Daher ist die Frage, was aus solchen Stresssituationen wieder herausführt. Es ist einerseits das Erkennen, dass die Gefahr gar nicht vorhanden oder schon wieder vorbei ist. Andererseits können Gefahrenabwehr- und Schutzmaßnahmen zur Beruhigung beitragen. Für uns Menschen ist es ein wesentlicher Beruhigungsfaktor, dass wir uns innerhalb einer Gemeinschaft sicher und geschützt fühlen. Hierzu können auch Väter und gestandene, auch psychisch erwachsen gewordenen Männer viel beitragen.

Ideal wäre es, wenn ein erwachsener Mensch selbst in der Lage ist, Gefahren zu erkennen, sie richtig einzuschätzen und sich selbst schützen zu können. Da jedoch der innere Alarmzustand das Denken verengt, gelingt das nicht allen Menschen. Viele rutschen schnell in den Zustand ihrer kindlichen Angst-Abhängigkeitsfalle zurück. Es besteht dann die Gefahr, dass sie wie als Kind nun wiederum Schutz bei anderen suchen, die selbst in der Angst-Abhängigkeitsfalle feststecken. Wie in unserer nachgeburtlichen Zeit erhoffen wir uns dann möglicherweise von einer erwachsenen Person die Rettung, die aber selbst randvoll mit Ängsten ist.

Kollektive in der Angst-Abhängigkeitsfalle

In den meisten Gesellschaften, die das Weltgeschehen beherrschen, ist das Risiko sehr hoch, zusammen mit der eigenen Mutter in eine Angst-Abhängigkeitsfalle zu geraten. Daher hängen solche Gesellschaften insgesamt in vielerlei Angst-Abhängigkeitsfallen fest. Sie haben Angst vor allem Möglichen: vor Krankheiten, vor sozialem Ausschluss, vor Arbeitslosigkeit, vor dem Zusammenbruch des Geldsystems, vor einem Krieg – wobei das meiste das Werk des Homo Sapiens selbst ist in der Hoffnung, aus existenziellen Abhängigkeiten herauszukommen. Es gibt dazu dann zahllose Heilsversprechen und Menschen, die sich als die Retter für alle aufspielen. Sie verschlimmern mit ihren vermeintlichen Erfolgsrezepten die Situation noch weiter. Vor allem auch deshalb, weil sie die Sicherheit in äußeren Systemen suchen (Geld, Waffen, Strafjustiz und Gefängnisse, Kontrolle und Überwachung, Medikamente, Operationen, Bestrahlungen …) und die Innenwelt von uns Menschen ignorieren oder trickreich mit Moral und Bestrafungen zu manipulieren versuchen.

Weil durch all diese institutionellen wie ideologischen Systeme die ursprüngliche Angst-Abhängigkeitsfalle aus der Kinderzeit nicht adäquat aufgelöst wird, die den meisten Menschen auch nicht bewusst ist, sind alle gesellschaftlichen Versuche, für Schutz und Sicherheit zu sorgen, auf Sand gebaut und brechen wie Kartenhäuser früher oder später wieder zusammen. In Deutschland z.B. hat das Versprechen, ein 1.000jähriges Reich zu schaffen, schon nach 12 Jahren seinen Niedergang erlebt. Weder die Wissenschaft, noch die Ökonomie oder die Politik, die nur auf das Äußere ausgerichtet sind, sind in der Lage, die grundlegenden Ängste der Menschen zu beruhigen. Sie heizen sie durch ihre Aktionen noch immer weiter an.

Angst und Corona

„Corona“ ist ein gutes Beispiel dafür, wie einmal geweckte Ängste nicht mehr so leicht zu beruhigen sind. Abstandhalten, Maskentragen, Lockdown, das Reden von steigenden Infektionszahlen sind wie Brandbeschleuniger, die in das biopsychische Angstsystem von uns Menschen geschleudert werden. Selbst die Impfung, die damit als vermeintliche Rettung vor Covid-19 legitimiert werden soll, wird niemanden mehr ein wirkliches Sicherheitsgefühl vermitteln, sondern zusätzliche Ängste über mögliche Risiken einer solchen Impfung befördern. Ähnlich wie in einer traumatisierenden Mutter-Kind-Situation sind es hier die vermeintlichen Erwachsenen in Führungspositionen, die selbst voller Ängste sind und sogar gezielt Panik verbreiten. Jetzt soll dann die in Angst und Schrecken versetzte Bevölkerung ihre psychischen Kräfte nicht nur dafür mobilisieren, um die eigenen Eltern vor dem angeblich drohenden Tod zu schützen, sondern sie soll sogar noch den Menschen in den politischen Führungsämtern durch ihre Selbstkasteiung dabei helfen, dass sie vor lauter Angstmacherei nicht komplett durchdrehen und die zweite und dritte Welle inszenieren.

Wie kommen wir da wieder heraus?

Zum Glück gibt es mittlerweile genügend Klarheit darüber, dass dieser Coronavirus kein Killervirus ist, dass der PCR-Test keine Infektionen messen kann und daher auch keine akute Erkrankungsgefahr für die allermeisten Menschen besteht. Man kann sich also getrost einer Vielzahl von kompetenten Menschen anschließen, die nach einer anfänglichen Schocksituation ihre geistige Klarheit wieder gefunden haben.

Wichtig ist allerdings, dass diejenigen, die jetzt wissen, was es mit Covid-19 auf sich hat, ihrerseits nicht Angst und Panik verbreiten und weitere Verunsicherung erzeugen. Lebensfreude und ein Willkommen sein in einer Gemeinschaft von Menschen, die emotional stabil sind, ist viel einladender als der Vorwurf, man müsse endlich aus seinem Dämmerschlaf aufwachen. Es ist ohnehin das eigene Vorbild, das am meisten wirkt und für andere attraktiv ist oder nicht.

Hilfreich ist es auch, sich persönlich zu fragen, ob die Angst vor einem Killervirus nicht auf der Angst-Abhängigkeitsfalle der eigenen Kinderzeit beruht. Wenn es dann z.B. gelingt, sich aus der Angst-Abhängigkeitsbeziehung mit einer ängstlichen Mutter zu lösen, dann ist das eine gute Voraussetzung dafür, sich auch aus anderen Abhängigkeitsverhältnissen zu distanzieren, in denen ein anderer Mensch noch in seinen frühkindlichen Ängsten feststeckt. Es ist keinesfalls ratsam, solchen Menschen hinterherzulaufen, die Panik machen und selbst nahe am eigenen inneren Abgrund stehen. Panikmachern und Untergangspropheten mit einer gesunden Portion Misstrauen zu begegnen, ist auf jeden Fall ratsam. Man muss ihnen ja noch nicht einmal zuhören und kann einfach den Fernseher oder das Radio ausschalten und ein Panikmacher-Zeitung nicht lesen.Wirkliche Führungskräfte sind nicht ihren eigenen Trauma-Überlebensstrategien ausgeliefert. Sie verbreiten, ob als Eltern, Lehrer, Geschäftsführer oder Politiker keine Ängste, sondern bleiben beim Auftreten von Gefahren ruhig und klar. Das ist ihr Job.

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Danke an den  Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: Iryna Kalamurza  / shutterstock

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