Der Berliner Babylon-Skandal

Kultursenator Lederer boykottiert Preisverleihung

Ein Kommentar von Wolfgang Bittner.

Wir haben es schon seit Jahren immer mehr mit Politikern und Journalisten zu tun, die sich windschnittig im gesteuerten Mainstream etabliert haben, die Krieg als Mittel der Politik befürworten und für jede Gemeinheit und Aggression der USA Verständnis bekunden. Zu diesem Personenkreis der sogenannten Atlantiker gehört offenbar auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer, der kurioserweise der Partei DIE LINKE angehört. Da wird dann das Messer gewetzt, wenn etwas nicht in die vorgegebene Ideologie passt, deren Befolgung oder sogar Verinnerlichung man seine Karriere zu verdanken hat. Jetzt hat Lederer dafür Sorge getragen, dass die Verleihung des Kölner Karlspreises für engagierte Literatur und Publizistik (benannt nach Karl Marx) an den Journalisten und Verleger der Internetplattform KenFM, Ken Jebsen, im Kinopalast Babylon in Berlin-Mitte vertragswidrig abgesagt worden ist.

Lederer hat dazu auf Facebook geschrieben: „Wie ich heute erfahren habe, soll im Dezember im Kino Babylon die Verleihung eines Preises für ‚engagierte Literatur und Publizistik‘ an Ken Jebsen stattfinden. Der Preisträger und mehrere an dieser Veranstaltung Beteiligte sind in der Vergangenheit durch offenen, abgründigen Israelhass, die Verbreitung typisch antisemitischer Denkmuster und kruder Verschwörungstheorien in Erscheinung getreten… Ich bin entsetzt, dass ein Kulturort in Berlin diesem Jahrmarkt der Verschwörungsgläubigen und Aluhüte eine Bühne bietet. Vom Geschäftsführer des Kinos Babylon würde ich mir angesichts dessen die Courage wünschen, zu sagen: Als Plattform für diesen Wahnsinn stehen wir nicht zur Verfügung.“(1)

Das Babylon erhält jährlich eine Zuwendung von 400.000 Euro aus dem Berliner Kulturetat. Insofern ist es nicht völlig unverständlich, dass die Geschäftsführung auf das nachdrückliche Ansinnen des Kultursenators einging und den Nutzungsvertrag mit der Neuen Rheinischen Onlinezeitung, die den Preis vergibt, kündigte, zumal die Kultursenatsverwaltung auch direkt interveniert hat. Wer Jebsen und sein Internetportal kennt, wird sich zwar über diesen Angriff auf die Kultur- und Pressefreiheit empören, aber wundern kann man sich nicht. Denn der investigativ arbeitende Journalist, der dezidiert Gegenpositionen zum Mainstream einnimmt, ist seit Längerem Persona non grata für die etablierte Politik- und Medienszene.

2007 hatte Jebsen, Jahrgang 1966, noch für eine Reportage den Europäischen Civis Hörfunkpreis erhalten. Aber 2011 wurde er dann aufgrund einer Intrige nach zehnjähriger erfolgreicher Tätigkeit als Moderator beim Rundfunk Berlin Brandenburg entlassen. Vorausgegangen war eine regelrechte Kampagne, in der ihm Antisemitismus und Holocaust-Leugnung vorgeworfen wurden. Dass es sich dabei um eine Verleumdung handelte, war bald geklärt. In einer Meldung der Pressestelle des rbb hieß es: „Die Vorwürfe gegen den Moderator, er verbreite antisemitisches Gedankengut und verleugne den Holocaust, hält der Rundfunk Berlin-Brandenburg für unbegründet.“ Aber wer mit Dreck beworfen wird, hat Mühe, sich reinzuwaschen.

Die Konsequenz war, dass Jebsen seine Hörfunksendung KenFM als crowdfinanzierten Blog im Internet unter eigener Regie weiterführte. Er bringt seither Artikel, Interviews, Gruppendiskussionen, Monologe und Kommentare mit zumeist brisanten Inhalten. Und er ist damit außerordentlich erfolgreich. Das Internetportal hat inzwischen etwa so viele Aufrufe wie Spiegel Online und mehr „Follower“ bei Facebook als die ARD. Es hat sich dank des enormen Engagements seines Herausgebers zu einem der wichtigsten alternativen Medienorgane in Deutschland entwickelt. Das ist eine ernstzunehmende Konkurrenz für die sogenannten Qualitätsmedien, und viele der in die Kritik geratenden Politiker sehen es als eine ernste Gefahr für ihr Image und die von ihnen vertretene Politik an.

Dass dieser ungewöhnliche Journalist und „Macher“ preiswürdig ist, noch dazu für den einzigen alternativen Kultur- und Literaturpreis in Deutschland, steht außer Frage. Seine Veröffentlichungen, sein friedenspolitisches Engagement und seine geschliffenen, oft sehr pointierten Stellungnahmen erregen Aufsehen, die intensive Arbeit für das von ihm gegründete Internetportal trägt Früchte, auch international. Dass dies bei dem Berliner Kultursenator Klaus Lederer nicht auf Wohlwollen stößt, wird verständlich, wenn man dessen Aufstieg von der PDS zum Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses und schließlich – mit wessen Unterstützung auch immer – zum Kultursenator und stellvertretenden Bürgermeister der Bundeshauptstadt sowie seine bisherigen Aktivitäten betrachtet.

Es reicht jetzt. In Artikel 14 der Verfassung von Berlin heißt es ausdrücklich: „Jedermann hat das Recht, innerhalb der Gesetze seine Meinung frei und öffentlich zu äußern, solange er die durch die Verfassung gewährleistete Freiheit nicht bedroht oder verletzt… Eine Zensur ist nicht statthaft.“ Artikel 20 bestimmt: „Das Land schützt und fördert das kulturelle Leben.“ Und die Sozialistin Rosa Luxemburg hat gesagt, Freiheit sei immer Freiheit der Andersdenkenden. Nicht einmal das scheint Lederer, der sich als Linker geriert, begriffen zu haben. Er ist aufgefordert zurückzutreten. Und die Partei DIE LINKE sollte ihn wegen parteischädigenden Verhaltens ausschließen, ehe sie noch mehr Wähler verliert.

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Der Schriftsteller und Jurist Dr. jur. Wolfgang Bittner lebt in Göttingen. Im Juni 2017 erschien von ihm im Westend Verlag eine überarbeitete und um 111 Seiten erweiterte Neuausgabe seines Buches „Die Eroberung Europas durch die USA“ https://www.westendverlag.de/buch/die-eroberung-europas-durch-die-usa-2/.

Siehe auch KenFM im Gespräch mit Wolfgang Bittner: https://kenfm.de/wolfgang-bittner-die-abschaffung-der-demokratie/

Quellenangabe:
(1) Klaus Lederer am 13.11.2017 auf Facebook: https://deutsch.rt.com/inland/60710-zensursenator-von-berlin-klaus-lederer-verhindert-preisverleihung-an-ken-jebsen/

Bild: Blömke/Kosinsky/Tschöpe, CC BY-SA 3.0 de

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