Der 60. Ostermarsch und der lange Atem der Friedensbewegung

von Bernhard Trautvetter.

Die Ostermärsche, die vom 31.3. an bundesweit für Frieden, Abrüstung, Verhandlungen, für ein friedliches Miteinander statt Rüstung, Waffenexport und Krieg demonstrieren, werden 60 Jahre alt. Sie wenden sich gegen die Nato-Politik, die die häufigsten und massivsten Völkerrechtsverbrechen seit dem Ende des Kalten Krieges zu verantworten hat.

Beim ersten Ostermarsch im April 1958 zogen ca. 10.000 KernwaffengegnerInnen unter dem Motto »Ban the bomb« (engl.: verbietet die Bomben) vom Londoner Trafalgar Square zum britischen Atomforschungszentrum Aldermaston. Sie forderten eine einseitige Abrüstung Großbritanniens, u. a. den Verzicht auf Kernwaffen.

Darauf folgten alljährlich Ostermärsche. Sie wurden die erste außerparlamentarische Massenbewegung in Westeuropa. Identifikationspersonen waren der britische Pazifist und Nobelpreisträger Bertrand Russell und die Göttinger Professoren und Nuklearwissenschaftler, die den Göttinger Appell verbreiteten – „Kampf dem Atomtod“. In der Bundesrepublik Deutschland wuchs die Zahl der Teilnehmer von rund 1.000 beim ersten offiziellen Ostermarsch auf zwischenzeitlich Hunderttausende.

Beim Ostermarsch 1968 in Berlin, der nach dem Attentat auf den Aktivisten der Studentenbewegung Rudi Dutschke zu einem Protest gegen antikommunistische Hetze – vor allem aus der Bild und anderen Springer-Medien – wurde, erlebte man an der Gedächtniskirche, wie Polizisten in Gruppen von DemonstrantInnen ritten. Wasserwerfer kamen am Café Kranzler zum Einsatz. In den Folgejahren gewann der Ostermarsch Zulauf von DemonstrantInnen, die gegen den Vietnamkrieg der USA demonstrierten.

Ab 1981 wuchs die Friedens- und damit die Ostermarschbewegung im Protest gegen US-amerikanischen, nuklear bewaffneten Mittelstreckenraketen, die in dreistelliger Zahl auch in Deutschland stationiert werden sollten – was verhindert werden konnte. 2003 nahm der Ostermarsch wieder an Stärke zu und demonstrierte gegen den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verschiedener Nato-Staaten.

Die Forderungen der letzten 60 Jahre bleiben aktuell:
Die Bundeswehr beschreitet dieses Jahr durch die Anschaffung von laut Koalitionsvertrag „bewaffnungsfertigen Drohnen“1), die nächste Stufe hin zur Automatisierung und letztlich Autonomisierung des Krieges. Drohnen terrorisieren und traumatisieren Menschen in den Zielgebieten. Ihr Einsatz verletzt nicht nur Menschenrechte, da sie gezielte Tötungen ohne Gerichtsurteil zum offiziellen Ziel haben und da sie für Überfälle genutzt werden, gegen die es keine Kriegserklärung gibt, sie hebeln damit auch das Völkerrecht weiter aus.

Ab 2020 plant die Nato die Stationierung neuer Nuklearpotentiale, die als „gebrauchsfreudiger” gelten.2) Damit das alles finanziert werden kann, plädiert auch die Kanzlerin Angela Merkel für eine Steigerung der Rüstungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftsleistung.3) Das bedeutet, dass jährlich weitere 30 Milliarden Euro fürs Militärische verbrannt werden, die dringend in Bildung, Umwelt- und Sozialpolitik sowie in der Infrastruktur dringend gebraucht werden.

An der Militarisierung der Weltpolitik sind quer durch die Republik viele Bundeswehr- und NATO-Standorte beteiligt. Als besonders bekannte Beispiele seien hier nur Ramstein und Kalkar erwähnt, die bei den Kriegen in Syrien und Mali eine Rolle spielen.4)

Einige EU-Staaten haben einen neuen Militärpakt geschlossen und planen neben der NATO weitere Aufrüstung und weitere „Intervention“ genannte Kriege im so genannten „Interessensgebiet der EU“ – in Europas Nachbarschaft.

In diese Entwicklung hinein kommt die Nachricht, dass auch Russland seine Atomwaffen modernisiert. Russland hatte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion, die die NATO auch durch den Rüstungswettlauf „Wir werden sie totrüsten“ mit angestrebt hatte, abgerüstet.
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-14018609.html

Auch die USA bremsten ihre Rüstung damals moderat ab, bis Bush die Kriegsabenteuer in Westasien begann. Nun steht die nächste Eskalation des Wahnsinns bevor, den sich die Menschheit nicht leisten kann, wenn sie die ökologisch-sozialen Zukunftsgefährdungen noch irgendwie am Rande des Abgrunds unter eine gewisse Kontrolle bringen will – was sie im Interesse des Lebens zu tun hat.

Die Ostermärsche 2018 reagieren in dieser Situation mit den Aufrufen und Forderungen, wie der Aufruf des Ostermarsches Rhein-Ruhr exemplarisch zeigt. Hier die Forderungen:

  • Abrüsten statt Aufrüsten!
  • Truppenaufmärsche und Auslandseinsätze stoppen. Verhandeln statt schießen!
  • Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen!
  • Kampfdrohnen ächten statt beschaffen!
  • Der Friedensnobelpreisträger Europäische Union darf kein Militärpakt werden!
  • Kriegs- und Waffenexport stoppen!
  • Kein Werben fürs Töten und Sterben!
  • Rechtsentwicklung zurückdrängen!


Der Text des Schauspielers Hannes Stütz für das Ostermarsch-Lied passt nach wie vor:

Unser Marsch ist eine gute Sache,
weil er für eine gute Sache geht.
Wir marschieren nicht aus Haß und Rache,
wir erobern kein fremdes Gebiet.
Uns’re Hände sind leer,
die Vernunft ist das Gewehr,
und die Leute versteh’n uns’re Sprache:

Marschieren wir gegen den Osten? Nein!
Marschieren wir gegen den Westen? Nein!
Wir marschieren für die Welt,
die von Waffen nichts mehr hält,
denn das ist für uns am besten!“

Hier finden Sie alle Termine zum Ostermarsch 2018

1) http://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-will-israelische-kampfdrohne-heron-tp-leasen-a-1071557.html

2)https://buechel-atombombenfrei.jimdo.com/hintergrund/wo-wird-die-b61-12-gebaut/

+ https://www.veteranstoday.com/2016/02/13/the-b-61-the-more-usable-nuke/

3) http://www.handelsblatt.com/politik/international/merkel-zum-wehretat-die-bundesregierung-steht-zum-zwei-prozent-ziel-der-nato/19789626.html

4)https://swr-aktuell-app.swr.de/news/13156/US-Militr+soll+syrische+Rebellen+versorgt+haben/20170913080906

+ https://www.swr.de/swraktuell/rp/in-ramstein-umgeschlagen-usa-bestreiten-waffenlieferungen-an-syrien/-/id=1682/did=20274400/nid=1682/1irqvhk/index.html

+ https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2017/03/15/usa-bauen-ramstein-aus-deutschland-wird-drehscheibe-fuer-kriege/

https://www.heise.de/tp/features/US-AfriCom-und-KSK-seit-Jahren-in-Mali-aktiv-3399492.html

+ zum DrohnenKrieg: http://www.dw.com/de/usa-best%C3%A4tigen-drohnenkrieg-von-ramstein-aus/a-36595089

+ zum Cyberkrieg:  https://www.focus.de/regional/bayern/bundeswehr-in-poecking-obermeier-besucht-die-schule-informationstechnik_id_7424008.html

+ zu Kalkar: http://www.rp-online.de/nrw/staedte/kleve/nato-standort-kalkar-uedem-waechst-weiter-aid-1.7396381

5) http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-11/pesco-eu-verteidigungsunion-gruendung

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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