Corona-Kultur – Nur sterben ist schöner

Von Uli Gellermann.

Kultur in Zeiten der verordneten Pest? Aber wo doch alles geschlossen ist? Und wo doch bereits Singen zum Ausatmen und über die Aerosole zum Aussterben ganzer Völker führen kann? Klar, die Sorte Kultur, die früher in Sälen und Kneipen stattfand, diese Kultur ist den staatlichen Tod gestorben.

Kultur ist wie der ganze Mensch lebt

Kultur ist aber „wie der ganze Mensch lebt“, es sind seine Sitten und Gebräuche, die ihn ausmachen, die ihn als gesellschaftliches Wesen, zugehörig zu einer Gruppe, erkennen lassen. Früher gehörte zur europäischen Kultur auch die Tasse Kaffee vorher, danach oder überhaupt. Auch der Absacker, durchaus dem Frühschoppen verwandt, hatte seinen festen Platz im Leben der Menschen. Man traf sich.

Ein neues Ballet

Doch wie das Händeschütteln und die Umarmung ist auch das Sich-Treffen auf dem Altar der Corona-Religion verbrannt worden. Zu den Riten der neuen Kultur gehört der Ausweichschritt. Man beobachtet die Entgegenkommenden, schätzt ein, wie verängstigt sie sind und weicht aus: Damit nimmt man dem Ängstlichen die Angst vor der Ansteckung und man selbst ist auch auf der sicheren Seite. Ein neues, spontanes Ballet hat sein Publikum gefunden, vor allem dann, wenn die Unsicherheit zu zwei, drei Ausfallschritten führt, bis der richtige Hygiene-Kurs gefunden ist.

Nur noch Leichen auf Urlaub

Wer noch in S- oder U-Bahnen lacht, riskiert erstaunte oder gar empörte Blicke. Es sind weniger die gefährlichen Aerosole, die Empörung auslösen. Aber was hat der sonderbare Mensch zu lachen, sagen die Blicke. Sind wir nicht alle nur noch Leichen auf Urlaub? – Das Weinen außerhalb der eigenen vier Wände kannte früher rituelle Orte und Zeiten: Beerdigungen und Trauerfeiern sind wegen der Todesgefahren abgesagt oder nur noch in sehr kleinen Besetzungen denkbar. Obwohl wir alle dem Tod viel näher gekommen sind, jeden von uns kann es jetzt ja jederzeit erwischen, hat der Tod seinen Platz eher in der Statistik statt in der Trauer.

Das Schwätzchen in der Schlange

Früher war der Begriff Open-Air eine Verheißung: Es waren die großen Open-Air-Konzerte, bei denen die großen Stars auftraten. Doch selbst die Open-Air-Kinos sind verwaist: Eine Kultur, die selbst in Autos Masken trägt, kann auch eine Freiluftveranstaltung nicht ohne Corona-Test dulden, teilt uns die Berlinale in Abstimmung mit den Behörden mit. Doch eine neue Open-Air-Kultur bricht sich Bahn: Das Schwätzchen in der Schlange an frischer Luft! Ob beim Kaffee-To-go, oder beim Abhol-Essen oder bei der Click-and-Meet Schlange, die der Modeladen für seine Kunden eingerichtet hat. Der häufige Aufenthalt im Freien stärkt das Immunsystem, wissen die Hypochonder, natürlich nur, wenn der Abstand gewahrt bleibt. So beugt der Mensch auch durch Distanz dem Tod vor.

SPUTNIK V am besten auf Eis

AstraZeneca, sagen die Kenner, ist out, BioNTech ist in! Moderna lagert man lange im Kühlschrank, ob SPUTNIK V wohl am besten auf Eis genossen wird? Wo einst Jahrgang und Hanglage in der Auswahl des richtigen Stoffs für den Abend eine Rolle spielte, ist heute die hastige Entwicklung kein Thema mehr. Da der Tod ja jeden jederzeit ereilen kann, muss es schnell gehen, bisher ist allerdings unklar, ob die schnelle Entwicklung nicht auch dem frühen Tod Vorschub leistet.

Gedenktag des Bundespräsidenten für die Impftoten

Noch wartet die Öffentlichkeit auf einen Gedenktag des Bundespräsidenten für die Impftoten. Denn was den Corona-Toten recht war, sollte den Impftoten billig sein. Die neue Corona-Kultur wird in die Geschichte als Toten-Kult eingehen. Als eine Zeit des Wartens auf den Tod. Selbst wenn die öffentliche Debatte scheinbar der Vorbeugung und der Vorsorge, dem Kampf gegen den Tod gewidmet ist, bleibt er doch im Zentrum allen Denkens. Nur Sterben ist schöner: Hört doch dann endlich die permanente Furcht vor der Endlichkeit auf.

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Dieser Beitrag erschien zuerst am 5.5.2021 bei rationalgalerie.de

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle: SweetHour / shutterstock

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