Blondes Gift aus der Pfalz

Die Weinkönigin regiert das Klima.

von Ulrich Gellermann.

“Wann wird’s ‘mal wieder richtig Winter, ein Winter, wie er früher einmal war? Ja, mit Schnee und Eis von Weihnachten bis Ostern und nicht so lauwarm und so milde wie im letzten Jahr.” Das ist das Lied, das sich in diesen Tagen aufdrängt. Im verzweifelten Bemühen, die vertrockneten Gehirnwindungen zu kühlen. Vergeblich. Unerbittlich sengt die Sonne über das Land. Äcker karsten, Wälder brennen, und Julia Klöckner, Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft, bewegt ihre gespaltene Zunge: “Es geht bei Lebensmitteln nicht um irgendein Produkt, sondern um unsere Mittel zum Leben“ und erwägt lauthals eine Milliarde Euro als Dürre-Hilfe. Als ginge es nicht um die moderne Agrar-Industrie, sondern um den Reichsnährstand und sie wäre die legitime Nachfolgerin des Reichsbauernführers Walther Darré. Aber die Agrarindustrie ist nicht Teil der Lösung, sondern Teil des Problems.

Doch wenn die Ministerin lesen wollte, könnte sie beim Umweltbundesamt erfahren, dass “Die Landwirtschaft in Deutschland . . . maßgeblich zur Emission klimaschädlicher Gase beiträgt. Dafür verantwortlich sind vor allem Methan-Emissionen aus der Tierhaltung, das Ausbringen von Wirtschaftsdünger (Gülle, Festmist) sowie Lachgas-Emissionen aus landwirtschaftlich genutzten Böden als Folge der Stickstoffdüngung (mineralisch und organisch).” Aber Frau Klöckner wäre zuzutrauen, dass sie annimmt, die Hitze läge einfach am Wetter, und das – so weiß die ehemalige Studentin der katholischen Religion und Lehrerin für Religion an der Pestalozzischule in Wiesbaden-Biebrich –  macht natürlich der liebe Gott. Das Wort ‘Klimakatastrophe’ gab es einfach nicht im Lesebuch von Frau Klöckner. Die blonde Dame ist an einem Weinberg in der Pfalz groß geworden. Die Gegend war und ist überschaubar. Ihr Weltbild hat sie von Helmut Kohl geerbt: Festgezimmert in der Erden.

Allein in Deutschland wurden 2017 6,5 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen ausgezahlt. Mit jedem Subventions-Euro werden abhängig von der landwirtschaftlich genutzten Hektarfläche – genau jene Großbetriebe größer gemacht, deren Massentierhaltung und intensive Bodenbearbeitung zur Schädigung der Umwelt und letztlich der Liquidierung der traditionellen bäuerlichen Betriebe führen. Statt das viele Geld in in die ökologische Landwirtschaft zu lenken, wird auch die von Klöckner anvisierte Dürre-Hilfe jene Subventions-Gießkanne in Bewegung setzen, die zur weiteren Trockenheit führen muss.

Ein beängstigendes Muster ihrer Inkompetenz lieferte Julia Klöckner ab, als die Deutsche Weinkönigin des Jahres 1995 sich mal zum Pflanzengift Glyphosat äußerte. Statt das Mittel zu verbieten, wollte sie es “überflüssig” machen und “in die Forschung nach alternativen Pflanzenschutzmitteln investieren”. Was auf den ersten Blick nachdenklich wirken mag, ist nichts anderes als eine Vertagung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Obwohl zum Beispiel die Imkerverbände auf ein Verbot drängen, weil Glyphosat auch das Navigationsverhalten der Honigbienen erheblich stört. Aber vielleicht hat die Ministerin ja an eine neue Subvention gedacht, die der Biene unmittelbar zu Gute kommt. Ob das die Insekten bewegen wird, ihrem biologischen Auftrag als Bestäuber und Fruchtbringer ordnungsgemäß nachzukommen, ist unbekannt. Aber einen Hinweis zur Lösung auch dieses Problems lieferte Frau Klöckner 2010: “Mit uns bleiben die Kreuze in den Klassenzimmern hängen.” Offenkundig glaubt die Dame, viel Beten würde viel helfen.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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