Bakterien und Roboter | Von Herman Ploppa (Podcast)

Die schöne neue Welt der Biotechnologie.

Ein Kommentar von Hermann Ploppa.

2020 war das Jahr der Science Fiction. Was wir da so alles gehört und gesehen haben. Die Reichen und die Schönen halten die Zeit für gekommen, die schaurigsten dystopischen Romane in die Jetztzeit zu beamen. Da hören wir von der Fusion von Mensch und Maschine. Von der volldigitalisierten High-Tech-Stadt.

Besonders der Chef des Weltwirtschaftsforums, Klaus Schwab, avancierte letztes Jahr zum gefragten Science Fiction-Autor. Neben Schreckensgestalten wie dem Cyborg, dieser Mixtur aus Mensch und Maschine, dann doch auch immer wieder Sirenengesänge von der nachhaltigen Wirtschaft und der grünen Technologie. Besonders auf das Lockwort Green Deal und den geplanten Ausstieg aus fossilen Energieträgern fallen nachwachsende Akademiker immer wieder herein.
Und immer noch nicht wird kapiert, dass wir nicht über etwas sprechen, was jetzt gerade erst uns übergestülpt wird wie ein Latexanzug. Wir sind doch schon mitten im Latexanzug. Seit Jahren vollziehen sich revolutionäre Neuprogrammierungen der Natur auf breitester Front. Globalkonzerne werden entsprechend neu geordnet, gruppiert und wieder getrennt, um den Anforderungen der schönen neuen Welt der Biotechnologie entsprechen zu können.

Da haben wir es: Biotechnologie. Alles wird jetzt Biotechnologie. Die rote Biotechnologie ist für die Medizin zuständig. Die grüne Biotechnologie steht für Landwirtschaft; weiß für die Herstellung von Werkstoffen, die das fossile Plastik ersetzen sollen. Die graue Biotechnologie macht unsere Gewässer und unsere Luft durch gefräßige Mikroorganismen wieder rein und die verschmatzen dann auch noch unseren Wohlstandsmüll. Und unsere mikrobiotischen Freunde in der Tiefsee werden nicht mehr in Ruhe gelassen. Auch sie sollen noch geborgen werden, um für unseren Wohlstand zu knechten. Sie arbeiten dann unter dem Label „Blaue“ Biotechnologie.

Denn immer wieder wurden die Fanatiker des globalen Wirtschaftswachstums aufgeschreckt durch die Peak-Szenarien: die Wirtschaft könnte plötzlich zu einem Gipfel- und Umkehrpunkt nach unten gelangen, wenn einmal Öl, Gas und Kohle soweit aufgebraucht sein könnten, dass ihr Einsatz nicht mehr wirtschaftlich ist. Die fossilen Energieträger sind ja nichts anderes als verdickte Leichname früherer Lebewesen vor Jahrmillionen, zusammengedrückt in Erdschichten. Also kann man doch gleich lebende Organismen als Energieträger nehmen. Und das ist jetzt die Lösung aller Probleme einer immer weiter wachsenden Weltwirtschaft: weg vom toten Energieträger hin zum lebenden Energieträger.

Auch ein Teil der Biotechnologie ist allerdings bereits in Verruf geraten. Die Gewinnung von Biodiesel aus Soja geriet in Misskredit, weil für diese Verschönerung der CO2-Emissionsbilanzen Urwälder in Indonesien unwiederbringlich vernichtet wurden. Das ist aber nur der schaurige Vorbote für die gigantischen Naturzerstörungen, die erforderlich sind, um den immensen Bedarf nach biotischen Energieträgern in Zukunft decken zu können.

Die Anwendungsbereiche der volldigitalisierten Grünen Technologie sind schier unendlich: die DNA in Zellen wird in Zukunft als Speicherchip dienen. Beton wird flexibel und biegsam dank biologischer Füllung. Aus Kartoffeln wird Stärke, und aus der Stärke wird ein biologischer Kunststoff. Antibiotika, Nahrungsergänzungsmittel, Biowasserstoff, Enzyme, Hormone oder Biopestizide – alles schon längst in Arbeit. Wachstum: explodierend.

Das hat aber mit dem, was wir unter nachhaltiger Wirtschaft verstehen, nicht das Geringste zu tun. Es ist, um es mal klar auszusprechen, eine Ausbeutung und Versklavung der Natur, noch feiner und noch perfider als wir es bislang betrieben haben. Die schöne neue Biowelt im ganz großen Maßstab des netten Opas vom Weltwirtschaftsforum in Davos funktioniert nur als Monokultur. Und sie funktioniert nur mithilfe massiver Manipulation der genetischen Ausstattung von Lebewesen. Unter dem Kamm der Biotechnologie wird alles Lebende gleich behandelt, ob nun Tiefseemikroben im Philippinengraben oder Senioren im Krankenhaus.

Ein Musterbeispiel ist der in den 1980er Jahren von Donald Rumsfeld gegründete Biotechnologiekonzern Gilead Sciences. Oder der deutsche Konzern Bayer. Der hat mit Monsanto den führenden Agrokonzern gekauft, mit dem Gift Glyphosat und der grünen Gentechnik im Angebot. Zugleich produziert Bayer auch Pharmazeutika und Chemieprodukte. Und selbstverständlich gehört zur Biotechnologie auch die Gentechnik. Syngenta wiederum wurde als Agroproduzent aus den Konzernen AstraZeneca und Novartis ausgegliedert und gehört heute zu 98% dem staatseigenen chinesischen Biotech-Konzern ChemChina. Im Gegensatz zu den chinesischen Staatskonglomeraten werden die restlichen Biotechnologie-Konzerne weitgehend frei an der Börse gehandelt und damit leicht kontrollierbar für Interessengruppen wie z.B. dem gigantischen Vermögensberater Blackrock.
Was diese Herrschaften im Schilde führen, entzieht sich unserer Kontrolle. Bei den Grundsatzentscheidungen, wie die Welt dem Regime der Biotechnologie unterworfen werden soll, hört jede demokratische Mitbestimmung auf. Es geht um gigantische Marktanteile.

Und dieses Monstrum der Biotechnologie will natürlich immer mehr Macht und Möglichkeiten zum Geld drucken gewinnen. Das muss bisweilen ruppig geschehen. Monsanto zwingt die Kunden seines Saatguts, in Zukunft nicht mehr selber Saatgut aus laufender Ernte zu gewinnen und im nächsten Jahr auf dem Feld auszubringen. Vielmehr verpflichten sich die Monsanto-Bauern, jedes Jahr erneut Saatgut von Monsanto zu kaufen. Der ideale Boden der Biotechnologie ist zudem ein biologisch toter Boden, bestehend aus Kiesgranulat, in den man durch Hydrokultur Düngemittel beliebig einführen kann. So kennen wir es bereits von Ackerflächen der industriellen Landwirtschaft in Deutschland.

Und der Mensch? Wie sieht der ideale Kunde der modernen Biotechnologie aus? Dieser Mensch sollte seine Immunität eingebüßt haben, um durch regelmäßige Impfungen immer wieder ein guter Konsument biotechnologischer Produkte zu sein. Was tun denn die Regierungen seit fast einem Jahr? Sie verbieten uns, uns im Freien aufzuhalten, uns natürlich und in Freude zu bewegen; zu tanzen, zu singen. Die Wissenschaft hat festgestellt, dass genau diese Aktivitäten das Immunsystem am besten stärken. Stattdessen sollen wir unsere ausgeatmeten Krankheitserreger in einer Mundmaske einem nährstoffreichen Feuchtbiotop überlassen, um das Ganze dann angereichert erneut einzuatmen. Fast scheint es, dass auch wir selber werden sollen wie der verödete Ackerboden der biotechnologischen Monokultur. Anfällig und auf Leben und Tod abhängig von den Produkten der Biotechnologie. Der Bedarf spielt keine Rolle mehr. Es wird produziert. Wie man die Produkte dann an den Mann und die Frau bringt, ist Sache der Werbefachleute und Lobbyisten.

Jedenfalls ist die Expansion im Pharmamarkt als großem Teilstück der Biotechnologie fest eingeplant. GlaxoSmithKline hat im Jahre 2017 6,652 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Und für 2024 ist die Produktion beim britischen Pharmariesen auf 10,742 Milliarden US-Dollar projektiert. Merck soll in derselben Zeitspanne von 6,546 Milliarden auf 9,398 Milliarden Dollar anwachsen. Ähnliche Wachstumsraten von etwa 40 Prozent sind bei Sanofi und Pfizer in der Sparte Impfen vorgesehen. Das anvisierte Wachstum darf um keinen Preis der Welt gehemmt werden, sonst platzt der Ballon.

Das bedeutet Green Economy wirklich.

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Beitrags.

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Bildquelle:    Budimir Jevtic/ shutterstock

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