KenFM im Gespräch mit: Bahman Nirumand (“Weit entfernt von dem Ort, an dem ich sein müsste”) (Podcast)

Bahman Nirumand ist der bekannteste Exil-Iraner in der Bundesrepublik Deutschland. Ob er seine Heimat jemals wieder legal betreten wird, ist ungewiss.

Nirumand ist der Regierung in Teheran ein Dorn im Auge. Er ist ein politischer Querulant, ein Philosoph mit revolutionärer Gesinnung und die rumort selbst mit über 80 Jahren noch in ihm.

Nirumand kam in den frühen 50igern in das noch vom zweiten Weltkrieg schwer gezeichnete Deutschland. Er ging zusammen mit Ferdinand Porsche auf die Waldorfschule in Stuttgart.

Später studiert er Philosophie in Tübingen, was ihn nachhaltig politisierte, zumal in seiner Heimat inzwischen ein Putsch von CIA & MI6 gegen den demokratisch gewählten Präsidenten Mossadeqh stattgefunden hatte. Für die nächsten 25 Jahre sollte die US-Marionette, der Schah von Persien, das Land mit der Geheimpolizei Savak regieren, die von CIA und Mossad in den neuesten Techniken von Folter und Unterdrückung geschult wurde.

Nirumand kehrte für fünf Jahre in den Iran zurück und begann, ein Buch über die Situation zu schreiben: „Persien, Modell eines Entwicklungslandes oder die Diktatur der Freien Welt“. Das Nachwort schrieb Hans Magnus Enzensberger, den Nirumand im Teheraner Goethe-Institut kennengelernt hatte. Wir schreiben das Jahr 1967. Das Buch schlug in Deutschland wie eine Bombe ein. Einen Tag bevor der Schah von Persien Berlin besuchen wollte, hielt Nirumand vor tausenden Berliner Studenten eine Vorlesung. Die Stimmung war aufgeheizt. Im Rahmen des Schah-Besuchs wurde in der damals noch geteilten Stadt der Student Benno Ohnesorg erschossen. Damit war der Stein für die 68iger Bewegung ins Rollen gebracht worden. Bahman Nirumand wurde zu einer der engsten Vertrauten von Rudi Dutschke und sorgte dafür, dass man sich nicht nur um Vietnam kümmerte, sondern auch die imperiale Politik der USA im Mittleren Osten im Fokus hatte.

Die Geschichte nahm radikale Wendungen. Die RAF und die Gründung der Grünen veränderten die Republik nachhaltig. 1979 wurde im Iran der Schah gestürzt und Khomeini und seine Mannschaft übernahmen die Macht. Was als Volksrevolution begann, endete wenig später in einem Mullah-Staat, der von echter Demokratie genauso wenig etwas wissen wollte, wie der Schah. Nirumand kehrte auch in dieser Zeit in seine Heimat zurück, wurde aber schon bald auch von der neuen Regierung gejagt, so dass er nach Deutschland zurückkehren musste.

Auf die Frage, was ist ihre wichtigste Erkenntnis, wenn es um Geschichte geht, antworte Bahman Nirumand im Gespräch mit KenFM, dass ein Land nicht von außen, von sogenannten „Elite-Revolutionären“ nachhaltig modernisiert werden kann. Der Wandel muss von innen kommen.

Bahman Nirumand hat als Exil-Iraner vor allem in der Bundesrepublik Geschichte geschrieben. Er leidet an Heimweh und kann das Schicksal tausender Flüchtlinge nachvollziehen.

Gastfreundschaft kann Heimat nie ersetzten. Und so hat Bahman Nirumand bis heute stets Reisetasche und Reisepass im Gang stehen. Ob die Rückkehr realistisch ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.

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