Asyl-Paket faul

Von Bernhard Trautvetter.

Der Bundestag hat in seinem Asylpaket neue sogenannte ‚sicheren Drittstaaten‘ benannt – darunter ist Marokko, ein Staat, zu dem Amnesty folgendes schreibt: “Schläge, schmerzhafte Positionen, Sauerstoffentzug, simuliertes Ertränken, psychische und sexuelle Gewalt: Dies sind nur einige der vielen Foltermethoden, die marokkanische Sicherheitskräften einsetzen, um ‘Geständnisse’ zu erzwingen oder um Aktivistinnen und Aktivisten und Andersdenkende zum Schweigen zu bringen.” Dies dokumentiert ein Bericht von Amnesty International, der heute im Rahmen der weltweiten Kampagne “Stop Folter” veröffentlicht wurde.

Also: Einen Staat mit Folter zu einem sogenannten „sicheren Drittstaat“ zu erklären besagt, den Autoren dieser Manipulation geht es weder um die Werte, für die unsere Demokratie steht, noch um die Menschen, da man als Opfer von Verfolgung ihrem Schicksal überlässt. Die manipulative Deklarierung von Verfolgungsstaaten zu sicheren Herkunftsstaaten macht unser Land zu Kumpanen der Unmenschlichkeit.

Unsere Behörden erklären in Afghanistan bestimmte Gebiete zu sogenannten sicheren Regionen. Doch: Das steht im Widerspruch zur Reisewarnung des Auswärtigen Amtes, denn auf dessen Website steht: „Vor Reisen nach Afghanistan wird dringend gewarnt. … Jeder längerfristige Aufenthalt ist mit zusätzlichen Risiken behaftet.“ Also: Kriegsflüchtlinge dorthin zurück zu schicken macht unser Land mitschuldig an Tod, Gewalt und Verfolgung. Das ist unterlassene Hilfeleistung mit der Inkaufnahme von Tötungen der Betroffenen.

Zur sogenannten Einschränkung des Familiennachzugs selbst für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge mit sogenanntem subsidiärem Schutz (das soll nur noch in sogenannten „dringenden Fällen“ gelten): Das Grundgesetz unseres Landes stellt die Familie unter besonderen Schutz:

„(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.
(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.
(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden,…“

Dieses Grundrecht gilt nicht nur für Deutsche, sondern für Kinder generell. Selbst wenn jemand jetzt wort-akrobatisch vorgaukelt, die Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre sei kein eklatanter Verstoß gegen das Recht, so ist er doch ein inhumanes Werkzeug einer Politik, die die besonders schutzbedürftigsten Opfer von Krieg und Gewalt zusätzlich zu allen schon erlittenen Traumatisierungen auf unverantwortliche Weise nach allem, was sie schon durchgemacht haben, doppelt und dreifach bestraft.

Und passend zur Schutzabsicht des Grundgesetzes fordert die Kinderrechtskonvention in Art. 38 (1): „Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die für sie verbindlichen Regeln des in bewaffneten Konflikten anwendbaren humanitären Völkerrechts, die für das Kind Bedeutung haben, zu beachten und für deren Beachtung zu sorgen. (4) Im Einklang mit ihren Verpflichtungen nach dem humanitären Völkerrecht, die Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten zu schützen, treffen die Vertragsstaaten alle durchführbaren Maßnahmen, um sicherzustellen, daß von einem bewaffneten Konflikt betroffene Kinder geschützt und betreut werden.“

Das Asylrecht ist eine Schlussfolgerung der Völkergemeinschaft und der ‚Väter und Mütter‘ des Grundgesetzes auf die Verfolgung durch den deutschen Faschismus.

Es darf nicht geopfert werden, um den heutigen Rechtsextremen das Wasser abzugrasen. Mit dieser Vorgehensweise würden wir ihnen nur in die Hände spielen.

Fritz Bauer, der Staatsanwalt, der die ersten Auschwitz-Prozesse in Deutschland gegen große Widerstände in der Adenauer-Zeit durchgesetzt hat, sagte, „dass es in unserem Leben eine Grenze gibt, wo wir nicht mehr mitmachen dürfen“.

Da stehen wir jetzt.

 

Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung des Textes.

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