Alternative Hetze gegen Menschen

Ein Kommentar von Bernhard Trautvetter.

Auf der AfD-Demonstration am 27.5.2018 in Berlin zeigte sich die AfD-Führung in ihrer Verachtung gegen alle anderen politischen Kräfte genauso einig, wie in ihrer Selbstvergewisserung, die einzigen zu sein, die das Land retten.

Rechtsextremes Bewusstsein sieht das Volk als einheitliche Kraft an, die eine in sich abgegrenzte Identität aufweist, die von einer sogenannten unrechtmäßig auf den Regierungsbänken sitzenden Elite verraten und ausgeblutet wird. Es gibt in dieser widerspruchsfreien und monolithischen Einheit „Volk“ keine Klassen, keine Interessensgegensätze, keine Auseinandersetzungen über Arm und Reich, über Macht und Widerstand gegen die Ausnutzung von Reichtum für die unrechtmäßige Begünstigung zugunsten von noch mehr Macht. Externe Kräfte werden als Gefahr und Lebensbedrohung dargestellt und die bisherige politische Elite, die man aus der Macht vertreiben will, ist so etwas wie das trojanische Pferd des Auslands, das dem Volkskörper im Interesse fremder Mächte den Todesstoß zu versetzen droht. Ihnen müsse man sich entgegenstellen, und wer sich dem verweigert, verliert dadurch alle Legitimation. Es ist eine Gefahr für die Gesundheit und damit für das Leben oder die Existenz dieses einheitlichen Volkes. Gegen das Herrschende, wie man es darstellt, ist Unrecht, ist Widerstand legitim und als Notwehr auch mit Gewalt legitim, beziehungsweise überlebensnotwendig. Wer sich dem in den Weg stellt, muss ausgeschaltet werden.

Diese alternative Realität sieht die Alternative für Deutschland, wie sich an der Demonstration vom 27.5.2018 zeigte, als gegeben an. Damit betreibt sie ihre Propaganda. Herr Meuthen sagte in seiner Rede, Frau Merkel sei eine „Kanzlerdarstellerin“, die zusammen mit den Ministern kein Interesse am Volk habe. Die Identität und Kultur gehe an einer Vergewaltigung zugrunde. Wer Täter dieser Vergewaltigung sei, das erwähnt er nur implizit, wenn er zum Beispiel von der „Hohepriesterin der Macht“ spricht. Die Elite vergewaltige unsere Sprache durch Gender-Gaga. Es gebe eine Vergewaltigung der jungen Generation durch Manipulation ihres Denkens. Missliebige Meinungen würden unterdrückt; Grüne, SPD und Linke wollen Deutschland abschaffen und die Union agiert hilflos – so wie es jemand tut, der gegen eine Flut mit einem Eimer vorgehe. Die Flut ist im Bild von Herrn Meuthen die massenhafte Fluchtbewegung; der Eimer, das sind die Ankerzentren, die für die Rückführung eingerichtet würden. Deutschlands Sicherheit werde vergewaltigt, da man die Bundeswehr herunterkommen lässt – gleiches geschehe mit unserer Sicherheit im Inneren.

Die Gegner der AfD nennt er Multikulti-Utopie-besoffene Gutmenschen, die mit der Meinung daher kämen, man könne dieses Land nicht gegen die Identitätsvergewaltigung schützen. Man könne allerdings durchaus neues Recht beschließen und die Flüchtlingsrouten schließen. Er nennt das „rechtliche Anpassung“.

Herr Gauland, der im Wahlkampf u.a. durch den Stolz auf die Verdienste der Wehrmacht, die den zweiten Weltkrieg mit einer Lüge begonnen hatte, völkerrechtswidrige Angriffskriege und zigmillionen Tote verschuldet hat, aufgefallen war, bekundete seine Liebe zu Deutschland. Seine Gegner nannte er Narren, die dieses Land nicht lieben.

Dann erklomm ein Gegendemonstrant einen Beschallungsmast und zeigte seinen Mittelfinger. Die Demonstration skandierte “Knallt ihn ab!” Herr Gauland kommentiert in diesem Moment: „Völlig richtig. Dass solche noch unter uns weilen, ist ein Fehler. Sie wollen erst die Staatsgewalt und dann das Staatsvolk abschaffen. (…) Wir glauben noch an dieses Land“.

Seine Rede erinnert an die schlagfertige Antwort von ex-Bundespräsident Gustav Heinemann auf die Frage: „Lieben Sie Deutschland?“ Antwort: „Ich liebe keine Länder, ich liebe meine Frau.“

Die AfD warnt vor Kosten für Flüchtlinge – Herr Meuthen: „Man kann der Welt nicht helfen, indem man das eigene Land zugrunde richtet.“ Das Land wird in der Tat zugrunde gerichtet, durch die immer weiter forcierte Milliardenrüstung, die mitnichten der Sicherheit dieses Landes oder der Welt dient. Panzer, Artillerie, die Luftwaffe, (…) all das darf in diesem Erdteil mit circa 200 Atomreaktoren nie angewandt werden. Wer Krieg exportiert, darf sich über die Konsequenz nicht wundern, dass dann Menschen millionenfach ihr Leben durch Flucht retten wollen. Man sollte nach dem Verursacherprinzip zu allererst die USA völkerrechtlich zwingen, die meisten Flüchtlinge aufzunehmen…

Wer sagt, wir müssen diese Menschen ihrem Schicksal überlassen, der kann schnell mit seinem Latein am Ende sein: Was machen wir, wenn in Belgien ein Atomkraftwerk bei Westwind havariert und wir das Ruhrgebiet evakuieren müssen?

Ich schreibe das als Kind von Eltern, die zum Ende des zweiten Weltkrieges ihre Heimat verlassen und fliehen mussten, wie es damals Millionen Deutsche tun mussten, als dieses Land in Schutt und Asche lag. Dazu darf es nie wieder kommen!

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Danke an den Autor für das Recht zur Veröffentlichung.

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Bildhinweis: Das Bild entstand auf der Demonstration am 27. Mai 2018 in Berlin.

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